Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Wolkenstein

Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Wolkenstein
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aus: Erzgebirgischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 4, Seite 177–179
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: [1856]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Wolkenstein


mit seinem am westlichen Ende der Stadt, auf dem äussersten, fast durchaus felsigen, etwa 120 Ellen hohen Vorgebirge über der Zschopau, erbauten alterthümlichen, zum Theil auch schon ruinenähnlichen Schlosse, gewährt eine malerische Ansicht. Der Felsen, worauf es steht, ist besonders gegen Süden sehr steil, ja beinahe ganz unersteichlich, nur ein Punct zum Bewandern ist geebnet, wo man 80 Ellen hoch über dem Flusse, durch eine Felsspalte hinab eine grausenhafte Ansicht von demselben gewinnt. Am Felsen erblickt man ein Kreuz mit einem Kelche zum Andenken eines im Jahre 1428 von den Hussiten in den Abgrund gestürzten Papistischen Priesters. Nach frühern Sagen sollen Ametystgänge den ganzen Schlossberg durchziehen, und nach anderen Erzählungen aus der früheren Zeit wurden Rubinen bei der Stadt Wolkenstein gefunden.

Die Entstehung des Schlosses selbst konnte bis heutigen Tages nicht ermittelt werden. Ursprünglich, so viel steht fest, wurde es Bolkenstein genannt, ein Name, der an die alten Serbenzeiten erinnert und der Etymologie von einem Bolko grosses Gewicht verleiht. Wenn dagegen einige Geschichtsschreiber behaupten wollen, dass die ersten Besitzer die Herren von Motzen gewesen seien, so ist dieser Behauptung kein Glauben beizumessen und vielmehr die Annahme rationeller, dass dieselben nur in einem einstweiligen unterpfändlichen Besitz des Schlosses und der ganzen Herrschaft Wolkenstein sich befanden; Denn so viel ist gewiss, dass zu Anfang des 13. Jahrhunderts, wo dieser Herren von Motzen Erwähnung geschieht, die Herren von Wolkenburg die Herrschaft gleichen Namens und die Herrschaft Wolkenstein, mithin auch das Schloss Wolkenstein besassen.

Schon 1216 theilt sich dieses Geschlecht in die bald nachher ausgestorbene Waldenburger und Wolkensteiner Linie. Ins Jahre 1262 wird uns ein Hugo von Wolkenstein genannt und im Jahre 1274 war Ohnarg von Wolkenstein Generalrichter im Pleissnerlande, dem 1275 Albert Burggraf von Altenburg folgte, welcher 1298 als Besitzer von Wolkenstein mit Zubehör, dasige Bergwerkshalden dem Kloster Nimbschen bei Grimma übergab. Im Jahre 1298 residirte derselbe Albert zu Altenburg und die Ritter Tunzold von Kaufungen und Aylsdorf waren seine Vasallen.

Zu Anfang des 14. Jahrhunderts und zwar 1306 finden wir die Brüder Unark und Heinrich, 1308 Marcus und Donyn, 1311 Otto als Herren von Wolkenstein; Dann folgte ein Heinrich von Wolkenstein, dem sein Sohn Johann succedirte, welcher noch 1348 vorkommt. Bald darauf wurde Wolkenstein landesherrlich. Durch die Landestheilung im Jahre 1466 kam Wolkenstein zu der Meissnischen oder Albertinischen Hauptparthie und zwar dem oberen Theile durch die Bestimmung, dass die Sehma die Landesgrenze abgeben sollte, daher noch [178] lange Zeit hindurch bei Rückerswalde ein Paar und bei Frohnau ein Grenzstein, von jener Theilung herstammend, zu finden war.

Herzog Albrecht bestimmte nun zwar auch Wolkenstein seinem ältesten Sohne Georg. Heinrichen hingegen Ostfriesland. Letztrer konnte die rebellischen Friesen nicht bezwingen und nahm daher seine dortigen Aemter Freiberg und Wolkenstein nebst Geyer, Ehrenfriedersdorf und Thum; Zschopau hingegen behielt Herzog Georg und schlug es zur Schellenberger Pflege.

