Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Schmölln

Textdaten
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Autor: Moritz Grimmel
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Titel: Schmölln
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aus: Markgrafenthum Oberlausitz, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 3, Seite 127–128
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons und SLUB Dresden
Kurzbeschreibung: Beschreibung des Rittergutes Schmölln
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Schmölln
Schmölln


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Schmölln.


Schmölln liegt 31/2 Stunde von Bautzen und 3/4 Stunde von Bischofswerda entfernt.

Schmölln hat seine ursprüngliche Bedeutung von dem wendischen Worte: Smollena, eine Pechhütte, erhalten.

Schmölln, mit den Rittergütern Ober-, Nieder- und Neu-Schmölln, besitzt ein schönes Schloss mit vortrefflichen in den Jahren 1825 und 1829 neuerbauten Wirthschaftsgebäuden. Diese Güter haben auch herrliche Schäferei, vortrefflichen Feld- und Wiesenbau, schöne Viehzucht und sehr starke Bierbrauerei.

Ausserdem giebt es hier eine Mühle und zwei Gasthöfe. Die Beschäftigung der Ortsbewohner ist Ackerbau, nebenbei giebt es hier auch viele Weber. Unter den Professionisten sind vorzüglich die Steinmetzger hier zu beachten, die in den berühmten Granit-Steinbrüchen schöne Steinarbeiten liefern.

Die frühesten Besitzer von Schmölln waren wegen der mangelnden Nachrichten nicht zu ermitteln.

Die Besitzer haben hier seit Mitte des siebzehnten Jahrhunderts schnell auf einander gewechselt.

Das Geschlecht derer von Zeschwitz war einige Zeit damit beliehen. Siegismund von Zeschwitz starb hier 1651, von welchem es an Hans von Thümmel kam, der schon am 7. Mai 1657 hier mit Tode abging. Dann wurde Besitzer Hans Friedrich von Lubitz im Jahre 1666, dem die Familie von Staupitz folgte. Später erhielt das Gut der Rittmeister Christian von Haugewitz, welcher im Jahre 1681 hier begraben wurde. Ihm folgte Wolf Siegmund von Baudiss und dann dessen Ehegattin, Frau Veronika von Baudissin, geborene von Gersdorf aus dem Hause Holschau. Dann wurde wieder ein Caspar Siegismund von Thümmel damit beliehen, von dem es Wolf Abraham von Thümmel übernahm. Im Jahre 1701 wurde Frau Elisabeth von Lembogin, geborene von Kirchenberg damit beliehen, welche im Jahre 1701 mit Tode abging, worauf es wieder in den Besitz Wolfs von Thümmel überging. Dann theilte sich der Besitz, Christoph Siegismund von Rausendorf erhielt Mittel-Schmölln und Wolf Conrad von Rausendorf Ober- und Nieder-Schmölln. Vereinigt besass dann Friedrich Adolph von Gersdorf auf Ober-Schmölln bis zum Jahre 1717 die Güter, von welchem sie an die Geheimräthin und Landeshauptmännin Frau Sophie Helena von Ponickau, geborene von Dieskau kamen. Im Jahre 1732 wurde der Churfürstl. Sächs. Hofrath Mätthäi damit beliehen und nach dessen im Jahre 1768 erfolgtem Ableben die Wittwe Dorothea Matthäi geborene Brandt. Von dieser kaufte es Herr Heinrich Ludwig von Zehmen, asessor judicii ordinarii zu Bautzen, welcher auf dem Rittergute Stauchitz in einem hohen Alter 1832 verstorben ist. Der Domherr Moritz August Wilhelm von Zehmen folgte im Besitze und nach dessen Tode im Jahre 1837 übernahm dessen Wittwe Frau Friederike Caroline von Zehmen geborene von Plötz aus dem Hause Hoyerswerda die Güter, von welcher es im vorigen Jahre der in engern und weitern Kreisen berühmt genug gewordene Hofschauspieler Emil Devrient erkaufte.

Emil Devrient ist der Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns in Berlin, welcher seine Abkunft nicht französischen, sondern flandrischen Bluts verdankt (de Vrient war der Name hugenottischer Einwandrer). Der in der Bühnenwelt gefeierte Name Ludwig Devrient ist der Onkel von Emil Devrient. Emil Devrient war für den Kaufmannsstand bestimmt. Der Wunsch des Vaters war dem folgsamen Sohne Befehl. Nach überstandener Lehrzeit ging Emil zur Ausbildung nach Zwickau in die chemische Fabrik seines Anverwandten. Hier war derselbe ein Jahr. Emil warf sich mit der ihm eigenen Gewissenhaftigkeit auf den gewählten Beruf, vervollkommnete sich mit gleichem Eifer in Waaren- wie Comptoirgeschäften und wandte die geistigen Genüsse, die er sich in den Freistunden durch Lecture der grossen Meister, das Auswendiglernen und laute Recitiren classischer Gedichte und dramatischer Glanzstellen verschaffte, nur zur Befestigung seiner allgemeinen Bildung an.

Eines Tages zur Weihnachtszeit verweilte er in Leipzig, dem Wohnorte seines Principals. Hier traf er seinen durchreisenden Bruder Carl und die lebensfrohen Unterhaltungen dieses herrlichen Naturells über Kunst und deren Genüsse wiegelten sein Innres auf. Er beschloss seinem Vater zu schreiben und um die Erlaubniss zur Aenderung seines Lebenslaufes zu bitten. Der Vater, liebevoll und nachgiebig, willigt mit schwerem Herzen ein. Er rief den Sohn nach Berlin und der erlösste Jünger Merkurs zog glücklich in die Vaterstadt ein. Dass Vater und Sohn die [128] Aenderung dieses Lebensberufs nicht zu bereuen haben, davon liefern ein lautes Zeugniss die Triumphe, die Emil Devrient seit 26 Jahren auf den verschiedenen Bühnen des In- und Auslandes gefeiert hat.

