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keines Menschen Sinn gekommen, aller Menschen Gedanken überragen, die uns Gott in gnädiger Herablassung, in den Thaten seiner unendlichen Liebe geoffenbart. Es sind Gottes Verheißungen, gestützt auf seinen ewigen Liebesrath und dessen in dieser Zeit, unter uns Menschenkindern in Jesu Christo vollbrachte, wunderbar selige, in hehrer Harmonie zusammenklingende Erfüllung. Es bleibt des Herrn Wort, weil bleibt der ewige Gott, der es verkündet, der in unveränderlicher Lebensmajestät waltet über allem Geschaffenen, waltet über dem Kommen und Gehen seiner Menschenkinder, über dem Aufgrünen und Abwelken menschlicher Herrlichkeiten; es bleibt Gottes Wort, weil der Erlöser bleibt, Jesus Christus, gestern und heute und derselbe in Ewigkeit[WS 1], von dem es zeugt, der seine göttliche Herrlichkeit mit menschlicher Armuth und Niedrigkeit vermählt, der mit seiner göttlichen Gerechtigkeit menschliche Sünde und Schuld, mit seiner göttlichen Siegesmacht den Tod und alle Todesgewalt überwunden hat; es bleibet des Herrn Wort, weil bleibet ein ewiges Leben und eine ewige Herrlichkeit, zu welchen es emporhebt.

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 Giebt es hierunten Leben, wahres, in sich selber ewiges Leben, gibt es Wahrheit aus Gott, die sich behauptet dem Scheinwesen und Todestrug, den flüchtigen Bildern irdischer Vergänglichkeit gegenüber? Das ist die große Frage, die alle Zeiten hat bewegt, die namentlich die Gegenwart im tiefsten Grunde in mächtiger, großartiger Weise bewegt, erschüttert, zerklüftet. Von denen laßt mich schweigen, die, allem Höheren abgewandt, das alte Weltlied in immer neuen Variationen anstimmen: laßt uns essen und trinken, denn morgen sind wir todt[WS 2]. Von den Edleren, von den Tieferen rede ich, welche, abhold dem Lichte göttlicher Offenbarung, mitten unter dem stolzen Ruhm einer Culturhöhe ohne Gleichen eine Weisheit nicht des Lebens, sondern des Todes, nicht des Aufgangs, sondern des Untergangs uns verkünden, welche die Verzweiflung an Allem, dumpfe Resignation, kalte Verachtung aller Güter des Lebens als höchstes Ziel preisen, welche die Seligkeit des Menschen, dessen Dasein mit Wollen und Bewußtsein schon die Quelle allen Elendes

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Hebr. 13,8.
  2. 1. Kor. 15,32.