Schwere, Elektricität und Magnetismus/§. 108.

« §. 107. Schwere, Elektricität und Magnetismus §. 109. »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).

|[345]

§. 108.
Die Kugelfunction ten Ranges.


 Die Gleichung von Laplace lautet für Kugelcoordinaten [§. 29, (4)]


(1)


Nehmen wir zunächst einen Punkt im äusseren Raume, so ergibt sich aus Gleichung (6) des vorigen Paragraphen:





|[346]Handelt es sich dagegen um einen Punkt im Innern der Erde, so berechnen wir nach Gleichung (7) des vorigen Paragraphen





Im einen wie im anderen Falle ist dies in die partielle Differentialgleichung (1) einzuführen. Die Differentiationen nach und treffen nur die Functionen . Nachdem auch diese Differentiationen vorschriftsmässig bewirkt und die Resultate der Rechnung in (1) eingesetzt sind, hat man für sich gleich Null zu setzen, was mit jeder einzelnen Potenz von multiplicirt ist. Dadurch erhält man für einen äusseren wie für einen inneren Punkt in gleicher Weise die partielle Differentialgleichung


(2)


Eine Function , welche dieser partiellen Differentialgleichung Genüge leistet, wird eine Kugelfunction ten Ranges genannt.

 Um zu einer Entwicklung dieser Function zu gelungen, erinnern wir uns daran, dass eine ganze Function ten Grades von ist, dass also in dem zu bildenden Ausdrucke nur Potenzen mit ganzen, positiven Exponenten auftreten können und überhaupt kein Exponent grösser als . Nun lassen sich aber die Potenzen von und von durch die Cosinus und Sinus der Vielfachen von ausdrücken, und da keine höhere Potenz als die te vorhanden ist, so wird auch höchstens das fache von auftreten.

 Wir setzen deshalb


(3)


und führen diesen Ausdruck in die partielle Differentialgleichung (2) ein. Dadurch ergibt sich eine Reihe, geordnet nach Cosinus und Sinus der Vielfachen von , bis zum fachen, und der Werth |[347]dieser Reihe soll Null sein. Dazu ist nöthig und hinreichend, dass man für sich gleich Null setze, was mit und was mit multiplicirt ist, und zwar für jedes ganze von bis .

 Durch Ausführung der Rechnung ergeben sich zur Bestimmung von und von die gewöhnlichen Differentialgleichungen




Beide Gleichungen sind in derselben Form enthalten, nemlich in der Form


(4)


Nun bemerken wir, dass und in der Gleichung (3) mit und resp. multiplicirt auftreten. Dem Cosinus und dem Sinus von entspricht aber als höchste Potenz von und resp. die te Potenz. Da nun in dem Ausdrucke für die letztgenannten beiden Functionen nur in der Verbindung


und


auftreten, so hat man sich darauf gefasst zu machen, dass in der gemeinschaftliche Factor auftreten werde.

 Wir setzen also


(5)


und erhalten zur Bestimmung der Function aus (4) die Differentialgleichung


(6)


wenn zur Abkürzung gesetzt wird. Die Form dieser Gleichung weist uns darauf hin, eine Entwicklung nach absteigenden Potenzen von mit der Exponentundifferenz vorzunehmen:


(7)


Führt man dies in (6) ein, so ist die höchste dort auftretende Potenz von . Dieselbe ist multiplicirt mit



|[348]Ferner ist dann multiplicirt mit



Soll aber die Gleichung (6) erfüllt sein, so ist für sich gleich Null zu setzen, was mit jeder einzelnen Potenz von multiplicirt ist. Es ist also zunächst



Dies liefert zwei Werthe von , nemlich


und


und dem entsprechend erhalten wir zwei von einander unabhängige particuläre Integrale. Das zweite ist für unsern Zweck nicht brauchbar, da. die Exponenten von negativ sind und deshalb das Integral unendlich wird für .

 Es ist ferner



zu setzen, oder, wenn man die Bedingung für berücksichtigt:



Danach haben wir für das erste particuläre Integral die Coefficenten-Bestimmung


(8)


und dieses erste particuläre Integral selbst liefert die für unsern Zweck allein brauchbare Function


(9)


Hiernach ergibt sich für die Entwicklung


(10)


Die Functionen sind durch die Gleichungen (9) und (8) vollständig gegeben, und es treten in dem Aus- |[349]drucke (10) noch die unbestimmten constanten Coefficienten auf



 Eine wichtige Bemerkung ist noch über die constante Grösse zu machen. Im äusseren Raume stimmt nemlich die von dem wirklich vorhandenen Erdmagnet herrührende Potentialfunction überein mit der Function , die von der fingirten Belegung der Oberfläche herrührt und in der Gleichung (6) des vorigen Paragraphen entwickelt ist. Es gilt also für jeden Punkt im äusseren Raume die Gleichung


(11)


Nun können wir aber (wenn die bekannte Vorzeichen-Aenderung vorgenommen wird) den Satz in Anwendung bringen, der in der Gleichung (6) des §. 18 ausgesprochen ist. Hier bedeutet dasselbe, was dort mit bezeichnet ist. Wir erhalten danach


(12) für


Aus (11) berechnet sich


(13) für


Zieht man die Gleichung (2) des §. 105 in Betracht, so ergibt sich aus (12) und (13), dass


(14)


sein muss. Wir dürfen also in den Gleichungen (6), (7), (8) des vorigen Paragraphen die Summirung mit anfangen.

 Uebrigens sieht man, dass auch für die fingirte Belegung der Oberfläche


(15)


ist. Denn wir haben nach dem eben citirten Satze [§. 18, (6)]


für


und da für jeden Punkt im äusseren Raume ist, so ergibt sich



und damit ist die Gleichung (15) bewiesen.