Samariter
[804] Samariter. (Zu dem Bilde S. 789.) Zur Winterszeit, wenn Wald und Feld in tiefem Schnee liegen und erstarrender Frost sich über die Natur breitet, gerät das Wild in große Not, und manches Stück erliegt den Qualen, die Hunger und Frost ihm auferlegen. Das ist die Zeit, wo der Jäger zeigt, ob er bloß Schießer, oder ob er in erster Linie Heger und Beschützer des Wildes ist. Der rechte Weidmann hat schon vor Eintritt des Winters Futterplätze angelegt und das Wild herangekörnt, um ihm jetzt, zur Zeit der Not, mit Rüben, Heu und Frucht über die schlimmen Tage hinwegzuhelfen.
Wenn aber der Schnee sehr hoch liegt und vom strengen Froste die Bäume krachen, da hilft alles Pflegen, alles Füttern nichts, es sinkt manches, besonders aber geringes Stück kraftlos zu Boden, das, wenn keine Hilfe naht, bald von der eisigen Kälte dahingerafft wird. Doch der hegende Weidmann streift in der fürs Wild so schweren Zeit täglich sein Revier ab, und wo er, wie auf dem Wolters’schen Bilde, ein Stück Wild zusammengebrochen findet, da flößt er ihm einen Labetrunk ein,
schafft es nach Hause und verpflegt es in einer Scheune so lange, bis der warme Föhn den Schnee hinweggefegt hat – dann, wenn der Frühling zu lachen beginnt, schenkt er seinem Pflegling die goldene Freiheit wieder. Karl Brandt.