Textdaten
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Autor: Ottmar Schönhuth
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Titel: Sängergruß an Hohentwiel
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch I, S. 90–94
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Quelle: Commons und Google
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[90]
Sängergruß an Hohentwiel.[1]

Seyd gegrüßt in eurer Schöne,
Trümmer aus der Heldenzeit!
Euch sind dieses Liedes Töne
Vollen Herzens zugeweiht.

5
Bilder aus vergangnen Tagen

Voll der alten Herrlichkeit,
Steigt empor und stillt die Klagen
Die der Trümmer Blick erneut.

Steig, o Bild, aus jenen Tagen,

10
Als ein mächtig Brüderpaar

Seinen Sitz hier aufgeschlagen,
Das der Stolz des Landes war.[2]
Da hat noch die Kraft gegolten,
Da stritt noch des Mannes Muth,

15
Und in Heldenadern rollten

Deutsche Kraft und deutsches Blut.

Steig herauf aus frühen Tagen,
Bild von einer frommen Zeit,
Als auf dir, o Fels, geschlagen

20
Manches Herz, dem Herrn geweiht.

Wo sonst Kriegertritte hallten,
Tönte hell des Glöckleins Klang,

[91]

Und viel fromme Beter wallten
Zum andächt’gen Chorgesang.

25
Bild, steig auf aus jenen Tagen,

Als des Weibes zarte Hand
Stark den Herrscherstab getragen
Weithin über See und Land:
Hedwig, Bild aus schönen Zeiten,

30
Die oft Herrschermüh’ vergaß,

Wenn sie, Ekkehard zur Seiten,
An dem Quell der Weisheit saß.[3]

Steig herauf vor unsern Blicken,
Herrlichstes, und werde neu;

35
Füll’ das Herz uns mit Entzücken,

Bild von echter, teutscher Treu!
Bild der Treue, die hier oben
Einst sich ihren Hort gebaut,
Wo sie auf der Feinde Toben

40
Oft mit Hohn herabgeschaut.


Kund ward dies in trüben Zeiten,
In des edlen Fürsten Noth,
Als er mußt’ das Erbe meiden
Dem er einst als Herr gebot;

45
Als den feindlichen Gewalten

Alles wich und Treu’ vergaß,
Hat dies Haus die Treu gehalten,
Nicht gescheut der Feinde Haß.

Während rings das Land verheeret

50
Mächt’ger Feinde wilder Trutz,

Ward dem Leidenden gewähret
In der Veste sichrer Schutz;
In ihr ruht’ von seinen Sorgen
Der vebannte Herrscher aus,

55
Bis ihn bald ein schönrer Morgen

Rief in seiner Väter Haus.[4]

[92]

Als das dreißigjähr’ge Wehe
Unser Vaterland umfing,
Treu die Burg auf dieser Höhe

60
An dem Fürstenstamme hing.

Oft hat Trost aus ihr gesendet,
Dem, der saß im fremden Land,
Labsal oft dem Herrn gespendet,
Eines treuen Dieners Hand.

65
Du warst es, der Treu’ erwiesen,

Treu’, gediegen wie das Gold,
Noch in später Zeit gepriesen
Sey dein Name, Wiederhold!
Fünfmal zogen dicht in Schaaren

70
Feinde vor das Felsenschloß,

Du nur konntest es bewahren,
Schlugst zurück der Stolzen Troß![5]

Da war jene Zeit verschwunden,
Als der Frank’ der Burg genaht,

75
Und das Haus in wenig Stunden

Fiel durch feiger Männer Rath.
Diese Burg, die nie gezittert
Vor zahlloser Feinde Wuth,
Die Jahrhundert’ unerschüttert

80
Stand in Stürmen fest und gut.


Hörtest du’s in Grabes Grüften,
Wiederhold, und wardst nicht wach,
Als der Frank’ in seinen Sünden
Deine stolze Veste brach? –

85
Bist du nicht hervorgebrochen,

Biederheld, aus fernem Grab,
Hast du nicht die Schmach gerochen
An Dem, der die Burg ergab?[6]

Alle Pracht ist jetzt verwehet,

90
Sank hinab in Schutt und Staub;

Doch die Treue nicht vergehet,
Sie wird keiner Zeit zum Raub;

[93]

