Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Plohn

Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Plohn
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aus: Voigtländischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 5, Seite 105–107
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: o. J. [1859]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Kurzbeschreibung:
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Plohn


auch die Plona, die Plohn, gemein die Plah genannt, liegt an der Zwickauer Strasse über Hauptmannsgrün nach Auerbach, an dem Plohnbache, 1/2 Stunde südöstlich von Lengenfeld und 1[VL 1]1/4 Stunde nördlich von Auerbach.

Plohn gehört zu den ältesten Orten des Voigtlands. Eine Burg, und zwar eine sehr wichtige Burg, stand hier schon im 11. Jahrhundert, davon vor 700 Jahren ein Adelsgeschlecht sich schrieb. Im Jahre 1143 kommt ein Ritter Meinholm von der Plona vor. Dieses Geschlecht scheint zu den später immer mächtiger gewordenen Voigten von Plauen und Greiz in ein Verhältniss der Lehnsabhängigkeit gekommen und von denselben später ganz aus seiner Besitzung verdrängt worden zu sein. Denn Plohn gehörte später zur Herrschaft Mylau, wozu die Stadt Reichenbach, der Flecken Lengenfeld und die Dörfer: Brunn, Friesen, Cunsdorf, Lambzig, Ober- und Unter-Heinsdorf, Oberreichenbach, Rotschau, Schneidenbach, Schönbach, Waldkirchen, Weisensand, Wolffspfütze und Plohn gezählt wurden.

Die Voigte von Plauen traten seit dem 13. Jahrhundert als Besitzer dieser Herrschaft auf und hatten solche bald als böhmisches, bald als Reichslehn innen. Nachdem die Voigte von Plauen in Folge der unglücklich für sie ausgefallenen Fehde mit dem Meissnisch-Thüringischen Mark- und Landgrafen Friedrich dem Strengen und dessen Brüdern vom Kaiser Karl IV. in die Reichsacht erklärt worden waren, mussten sie ihre sämmtlichen Besitzungen theils als Meissnisches, iheils als Böhmisches Reichsafterlehn empfangen. Dies letztere war auch bei der Herrschaft Mylau der Fall, welche Heinrich der Strenge von Plauen besass. Ein Sohn desselben, Heinrich, der ältere zu Greiz, verkaufte im Jahre 1367 die Herrschaft Mylau an Kaiser Karl IV. Nachdem im Jahre 1422 der Sohn Karls IV., Kaiser Sigismund an den Markgrafen Friedrich, den Streitbaren von Meissen, der bekanntlich im folgenden Jahre das Khurfürstenthum Sachsen erhielt, unter andern Böhmischen Besitzungen im Voigtlande, auch die Herrschaft Mylau verpfändet hatte, kam dieselbe 1459 durch den Egerschen Vertrag mit andern Voigtländischen Orten, jedoch als Böhmisches Lehn ganz unter sächsische Herrschaft. Während der Böhmischen Herrschaft war Mylau mit Reichenbach und Plohna sonst als Königl. Böhmisches Kammergut verwaltet worden und die von Weissbach und von Schönau werden als solche Verwalter genannt; später, von 1415 an Petzold von Metzsch und dann Hans von Metzsch, der diese Herrschaft als ein Meissnisch-Sächsisches Lehngut erhielt. Bis zu dem im Jahre 1571 erfolgten Todte des Joseph Levin von Metzsch, der in der Reformationsgeschichte als einer der bekannten Visitatoren, durch welche die Kirchenverbesserung im Voigtland eingeführt wurde, bekannt ist, also über 11/2 Jahrhundert lang blieb die Herrschaft Mylau im ungetheilten Besitze der Familie von Metzsch, wurde aber nun unter die 5 Söhne jenes Joseph Levin getheilt und die eine oder andere Besitzung kam in fremde Hände. Plohn blieb jedoch diesem altadelichen Geschlecht von Metzsch, nur mit dem Unterschiede, dass 2 Brüder von Metzsch im 17. Jahrhundert diese Besitzung theilten und nun Plohn Oberntheils und Plohn Unterntheils vorkommt. Der eine dieser Brüder, Friedrich Joachim von Metzsch hinterliess zwei Söhne, von denen der Eine, nachdem sein Bruder in Badenschen Diensten in einem Feldzuge gegen die Franzosen geblieben war, das Gut Oberntheils an seinen Stiefvater, Heinrich von Planitz auf Auerbach verkaufte. Aus den Händen dieser beiden Familien von Metzsch auf Plohn Unterntheils und von Planitz auf Plohn Oberntheils kamen dann die Güter und zwar das Untertheilische im Jahre 1800 und das Obertheilische im Jahre 1820 in den Besitz der Gebrüder Adler, welche beide Gehöfte, mit Ausnahme einiger [106] Wirthschaftsräume von Grund aus abtragen und dagegen ganz neu erbauen, massive und geschmackvolle Wohn- und Wirthschaftsgebäude, wie sie in der Abbildung zu sehen sind, herstellen liessen, die dem Orte und der Umgegend zur wahren Zierde gereichen. Das Hauptgebäude des untertheilischen neuen Schlosses ist nahe an der Stelle der alten Burg, dessen Thurmruinen erst um’s Jahr 1810 bis 1811 des Neubaues wegen abgetragen worden sind, erbaut. Plohn Oberntheils besass der Gerichtsdirektor Adv. August Friedrich[WS 1] Adler, welcher vor einigen Jahren mit Tode abgegangen ist. Der Besitzer von Plohn Unterntheils ist Christian Gottlob Adler.

