Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Störmthal

Textdaten
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Autor: O. Moser
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Titel: Störmthal
Untertitel:
aus: Leipziger Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band I, Seite 73–76
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Störmthal.


Das Rittergut Störmthal liegt zwei und eine halbe Stunde südöstlich von Leipzig auf einem etwas hervorragenden Plateau, welches durch die Parkanlagen des Schlosses und eine hübsche Aussicht nach Süden nicht ohne Annehmlichkeiten ist. Das Gut gehört zu den bedeutensten Rittergütern hiesiger Gegend, denn es enthält 450 Acker Feld, 97 Acker Wiesen und 352 Acker Waldung, beträchtliche Teichfischerei, Erbzinsen, Brauerei, Brennerei, Schäferei, Ziegelei und verschiedene Gerechtigkeiten, wobei die Besetzung einer Stelle im Leipziger Convict. Dieses Recht erlangte das Rittergut im Jahre 1784, wo der damalige Besitzer die Jagd und Jurisdiction in der Zauche (einem Störmthal zugehörigen Lehnholze, welches schon 1383 an das Dorf Holzhausen verlehnt worden war) an die Universität abtrat. Das herrschaftliche Schloss, von bedeutenden Wirthschaftsgebäuden umgeben, ist in sehr geschmackvollem Style erbaut und besteht aus drei Flügeln, wovon jedoch nur zwei Parterregeschosse haben, der Hauptflügel aber ist neun Fenster breit, trägt Blitzableiter und gewährt einen reizenden Prospect durch seine Lage auf einer von Wasser bespühlten Terrasse, sowie durch eine schöne mit Zierpflanzen geschmückte Freitreppe. Höchst sehenswerth ist auch der hiesige Park, einer der ersten welche in Sachsen nach englischem Geschmacke angelegt wurden. Zwar zeichnet sich derselbe nicht durch seine Grösse aus, denn er hält im Umfange kaum eine halbe Stunde, wohl aber hat man auf eine wahrhaft bewunderungswürdige Art die Localität zu benutzen gewusst. In reicher Abwechselung erblickt der Besucher die schönsten Landschaftsgemälde, Teicheinfassungen, Rasenplätze, Brücken, grosse Alleen, eine Einsiedelei, Anhöhen mit Felsengrotten und einen Wasserfall; ein schöngearbeiteter Tempel aber wurde nach der Schlacht bei Leipzig im Abtnaundorfer Parke aufgestellt. Bis zum Jahre 1810 befand sich in dem Parke zu Störmthal auch ein Thiergarten, von drei Ackern Flächenraum, in welchem man sechsunddreissig Hirsche pflegte. Ausserdem gehört zu den hiesigen Gartenanlagen ein grosses Gewächshaus, welches viele seltene exotische Pflanzen enthält.

Das Rittergut Störmthal, in Urkunden auch Stromthal genannt, wird bereits im zwölften Jahrhundert erwähnt, wo es den Rittern von Mocheley gehörte. Einer dieses Geschlechts, Bernhard von Mocheley, verkaufte das Gut um 1290 an Otto von Pflugk, dessen Familie mit der Zeit in Leipzigs Umgegend eine grosse Anzahl von Rittersitzen an sich brachte. Dam von Pflugk besass Störmthal 1383 und von ihm rührt die Verlehnung des Waldes Zaucha her. Die Urkunde darüber lautet:

