Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Staucha
in den Urkunden auch Stuchowe, liegt 2 Stunden von Lommatzsch, am Wege nach Oschatz über Jahna hinaus.
Wer unsrer Leser sollte Staucha nicht kennen, den Ort, wo einst an der Stelle der Diaconats- und Cantorats-Gebäude das berühmte Benedictiner-Nonnenkloster stand, so genannt vom Abt zu Aniane, Benedikt, dessen Bestimmungen über Einrichtung und Ordnung derartiger Klöster nach jenen des heiligen Benedikt von Nursia gezogen waren.
Das Kloster selbst war von dem meissn. Burggrafen Meinher I. zwischen 1190 und 1232 gestiftet. Dasselbe stand unter der Meissner Domprobstei. Der Burgvoigt war Schirmvoigt, der Markgraf von Meissen oberster Schutzherr.
Das Pfarrlehn zu Staucha erhielten die Nonnen vom Burggraf Meinher in dem Jahre 1261 und 1263 das zu Leuben, wogegen sie aber demselben die bisher gehabten Patronatrechte über die Kirchen zu Hof, Hohenwussen, Blosswitz, Neckanitz, Nanndorf abtraten.
Später und zwar im Jahre 1344 wurde dieses Kloster nach Döbeln translocirt.
Zu dieser Zeit war auch auf dem hiesigen Klosterhofe eine Capelle erbaut. Die Altarleute zu Staucha bedienten sich aber noch im Jahre 1443 des Klostersiegels. Jetzt sind von diesem Kloster keine Spuren mehr vorhanden, als höchstens ein verfallener, unterirdischer Gang, welcher vom Kloster aus unter der Diaconat-Wohnung nach Niederstaucha führte.
Wir sagen Niederstaucha und man wird fragen, ist dies ein andrer Ort, als unser Staucha. Strenggenommen nicht: doch von jeher war die Einteilung in Ober- und Niederstaucha üblich, und eigentlich waren auch 2 Rittergüter oder Vorwerke vorhanden, die aber von jeher nur einen Besitzer hatten.
Nach der Reformation finden wir im Besitze dieser Güter Nikol von Salhausen. Nach dem Aussterben dieser Familie im 17. Jahrhundert waren die Herren von Nitzschwitz Besitzer und dann über 100 Jahre und zwar bis zum 19. Jahrhundert die Familie von Hartitzsch, von welcher die Güter an den Herrn von Kruhm[VL 1] gekommen sind, der solche jetzt noch besitzt. Die herrschaftlichen Gebäude gewähren ein schönes Ansehen u. sie sind verschiedenen Zeiten restaurirt und in neuerem Geschmacke hergestellt.
Das Areal der Güter ist nicht unbedeutend und die Gegend schon sehr fruchtbar, weshalb auch alle Getreidearten gedeihen. Auch wird in den zum Gute gehörigen Gärten vortreffliches Obst erbaut, Brauerei und Brennerei werden schwunghaft betrieben und die Viehzucht ist sogar eine ausgezeichnete zu nennen.
Zu den Hauptgütern gehört das Vorwerk Pösig oder das Pösighaus, wozu ein Wald von 62 Ackern 57 Quadrat-R. gehört, welcher aus Eichen, Birken und Buchholz besteht. In diesem Walde soll, wie die Sage geht, vor Zeiten ein Schloss gestanden haben und ein besondrer Platz in diesem Walde führt noch den Namen „des Walls.“ Nach Zerstörung dieses Schlosses sei ein neues in dem eine Viertelstunde davon entfernten Gleina, welches zur Gerichtsbarkeit von Staucha ebenfalls gehörte, erbaut, welches die Herren von Glyna nachher besessen haben sollen.
Der Wald Pösig kommt in den Urkunden des Jahres 1261 unter dem Namen Biscowe (Biskowe) vor und im Jahre 1544 wird er Peskau genannt. Ein einzelnes Stück desselben heisst bis zum heutigen Tage das Streitholz.
[190] Dem Pösighaus steht das Recht des Schankes zu und liegt an der ehemaligen Poststrasse, die von Meissen nach Oschatz und Hubertusburg führte.
Der Besitzer von Staucha ist auch Collator über die dasige Kirche, in welche 24 Ortschaften gepfarrt sind, und zwar Altsatteln, Arntitz, Berntitz, Denschütz, Dobernitz, Dreben, Gleina, Grauswitz, Ibanitz, Marschitz, Panitz, Platitz, Pösig, Prositz, Stauchitz, Steuden, Stössig, Tösitz, Tragen, Waitschenhain, Wilschütz und Wunitz.
Zur Stiftung dieser starken Parochie hat vorzüglich das frühere Benedictiner-Nonnenkloster Veranlassung gegeben.
An hiesiger Kirche sind ein Pastor, ein Diaconus, ein Subdiaconus und ein Cantor und Schullehrer angestellt. Das Subdiaconat entstand im 16. Jahrhundert aus dem ehemaligen Rectorat und deshalb musste derselbe bis auf die neueste Zeit einigen Unterricht in der Schule ertheilen.
Von dem früheren Kloster sind bis auf dem heutigen Tag noch einige Stiftungen und Gebräuche übrig, wie z. B. das Weiberchor, die Amtsverrichtungen des Pastors im Orte selbst und die Besorgung der Auswärtigen vom Diaconus. Einer alten Stiftung gemäss müssen die Besitzer des Ritterguts Stauchitz bei Seerhausen, sobald an Festtagen in der Kirche zu Staucha auf dem Altare 3 Kerzen brennen, die mittelste und höchste derselben, nebst dem Leuchter anschaffen, wofür ihnen aber auch, wenn sie das Abendmahl geniessen, 3 Kerzen angezündet werden.
Merkwürdig ist auch noch, dass die 3 nach Staucha eingepfarrten Dörfer Arntitz, Berntitz und Wunitz, welche nahe beisammen liegen und eine Gemeinde bilden, die Stauchaer Dörfer heissen. Berntitz bildet den nördlichsten, Arntitz den westlichen und Wunitz den südlichen Theil der Gemeinde.
Wuhnitz hat wohl seinen Namen vom Wendischen Wuhon, die Viehtrift.
Alle drei Orte gehören zu den wohlhabensten hiesiger Gegend und liegen in einer herrlichen Pflege.
Die ganze Gegend und somit auch Staucha hat im 30jährigen Kriege und auch in den Kriegen zu Anfang des 19. Jahrhunderts furchtbar gelitten; aber vermöge der günstigen Lage seiner Bewohner sich auch bald wieder erholt und die langen Friedensjahre haben hierauf wohlthätig eingewirkt. Bemerkenswerth von Staucha ist noch, dass dieser Ort früher Marktrecht hatte und überhaupt noch viel bedeutender war, als jetzt.
Oberstaucha mit Niederstaucha und Pösig haben zusammen 92 bewohnte Gebäude mit 802 Einwohnern, die in’s Gerichtsamt Oschatz gewiesen sind.
Anmerkungen der Vorlage
- ↑ handschriftliche Korrektur: Frh. von Gruber