Das alte auf einem Felsen gestandene Schloss wurde von den Truppen des kaiserlichen Generals Holk im Jahre 1633 zur Kornernte in Brand gesteckt, wobei ein Theil des Dorfes und die Kirche nebst den in ihr aufbewahrten Kirchenbüchern mit ein Raub der Flammen wurden. Das alte Schloss blieb in seinen Brandruinen liegen und es erfolgte zu jener Zeit der Neubau zweier Schlösser.

Aus dieser Zeit stammt auch die jetzige Kirche, die in einem nichts weniger als edlem Style erbaut, weder geräumig, noch lichtvoll genannt werden kann. Die hölzerne in einzelne Tafeln eingetheilte Decke ist. mit biblischen Gemälden geziert und an den Wänden befinden sich mehrere Trauerfahnen, Lanzen, Degen und Sporen, welche die bunten, hölzernen Wappen einiger verstorbenen Ritter aus dem Adel der Metzschischen Familie umgeben, deren Särge in der, unter der Kirche befindlichen Gruft, beigesetzt sind. Der Altar ist ein in der damaligen Zeit gewöhnlicher Schrank oder Wand-Altar, auf welchem in den einzelnen Nischen die Figuren der Marie mit dem Christuskinde und mehrerer anderer biblischer Frauen sich befinden, an denen der Faltenwurf der Gewänder und die Vergoldung derselben sich auszeichnen.

Vermögen besitzt die Kirche ohngefähr 350 Thaler einschliesslich eines Legats von 150 Thaler, welches Frau Christiane Sophie Mauersberger, die Wittwe des Papiermühlenbesitzers Johann Siegfried Mauersberger zu Grün im Jahre 1841 nach ihrem Tode testamentarisch mit der Bedingung vermacht hat, dass die Zinsen davon alljährlich an die Armen zu Grün von dem jedesmaligen Pfarrer vertheilt werden sollen.

In die Kirche sind eingepfarrt Grün und Abhorn, Erstres liegt 11/2 Stunde östlich von Plohn, letztres 1/4 nördlich vom Kirchorte. In Grün ist ein Flossholz-Landungsplatz unter Aufsicht eines Flossvorstehers.

In alten Zeiten war Grün nach Rodewisch eingepfarrt. Einst sei aber, wie die Sage geht, ein Kind von Grün auf dem Wege zur Taufe nach Rodewisch im Winter verloren gegangen, oder wie Andere erzählen, erfroren, oder wie noch Andere wollen, von Wölfen gefressen worden und deshalb die Einpfarrung nach Plohn erfolgt.

Eine Schwesterkirche von Plohn ist in dem 1/4 Stunde nordwestlich gelegenen Orte Röthenbach.

In Röthenbach lebte der emiritirte Schulmeister Thomas, welcher mit seinen beiden Söhnen die Nachahmung des niederländischen Kammertuches erfand, welche in der Folge dem Städtchen Falkenstein, wohin die Gebrüder Thomas sich wendeten, eine glückliche Gelegenheit gegeben hat, durch seine Fabricate berühmt zu werden. Auch machte Thomas einen glücklichen Versuch mit einer Spinnmaschine, auf welcher er, ohne Vorgespinnst und ohne zurückgeschoben zu werden, um das Garn aufzuwinden, 80er Garn spann. Aus Mangel an Unterstützung, die er nicht nachsuchte, ging sie wieder ein.

Röthenbach hat seine besondere Schule und es ist hier wie in Plohn ein ständiger Lehrer.

In die Kirche und Schule zu Röthenbach gehört noch ein Haus von dem nahen Dorfe Wildenau, welches aber auf Röthenbacher Grund und Boden erbaut ist.

Die Collatur über die Pfarr- und Schulstelle zu Plohn, so wie über die Schulstelle zu Röthenbach steht dem jedesmaligen Oberpfarrer und jetzigen Superintendenten zu Reichenbach zu, was noch von dem in dieser Stadt bestandenen Ordenshause der deutschen Ritter herrührt, da Plohn vor der Reformation ein Vicariat von Reichenbach gewesen ist.

