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Titel: Schloß Friedrichskron
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aus: Die Gartenlaube, Heft 26, S. 450
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1888
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Schloß Friedrichskron.

Schloß Friedrichskron – der Name ist neu; in den ersten Tagen der kurzen Regierung Kaiser Friedrichs wurde er dem prachtvollen Bau beigelegt, der länger als ein Jahrhundert unter dem Namen das Neue Palais dem deutschen Volke bekannt war.

Wir wissen alle, daß in jenem Schlosse der verewigte Kaiser das Licht der Welt erblickt hat. War dies der Grund, warum er die Stätte mit dem Namen Friedrichs in engste Beziehung brachte? Durchaus nicht! Nur wir, das trauernde Volk, denken heute bei dem Namen Friedrichskron zunächst an Kaiser Friedrich; ihm selbst schwebte bei dem Namenswechsel der Gründer des Schlosses, der große Preußenkönig Friedrich II., vor.

Schloß Friedrichskron in Potsdam.

In der That sollte der Bau des Neuen Palais gewissermaßen die Errungenschaften Friedrichs II. im Siebenjährigen Kriege krönen; denn nach Beendigung desselben beschloß der siegreiche König, neben dem Schlosse Sanssouci ein Palais aufzuführen, welches nicht allein seinen eigenen Bedürfnissen, sondern auch denen eines wahrhaft königlichen Hofhaltes entsprechen würde. Drei Millionen Thaler waren für den Bau in Aussicht genommen, und durch diese außerordentliche Ausgabe wollte Friedrich seinen Gegnern beweisen, daß er noch über genügende Mittel verfügte, um nöthigenfalls den Krieg weiter zu führen. Im Jahre 1763 wurde der Bau begonnen und im Jahre 1769 vollendet.

Potsdam, der Lieblingssitz preußischer Herrscher, erhielt dadurch eine werthvolle Perle in dem Kranz der Schlösser, die es heute umgeben.

Es verdient den stolzen Namen Friedrichskron; denn nach außen und innen ist es so prachtvoll ausgestattet, wie kaum ein anderes der königlichen Schlösser. Mit seinen vier Flügeln bietet es eine gewaltige Front von 213½ Metern; 425 Sandsteinfiguren zieren sein steinernes Podest; auf der Kuppel thronen drei gekrönte Genien, welche, wie der Volksmund sagt, die drei Feindinnen Friedrichs II., die Kaiserinnen Maria Theresia von Oesterreich, Elisabeth von Rußland und die berüchtigte Marquise Pompadour, darstellen sollen; auf dem Sims oben ist ein stolzes Symbol angebracht: ein preußischer Adler mit der Inschrift: nec soli cedit. („Er weicht selbst der Sonne nicht.“)

In diesen wahrhaft königlichen Bau, der über 200 herrschaftliche Gemächer und prachtvolle Säle enthält, zog im Jahre 1859 Kronprinz Friedrich Wilhelm von Preußen mit seiner Gemahlin ein. Lieb und theuer war ihm das Schloß, da er in demselben das Licht der Welt erblickt hatte; lieb und theuer auch darum, weil sich an dasselbe Erinnerungen an Friedrich II. knüpften, der des künftigen Königs und Kaisers leuchtendes Vorbild war.

Das Arbeitszimmer des alten Fritz im Neuen Palais ist bis auf die jüngste Zeit unberührt geblieben; in demselben Zustande, wie er es verlassen, konnten es Tausende der Besucher sehen. Ja, der damalige Kronprinz Friedrich Wilhelm suchte mit seltener Pietät alle Erinnerungen und Andenken an den alten Fritz zu sammeln, und erst vor kurzem haben wir es erfahren, daß einige dieser Andenken die letzten Weihnachtsgaben waren, die zwischen Kaiser Wilhelm und seinem Sohn, zwischen Berlin und San Remo in der Christnacht von 1887 ausgetauscht wurden. Schloß Friedrichskron birgt auch eine Erinnerung an die unvergeßliche Königin Luise. In dem Antikentempel, der im Schloßgarten sich erhebt, befindet sich das liegende Marmorbild der Königin von Rauch. Der große Meister, der das bekannte Marmorbild für das Mausoleum in Charlottenburg geschaffen hatte, wollte sich selbst übertreffen und ein zweites vollendeteres schaffen. Er arbeitete jahrelang an diesem Kunstwerk, das später in dem Antikentempel aufgestellt wurde und zu den ersten der Welt zählt.

Die Gartenanlagen von Friedrichskron sind jetzt berühmt: das war nicht immer so. Ihre Pflege danken wir der kunstsinnigen Gattin Kaiser Friedrichs, die, ebenso wie ihr hoher Gemahl, eine Blumenfreundin ist. Gar seltene Kinder der Flora blühten in den Anlagen zwischen Friedrichskron und den Kommuns; dort entfaltete im Winter auch die Christrose ihre zarten Blüthen; dort reiften im Sommer herrliche Erdbeeren und Früchte des Johannisbeer- und Stachelbeerstrauches, die jubelnd von den fürstlichen Kindern gepflückt wurden. Unser Kaiser Wilhelm II. wird gewiß oft jener Freuden im Garten zu Friedrichskron gedenken; denn die Früchte, die er genoß, hat er selbst unter der Anleitung seiner Mutter großgezogen. Unser Kaiser wird auch des Spielplatzes unter den Eichen und Linden gedenken, wo er als Knabe Festungen baute und Festungen stürmte, während sein Bruder Heinrich den Mast eines allerdings auf dem Sande errichteten Schiffes erstieg; er wird auch denken an die frohen Kinderfeste, die er dort mit der Bornstädter Jugend verlebte, und wie ihm, so ist auch uns allen das stille Glück eines echt deutschen Familienlebens unvergeßlich, das sich dort „bei Kronprinzens“ im Schatten der Bäume von Friedrichskron lange Jahre hindurch abspielte.

In der „Rohrhütte“ des Gartens hängt in einfachem Rahmen ein Gedicht, das in schlichten Weisen dieses Glück verherrlicht:

„Dies Plätzchen nenn' ich hier mein eigen,
Von süßem Blumenduft umschwebt,
Von der Erinnerung reiner Freuden
Und von des Sommers Fleiß belebt.“

An den Schriftzügen erkennen wir die Dichterin – die Kaiserin-Witwe Victoria. Wer in diesem Jahre nach Friedrichskron wandert und in jenem Gartenpavillon weilt, den wird die Erinnerung an jene Freudentage, mit Wehmuth erfüllen . . . Das ist eben die Tragik des Lebens; die Klänge der Freude verwehen rasch im Winde; die Trauer haftet fest in den Herzen. Schloß Friedrichskron wird in unsrer Erinnerung fortleben; aber wir werden dabei stets zuerst an die stillen Räume denken, in welchen der Tod seine grausame Ernte hielt, an die schwarze Todtenbahre, auf welcher einer der edelsten und besten Kaiser Deutschlands die letzte stumme Huldigung seines treuen Volkes empfing.