Ich, Tham Pflugk, Ritter, bekenne öffentlich mit diesem Briefe und thue kund allen denen die ihn sehen oder hören lesen, dass ich mit den frommen Leuten zu Holzhausen, die das Holz, die Zuge genannt, daselbst zu Holzhausen gelegen, von mir zu rechten Erblehn dahero gehat haben allet Zwytracht und Kryge gütlich und lyblich Bericht entsetzt, und geschieden bin, also dass sie dasselbe Holz, die Zeuche genannt, bei Holzhausen gelegen, von mir, meynen Erben und Nachkommen zu einem rechten Erbe als Erb, Recht und Gewohnheit ist, haben und empfahen sollen; Und ich, obgenannter Tham Pflugk, gelobe in guten Treuen vor mich, meine Erben und Nachkommen das vorgenannte Holz den ehegenannten Leuten ihren Eheligen Wirtinnen und alle ihren Kindern und Erben, zu welcher Zeit und wy dicke Sy, dass ir etzlicher besundern, oder alle mit einander begehend synd, es seyn Mann oder Frauen, Knecht oder Jungfroven binnen Dorffs oder auswendig Dorffs wohnhaftig oder gesessen, alldyweil sich unter ihnen zu des andern Gebort und Mannschaft gereichen geschehen mag, ohn allerley Lypnis, Gabe, Wiedersprache reichen und leyen zu rechten Erbe, erblich als Erbes Recht und gewönlich ist, darinnen myn die vorgenannten Leute zu Holzhausen alle mynen Erben und Nachkommen jährlich alle mit einander nyn Schock guter Meissner Groschen, Freiberger Müntze, dy zu der Zeit gänge und gebe sind, und acht Capaunen von des obgenannten Holzes wegen uff Weinachten zu rechter Erbzins sollen reichen und geben ohne allerlei Widersprache, Verzug und Hinderniss.

Und ich, vorgenannter Tham Pflugk, gelobe in guten Treuen vor mich meyne Erben und Nachkommen den Zinss den vorgenannten Leuten zu Holzhausen, daglichen nimmermehr zu hohen, noch keinerlei Eintrag, weder mit Worten noch mit Werken machen, davon dysse Eynung und Reichung des [74] obgenannten Holzes Vormunden, oder einiger Weise gekränket möchte werden ohne allerlei Arg und Hinterlist.

Hierum so reiche obgenannter Tham Pflugk und habe gereichet zu rechten Erbe bei Namen den frommen Leuten zu Holzhausen in Acht Theilen Cunrad Schulteyssen von Pezolden eynen Theil, Henzel Pezolds einen Theil, Benedix Heynner, Jans, Henrich Omwendorfen und Henrich Schultheysen eynen Theil, Henrich, Couraden und Dietrich Vernyten, Gebrüder, eynen Theil und darnach allen Erben, binnen Dorf oder auswendigs Dorf gesessen, als vorgeschrieben steht, das Holz, die Zuche genannt, bei Holzhausen gelegen zu rechten Erben, also dass die benannten Manne sünderlichen, und darnach syne Kind und erste Erben, ob er nicht Kinder liess. Der achte Theil des Holzes sollen von mir mynen Erben und Nachkummlingen, one allerlei Bethe und Gabe erplich empfahen und haben, und das geruhlich und friedlich zu gebrauchen und besitzen mit allem Nutzen den sy immer darvon gehaben mögen. Wäre auch der vorgenannten Leute ihr Kind oder Erben oder Nachkommen y keine der nicht Leibeserben hätte, bitte er mich, meine Erben und Nachkommen, wir sollen syne Wybe solchen achten Theil vorbenannten Holzes oder also viel Acker y das hat und begehrend ist, zu rechten Erbe reichen und leyen, ohne allerlei Lybniss, Gabe und Hinderniss und es soll ihren Wirtinnen nit zu Schaden kommen, ob es nit nach des Briefes Lute gereichet noch geleyen würde, sondern sie solle nach ihrer Mann Tode dy Helfft haben und nehmen gleich andere Erbgut nach der Gewohnheit dy sy vor Alter uff dem Lande daselbst zu Holzhausen bisher gehabt haben. Wolete auch derselben Leute keynen synen Theil Holzes verkaufen, er sull es allererst den obgenannten synen Kumpan oder ihren Erben und Nachkummen synen Theil nit kaufen, so mag er es eynen lassen der ihme behaglich sy und gefugsam im Dorfe gesessen, und dem oder dy es kaufen, soll ich, obgenanntter Tham Pflugk, meyne Erben und Nachkommen, geloben den Theil Holzes erblich zu reichen, myt aller Freiheit und Nutzen als obgeschrieben steht; Wäre auch der obgenannten Leute kyn usswendig Dorfs wohnhaftig oder gesessen, an dem oder dy das obgenannten Holzes einer Theils von Recht elricher Gebört wäre kummen und geerbet, der oder dy sullen auch den Theil eyne der sogenannten synen Kompan oder ihren Erben noch Nachkommen byten, ob Sy es zu Kauffe geren und verkaufen, so sull er es auch oder sullen eynen lassen und verkaufen inwendig Dorfs gesessen, der en behaglich ist, und ume allsulche Pfennige geben als gewöhnlich, möglich und Kaufes werth ist. Wäre auch, dass ich meyne Erben und Nachkummen, die Rechnung des obgenannten Holzes sulten oder wolten lassen, so sullten wir sy lassen einem Manne der den oft genannten Leuten eben kume und den sy gerne zu einem Erbherrn nehmen, also dass sie keinerlei Lypnis noch Gabe yme dy Aenderung der Bryfe und des Holzes Lehn und Reichung dürfte geben ohne allerlei Argelist Wy dysen Tedungen und Schickung seynt gewest und seynt auch Gezeugen die Gestrengen Thame von Haldecke, Ortel von Zemyn, Friedrich Dobenz und die Vorsichtigen Weisen Lipmann ut der Münze, Nikol Selmitz und Nitze Marschalg Bürger zu Lipzgk und darzu Biderbe Leute genug, würdig als alle vorgeschriebene Tedingsartikul, Gelöbde und Reichung von mir obgenannten Tham Pflugk, Ritter, meynen Erben und Nachkommen stete, ganz und unversiert solten werdig gehalten; dass habe ich oftgenannter Tham Pflugk meyn Insiegel vor mich meyn Erben und Nachkummen zu Urkund und ware Sicherheit mit gutem Wissen an diesen Bryff lassen hengen. Geben nach Christi Gebort dreizehnhundert Jahr darnach in dem dreiundachtzigsten Jahre am Sanct Catharinenabend der heiligen Jungvroven.

