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Der Griechen und Themistokles Heldenthaten machen Salamis Namen den fernsten Jahrtausenden werth, und sein Gestade – jetzt öde und verlassen – zu einem der interessantesten Punkte der Erde für alle Zeiten.

Welche Erinnerungen weckt der Anblick dieser Buchten und Hügel und zu welchen Betrachtungen führt er! Hätten die Perser gesiegt in dem glorreichen, hier vor drittehalb Jahrtausenden geschlagenen Kampfe, den ein begeistertes Volk, mit dem Muthe der Verzweiflung gegen die ungeheuerste Uebermacht wagte, so wäre Osteuropa eine persische Provinz geworden, und statt daß sich frei und selbstständig die eigenthümliche Bildung des Welttheils entwickeln konnte, hätten ihm die erobernden Asiaten ihre Cultur, ihre Despotie und ihre Laster vererbt. Griechenland’s Bildung wäre in der Knospe und für immer ausgetilgt worden, und von einem sich über die grasse Alleinherrschaft erhebenden, bessern und würdigern gesellschaftlichen Zustand, wie ihn zuerst die Verfassungen der griechischen Republiken zeigten, hätte die Menschheit vielleicht nie auch nur eine Ahnung gehabt. – Wissenschaft und Kunst hätten sich aus ihrem barbarischen Zustande wohl nie erhoben, und unter dem eisernen Joche des asiatischen Despotismus wäre die Welt vielleicht jetzt ein weites China! – So viel lag daran, daß bei Salamis die Griechen und nicht die Perser siegten. –

Gegenwärtig hat das Eiland (Groß-Colouri von den Neugriechen genannt) etwa 600 Einwohner, meistens in elenden Hütten wohnende Fischer und Hirten. Von der Pracht der classischen Vorwelt (Salamis war ein Lieblingsaufenthalt reicher Athenienser, die hier viele Landsitze erbauten) ist nichts mehr übrig, als die Substruktion eines Tempels, welcher die Stätte des Orts bezeichnet, der der Insel den Namen gab.