Auch die Bergwerke wurden von jenen Amtsbezirken ausgenommen. Durch Georgs Tod 1530 kamen die gesammten Albertinischen Lande wieder zusammen, und mit Wolkenstein, welches schon im 14. Jahrhundert[WS 1] zu einem Amte erhoben war, wurden die Nebenämter Geyer, Ehrenfriedesdorf, Thum wieder einverleibt und 1596 verband man auch das Amt Rauenstein damit, welches Kurfürst August 1576 denen von Günderode abgekauft hatte, wogegen Scharfenstein indessen an die Herren von Einsiedel gekommen war. August kaufte auch 1570 dem Stadtrathe zu Annaberg die ehemalige Herrschaft Balbergk ab und bildete daraus das Amt Frohnau, welches daher, weil es in dortiger Mühle seinen Sitz erhielt, das Mühlenamt genannt wurde, später auch die Stadt Buchholz in sich begriff und nach Annaberg, hingegen 1794 ins Wolkensteiner Schloss, dem Sitze des Justitsamtes, verlegt wurde, wo es bis zur Einführung der neuen Gerichtsorganisation vom Wolkensteiner Amtmann und dessen Actuarien, auch dem besagten Rentamtmann mit verwaltet wurde, aber seine besonderen Expeditionen hatte, so dass es von dem Wolkensteiner Amte eigentlich ganz als besonderes Gericht behandelt wurde. Mit[WS 2] Einführung der neuen Gerichtsordnung ist Frohnau wieder zu Annaberg geschlagen.

Der Sage nach hielt sich im Schlosse zu Wolkenstein sehr gerne Herzog Albert auf, welcher sogar 1498 sein Hoflager hierher verlegt hatte; Besonders aber war es ein Lieblingssitz von Herzog Heinrich, welcher der in Freyberg grassirenden Pest wegen ebenfalls seinen Hofstaat hierher zu bringen besorgt war; Von ihm wurde ein Thiergarten beim Schlosse angelegt und er ergötzte sich hier an den Freuden der Tafel; Derselbe war sehr freigebig und im hohen Grade leidselig, so dass ihm seine Unterthanen überall mit wahrer, nicht erheuchelter Liebe entgegen kamen. Ihm zur Seite stand eine treue liebenswürdige Lebensgefährtin, eine geborne Prinzessin von Meklenburg. Sie, diese hohe Frau muss desshalb um so grösser uns erscheinen, als sie diejenige war, welche nach allen Seiten hin der Reformation Vorschub leistete und Luthers begonnenes Werk unterstüzte, wo sie nur konnte.

Nach Heinrichs Tode bezog 1529 seine Wittwe das hiesige Schloss und bewohnte solches noch 1557.

Nach ihrem Tode 1561 übernahm Wolkenstein der Sohn August, der sich als Kurfürst hier oft aufhielt, wogegen Johann Georg dasselbe der Jagd willen häufiger besuchte. Später wurde der südliche Flügel des Schlosses zu den Expeditionen der Justizämter, der nördliche und westliche zu den Wohnungen der Beamten eingerichtet, wogegen der östliche das Schlossthor und die Magazine umfasst. Das uralte, sehr hohe und stark gemauerte Gebäude gegen Südost ist ganz leer. Merkwürdig und auffallend ist die Seite des Schlosses nach Aussen, wo der Beschauer sehr wenig Fenster erblickt. Eine Brücke verbindet das Schloss mit der Stadt und der Schlossgraben ist in liebliche einzelne Gärten verwandelt.

Die Herrschaft Wolkenstein begriff früher die hiesigen Gegenden von Marienberg mit den Gränzwäldern von Wolkenstein und ziemlich Alles, was vom jetzigen Gerichtsamte am linken Zschopauufer liegt.

