Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Leubnitz bei Plauen

Textdaten
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Autor: Otto Moser, Redact.
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Titel: Leubnitz
Untertitel:
aus: Voigtländischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 5, Seite 23–24
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: o. J. [1859]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: SLUB DresdenCommons
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Leubnitz.


Leubnitz‚ an der alten Strasse von Plauen nach Schleiz gelegen‚ ist slavischen Ursprungs, und hat seinen Namen von Leupa, „eine Linde“ empfangen, welche Baumgattung in früherer Zeit hier häufig angetroffen wurde‚ denn der Ort liegt in einer Niederung von Feldhügeln und wasserreichen Wiesengründen, wo die Linde wohl gedeiht. Noch jetzt leben alte Leute, die sich erinnern‚ im Dorfe Leubnitz mehrere uralte Lindenbaume gesehen zu haben, jeder Zweifel über die Deutung des Namens Leubnitz schwindet aber durch das vorhandene alte Kirchensiegel, welches einen abgebrochenen Lindenstamm mit einem Zweige von drei Blättern zeigt. Die Gegend um Leubnitz ist eine höchst angenehme. Südlich vom Orte‚ kaum einen Büchsenschuss entfernt, fliesst der Rodauer Bach‚ auch Röhrbach und Ruerbach genannt, welcher die Weissmühle mit zwei Mahlgängen, eine Oel- und Schneidemühle treibt; nördlich und östlich rinnen die Gewässer von Trochaus und Fasendorf, die sich in den einstmals sehr umfangreichen Plauteichen verlieren, und dort die Teichmühle mit zwei Mahlgängen und einer Schneidemühle speisen; deren Abfall aber‚ vereint mit dem Rodauer Bache‚ nicht weit davon die Forstmühle mit zwei Mahlgängen und Oelmühle‚ sowie auch eine Papiermühle in Bewegung setzt.

Die schönste Zierde des Dorfes ist das Rittergut mit seinem herrlichen Schlosse‚ welches mit den etwas niedrigen Wirthschaftsgebäuden ein grosses, längliches Viereck bildet, das einen weiten Hof umschliesst. Auf des Schlosses südlicher Seite befindet sich ein ausgedehnter‚ trefflicher Garten‚ mit zwei Häusern für exotische Pflanzen. Das alte Schloss zu Leubnitz brannte im Jahre 1762 nieder, und da die Herrschaft zu jener Zeit nicht hier, sondern auf dem Schlosse zu Mühltroff wohnte, so wurde dasselbe nur nach einem geringen Maassstabe wieder aufgebaut. Als aber im Jahre 1792 der Rittmeister Heinrich Wilhelm von Kospoth das Gut Leubnitz ererbte, und hier seine Wohnung nahm, liess er das kleine Herrenhaus abbrechen und erbaute das jetzige‚ grossartige Schloss‚ welches wegen der Regelmässigkeit seiner Gebäude und der darin herrschenden Symetrie zu den schönsten Edelsitzen des Voigtlandes gehört.

Das Rittergut Leubnitz besitzt die Ober- und Erbgerichte über Hals und Hand‚ soweit die Leubnitzer Fluren gehen‚ die hohe‚ mittle und niedere Jagd‚ viele Teiche‚ von denen indessen eine Anzahl in schöne Wiesen umgeschaffen worden sind, und eine beträchtliche Fischerei. Besonders erwähnenswerth sind die grossen‚ dem Gute gehörigen Waldungen‚ welche weit über die Leubnitzer Fluren hinausreichen und in weitem Kreise die Ortschaften Fasendorf, Mehltheuer, Oberpirk, Schönberg, Rodau und andere umschliessen. In früheren Zeiten bestand das Rittergut aus zwei Abtheilungen, Unterhof und Oberhof genannt, die indessen schon längst mit einander vereinigt sind. Die sämmtlichen Grundstücken des Rittergutes Leubnitz umfassen einen Flächenraum von tausend Ackern, es gehört sonach zu den bedeutenderen des Voigtländischen Kreises‚ und dem Besitzer steht die Collatur über Kirche und Schule zu Leubnitz und Rodau zu, wofür jedoch alljährlich ein Zins von zwölf Thalern an den Pastor Primarius und Superintendenten zu Plauen entrichtet werden muss.