Dieser Dam von Pflugk war der zweite Sohn Nikol Pflugks auf Frauenhayn und Hofrath des Markgrafen Wilhelm zu Meissen, wohnte aber nicht auf dem Schlosse zu Störmthal, sondern in Zöbigker. Nach seinem um 1420 erfolgtem Tode bekam das Gut Sigismund Pflugk, ein tapferer Kriegsmann, der sich in dem Hussitenkrige und namentlich in der Schlacht bei Brix sehr auszeichnete, indem er die feindliche Wagenburg erstürmte. Von den sieben Kindern, welche ihm seine Gemahlin (Agnes von Erdmannsdorf aus dem Hause Städteln) gebar, erhielt Nikol Pflugk bei der Erbtheilung Knauthain, Zöbigker, Eythra und Störmthal, brachte aber später noch mehrere andere Güter an sich. Dieser Nikol Pflugk war ebenfalls ein tüchtiger Krieger und wurde wegen seiner ritterlichen Thaten in dem Hussitenkriege vom Churfürsten Friedrich von Sachsen eigenhändig zum Ritter geschlagen, hatte aber 1449 das Unglück von den Böhmen in dem Gefecht bei Pöppeln nebst Kunzen von Kaufungen gefangen zu werden, doch löste ihn der Churfürst mit 4000 Gülden wieder aus. Im Jahre 1467 wurde Nikol Pflugk vom Churfürsten zum Amtmann in Leipzig, Borna, Pegau und Groitzsch ernannt. Seine Gemahlin, Anna von Schleinitz aus Ragewitz, beschenkte ihn mit zwölf Kindern, von denen Andreas Knauthain, Störmthal und Sonnenwalde erbte. Dieser Herr stand in hohem Ansehen bei dem Churfürsten Johann dem Beständigen und ebenso bei dem Herzog Georg, die ihn mit mancherlei wichtigen und schwierigen Sendungen beauftragten, und namentlich seine Klugheit und Umsicht bei den damaligen Religionsstreitigkeiten in Anspruch nahmen. Er kaufte von Paul von Breitenbach 1511 das Städtchen Liebertwolkwitz, veräußerte es jedoch 1531 mit Erlaubniss des Bischofs von Merseburg wieder an den Doctor Lindemann und starb kurz nach seiner Gemahlin, Elisabeth von Minkwitz aus Sonnenwalde, auf dem Schlosse zu Knauthain, wo er vor dem Altar der Dorfkirche beerdigt wurde. Von Andreas Pflugks vier Söhnen erbte Knauthain und Störmthal der jüngste, Hans Pflugk, vermählt mit Magdalenen von Schönfeld aus Wachau, dessen Sohn, Hans Pflugk, in französische Kriegsdienste ging und 1577 daselbst an einer Lagerkrankheit starb, der andere Sohn, Dam Pflugk, der zwei Monate nach des Vaters Tode (1552) geboren war, vermählte sich 1579 mit Catharinen von Schönberg aus Stollberg, aus welcher Ehe nur eine Tochter, Magdalene, hervorging, die am 12. Juni 1595 Andreas Pflugk auf Eythra zum Gemahl erhielt, aber schon nach zwei Jahren starb. Störmthal befand sich bereits seit 1588 im Besitze Friedrichs von Schönberg, des Schwagers Dam Pflugks, doch verkaufte es derselbe schon 1594 an Moritz von Starschedel auf Markkleeberg, in dessen Besitze das Gut nur bis 1596 blieb.