Durch die grosse Herrschaft Rabenstein, die sich zwischen dem abteilichen und städtischen Gebiete von Chemnitz und der Stollberger Herrschaft hinzog, wurde Wolkenstein mit Waldenburg vermittelt, bis Hanns der Aeltere von Waldenburg Rabenstein im Jahre 1375 an den Chemnitzer Abt verkaufte.

Sehr reich war der ganze Bezirk an Mineralproducten und der Bergbau wurde in früherer Zeit sehr schwunghaft betrieben. Ausgezeichnet und berühmt ist die Pflege von Wolkenstein heutigen Tages noch durch den schönen Flachsbau; Nirgends wird es noch eine Gegend geben, wo diese Frucht so wohl gedeiht, als gerade hier. Ebenso[WS 3] ist die Rindviehzucht in ansehnlicher Stärke und wird mit gutem Erfolge getrieben, da die vortrefflichen Wiesen und denen Ertrag durch sorgsame Bewässerung sehr von Jahr zu Jahr erhöht wird.

Ausserdem trägt zur Nahrung der Stadt die Brauerei, die Klöppelei, die Weberei, die Posamentirarbeit und die Abhaltung von 2 Jahrmärkten viel bei. Das Städtchen Wolkenstein ist, wenn auch nicht reich zu nennen, [179] doch in einen allgemeinen Wohlstandt, wozu der Sitz von Königl. Behörden das Seinige beiträgt.

Ehedem war auch in Wolkenstein ein besonderes Bergamt, worunter der nicht unbedeutende Drehbacherbergbau stand. Später zog man Wolkenstein zum Marienberger Revier.

Der jezt hier betriebene Bergbau ist von geringer Bedeutung; dagegen ist das in der Nähe von Wolkenstein befindliche Bad in neurer Zeit wieder mehr und mehr in Aufnahme gekommen. Eine nähere Beschreibung dieses Bades haben wir schon bei der speciellen Geschichte vom Rittergute Hilmersdorf geliefert, so dass wir füglich darüber hinweggehen können und bloss dahin verwiesen haben wollen.

Die Hauptkirche von Wolkenstein steht fast am westlichen Ende der Stadt.

Die Kirche war in den ältesten katholischen Zeiten dem Ritter St. Georg gewidmet, dessen Bildniss mit dem Lindwurme noch jetzt über der kleinen Kirchthüre am Glockenthurme zu sehen ist. Ausserdem gab es in der Nähe von Wolkenstein mehrere Kapellen, als die über dem warmen Bade, genannt die Kirche zu unsrer lieben Frauen auf dem Sand, oder die Sandkirche, die 1609 abgetragen worden ist, desgleichen in Schönbrunn und Wiesenbad; die letztere begabte Fürst Georg reichlich, sie ward 1505 vom Meissner Bischof eingeweiht und die St. Jobs- oder Hiobskapelle und das Bad Hiobsbad genannt.

Jetzt existirt in Wolkenstein nur noch eine Hospital- oder Begräbnisskirche in der Vorstadt und nebenbei befindet sich ein grosser Gottesacker.

Zur Parochie von Wolkenstein gehören Geringswalde, Hilmersdorf, Heinzbanck, das Bad, die Schmelzhütte, der Wolfsberg, die Hut, Kohlau, die umliegenden Vorwerke und Mühlen.

Die Collatur über das Pfarramt übt das Hohe Cultusministerium, das über das Diaconat der Stadtrath zu Wolkenstein.

Wolkenstein als früheres Amt ist jetzt ebenfalls in ein Gerichtsamt verwandelt, wozu die Stadt mit 197 bewohnten Gebäuden und 1908 Einwohnern gehört und ausserdem noch 13 Landgemeinden.

M. G.     



Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Jahrhuudert
  2. Vorlage: Mii
  3. Vorlage: Fbenso