Als die frühesten Besitzer des Schlosses Leubnitz werden die Herren von Röder genannt‚ ein vormals im Voigtlande reichbegütertes Geschlecht, von denen Ritter Conrad Röder auf Leubnitz beim Einfalle der Hussiten in das Voigtland, das Schloss Hradschin vertheidigen half. Es war im Jahre 1430, als die furchtbare Hussitenschaar durch Blut und Aschenhaufen auf das unglückliche Plauen anzog, um über die Stadt das volle Maas des Zornes eines erbitterten‚ unmenschlichen Siegers auszuschütten, den sie gegen Burggraf Heinrich II. gefasst hatten, welcher den Herrn von Sternberg, einen vornehmen Hussiten‚ gefangen hielt, und selbst gegen ein bedeutendes Lösegeld nicht freigeben wollte. Plauen war damals eine feste mit Thurm und Wall gut verwahrte Stadt‚ und galt für eine wichtige Festung‚ deshalb hatten sich die Bewohner der nahegelegenen Ortschaften mit ihren besten Habseligkeiten hierher geflüchtet‚ und dieser Umstand veranlasste Plauens Verderben, denn zur Rachgier gesellte sich nunmehr die Habsucht, und die Hussiten beschlossen die Stadt um jeden Preis zu gewinnen. Die Belagerten wehrten sich wie tapfere Männer, aber sie konnten endlich den Angriffen der schlachtenkundigen Hussiten nicht mehr wiederstehen, und der Feind drang stürmend ein. Alles wurde niedergehauen oder mit teuflischen Martern langsam hingerichtet‚ und bald stand die Stadt mit der Kirche und allen öffentlichen Gebäuden in Flammen.

Noch hielt sich das feste Schloss Hradschin, worin bei Erstürmung der Stadt ein grosser Theil der Bürgerschaft Zuflucht gefunden hatte‚ und vielleicht würde dieses durch seine Lage‚ Befestigung und tapfere Besatzung unbezwingbar gewesen sein‚ wenn nicht der Kommandant desselben, ein Herr von Ratschauer‚ durch gebotenes‚ feiles Gold geblendet‚ als Verräther das Thor geöffnet hätte. Die ganze Besatzung‚ zweitausend Mann stark, wurde niedergemacht‚ aber unter den Getödteten befand sich auch der bübische Kommandant. Die Hussiten erbeuteten hier ungeheure Reichthümer und demolirten vor ihrem Abzuge‚ gleich der Stadt‚ auch den Hradschin.

Unter den Edelleuten‚ welche der Wuth des hussitischen Kriegsvolkes zum Opfer fielen, befand sich ausser dem schongenannten Conrad von Röder auf Leubnitz auch Otto von Röder auf Rodersdorf, Einer von Pöhl‚ zwei Brüder von Magwitz‚ Einer von Rab‚ Einer von Reussa‚ Hans von Posseg, Einer von Kopp‚ Hans von Pöllnitz mit zwanzig Knechten‚ Wilhelm von Mylau mit drei Knechten‚ Heinz Rumpf von Mosbach und Conrad von Molsdorf, die Alle der Stadt zur Hülfe gekommen waren. Ein furchtbares Schicksal traf namentlich die Pfaffen und Mönche‚ von denen zwölf auf dem Klosterkirchhofe lebendig begraben wurden. – Mehr Glück als die Vertheidiger Plauens, hatten die von Wunsiedel, denn als die Hussiten auch hier ihr furchtbares Spiel beginnen wollten, wehrten sie deren 18000 Mann starkes Belagerungsheer von ihren Mauern ab‚ wofür sie in ihr Stadtwappen den Hundskopf mit der goldenen Krone über einem offenen Helme erhielten.

