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Leubnitz.


Leubnitz‚ an der alten Strasse von Plauen nach Schleiz gelegen‚ ist slavischen Ursprungs, und hat seinen Namen von Leupa, „eine Linde“ empfangen, welche Baumgattung in früherer Zeit hier häufig angetroffen wurde‚ denn der Ort liegt in einer Niederung von Feldhügeln und wasserreichen Wiesengründen, wo die Linde wohl gedeiht. Noch jetzt leben alte Leute, die sich erinnern‚ im Dorfe Leubnitz mehrere uralte Lindenbaume gesehen zu haben, jeder Zweifel über die Deutung des Namens Leubnitz schwindet aber durch das vorhandene alte Kirchensiegel, welches einen abgebrochenen Lindenstamm mit einem Zweige von drei Blättern zeigt. Die Gegend um Leubnitz ist eine höchst angenehme. Südlich vom Orte‚ kaum einen Büchsenschuss entfernt, fliesst der Rodauer Bach‚ auch Röhrbach und Ruerbach genannt, welcher die Weissmühle mit zwei Mahlgängen, eine Oel- und Schneidemühle treibt; nördlich und östlich rinnen die Gewässer von Trochaus und Fasendorf, die sich in den einstmals sehr umfangreichen Plauteichen verlieren, und dort die Teichmühle mit zwei Mahlgängen und einer Schneidemühle speisen; deren Abfall aber‚ vereint mit dem Rodauer Bache‚ nicht weit davon die Forstmühle mit zwei Mahlgängen und Oelmühle‚ sowie auch eine Papiermühle in Bewegung setzt.

Die schönste Zierde des Dorfes ist das Rittergut mit seinem herrlichen Schlosse‚ welches mit den etwas niedrigen Wirthschaftsgebäuden ein grosses, längliches Viereck bildet, das einen weiten Hof umschliesst. Auf des Schlosses südlicher Seite befindet sich ein ausgedehnter‚ trefflicher Garten‚ mit zwei Häusern für exotische Pflanzen. Das alte Schloss zu Leubnitz brannte im Jahre 1762 nieder, und da die Herrschaft zu jener Zeit nicht hier, sondern auf dem Schlosse zu Mühltroff wohnte, so wurde dasselbe nur nach einem geringen Maassstabe wieder aufgebaut. Als aber im Jahre 1792 der Rittmeister Heinrich Wilhelm von Kospoth das Gut Leubnitz ererbte, und hier seine Wohnung nahm, liess er das kleine Herrenhaus abbrechen und erbaute das jetzige‚ grossartige Schloss‚ welches wegen der Regelmässigkeit seiner Gebäude und der darin herrschenden Symetrie zu den schönsten Edelsitzen des Voigtlandes gehört.

Das Rittergut Leubnitz besitzt die Ober- und Erbgerichte über Hals und Hand‚ soweit die Leubnitzer Fluren gehen‚ die hohe‚ mittle und niedere Jagd‚ viele Teiche‚ von denen indessen eine Anzahl in schöne Wiesen umgeschaffen worden sind, und eine beträchtliche Fischerei. Besonders erwähnenswerth sind die grossen‚ dem Gute gehörigen Waldungen‚ welche weit über die Leubnitzer Fluren hinausreichen und in weitem Kreise die Ortschaften Fasendorf, Mehltheuer, Oberpirk, Schönberg, Rodau und andere umschliessen. In früheren Zeiten bestand das Rittergut aus zwei Abtheilungen, Unterhof und Oberhof genannt, die indessen schon längst mit einander vereinigt sind. Die sämmtlichen Grundstücken des Rittergutes Leubnitz umfassen einen Flächenraum von tausend Ackern, es gehört sonach zu den bedeutenderen des Voigtländischen Kreises‚ und dem Besitzer steht die Collatur über Kirche und Schule zu Leubnitz und Rodau zu, wofür jedoch alljährlich ein Zins von zwölf Thalern an den Pastor Primarius und Superintendenten zu Plauen entrichtet werden muss.