Im Jahre 1612 gehörte Störmthal Martin Schumarz, der es noch vor dem dreissigjährigen Kriege an einen Herrn von Krückelmann verkaufte, von diesem aber kam das Gut bald an Gotthard Plätzer und nach dessen Tode an seine Söhne. Der folgende Besitzer von 1668 an war der Accisrath Philipp Jünger in Leipzig, von dem Störmthal 1675 an Statz Friedrich von Fullen, königlich Polnischen und churfürstlich Sächsischen Kriegsrath und Oberhofgerichtsassessor zu Leipzig gelangte, von dem es 1703 sein Sohn der Kammerherr, [75] Oberhofrichter und Obersteuereinnehmer Statz Hilmar von Fullen erbte und 1751 starb; seine Tochter und Erbin aber, Erdmuthe Dorothea Magdalene, vermählte sich das erste Mal mit dem Kammerherrn und Oberschenken Grafen Heinrich Rudolf von Schönfeld († 1751), das zweite Mal mit dem Generalleutnant der Cavallerie und Gouverneur der Stadt Leipzig Johann Friedrich Grafen von Vitzthum-Eckstädt († 1786). Die Gräfin starb 1787 und Störmthal wurde Eigenthum des Grafen Johann Hilmar Adolf von Schönfeld, ihres Sohnes erster Ehe, churfürstl. Sächsischen Ministers am Oesterreichischen Hofe, Kammerherrn, Obersteuereinnehmers und Geheimerathes, der 1820 mit Tode abging. Ludwig Moritz Adolf Graf von Schönfeld, des Vorigen Sohn, verkaufte das Rittergut im Jahre 1824 an den jetzigen Besitzer Herrn Rudolf Friedrich Theodor von Watzdorf, königl. Sächsischen Kammerherrn.

Das Rittergut Störmthal hatte bis zum Jahre 1677 über die Dörfer Dreysskau, Kleinpetzschau, Dahlitzsch, Gölzschen, Rödchen und das, lange zu Störmthal gehörige, Städtchen Liebertwolkwitz die Untergerichte, in diesem Jahre aber wurde ihm die völlige Gerichtsbarkeit überwiesen, welche hinsichtlich letzteren Ortes 1842 an den Staat abgetreten ist.