[24] Von den Herren von Röder kam Leubnitz im sechszehnten Jahrhundert an die Trützschler von Eichelberg, ebenfalls eine alte Voigtländische Familie, welche auch das Gut Stein an der Mulde als ein Lehn von Hartenstein innehatte. Hildebrand Trützschler von Eichelberg, verkaufte 1605 Leubnitz an Wilhelm Melchior von Bodenhausen auf Mühltroff.

Die Familie von Bodenhausen, welche aus Braunschweig stammt, besass bedeutende Güter. Diesem Wilhelm Melchior von Bodenhausen gehörten, ausser Leubnitz und Mühltroff auch die Güter Arnstein, Almen und Brakenberg in Hessen, drei Viertheile der Herrschaft Blankenhain-Lauterberg, das Hohnsteinsche Schloss Nora und im Voigtlande pfandweise das Amt Paussa. Von Wilhelm Melchiors von Bodenhausen Nachkommen wurde sein Sohn Otto Landeshauptmann zu Hof, und sein Enkel, Franz Wilke, 1669 vom Kaiser Ferdinand III. in den Freiherrenstand erhoben, weil er für denselben auf eigene Kosten ein Dragonerregiment von 1000 Mann angeworben und ausgerüstet hatte. Er führte auf Mühltroff einen fürstlichen Haushalt, unterhielt adlige Räthe, sowie Hofmeister, Pagen, Hofdamen, einen Schlosshauptmann, Leibarzt, eine mussikalische Kapelle und sogar eine Leibwache von fünfzig Dragonern. Seine Tochter, Elisabeth Sophie, vermählte sich 1679 mit Heinrich VIII., Grafen Reuss zu Hirschberg.

Melchior Otto von Bodenhausen, wurde im Jahre 1695 vom Kaiser Leopold I. zum Vormund von Obergreiz bestellt. Mit dessen Sohne, Otto Georg, starb jedoch 1764 die Familie Bodenhausen auf Mühltroff aus, und die Herrschaft Mühltroff mit Leubnitz kam an Karl Erdmann von Kospoth, den Gemahl seiner einzigen Tochter Ottonie Eleonore, nachdem Leubnitz durch Landesherrliche Gnade auch die Weiberlehn empfangen hatte.

Das Stammhaus der uralten Familie Kospoth, Cospoda, in Urkunden auch Cosscebothe oder Cozzibut genannt, liegt im Bezirk Weida, und 1253 besassen die Kospothe bereits Schilbach, sowie 1292 Frankendorf mit Oschitz. Wie mehrere der ältesten Voigtländischen Adelsgeschlechter, z. B. die Feilitzsch, Planitz, Magwitz und Zedwitz führen, auch die Kospoth einen slavischen Namen, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass diese Familien von vornehmen Slaven abstammen, die sich den andringenden Siegern freiwillig fügten und anschlossen, und dadurch Freiheit und Besitzthum retteten. In der Marienkirche zu Schleiz bestand bereits 1220 eine durch Leutold von Kotztzebode gestiftete Begräbnisskapelle, welche der heiligen Anna gewidmet war, derselbe Leutold von Kospoth unterzeichnete 1246 eine Schenkung der Kirche zu Gefell. Asmus von Kospoth kommt 1235 vor, Burgold von Kospoth 1317, der ehrbare Knecht Hans Kospoth 1337, Kunz von Kospoth 1461, Veit und Friedrich von Kospoth 1485, Jobst von Kospoth 1534, Balthasar von Kospoth 1581 und Friedrich von Kospoth 1602. Im vierzehnten Jahrhundert war eine Margarethe von Kospoth Aebtissin des Klosters zu Saalburg und Sophie von Kospoth bekleidete dieses geistliche Amt um 1507.

