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westlich gegen die Mulde und südlich gegen den Milkauer Bach steil abfällt, bei Neudörfchen aber eine sanfte Wölbung bildet; über diese Höhe führte die Strasse von Dresden nach Altenburg – an ihrer Südseite liegt Döhlen mit Neu-Taubenheim – und ihr Gipfel gewährt eine herrliche Uebersicht der breiten, üppigen Muldenaue bei Doberenz und der Stadt Rochlitz.

Ihre Meereshöhe ist gegen 720 pariser Fuss. Neudörfchen begreift mit Neuwerder nur 23 Häuser. Die Einwohner treiben neben dem starken Obstbau besonders Weberei in Baumwolle und Flachs.

Neudörfchen wurde 1590 von Caspar von Taubenheim, Neuwerder erst 1728 von Adolph Friedrich von Werdern, den Nachfolger im Besitze von Neu-Taubenheim angelegt und erbaut.

Vom Herrn von Werder kam Neu-Taubenheim an Herrn Roch in Frankenberg, dann folgte im Besitze ein Herr Knechtel und jetzt besitzt solches Herr Julius Wilhelm Knechtel.

Neu-Taubenheim ist nicht zu verwechseln mit Neu-Taubenheim, welches 3 Stunden von Löbau und 1 Stunde nördlich von der böhmischen Grenzstadt Schluckenau entfernt liegt. Es gehört zum Rittergute Taubenheim, welches der Familie von Zeschwitz gehört und ist auf einem herrschaftlichen Vorwerke, das Gut genannt, erbaut. Dieser Ort leitet seinen Namen nicht von einem Herrn von Taubenheim ab, sondern von dem nahen, von Taubenheim südlich liegenden Berge, auf welchem in früheren Zeiten viele wilde Tauben genistet haben sollen.

Die Herren von Taubenheim haben das Gut in der Oberlausitz auch nie besessen.

Unser Neu-Taubenheim unterscheidet sich vorzüglich dadurch, dass es Neu-Taubenheim im Dorfe Döhlen genannt wird.

Nicht weit von Rochlitz gelegen, wie schon oben erwähnt worden, hat es auch die Schicksale von Rochlitz in den ganzen Kriegsjahren mit zu erdulden gehabt.

Nur eine Viertelstunde von Döhlen führt über die Mulde die berühmte Brücke, welche seit Sachsens Theilung nächst der Dresdner und der Meissner die längste im Königreiche ist, denn sie übertrifft an Länge selbst die Grimma’sche um ein Beträchtliches. Sie ist 270 Ellen lang und davon kommen auf jedes der beiden Hängewerke 52 Ellen, folglich auf die beiden Landpfeiler, den Hauptpfeiler zwischen den Hängewerken und auf die übrigen 4 Pfeiler und 4 Bogen 172 Ellen; die Hängewerke begreifen vorzüglich den östlichen Theil der Brücke. Eine solche Länge erforderte freilich das hiesige sehr versandete und breite Muldenbett; allein sonderbar bleibt immer der Anblick bei trockner Witterung, wenn der Strom von allen 7 Pfeilern nur 2 höchstens 3 benetzt. Nahe beim westlichen Ende springt ihre Einfassung gegen Norden stark aus und auf dem kleinen dadurch gebildeten Raume stand sonst eine Capelle mit einem dem Herrn Nicolaus als Schutzpatron der Brücke geweiheten Altar.

Neu-Taubenheim mit Döhlen ist trotz seiner nahen Lage von Rochlitz nicht nach dieser Stadt gepfarrt, sondern nach Seelitz.

Die nöthigen Notizen über Seelitz sind schon in diesem Album mitgetheilt worden, so dass es eine Wiederholung wäre, wenn man darauf zurückkommen wollte, da überdies schon über Wiederholungen von den Herren Subscribenten geklagt worden ist. Freilich ist es oft zur Vervollständigung des Ganzen nöthig auf dieses oder jenes Ereigniss zurückzukommen, was vielleicht nicht so genau hier oder da besprochen worden ist. Aber man wird so viel als möglich eine solche Rüge zu beachten wissen und das, was einmal bei der Beschreibung dieses oder jenes Ritterguts schon dagewesen ist, nicht wieder in Erwähnung bringen.

Man setzt bei einer solchen Rüge freilich voraus, dass die Herren Subscribenten auf das ganze Werk subscribirt haben, allein das ist nicht der Fall. Viele haben auf einzelne Kreise blos subscribirt und hier war es öfter nöthig zum Verständniss das Eine oder das Andere wieder zu erwähnen, was vielleicht schon in einem andern Kreise besprochen war.

Neutaubenheim mit Döhlen, worinnen 43 Häuser mit 249 Einwohnern sich befinden, gehört jetzt zum Gerichtsamte Rochlitz, Neudörfchen hat 4 Häuser und 18 Einwohner, Neuwerder dagegen 19 Häuser und 59 Bewohner.

(G. M.)     




Druck von Sturm und Koppe (A. Dennhardt) in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 240. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/367&oldid=- (Version vom 7.1.2019)