Nach dem Tode des letzten dasigen Comthurs, Sebald Rosenbach war Georg Röder Inhaber des deutschen Hauses zu Reichenbach geworden, zwischen welchen sich viele Streitigkeiten mit dem dasigen Magistrate und dem Gutsherrn Levin von Metzsch erhoben, bis endlich dieselben durch eine Churfürsth. Kommission 1534 beigelegt wurden, durch welche der Gutsherrschaft das Patronat über die Kirche und Schule zu Reichenbach in Gemeinschaft mit dem Magistrat zugestanden; das über die Kirchen zu Mylau, Waldkirchen und Plohn dem deutschen Hause vorbehalten worden ist. –

Das Dorf Plohn, welches nur eine Gemeinde bildet, besteht ausschliesslich der Kirche, der Pfarr- und Schulwohnung und den beiden Rittergütern aus 9 Bauergütern, 25 Gärtner und Häuslernahrungen und 2 Mahl- und Schneidemühlen, von denen die untere zum Rittergute Oberntheils gehörige mit einem ansehnlichen, massiven Gebäude verbunden ist, in welchem Schafwollenspinnerei und Tuchfabrik ziemlich schwunghaft betrieben werden. Vor der neuen Gerichtsorganisation gehörten zu Plohn die Dörfer Abhorn, Röthenbach, Herlasgrün, der grösste Theil von Pechtelsgrün, ein Theil von Saupersdorf bei Kirchberg und die Frohn- und Freiseite von Wildenau. Die Einwohner von Plohn, deren Zahl jetzt 303 beträgt, beschäftigen sich zum Theil mit der Landwirthschaft, zum Theil mit Betreibung von Handwerken.

[107] Das Dorf enthält ein Areal von

531 Ackern, 224 Ruthen mit
6213,47 Steuer-Einheiten.

Es gehört jetzt zum Gerichtsamt Lengenfeld und zum Bezirkgericht Plauen, zur Amtshauptmannschaft Plauen, zum Regierungsbezirk Zwickau.

Plohn ist mehrmals von Unglücksfällen schwer heimgesucht worden. Vom Jahre 1660 bis 1666 war drei Mal Feuer im Dorfe.

Im Jahre 1675 entstand im Schlosse ein Feuer, wobei die Wirthschaftsgebäude ein Raub der Flammen wurden und nur mit vieler Mühe die Hauptgebäude und die übrigen Umgebungen erhalten werden konnten.

Eben so brach das Kriegsunglück im Jahre 1761 über Plohn herein und hat durch Contribution und Ausfuragirung viel Schaden und Verlust erlitten.

Bemerkenswerth ist wohl auch, dass Plohn am 8. August 1840 der Schauplatz einer öffentlichen Hinrichtung gewesen ist:

Johanne Sophie Kunze aus Pechtelsgrün, die ihren zweiten Ehemann, Johann Gotthelf Kunze mit Hilfe ihrer beiden Kinder erster Ehe, Christiane Wilhelmine Hochmuth und Ernst Christian Hochmuth auf der Hausflur mit einem Stricke erdrosselt hatte, wurde auf dem Anger neben dem Mühlteiche von dem Scharfrichter Schreiner zu Reichenbach durch’s Schwerdt enthauptet.

Uebrigens mag auch nicht unerwähnt bleiben, dass ein Dorfkind als Missionar in Südafrika lebt. Der jüngste Sohn des verstorbenen Richters Gottlieb Leupolds, Johann Gottlieb Leupold erlernte als Jüngling das Schuhmacherhandwerk, wanderte ins Elberfeldische und kam zuerst zu einem Schuhmachermeister nach Herdeke, dann später zu einem dergleichen in Barmen in Arbeit, bei denen er mit dem in jener Gegend herrschenden Pietismus und später auch mit dem Missionswesen bekannt wurde. Noch als arbeitender Schuhmachergeselle besuchte er die Missionsschule zu Barmen. Nach einem mehrjährigen Vorbereitungsunterricht auf genanntem Institute wurde er von der dortigen Missionsgesellschaft nebst mehrern Andern über London nach Südafrika in die Capstadt gesandt, um dort den rohen Heiden das Evangelium unsers Herrn und Heilands zu verkündigen. Er kam glücklich in der Capstadt an und gründete mit seiner Gesellschaft in einem Thale landeinwärts unter den Hottentotten, eine Colonie, die sie Wupperthal getauft haben. In neurer Zeit hat derselbe mit der Tochter des englischen Gouverneurs, unter dessen Schutz die Colonie steht, sich verheirathet und erfreut sich der besten Fortschritte seiner Colonisten in christlicher Civilisation.

Plohn liegt nicht unfreundlich und gehört hinsichtlich des Klimas ziemlich zu den mildesten des Voigtlands. Gegen Südost hin steigt das Land bedeutend an, und die in dieser Richtung 11/2 bis 2 Stunden weitgelegenen Berge, der Mausberg und Kuhberg, so wie die Herlagrüner und Schnarrtanner Höhen geben die herrlichste amphitheatralische Aussicht bis in die weitesten Fernen, südwestlich nach Schleitz und nordwestlich nach Altenburg und Leipzig hin. Ja man will behaupten, dass man auf dem höchsten Punkte in Schnarrtanne an heiteren Tagen mit bewaffnetem Auge sogar die Thürme von Leipzig zu erblicken im Stande sei.

M. G.     



Anmerkungen der Vorlage

  1. handschriftlicher Zusatz: 1

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Priedrich