Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Müglenz

Textdaten
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Autor: O. M.
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Titel: Müglenz
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aus: Leipziger Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band I, Seite 78–79
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Müglenz.


Das von Wurzen eine und eine halbe Stunde nordöstlich entlegene Dorf Müglenz ist slavischen Ursprungs, und bedeutet einen Ort, der neben einem Hügel erbaut wurde. Es liegt in Mitten der Dörfer Zschorna, Kühnitzsch, Falkenhain, Dornreichenbach, Thammenhain und Hoburg, deren Glockengeläute bei ruhiger Luft hier deutlich vernommen werden kann, und zählt in funfzehn Gütern, einer Wassermühle am Flüsschen Lossa und zwölf Häusern etwa zweihundertdreissig Einwohner, die sich fast durchgängig mit Feldwirthschaft beschäftigen.

Ein bedeutender Historiker Sachsens hält zwar das in einer Urkunde vom Jahre 1114 vorkommende Dorf Mistinitz für unser Müglenz, es ist jedoch wahrscheinlicher damit das ebenfalls bei Wurzen gelegene Dorf Nischwitz gemeint. Erst in der Mitte des funfzehnten Jahrhunderts klärt sich das Dunkel, welches über der frühesten Vergangenheit Müglenzs ruht, denn dieses wird als einer derjenigen Orte genannt, welche die Hussiten heimsuchten und niederbrannten. Das nahe Dörfchen Naundorf erfuhr ein gleiches Schicksal, wurde aber nicht wieder aufgebaut, sondern seine Fluren dem Rittergute Müglenz einverleibt. Im Walde, nahe beim sogenannten Schwemmteiche, ist noch jetzt ein ausgemauerter Brunnen vorhanden, welcher zu dem verschwundenen Dorfe gehörte. –

Das Rittergut Müglenz stand vor Zeiten nicht auf seiner jetzigen Stelle, sondern ganz nahe der Kirche. Bis zum Jahre 1808 war hier ein wüster von versumpften Gräben umschlossener Platz vorhanden, auf welchem vormals die alte Burg Müglenz sich erhob. Um die Wallgräben und die mit Haselgesträuch und Weiden überwucherte Burgstätte mit dem umliegenden Terrain in gleiches Niveau zu bringen, nahm man eine Abgrabung der Bodenfläche vor, und stiess dabei auf ein von Ziegeln erbautes festes Gewölbe. Als dasselbe geöffnet wurde, fand man darin einen Heerd, auf welchem ein Feuerzeug und ein goldener Ring lagen; in einem nahen kleinen Ofen aber zeigte sich Asche und auf dem Fussboden ein Klumpen Pech, dessen Form verrieth, dass er einstmals den Inhalt eines Fässchens gebildet hatte. Der goldene Ring, welcher noch kürzlich auf dem Rittergute aufbewahrt wurde, enthielt weder einen Namen noch eine Jahreszahl, nach aller Wahrscheinlichkeit aber gehörte er vormals einem Unglücklichen, der hier vor den wüthenden Hussiten Schutz suchte. Das alte Gewölbe mochte wohl ein Ueberbleibsel derselben Burg sein, welche hier vor beinahe tausend Jahren erbaut wurde, und deren Lage für die Zeit, wo man keine Artillerie kannte, ziemlich sicher war, denn noch sind Spuren vorhanden, dass die nahe vorbeifliessende Lossa und ein anderes Gewässer dazu dienten die Umgebung des bedrohten Schlosses unter Wasser zu setzen.

Die stattlichen und freundlichen Gebäude des Rittergutes Müglenz sind an dem Fusse eines Bergrückens errichtet und tragen ein Thürmchen mit einer Schlaguhr. Die trefflichen Torflager, welche auf dem Rittergutsgebiete gefunden werden, hat man bis jetzt nicht sonderlich benutzt. Das Patronat über Pfarre und Schule üben die Gutsherren aus, von denen urkundlich zuerst Ritter Dietrich von Korbitz, und zwar im Jahre 1472 genannt wird. Hans von Korbitz, wahrscheinlich des Vorigen Sohn, besass Müglenz 1503, Rumfeld von Staupitz aber wird 1519 als Herr des Schlosses aufgeführt und liegt in der Kirche zu Müglenz begraben. Die Herren von Staupitz blieben Eigenthümer des Rittergutes bis 1589 wo dasselbe an die Wittwe von Kötteritz gelangte, von der es 1591 Hermann von Heynitz auf Podelwitz erwarb. Im [79] Jahre 1599 kaufte es von diesem für 11600 Gülden der Rath zu Wurzen, während dessen Herrschaft die Kirche umgebaut, und zwei Stipendia (zu 50 Gülden auf drei Jahre) für Studenten aus Müglenz, Watschwitz und Wurzen gestiftet wurden. Nach dem dreissigjährigen Kriege (1651) verkaufte der Rath das Rittergut mit Zubehör an den Meissner Dechanten Dr. Heinrici zu Leipzig, bei dessen Familie es blieb bis 1684, in welchem Jahre es an die Findekeller, und 1691 von diesen an den Stiftsrath Hans Haubold von Kötteritz gelangte. Nach dessen Tode besass das Gut 1703 der Geheimrath Christoph Heinrich von Schleinitz auf Grödel, 1706 aber erwarb es der Kammerjunker Freiherr Heinrich von Bünau, dessen Familie Müglenz bis 1798 besass, wo es an den Rathsbaumeister Johann Christoph Kreller zu Leipzig kam. Derselbe starb 1812 und hinterliess das Gut seiner Wittwe, Frau Henriette Friederike Kreller geborne Müller aus Wiederoda, der Herr C. F. Müller, der jetzige Besitzer, folgte.

