Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Ottengrün

Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Ottengrün
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aus: Voigtländischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 5, Seite 159–160
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: o. J. [1859]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: SLUB DresdenCommons
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Ottengrün


2 Meilen von Adorf, 3 Stunden westsüdwestlich von Oelsnitz, 21/2 Stunde von Hof, 3/4 Stunde von der bairischen Grenze am Bobenneukirchner Bach gelegen, gehört ebenfalls zu denjenigen Dörfern, welche erst nach Vertreibung und Unterjochung der Sorbenwenden entstanden sind.

Als die ersten und bekannten Besitzer des Gutes, welches nicht unbedeutend ist, sind die Herren von Sack zu nennen, deren Stammschloss unstreitig Sachsgrün war und die in der frühesten Zeit ziemlich den ganzen nordwestlichen Theil vom Voigtlande besassen. Nach ihnen folgte ein wichtiges, berühmtes und beliebtes Geschlecht, die Herren von Pöllnitz, welche oft in wichtigen Grenzregulirungsangelegenheiten als Zeugen gebraucht wurden und ebenfalls grosse Besitzungen hatten.

Nach ihnen gelangte im 16. Jahrhundert die Familie von Tettau in den Besitz von Ottengrün, welche nebenbei auch Planschwitz, Bösenbrunn, Dobeneck, Taltitz, Unterlosa, Oberlosa, Stöckigt, Mechelgrün u. s. w. besass. Durch Verheirathung mit dem von Bünauischen Geschlecht waren die von Tettau’s und die von Bünau’s die reichsten und angesehensten Edelleute des Voigtlaudes und hochgeehrt bei Fürsten und Volk.

Erst im 17. Jahrhundert und zwar zu Ende desselben war Erb-, Lehn- und Gerichtsherr von Ottengrün Andreas Merz, der Schwiegersohn des Pfarrers Johann Scherer zu Posseck. Dieser Andreas Merz war vorher, und zwar im Jahre 1683, zum Pfarrer in Bobenneukirchen bestätigt worden, starb aber im Jahre 1708 auf seinem Rittersitze zu Ottengrün, und liegt in der Kirche zu Bobenneukirchen unmittelbar vor dem Altare begraben.

Ihm folgten im Besitze von Ottengrün seine Erben, worauf das Gut an eine Wunderlichsche Familie kam.

Im Jahre 1806, beim Einfalle der Franzosen, wurde der Besitzer von Ottengrün, Wunderlich, von den Franzosen verfolgt und mit einem Bajonettstich am Arm gefährlich verwundet. Dessenungeachtet wurde Wunderlich wieder hergestellt und lebte noch mehrere Jahre.

Der derzeitige Besitzer von Ottengrün ist Herr Adam Rödel, ein sehr umsichtiger und praktischer Oeconom, der stets ein treuer Berather und gleichsam ein Vater seinen Gerichtsuntergebenen war.

Der nun verstorbene frühere Vicebürgermeister Groh war Gerichtsdirektor von Ottengrün, welcher seinem Patron in seinem wohlthätigen Wirken stets treu zur Seite stand. Nach des Vaters Tode verwaltete dessen Sohn, Herr Albin Groh, bis zur Abtretung der Gerichtsbarkeit an den Staat die Gerichte von Ottengrün, und es haben wenig Patrimonialgerichte existirt, wo ein so schönes Einvernehmen zwischen Gerichtsherrn, Gerichtsverwalter und Gerichtsuntergebenen herrschte, wie hier. Nur ein einziger Gerichtsuntergebener, welcher als streitsüchtiger Mann in der ganzen Umgegend bekannt war und aus Aerger und Habsucht und Gewissensbissen vor einigen Jahren verstorben ist, wagte es, Gerichtsherrn und Gerichtsverwalter von Zeit zu Zeit zu verdächtigen und zu verunglimpfen.