Das Dorf Störmthal besteht ausser der Pfarre und Schule aus achtundzwanzig Gütern, vier Gemeindehäusern mit Nachbarrecht und fünf Häusern ohne solches, ferner aus neunundzwanzig herrschaftlichen Häusern, welche Erbzins an das Rittergut entrichten müssen, und einer Windmühle. Die Einwohnerzahl beträgt etwas mehr als vierhundert Köpfe. – Der Ort hat mannigfache Schicksale erlitten. In dem Kriege Friedrichs des Gebissenen mit dem Kaiser Adolf und im Hussitenkriege wurde die Gegend von Wolkwitz durch Streifzüge hart mitgenommen und mehrere Dorfschaften in Brand gesteckt. Bei der Belagerung Leipzigs durch Johann Friedrich den Grossmüthigen (1547) stand die Hauptfahne der churfürstlichen Reiterei in Störmthal und während des dreissigjährigen Krieges erlitt der Ort die heftigsten Drangsale durch kaiserliche und schwedische Truppen, so dass die Besitzer des Rittergutes, die Plätzer, oftmals durch Flucht ihr Leben retten mussten. Der nordische Krieg brachte neues Unheil, denn während König Carls XII. Aufenthalte in Altranstädt quartirte sich Major Piper mit einem zahlreichen Gefolge auf dem Schlosse Störmthal ein und erzwang von den Einwohnern Geld, Fourage und Vieh, zog aber nach einigen Wochen wieder ab. Der siebenjährige Krieg und der Baierische Erbfolgekrieg brachten häufig feindliche Einquartirungen hierher, am meisten gefährdet aber war Störmthal im Jahre 1813, wo schon zu Ostern Russische Truppen unter dem Befehle des Obersten von Wittgenstein einrückten; im October aber nahm hier Französische Infanterie Quartier. Am 16. October, wo die Schlacht zwischen Wachau, Liebertwolkwitz und Güldengossa engagirt wurde, marschirten Russen und Preussen ein und rückten von hier in die Schlachtlinie. Von dieser Zeit an war der Ort unaufhörlich mit Truppen angefüllt, die Alles ausplünderten, Leute misshandelten und sich überhaupt mit soldatischer Ungenirtheit betrugen. Vom 16. bis zum 18. October fand der grösste Theil der Störmthaler einen Zufluchtsort im Pfarrhause, vor welchem eine Russische Salvegarde stand, als diese aber abgezogen war wurde auch hier Alles ausgeplündert, die Kirche beraubt und aus dem auf dem Rittergute verwahrten Gotteskasten eine Summe von mehreren Tausend Thalern mitgenommen.

Die Kirche zu Störmthal ist ein altes Gebäude, das durch spätere häufige Reparaturen seine jetzige Gestalt erhielt. Der Baustyl nähert sich dem Spitzbogenstyl, gothische Fenster, Strebepfeiler, hohes Satteldach und ein achteckiger Thurm. Das Innere der Kirche ist freundlich und enthält eine Orgel von Silbermanns Schüler, Hildebrand, die Sebastian Bach 1723 übernahm, eine reichverzierte Kanzel, ein Erbbegräbniss der Rittergutsbesitzer und das Portrait Hans Friedrichs von Fullen in einem schöngeschnitzten Rahmen.

Bis 1690 war die Kirche zu Störmthal Filial von Magdeborn, in welchem Jahre auf Anordnung Churfürst Johann Georgs III. Störmthal in Folge eines Ansuchens des Kriegsraths Statz Friedrich von Fullen von dem Pfarrlehn Magdeborn getrennt, und zwei andere Filiale desselben Dreysskau und Kleinpetzschau mit Dahlitzsch mit der Kirche zu Störmthal, als Mutterkirche vereinigt wurden. – Dreysskau liegt dreiviertel Stunden von Störmthal, besteht aus sechsundzwanzig Gütern und zwölf Häusern und zählt zweihundert Einwohner. Die Kirche ist 1740 neu erbaut und besitzt ein ziemliches Vermögen. Kleinpetzschau mit Dahlitzsch liegen eine Stunde südöstlich von Störmthal und bilden eine Gemeinde. Kleinpetzschau, nur durch den Göselbach von Dahlitzsch getrennt, zählt zwölf Güter und zwei Häuser mit hundert Einwohnern; Dahlitzsch hingegen vierzehn Güter, zwölf Häuser und hundertfunfzig Einwohner. Die Kirche ist uralt, hat keinen eigentlichen Thurm, sondern nur ein erhöhtes Glockenhaus, und beträchtliches Vermögen. Sehenswerth ist der hier befindliche alte Flügelaltar mit trefflichen Holzschnitzereien und einem guten Oelgemälde.