Die alte Kirche zu Müglenz stand bis zum Jahre 1765, wo am 3. August ein Blitzstrahl dieselbe fast gänzlich zerstörte. Da das Gotteshaus ein ziemliches Vermögen besass, konnte man bald zu dessen Wiederaufbau schreiten, und im Jahre 1772 wurde die schöne neue Kirche eingeweiht. Dieselbe ist ein geräumiges, helles mit massivem Gewölbe und hohem Thurme geziertes Gebäude, enthält eine herrschaftliche Empore, ein sehr harmonisches Geläute, und eine von Flemmig gebaute Orgel. Der herrschaftlichen Kapelle gegenüber befinden sich an einem Pfeiler drei Brustbilder, von denen eines den verstorbenen Baumeister Kreller, das andere den Major Freiherr von Bünau darstellt, welches letztere ringsum allerlei kriegerische Embleme und eine Tafel mit dem Geschlechtsregister der Familie Bünau enthält, worauf deren Ursprung bis in das zwölfte Jahrhundert, (auf Rudolf Günther Heinrich von Bünau) zurückgeführt ist. Das dritte Bild zeigt den Stiftsrath von Kötteritz. Neben der herrschaftlichen Kapelle steht ein doppelter Grabstein, als Denkmal eines 1711 verstorbenen Herrn von Bünau und seiner Gemahlin Rahel, einem gebornen Fräulein von Werthern, welche 1729 mit Tode abging. Die älteren Grabsteine sind beim Neubau der Kirche vermauert worden.

Die Kirche zu Müglenz besitzt mehrere Legate. Das älteste gründete die Gattin des Dechanten Heinrici im Jahre 1682; es besteht aus einem Kapital von 437 Thalern, dessen Zinsen zum Theil an Wittwen und Waisen hiesiger Pfarrer oder in deren Ermangelung an einen aus Wurzen gebürtigen Studenten der Theologie verabreicht werden, zum Theil aber der Kirche anheimfallen. Das zweite Legat ist eine Stiftung der Freifrau Rahel von Bünau. Sie übergab der Kirche zu Müglenz 200 Thaler, mit der Bestimmung von den Zinsen das Schulgeld mittelloser Kinder zu bestreiten und Hausarme zu unterstützen. Der Schullehrer Adam Geissler gründete das dritte Legat von 525 Thalern. Er starb 1727 ohne Weib und Kind oder sonstige Verwandte, und vertheilte sein Vermögen zu frommen Zwecken, so dass nicht nur in Müglenz, sondern auch in Falkenhain, Hoburg, Zschorna und Wurzen des edlen Mannes Gedächtniss für immer gesichert ist. Ein Legat von 600 Thalern, welches von Heinrich von Bünau herrührt, ist zu Gunsten des Pfarrers, des Schullehrers, der Ortsarmen und des Aerars bestimmt (1798); das letzte Legat aber, 500 Thaler stark, unterstützt die Pfarrerswittwen, Pfarrer, Schullehrer und Drescherfamilien und wurde 1812 vom Baumeister Kreller gestiftet.

Die Pfarrwohnung zu Müglenz ist im Jahre 1705 erbaut worden, hat aber 1831 einen bedeutenden Anbau erhalten und späterhin durch Reparaturen ein stattliches Ansehen erlangt, auch zeichnet sie sich gleich der Schulwohnung durch Geräumigkeit aus. Eingepfarrt nach Müglenz ist das kaum zehn Minuten entfernte Dörfchen Watzschwitz, mit zehn Gütern, acht Häusern und etwa hundert Einwohnern; die Schickenmühle aber, obgleich sie zur Gemeinde Watzschwitz gehört, und Müglenz näher liegt als Hoburg, ist merkwürdigerweise in die Kirche zu Hoburg eingepfarrt. Watzschwitz steht in Unterthanenverhältniss zum Rittergute Kühnitzsch, und das hier befindliche, zu Kühnitzsch gehörige Vorwerk soll vormals selbst ein Rittergut gewesen sein.

O. M.