Ottengrüns Rittergutsgebäude sind alt, doch nicht mehr ganz die ursprünglichen. In der frühesten Zeit soll ein grösseres Schloss hier gestanden haben und im 30jährigen Kriege theilweise mit zerstört worden sein, worauf die Gebäude in ihrer jetzigen Gestalt hergestellt worden sind, [160] welche sich bis auf die neuesten Zeiten erhalten haben. Die Wirthschaftsgebäude sind in gutem Zustande.

Das Areal des Rittergutes umfasst insgesammt 300 Acker. Es wird hier vortreffliches Getreide erbaut und vorzüglich grosse Aufmerksamkeit ist auf die Viehzucht verwendet; auch Obst gedeiht hier und der Wiesewachs ist ein guter zu nennen.

Ottengrün wie Zettlarsgrün, Engelhardtsgrün und Dechengrün waren vor dem Jahre 1529 markgräflich-brandenburgisches Lehn, wurden aber nach einem Tauschvertrage vom Jahre 1529 zwischen Kurfürst Friedrich und Herzog Johann von Sachsen, dem Bruder des Kurfürsten, einerseits und den Markgrafen Casimir und Georg von Brandenburg andererseits an Sachsen abgetreten.

Ottengrün ist nach Bobenneukirchen eingepfarrt, woraus zu schliessen ist, dass erstrer Ort noch später entstanden ist, als Bobenneukirchen. Ja es muss auch Ottengrün durch die frühere Gerichtsherrschaften in Posseck mit erbaut worden sein oder die Herren von Posseck hatten Besitzungen auf Ottengrüner Grund und Boden. Denn zwei Bauergutsbesitzer von Ottengrün waren früher Possecker Gerichtsunterthanen und hatten dem Diaconate zu Bobenneukirchen, ausser der zehnten Garbe, nicht unbedeutenden Sackzehnten an Waizen, Korn, Gerste und Hafer zu entrichten; auch Spannfrohne zu leisten.

Diese Zehnten sind in neuerer Zeit abgelöst und die Frohnangelegenheit ebenfalls mit geordnet worden.

Die meisten Dotationen für die geistlichen Stellen rühren von Conrad von Reitzenstein auf Posseck her, der sich für Kirchenwesen sehr interessirte. Durch ihn wurde Posseck Pfarrkirche mit den eingepfarrten Dörfern Nentzschau und Gassenreuth, welche vorher nur eine Kapelle von Regnitz-Lossa war. Zur Abfindung des Pfarrers zu Regnitz-Lossa gab Conrad von Reitzenstein an die Kirche zu Regnitz-Lossa das Dorf Haag ab.

Ebenso trat er Grund und Boden ab zur Bebauung mit der Bestimmung, dass gewisse Zehnten an die geistlichen Stellen in Bobenneukirchen zu entrichten seien, und ähnliche Bestimmungen traf derselbe in Ottengrün rücksichtlich des Grundes und Bodens, der ihm hier gehörte.

Der Ort Ottengrün treibt hauptsächlich Ackerbau und Viehzucht; doch ist auch hier bei den ärmern Bewohnern das Sticken und Nähen nach Plauen zu Hause.

Nahe bei Ottengrün liegt Burkhardtsgrün, wovon ein Theil der Gerichtsbarkeit vom erstere Orte unterworfen war. Dieses Burkhardtsgrün ist früher öfter mit dem bei Schneeberg im Erzgebirge liegenden Burkhardtsgrün verwechselt und daher auch irrig behauptet worden, dass hier in Burkhardtsgrün (bei Ottengrün) Opale gefunden würden. Diese Opale werden nur in Burkhardtsgrün im Erzgebirge gefunden. Hier in Ottengrün und dem dabei liegenden Burkhardtsgrün giebt es nicht einmal andere nutzbare Steinarten.

Ottengrün hat 33 bewohnte Gebäude, Burkhardtsgrün 21. Ersterer Ort zählt 206 Bewohner und gehört mit Burkhardtsgrün zum Gerichtsamte Oelsnitz.

M. G.