Noch gehört zu Störmthal das Städtchen Liebertwolkwitz, welches in einen Rügenbuche von 1588 Liebwolkwitz genannt wird und früher blos Wolkwitz hies. Die Sage erzählt als Churfürst Johann Friedrich 1547 bei der Belagerung Leipzigs auf dem Thonberge bei Leipzig sein Mittagsmahl verzehrt, sei eine feindliche Kugel auf die Tafel gefallen, worauf der Churfürst ausgerufen: „Hier ist übel Essen wir wollen lieber nach Wolkwitz“ wohin er auch sein Hauptquartier verlegt habe. Liebertwolkwitz theilt sich in die grosse und kleine Gemeinde und die herrschaftlichen Häuser und zählt über vierzehnhundert Einwohner. Der Umstand, dass Liebertwolkwitz seit zweihundert Jahren mit Störmthal verbunden war, trägt Schuld, dass das hiesige Rittergut schon viele Jahre lang unbewohnt ist und kein herrschaftliches Ansehn hat, doch wurde es historisch merkwürdig dadurch, dass 1706 der kaiserlich Oestereichische Minister Graf Wratislav die mit Carl XII. zu Altranstädt abgeschlossenen Traktaten, nach welchen der Kaiser den Schlesischen Protestanten freie Religionsübung gestattete, auf hiesigem Rittergut unterzeichnete, auch König Carl XII. bei seinem (1707) erfolgten Abmarsche zwei Tage lang (1 und 2 September) hier sein Hauptquartier aufschlug. Im Jahre 1431 wurde Wolkwitz von den Husitten durch Mord und Brand dergestalt verheert, dass der damalige Besitzer desselben, Götz von Ende, seinen armen Bürgern zur Unterstützung das Bischofsholz schenkte, und 1637 beschossen die Schweden das Städtlein vom nahen Kolmberge aus; 1813 aber begann hier die grosse Völkerschlacht bei Leipzig. Am 14. October schon erfuhr Liebertwolkwitz ein schweres Unglück, indem bei einer Recognition der Französischen [76] Streitkräfte ein bedeutendes Avantgardengefecht der Generale Wittgenstein und Klenau gegen die hier befindlichen Truppen des Königs von Neapel stattfand, wobei Liebertwolkwitz dreimal erstürmt geplündert und zum dritten Theile zerstört wurde.

Was die ältesten Besitzer des Städtchens anbetrifft, so waren solche im vierzehnten und funfzehnten Jahrhundert die Herren von Ende, von denen Götz von Ende schon erwähnt wurde. Um das Jahr 1480 kam Liebertwolkwitz an die Herren von Breitenbach, 1511 an Andreas Pflugk und 1531 an Doctor Lindemann, von diesem aber an die Familie Lenz, von der es der Kriegsrath Statz Friedrich von Fullen erwarb. Seit dieser Zeit blieb Liebertwolkwitz mit Störmthal verbunden bis auf die neueste Zeit.

Die Kirche zu Liebertwolkwitz wurde bei dem hier 1572 stattgefundenen grossen Brande eingeäschert und bald darauf wieder neu erbaut, erfuhr aber 1783 und 1815 bedeutende Reparaturen. Sie zeichnet sich durch Geräumigkeit und geschmackvollen Styl aus, besitzt aber weder Alterthümer noch sonstige Merkwürdigkeiten, wohl aber vier Legate zu Gunsten des Pfarrers und der Schule, und ein Vermögen von beinahe zwölftausend Thalern. Zur Parochie Liebertwolkwitz gehört als Filial das eine halbe Stunde entfernte Dorf Grosspösna. Die Collatur über Kirchen und Schulen der Parochieen Störmthal und Liebertwolkwitz stehen dem Herrn Besitzer Störmthals zu, die Schulstelle zu Grosspösna aber vergiebt der Besitzer des dortigen Rittergutes. – Im Bezug auf die Schulverhältnisse Störmthals ist noch zu erwähnen, dass ausser der von etwa hundert Kindern besuchten Ortsschule sich hier auch eine von dem Gerichtsherrn, Herrn Kammerherrn von Watzdorf und dessen Frau Gemahlin, einer geborenen Gräfin von Schulenburg, gegründete und erhaltene Kinderbewahranstalt befindet, deren segensreiche Wirksamkeit von jedem Störmthaler dankbar anerkannt wird.

O. Moser.