LXIII. Isola Bella und der Lago Maggiore in Italien Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Zweiter Band (1835) von Joseph Meyer
LXIV. Salamis
LXV. Der Haag
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SALAMIS

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LXIV. Salamis.




Salamis ist ein armseliges Eiland an der Küste von Hellas; seine Städte, Tempel und Monumente sind spurlos verschwunden; aber auf seinen Gewässern kämpften die Flotten der Griechen und Perser um das Schicksal der Welt, und seine Höhen sind die uralten Zeugen des denkwürdigsten und folgenreichsten Seesiegs[1], der jemals erfochten. – [41] Der Griechen und Themistokles Heldenthaten machen Salamis Namen den fernsten Jahrtausenden werth, und sein Gestade – jetzt öde und verlassen – zu einem der interessantesten Punkte der Erde für alle Zeiten.

Welche Erinnerungen weckt der Anblick dieser Buchten und Hügel und zu welchen Betrachtungen führt er! Hätten die Perser gesiegt in dem glorreichen, hier vor drittehalb Jahrtausenden geschlagenen Kampfe, den ein begeistertes Volk, mit dem Muthe der Verzweiflung gegen die ungeheuerste Uebermacht wagte, so wäre Osteuropa eine persische Provinz geworden, und statt daß sich frei und selbstständig die eigenthümliche Bildung des Welttheils entwickeln konnte, hätten ihm die erobernden Asiaten ihre Cultur, ihre Despotie und ihre Laster vererbt. Griechenland’s Bildung wäre in der Knospe und für immer ausgetilgt worden, und von einem sich über die grasse Alleinherrschaft erhebenden, bessern und würdigern gesellschaftlichen Zustand, wie ihn zuerst die Verfassungen der griechischen Republiken zeigten, hätte die Menschheit vielleicht nie auch nur eine Ahnung gehabt. – Wissenschaft und Kunst hätten sich aus ihrem barbarischen Zustande wohl nie erhoben, und unter dem eisernen Joche des asiatischen Despotismus wäre die Welt vielleicht jetzt ein weites China! – So viel lag daran, daß bei Salamis die Griechen und nicht die Perser siegten. –

Gegenwärtig hat das Eiland (Groß-Colouri von den Neugriechen genannt) etwa 600 Einwohner, meistens in elenden Hütten wohnende Fischer und Hirten. Von der Pracht der classischen Vorwelt (Salamis war ein Lieblingsaufenthalt reicher Athenienser, die hier viele Landsitze erbauten) ist nichts mehr übrig, als die Substruktion eines Tempels, welcher die Stätte des Orts bezeichnet, der der Insel den Namen gab.




  1. Am 23. September 3504. – Der Perserkönig Xerxes hatte mit dem größten Heere, das jemals den Hellespont überschritten, Hellas überschwemmt, die Griechen von der Erde zu vertilgen. – Die Athenienser und die anderen Stämme, unfähig den Kampf zu Lande zu bestehen, verließen ihre Städte, schickten die Wehrlosen in unzugängliche Gebirgsschluchten und begaben sich auf ihre Schiffe, zu einem letzten verzweifelten Rettungsversuche, oder mit einander zu sterben entschlossen. Die Bucht von Salamis war für die Geschwader der Griechen der Sammelplatz; Themistokles ihr erwählter Führer. Kaum war die Hellenische Flotte vereinigt, so erschien die des Xerxes, um sie zu vernichten. Sie war jener um zwanzigmal überlegen an Schiff- und Streiterzahl. Sie zu erdrücken gewiß, griffen die Perser ohne Ordnung an. – Aber die unwiderstehliche Gewalt edler Begeisterung, welche jeden Griechen zum Heros machte, entschied für diese den Sieg. Der Rest der persischen Armada zerstreute sich, nach der erlittenen Niederlage, in alle Winde, und so ungeheuer war die Wirkung des unglaublichen Siegs auf den „großen König“, daß Xerxes, aus Furcht, die Griechen möchten die von ihm errichtete Brücke über den Hellespont abbrechen und ihm den Rückzug abschneiden, mit seinem zahllosen Heere schimpflich nach Asien zurückfloh.