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sein. Dies bezeugt auch das schlachten zweier hunde statt der beiden jungen und die bereitung einer mahlzeit aus ihnen, ein späterer zusatz in derselben form wie überhaupt die hülfe bei der flucht. Wie gräulich die vorstellung vom essen des hundefleisches[WS 1] beim griechisch-orthodoxen volke ist, erhellt aus einer russisch-karelischen Variante (Ap 6 im finn. original), wo der liebhaber durch essen der eingeweide des hundes den verstand verliert und von hunden aufgefressen wird.


Die arbeit des verfassers ist in allen details musterhaft. Ihre bedeutung geht weit über die grenzen der behandelten drei märchen hinaus. Sie beweist, dass nicht nur die kleineren fabeln und sagen, sondern auch die eigentlichen märchen ungeachtet ihrer länge von anfang an logisch zusammenhängende und ästhetisch einheitliche phantasiegebilde sind, deren kleinste einzelheiten in ihrer urform festgestellt werden können, wenn nur eine genügende anzahl volkstümlicher varianten aus den verschiedenen ländern zusammengebracht worden ist. Ferner erhellt aus ihr, wie ein märchen noch heutzutage im volksmunde ursprünglichere züge aufweisen kann als sogar die ältesten literarischen dokumente. Schliesslich erweist sich, dass die märchen keine von ort und zeit unabhängige primitive, sondern sowohl geographisch als historisch bestimmbare erzeugnisse der menschlichen phantasie sind.

Die unterscheidung und feststellung der verschiedenen märchengerippe ist die der vergleichenden märchenforschung am nächsten liegende aufgabe. Bevor diese grosse arbeit durchgeführt ist, muss alles operieren mit den einzelnen zügen als voreilig angesehen werden. Diese sog. incidents haben ihren bestimmten platz in einem bestimmten märchen, mit welchem sie gewandert und aus welchem sie in andere märchen übergangen sind.

Untersuchungen, wie die hier rezensierte, erfordern aber leider jahrelange vorarbeiten für die aufsuchung der varianten eines in der ganzen welt geläufigen märchenthemas. Es ist heutzutage selbst für den noch so sprachkundigen forscher fast unmöglich alles schon entdeckte und aufgezeichnete, aber in schwer zugänglichen publikationen oder bloss handschriftlich vorhandene material zu sammeln. Deswegen hat der neu gegründete internationale folkloristische forscherbund »FF» (Folklore Fellows) als eine seiner ersten aufgaben die ausarbeitung von variantenkatalogen der nach

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: hundefleisses
Empfohlene Zitierweise:
Kaarle Krohn, Emil Nestor Setälä, Yrjö Wichmann (Hrsg.): Anzeiger der Finnisch-ugrischen Forschungen, Band 9. Red. der Zeitschrift; Otto Harrassowitz, Helsingfors; Leipzig 1909, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Anzeiger_der_Finnisch-ugrischen_Forschungen_09_009.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)