Hat nicht aus der Art geschlagen,
Sie lebt fort zu gutem Werk,

95
Stets soll man hier oben sagen:

„Hie allweg gut Württemberg!“

H. Schönhuth.
(Aus Dessen „Geschichte Hohentwiels etc.“ Freiburg, 1836. Waizenegger.)

  1. [93] Ich glaubte diese berühmte Veste, obgleich sie seit lange schon zum Würtembergischen Gebiete gehört, von dem Badischen Sagenbuch nicht ausschließen zu dürfen, theils weil sie noch innerhalb Badens Grenzen liegt, theils weil ihre frühern Besitzer Badische Fürsten waren.
    Beinahe in der Mitte des an so viel Wundern der Natur reichen Hegau’s, wo acht kegelförmige Berge vulkanischen Ursprungs aus dem Bodensatz uralter Fluthmassen emporsteigen, erhebt sich der höchste dieser Felsstöcke, von drei Seiten steil und schroff wie keiner der andern, aber rings umgeben von lachenden, mit allen Erzeugnissen eines milden und fruchtbaren Klima’s gesegneten Fluren; dicht zu seinen Füßen die freundlichen Marktflecken Singen, Hilzingen, etc. weiter hinaus eine Menge von Dörfern, Schlössern und Ruinen, und der südliche Horizont besäumt vom glänzenden schwäbischen Meeresspiegel, über den hoch in den Aether die blitzenden Alpenkronen in unabsehlicher Ferne sich reihen. Seine Höhe beträgt 2174 Pariser Fuß über dem Meeresspiegel, und trägt die Krone aller übrigen Hegauer Burgruinen, das einst fast unüberwindliche Hohentwiel. Ihr Ursprung ist schon in den Römerzeiten zu suchen, wofür der Name Duellum oder Duellium spricht, den sie bereits in den frühesten Urkunden führt. Wahrscheinlich wurde dieses Kastell als Hochwarte unter Kaiser Valentinian erbaut.
  2. [93] Die beiden schwäbischen Kammerboten Bertholt und Erchinger, durch ihren Kampf mit dem Bischof Salomo von Constanz, mit dem deutschen König Konrad und ihr tragisches Ende, aus der Geschichte bekannt genug.
  3. [93] Hedwig, Tochter Herzogs Heinrich von Bayern, nach dem Tode ihres Gemahls Burkhard II. (973) verwittwete Herzogin von Schwaben, kam einst, als sie auf Hohentwiel ihren Sitz hatte, in das Kloster St. Gallen, um dort ihre Andacht zu verrichten. Der Abt Burkhard nahm sie aufs Herzlichste auf, zumal sie seine Nichte war, und wollte sie mit Geschenken beehren. Allein sie lehnte alle ab und erbat sich dafür blos, daß er ihr dafür den jungen Mönch Ekkehard, (den nachmaligen Geschichtsschreiber des Klosters St. Gallen) auf einige Zeit als Lehrer der alten Sprachen, die sie mit Eifer studirte, nach Hohentwiel mitgehen möchte, was ihr auch, wiewohl ungern, gewährt wurde. Dort räumte sie ihm ein Gemach dicht neben dem ihrigen ein. Dahin kam sie nun täglich, oft sogar bei nächtlicher Weile, in Begleitung einer Magd, um mit ihm die griechischen Classiker zu lesen, doch geschah dies immer bei offenen Thüren, um keine Verleumdung ihrer Tugend aufkommen zu lassen, [94] Hedwig, Tochter Herzogs Heinrich von Bayern, nach dem Tode ihres Gemahls Burkhard II. (973) verwittwete Herzogin von Schwaben, kam einst, als sie auf Hohentwiel ihren Sitz hatte, in das Kloster St. Gallen, um dort ihre Andacht zu verrichten. Der Abt Burkhard nahm sie aufs Herzlichste auf, zumal sie seine Nichte war, und wollte sie mit Geschenken beehren. Allein sie lehnte alle ab und erbat sich dafür blos, daß er ihr dafür den jungen Mönch Ekkehard, (den nachmaligen Geschichtsschreiber des Klosters St. Gallen) auf einige Zeit als Lehrer der alten Sprachen, die sie mit Eifer studirte, nach Hohentwiel mitgehen möchte, was ihr auch, wiewohl ungern, gewährt wurde. Dort räumte sie ihm ein Gemach dicht neben dem ihrigen ein. Dahin kam sie nun täglich, oft sogar bei nächtlicher Weile, in Begleitung einer Magd, um mit ihm die griechischen Classiker zu lesen, doch geschah dies immer bei offenen Thüren, um keine Verleumdung ihrer Tugend aufkommen zu lassen,
  4. [94] Herzog Ulrich von Schwaben 1522–31.
  5. [94] Konrad Wiederhold, von Herzog Eberhard III. 1634 zum Kommandanten von Hohentwiel ernannt. Seine Lebensbeschreibung hat u. A. auch geliefert H. Schönhuth in dem Schriftchen: „Konrad Wiederhold als Held und Christ.“ Constanz, 1833. Ferner haben sein Andenken gefeiert G. D. Keßler und Albert Knapp.
  6. [94] Im Mai 1800 durch General Vendamme, nachdem ihr Commandant, Oberst Wolf, die Veste aus schmählicher Feigheit ihm übergeben hatte.