« §. 5. Schwere, Elektricität und Magnetismus §. 7. »
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§. 6.
Die Function und ihre ersten Derivirten für einen inneren Punkt.


 Wir kehren zu der allgemeinen Untersuchung der Potentialfunction zurück. Der angezogene Punkt soll im Innern der anziehenden Masse liegen, die über einen körperlichen Raum stetig vertheilt ist. Das Integral


(1)


welches in §. 2, Gleichung (5) als Definition der Potentialfunction aufgestellt ist, enthält dann ein Element, für welches unendlich gross ist. Es fragt sich, ob dabei das Integral einen endlichen Werth behält oder nicht. Um diese Frage zu untersuchen, führen
Fig. 3.
wir Kugel-Coordinaten ein. Der Punkt werde zum Mittelpunkt (Fig. 3) einer Kugelfläche vom Radius 1 gemacht. Auf ihr nehmen wir als Pol den Endpunkt desjenigen Radius, welcher parallel zur positiven Axe läuft. Halbe grösste Kreise, welche vom Pol aus nach dem diametral gegenüberliegenden Gegenpol gezogen sind, sollen Meridiane genannt werden. Als Anfangsmeridian wählen wir denjenigen, auf welchem der Endpunkt des zur positiven Axe

|[20]parallelen Radius liegt. Die vom Punkte nach dem Punkte gezogene gerade Linie schneidet die Kugel in einem Punkte, welcher durch seine Poldistanz und seine geographische Länge eindeutig festgelegt wird. Die Poldistanz des Punktes ist sein sphärischer Abstand vom Pol. Seine geographische Länge ist der sphärische Winkel, welchen sein Meridian mit dem Anfangsmeridian einschliesst. Irgend ein Punkt im Innern der anziehenden Masse wird dann einerseits durch seine rechtwinkligen Coordinaten , andererseits durch seine Kugel-Coordinaten festgelegt. Zur Transformation der Coordinaten dienen die Gleichungen


(2)




Auf der Kugel vom Radius 1 wählen wir vier Punkte mit den sphärischen Coordinaten



und ziehen durch sie vom Punkte aus vier Strahlen, welche die Kanten einer vierseitigen Ecke bilden. Aus dieser Ecke schneiden die um als Mittelpunkt mit den Radien und gelegten Kugelflächen ein unendlich kleines Raumelement aus, dessen einer Eckpunkt im Punkte liegt. Die Masse dieses Raumelementes ist



Man kann sich dieselbe im Punkte concentrirt denken. Sie liefert zu der Potentialfunction den Beitrag


(3)


Die Potentialfunction selbst wird hiernach


(4)


 Darin ist mit der Werth bezeichnet, welchen annimmt, wenn der Punkt in der Oberfläche der anziehenden Masse liegt. ist eine Function von und . Man erhält den Zusammenhang zwischen , indem man in die Gleichung der |[21]Oberfläche statt die Variabeln einführt und für an die Stelle setzt.

 Aus (3) geht hervor, dass man zu der Potentialfunction den Beitrag Null erhält, wenn man den anziehenden Punkt mit dem angezogenen Punkte zusammenfallen lässt. Damit ist bewiesen, dass auch dann eine endliche Function von ist, wenn der angezogene Punkt im Innern der anziehenden Masse liegt.

 Ebenso lässt sich zeigen, dass unter derselben Voraussetzung die Ausdrücke für die Componenten der auf den Punkt ausgeübten Anziehung bestimmte endliche Werthe geben. Es sind dies die Ausdrücke (4) des §. 2. Sie gehen durch Einführung von Kugel-Coordinaten über in


(5)




 Auch hier erhält man zu den Integralen einen unendlich kleinen Beitrag, wenn der anziehende Punkt mit dem angezogenen Punkte zusammenfällt. Sämmtliche Elemente in den Integralen (5) sind unendlich klein von der dritten Ordnung, auch diejenigen, welche von Massenelementen herrühren, die dem Punkte unendlich nahe liegen. Daher haben die Integrale bestimmte, endliche Werthe, und die durch sie ausgedrückten Componenten sind endliche Functionen von , auch wenn der angezogene Punkt im Innern der anziehenden Masse sich befindet.

 Die Transformation der Coordinaten, welche die Gleichungen (4) und (5) liefert, ist auch dann noch zulässig und führt zu denselben Resultaten, wenn der angezogene Punkt in der Oberfläche des mit Masse erfüllten Körpers liegt. Nur ist zu beachten, dass in diesem Falle das Integrationsgebiet in Beziehung auf und sich einschränkt, weil nicht für alle Werthe von und die obere Grenze von Null verschieden ist. |[22]

 Damit ist bewiesen, dass die Integrale in den Gleichungen (4) und (5) des §. 2 je einen bestimmten, endlichen Werth liefern, wo auch der Punkt liegen möge. Die Ausdrücke (4) des §. 2 sind aber die partiellen Differentialquotienten von , so lange die unter dem Integralzeichen vorgenommene Differentiation bestimmte, eindeutige Resultate liefert. Da dies, wie jetzt bewiesen, unter allen Umständen der Fall ist, so gelten die Gleichungen (3) des §. 2 ganz allgemein, der angezogene Punkt mag ausserhalb oder innerhalb des anziehenden Körpers oder in seiner Oberfläche liegen.

 Will man die zweiten partiellen Derivirten dadurch herleiten, dass man in den Ausdrücken [§. 2, (4)] für die Differentiation unter dem Integralzeichen ausführt, so haben die Resultate nur dann eine bestimmte, klare Bedeutung, wenn der angezogene Punkt ausserhalb des anziehenden Körpers liegt. Denn diese Resultate sind ausgesprochen in den Gleichungen (1) des §. 3. Sie gehen durch Einführung der Kugel-Coordinaten in folgende über


(6)




 Die Integration ist zuerst nach auszuführen. Liegt der Punkt im Innern des anziehenden Körpers oder in seiner Oberfläche, so ist die untere Integrationsgrenze gleich Null. An ihr wird die Function unter dem Integral unendlich gross, und das Integral selbst wird unendlich wie für .

 Schliessen wir um den Punkt herum von dem Gebiete der Integration einen beliebig kleinen Raum aus, dessen Oberfläche den Radius vector hat, so bleibt das Integral


(7)


vollständig unbestimmt, weil die Oberfläche des ausgeschlossenen |[23]Raumes ganz beliebig gewählt werden kann, oder - was dasselbe sagt - in der Gleichung dieser Oberfläche



die Function völlig willkürlich ist. Bezeichnet man mit den grössten, mit den kleinsten Werth, welchen die Dichtigkeit überhaupt annimmt, so findet sich



Der zu grosse und der zu kleine Werth sind unbestimmt, so lange endlich bleibt. Fragt man aber nach dem Grenzwerthe für ein unendlich abnehmendes , so kann von einem solchen nicht die Rede sein, weil ist für

 Die Integrale in (6) haben also gar keine Bedeutung, wenn der Punkt im Innern der anziehenden Masse liegt.

 Wollte man in (4) und (5) bei der Integration nach zunächst als untere Grenze nehmen, so fände sich



und ferner



 Auch hier sind die zu grossen und die zu kleinen Werthe unbestimmt, so lange endlich bleibt. Diese Unbestimmtheit fällt aber bei unendlich abnehmendem weg, weil das von Abhängige den Grenzwerth Null hat.

 Um die zweiten Derivirten von auch für den Fall zu ermitteln, dass der angezogene Punkt im Innern der anziehenden Masse liegt, wollen wir zunächst die Ausdrücke für transformiren und erst nachher die neue Differentiation vornehmen.