Als die frühesten Besitzer des Schlosses Leubnitz werden die Herren von Röder genannt‚ ein vormals im Voigtlande reichbegütertes Geschlecht, von denen Ritter Conrad Röder auf Leubnitz beim Einfalle der Hussiten in das Voigtland, das Schloss Hradschin vertheidigen half. Es war im Jahre 1430, als die furchtbare Hussitenschaar durch Blut und Aschenhaufen auf das unglückliche Plauen anzog, um über die Stadt das volle Maas des Zornes eines erbitterten‚ unmenschlichen Siegers auszuschütten, den sie gegen Burggraf Heinrich II. gefasst hatten, welcher den Herrn von Sternberg, einen vornehmen Hussiten‚ gefangen hielt, und selbst gegen ein bedeutendes Lösegeld nicht freigeben wollte. Plauen war damals eine feste mit Thurm und Wall gut verwahrte Stadt‚ und galt für eine wichtige Festung‚ deshalb hatten sich die Bewohner der nahegelegenen Ortschaften mit ihren besten Habseligkeiten hierher geflüchtet‚ und dieser Umstand veranlasste Plauens Verderben, denn zur Rachgier gesellte sich nunmehr die Habsucht, und die Hussiten beschlossen die Stadt um jeden Preis zu gewinnen. Die Belagerten wehrten sich wie tapfere Männer, aber sie konnten endlich den Angriffen der schlachtenkundigen Hussiten nicht mehr wiederstehen, und der Feind drang stürmend ein. Alles wurde niedergehauen oder mit teuflischen Martern langsam hingerichtet‚ und bald stand die Stadt mit der Kirche und allen öffentlichen Gebäuden in Flammen.

Noch hielt sich das feste Schloss Hradschin, worin bei Erstürmung der Stadt ein grosser Theil der Bürgerschaft Zuflucht gefunden hatte‚ und vielleicht würde dieses durch seine Lage‚ Befestigung und tapfere Besatzung unbezwingbar gewesen sein‚ wenn nicht der Kommandant desselben, ein Herr von Ratschauer‚ durch gebotenes‚ feiles Gold geblendet‚ als Verräther das Thor geöffnet hätte. Die ganze Besatzung‚ zweitausend Mann stark, wurde niedergemacht‚ aber unter den Getödteten befand sich auch der bübische Kommandant. Die Hussiten erbeuteten hier ungeheure Reichthümer und demolirten vor ihrem Abzuge‚ gleich der Stadt‚ auch den Hradschin.

Unter den Edelleuten‚ welche der Wuth des hussitischen Kriegsvolkes zum Opfer fielen, befand sich ausser dem schongenannten Conrad von Röder auf Leubnitz auch Otto von Röder auf Rodersdorf, Einer von Pöhl‚ zwei Brüder von Magwitz‚ Einer von Rab‚ Einer von Reussa‚ Hans von Posseg, Einer von Kopp‚ Hans von Pöllnitz mit zwanzig Knechten‚ Wilhelm von Mylau mit drei Knechten‚ Heinz Rumpf von Mosbach und Conrad von Molsdorf, die Alle der Stadt zur Hülfe gekommen waren. Ein furchtbares Schicksal traf namentlich die Pfaffen und Mönche‚ von denen zwölf auf dem Klosterkirchhofe lebendig begraben wurden. – Mehr Glück als die Vertheidiger Plauens, hatten die von Wunsiedel, denn als die Hussiten auch hier ihr furchtbares Spiel beginnen wollten, wehrten sie deren 18000 Mann starkes Belagerungsheer von ihren Mauern ab‚ wofür sie in ihr Stadtwappen den Hundskopf mit der goldenen Krone über einem offenen Helme erhielten.

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen V. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1859, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_V.djvu/37&oldid=- (Version vom 17.10.2016)