Nach dem Tode des Rittmeisters von Kospoth, der im Jahre 1834 erfolgte, kam das Rittergut Leubnitz an dessen Sohn, Herrn Friedrich Heinrich von Kospoth, der bereits im Jahre 1823 das Rittergut Rodau erkauft hatte, und 1852 verstarb. Die Güter Leubnitz und Rodau fielen an dessen hinterlassene vier Söhne, die Herren Franz Heinrich Rudolph, Hermann Heinrich Maximilian, Bernhard Heinrich Asmus und Hugo Heinrich Luithold von Kospoth, welche dieselben noch jetzt besitzen.

Das Dorf Leubnitz besteht mit Inbegriff der Pfarre, der Schule, der Mühlen und einiger abgelegener Häuser aus 110 Feuerstätten, unter denen vier halbe Höfe, einundzwanzig Viertelhöfe und sechsundsiebzig Häuslerwohnungen befindlich sind. Ausserdem stehen unter dem Rittergute Leubnitz in Mehltheuer ein Vorwerk und sechszehn Häusern; in Stelzen das dasige Wirthshaus. Mit Erbgerichten gehören dazu im Dorfe Cornbach ein halber Hof und ein Häusler; in Schönberg ein halber Hof und ein Häusler; in Demeusel ein ganzer Hof, fünf halbe Höfe und drei Viertelhöfe; in Trochaus ein ganzer Hof, drei halbe, ein Viertelhof, drei andere Begüterte und sieben Häusler; in Oberpirk neun halbe Höfe, ein Begüterter und fünf Häusler; in Fasendorf zwei ganze, drei Dreiviertelhöfe, ein Viertelhof, ein begüterter Hof und vier Häusler; in Rössnitz drei Häusler; in Kloschwitz ein Halbgebinde von drei und Dreiviertel Höfen, ein halber Hof, eine Mühle, vier Häusler. Zu Rodau gehören drei ganze Höfe, fünf halbe, vier Viertelshöfe und achtzehn Häusler. Die Zahl der Einwohner beträgt etwa 600 Köpfe, welche sich nach dem Verfall der Baumwollenspinnerei hauptsächlich mit Ackerbau, Viehzucht und Handarbeiten beschäftigen.

In den unheilvollen Kriegen des fünfzehnten, siebzehnten und neunzehnten Jahrhunderts, hatte Leubnitz viel zu leiden, und namentlich trug der Umstand, dass der Ort an der Heerstrasse von Plauen und Schleiz liegt, Schuld, dass derselbe im Jahre 1806 von dem Soultschen Corps geplündert wurde. Einige Tage nach dem Abzuge der Franzosen liess ein Bairischer General, der mit sechshundert Mann durch Leubnitz kam, die unglücklichen Einwohner abermals ausplündern und verursachte dadurch dem Orte einen Schaden von fast 4000 Thalern, welchen jedoch die Bairische Regierung theilweise wieder vergütete.

Die Kirche zu Leubnitz ist ein schmuckloses mit einem hübschen Thurme verziertes Gebäude, welches auf der Stelle des uralten Gotteshauses, von dem man nur die Grundmauern stehen liess, im Jahre 1823 errichtet wurde. Die Kirche ist geräumig, freundlich und hell, besitzt einen hübschen mit Schnitzwerk verzierten Altar, zwei sehr alte Glocken – die dritte ist aus neuerer Zeit – und eine 1826 von den Gebrüdern Heidenreich in Hof erbaute, treffliche Orgel. An einem Pfeiler der Kirche, welcher noch von dem alten Gebäude übrig geblieben ist, befindet sich eine undeutliche Mönchsschrift, welche vielleicht auf die Erbauung der ersten Kirche Bezug haben mag. Das Vermögen der Kirche besteht aus etwa 700 Thalern, doch besitzt sie auch drei Legate, das Römersche, Hurlbecksche und Kospothsche, deren Zinsen der Kirche, dem Pfarrherrn und dem Lehrer zufallen. Eingepfarrt in die Kirche zu Leubnitz sind, ausser dem Dorfe Leubnitz die Ortschaften Rössnitz, Schneckengrün, Fasendorf, Mehltheuer, Oberpirk und Trochaus.

Otto Moser, Redact.