Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Neu-Taubenheim
mitten in dem zugehörigen Dorfe Döhlen, ¼ Stunde nördlich von der Brücke zu Rochlitz gelegen.
Anfangs hiess es auch Döhlen, erhielt aber seinen Namen im 15ten Jahrhundert von einem Herrn von Taubenheim.
Man darf daher nirgends ein Alt-Taubenheim suchen und Taubenheim bei Nossen steht in keiner weitern Beziehung auf Neu-Taubenheim, als dass es das Stammgut der Taubenheim’schen Familie ist.
Das Gut selbst hat eine angenehme Lage in einem tiefen, von sehr steilen Bergen gebildeten Thale, welches aber eben hier in’s Muldenthal ausgeht, am Milkauer oder Döhlener Bache, wohl auch Krossener Bach, welcher nahe beim obern Ende von Ober-Tanneberg und Obererlau entspringt und fast immer westlich fliesst. Anfangs längs durch Krossen in einem seichten breiten Grunde, dann bei Gross- und Klein-Milkau in einem zwar auf breiten, aber tiefen, sehr angenehmen Thale, zuletzt bei Döhlen in einem engen, tiefen, nicht sanften, aber sehr schönen Grunde.
Der Bach treibt bei einer Lage von noch nicht 3 Stunden 14 Mühlen verschiedener Art, hat gegen 440 pariser Fuss Fall und wird vorzüglich durch die Zetteritzer und Arras’er Bäche verstärkt.
Die Gutsgebäude von Neu-Taubenheim sind nicht gross und von keinem imposanten Ausehn; desto wichtiger ist der Obstbau des Gutes. Es war mit einem Ritterpferd belegt und neuschriftsässig.
Zum Gute gehörten – aber nicht schriftsässig, sondern nur amtsässig mit Erbgerichten – Döhlen, Neudörfchen mit Neuwerder und Antheile an Arnsdorf und Gröblitz.
Bis 1587 gehörte zu Neu-Taubenheim auch Sachsendorf bei Rochlitz.
Der Grossvater des Casper von Taubenheim hatte es dem Wolf von Schönberg auf Sachsendorf abgekauft.
Im Jahre 1587 verkaufte es der Enkel an den Kurf. August um fast 1865 Mk.
Neudörfchen mit Neuwerder, von Rochlitz ½ Stunde nordostwärts gelegen, sind sämmtlich auf dem Grund und Boden des Ritterguts Neu-Taubenheim angebaut und liegen auf einer Höhe verstreut, welche [240] westlich gegen die Mulde und südlich gegen den Milkauer Bach steil abfällt, bei Neudörfchen aber eine sanfte Wölbung bildet; über diese Höhe führte die Strasse von Dresden nach Altenburg – an ihrer Südseite liegt Döhlen mit Neu-Taubenheim – und ihr Gipfel gewährt eine herrliche Uebersicht der breiten, üppigen Muldenaue bei Doberenz und der Stadt Rochlitz.
Ihre Meereshöhe ist gegen 720 pariser Fuss. Neudörfchen begreift mit Neuwerder nur 23 Häuser. Die Einwohner treiben neben dem starken Obstbau besonders Weberei in Baumwolle und Flachs.
Neudörfchen wurde 1590 von Caspar von Taubenheim, Neuwerder erst 1728 von Adolph Friedrich von Werdern, den Nachfolger im Besitze von Neu-Taubenheim angelegt und erbaut.
Vom Herrn von Werder kam Neu-Taubenheim an Herrn Roch in Frankenberg, dann folgte im Besitze ein Herr Knechtel und jetzt besitzt solches Herr Julius Wilhelm Knechtel.
Neu-Taubenheim ist nicht zu verwechseln mit Neu-Taubenheim, welches 3 Stunden von Löbau und 1 Stunde nördlich von der böhmischen Grenzstadt Schluckenau entfernt liegt. Es gehört zum Rittergute Taubenheim, welches der Familie von Zeschwitz gehört und ist auf einem herrschaftlichen Vorwerke, das Gut genannt, erbaut. Dieser Ort leitet seinen Namen nicht von einem Herrn von Taubenheim ab, sondern von dem nahen, von Taubenheim südlich liegenden Berge, auf welchem in früheren Zeiten viele wilde Tauben genistet haben sollen.
Die Herren von Taubenheim haben das Gut in der Oberlausitz auch nie besessen.
Unser Neu-Taubenheim unterscheidet sich vorzüglich dadurch, dass es Neu-Taubenheim im Dorfe Döhlen genannt wird.
Nicht weit von Rochlitz gelegen, wie schon oben erwähnt worden, hat es auch die Schicksale von Rochlitz in den ganzen Kriegsjahren mit zu erdulden gehabt.
Nur eine Viertelstunde von Döhlen führt über die Mulde die berühmte Brücke, welche seit Sachsens Theilung nächst der Dresdner und der Meissner die längste im Königreiche ist, denn sie übertrifft an Länge selbst die Grimma’sche um ein Beträchtliches. Sie ist 270 Ellen lang und davon kommen auf jedes der beiden Hängewerke 52 Ellen, folglich auf die beiden Landpfeiler, den Hauptpfeiler zwischen den Hängewerken und auf die übrigen 4 Pfeiler und 4 Bogen 172 Ellen; die Hängewerke begreifen vorzüglich den östlichen Theil der Brücke. Eine solche Länge erforderte freilich das hiesige sehr versandete und breite Muldenbett; allein sonderbar bleibt immer der Anblick bei trockner Witterung, wenn der Strom von allen 7 Pfeilern nur 2 höchstens 3 benetzt. Nahe beim westlichen Ende springt ihre Einfassung gegen Norden stark aus und auf dem kleinen dadurch gebildeten Raume stand sonst eine Capelle mit einem dem Herrn Nicolaus als Schutzpatron der Brücke geweiheten Altar.
Neu-Taubenheim mit Döhlen ist trotz seiner nahen Lage von Rochlitz nicht nach dieser Stadt gepfarrt, sondern nach Seelitz.
Die nöthigen Notizen über Seelitz sind schon in diesem Album mitgetheilt worden, so dass es eine Wiederholung wäre, wenn man darauf zurückkommen wollte, da überdies schon über Wiederholungen von den Herren Subscribenten geklagt worden ist. Freilich ist es oft zur Vervollständigung des Ganzen nöthig auf dieses oder jenes Ereigniss zurückzukommen, was vielleicht nicht so genau hier oder da besprochen worden ist. Aber man wird so viel als möglich eine solche Rüge zu beachten wissen und das, was einmal bei der Beschreibung dieses oder jenes Ritterguts schon dagewesen ist, nicht wieder in Erwähnung bringen.
Man setzt bei einer solchen Rüge freilich voraus, dass die Herren Subscribenten auf das ganze Werk subscribirt haben, allein das ist nicht der Fall. Viele haben auf einzelne Kreise blos subscribirt und hier war es öfter nöthig zum Verständniss das Eine oder das Andere wieder zu erwähnen, was vielleicht schon in einem andern Kreise besprochen war.
Neutaubenheim mit Döhlen, worinnen 43 Häuser mit 249 Einwohnern sich befinden, gehört jetzt zum Gerichtsamte Rochlitz, Neudörfchen hat 4 Häuser und 18 Einwohner, Neuwerder dagegen 19 Häuser und 59 Bewohner.