Vorzüglich ist es aber seine reichbegabte Individualität als Schauspieler, die ihm einen Namen und Ruf für immerwährende Zeiten sichern wird. Ebenso bleibt Emil Devrient als Mensch gross und achtungswürdig. In den Worten Marquis Posas:

„Ich liebe die Menschheit“ u. s. w.

liegt der Hauptzug seines Charakters.

Schmölln ist geschichtlich denkwürdig geworden durch Carl Heinrich von Grunau.

Carl Heinrich von Grunau, ein Page Johann Georg III. kroch nämlich am 12. August 1675 während eines Hoffestes auf den Königstein, von Lust und Wein benebelt, zu einer Schiessscharte der Burg hinaus auf den kaum eine Elle breiten, abschüssigen Vorsprung des Felsens unter der sogenannten Friedrichsburg, um da den Rausch zu verschlafen. Nur der geringsten Wendung bedurfte es und er stürzte in den Abgrund hinunter. Glücklicherweise wurde er zeitig entdeckt und als man dem Churfürsten dies halsbrechende Ruheplätzchen zeigte, liess er den Schlummernden erst anbinden und dann mit Trompeten und Pauken wecken. Noch ein anderes Abentheuer hat dieser von Grunau bestanden: Derselbe ritt eines Tages unbesorgt über die Dresdner Brücke, sein Pferd ward scheu und setzte mit ihm über die Brücke in die Elbe, ohne dass ihm dieser Sprung den geringsten Schaden zugefügt hat. Er erreichte ein sehr hohes Alter von 107 Jahren und starb im Jahre 1744 in Schmölln, wo derselbe anfangs bei seiner Schwester, einer verehelichten Staupitz, später aber nach deren Tode in grosser Dürftigkeit bei einem Bauer Dressler lebte: denn er hatte jährlich nur 16 Thlr. Pension. Dessenungeachtet behielt von Grunau seine heitere Laune und erzählte den Bauern Schwänke und Mirakel. Als August II. im Jahre 1740 nach Polen reiste, machte ihn dieser Grunau als Greis von 102 Jahren in Bischofswerda die Aufwartung.

Die Stelle auf dem Königstein, wo von Grunau an dem Abhange des Felsen lag heisst heute noch „das Pagenbette“.

Auf Schmöllner Gebiet entspringt der krebs- und forellenreiche Bach, das Schwarz- oder Klosterwasser.

Der Klosterberg und der Silberberg liegen unfern des Orts. Ersterer gewährt eine treffliche Aussicht, Letzt[e]rer zeigt Spuren alten Bergbaues.

Die hiesige, an der Abendseite auf einer romantischen Anhöhe, mit einem Thurme versehene massiv gebaute Kirche ist schon im Jahre 1300 begründet worden. Bei dieser Begründung soll vor dem dreissigjährigen Kriege ein Fundations-Brief mit dem Siegel des damaligen Papstes und der zehn Cardinäle vorhanden gewesen sein, der aber nach diesem Kriege verloren gegangen ist.

Im Jahre 1693 ist der östliche Theil der Kirche erweitert worden.

Im Jahre 1832 wurde an der Mittagsseite der Kirche eine neue Kirchensacristei gebaut.

Unmittelbar an der Kirche befindet sich an der Südseite der deutsche und an der Nordseite der wendische Gottesacker.

Unter den hier Beerdigten wird die Grabstätte des Kammerjunkers Carl Heinrich von Grunau gezeigt. Auch ist nicht unerwähnt zu lassen, dass im Jahre 1828 mit der weissen Taube an der herrschaftlichen Gruft gesetzte Denkmal des Fräulein Bertha von Zehmen. Die Inschrift lautet:

Bertha von Zehmen ging zu Gott an Geistes- und Körperschöne ausgezeichnet als ein vollendeter Engel am 14. Juni 1828 geb. den 24. Sept. 1808. Diess ihrem heiligen Andenken die tiefgebeugten Eltern Moritz von Zehmen und Caroline von Zehmen geb. von Plötz.

Zum Andenken an ihren Todestag wird nach der im Jahre 1828 geschehenen und von der Königl. hohen Amtsregierung confirmirten Stiftungs-Urkunde alljährlich eine Gedächtnissfeier gehalten.

Die hiesige Pfarrwohnung ist nicht schlecht, und die Lage derselben durch den nahen Küchen- und Obstgarten und durch die Umgebungen freundlich zu nennen.

Eingepfarrt nach Schmölln sind Tröbigau mit einem herrschaftlichen Vorwerke und Neuschmölln, welches jetzt mit zum Rittergute Schmölln gehört.

Ausser diesen beiden deutschen Ortschaften sind noch wendische Dorfschaften eingepfarrt und eingeschult und zwar: Demitz im Wendischen Semize. Semja heisst die Erde. Dieser Ort liegt am Fusse des Klosterberges, die Herrschaft ist die Kloster-Herrschaft zu Marienstern. Endlich gehört auch noch Thumitz, im Wendischen Thumize, in die Kirche und Schule von Schmölln.

Schmölln mit seinen 118 bewohnten Gebäuden, seinen 156 Familienhaushaltungen und seinen 678 Einwohnern gehört jetzt zum Gerichtsamte Bischofswerda, zum Bezirksgericht Bautzen, zur Amtshauptmannschaft und zum Regierungsbezirk Bautzen.

Bemerkenswerth ist übrigens noch, dass die hier gefertigten Steinmetzenwaaren, besonders Gestelle oder Ginsplatten zu Hochöfen, die das stärkste Feuer aushalten, bis nach Schweden gehen.

M. G.