Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Klein-Förstchen

Textdaten
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Autor: Moritz Grimmel
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Titel: Klein-Förstchen
Untertitel:
aus: Markgrafenthum Oberlausitz, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 3, Seite 213–214
Herausgeber:
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Erscheinungsdatum: 1859
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons und SLUB Dresden
Kurzbeschreibung:
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Klein - Förstchen
Klein - Förstchen


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Klein-Förstchen,


eine Stunde westlich von Bautzen entfernt, links ab von der Strasse nach Dresden gelegen.

Der Ort wird Klein-Förstchen oder auch Unter-Förstchen genannt, raint sehr nahe mit Ober- und Gross-Förstchen und Siebitz und liegt in einer Senkung am Anfang eines westwärts zum Gödauer Wasser fliessenden Bächleins.

Das hiesige Rittergut hat ein schönes im grossartigen Styl erbautes Herrenhaus, woran ein herrlicher Garten stösst. Die Fluren sind gross und ergiebig, und bis zur Einführung der neuen Gerichtsorganisation gehörten die Dörfer Presko und Siebitz dazu, indem Klein-Förstchen seine eigne Gerichtsbarkeit hatte.

Das Rittergut gehörte früher der von Bünau’schen Familie. Der Rittmeister von Bünau besass es vor 80 Jahren.

Der derzeitige Besitzer aber ist Herr Moritz Ernst Louis Borsdorf, der auf die Verbesserung des Gutes viel Kosten und Mühe aufgewendet hat, so dass dasselbe den schönsten Rittergütern hiesiger Gegend mit an die Seite gesetzt werden kann. Ueberhaupt ist die Lage des Gutes einladend und freundlich, wie auch der Besitzer desselben die alte Gastfreundschaft der Lausitz bewährt.

Der Ort selbst hat besonders Bemerkenswerthes nicht aufzuweisen und die Schicksale desselben sind nicht besonderer Erwähnung werth.

Blos so viel ist zu bemerken, dass das Dorf mit Rittergut nach Gödau eingepfarrt ist, und hier dürfte noch Einiges nachzuholen sein, was in diesem Album noch keinen Platz gefunden hat. Mit der Kirche und ihrer Begründung steht das Leben Bischofs Benno in genauer Beziehung.

Man wollte zwar behaupten, dass die jetzige Kirche von Gödau von Bischof Benno gegründet worden sei;allein dies ist nicht richtig. Denn zu Zeiten Bischof Benno’s existirte der Rundbogenstyl; allein die jetzige Kirche ist nach Spitzbogenstyl erbaut. Also existirt die von Bischof Benno erbaute nicht mehr.

Bischof Benno von Meissen war aus dem altsächsischen Geschlechte der Grafen von Wolten oder Woltenburg, im Jahre 1010 zu Hildesheim geboren; sein Vater hiess Wernher, seine Mutter Bezela.

Im 18ten Jahre seines Lebens wurde Benno in den Orden der gelehrten Benedictiner zu Hildesheim aufgenommen und erlangte hier nach und nach die kirchlichen Weihen und Würden.

Im Jahre 1035 ward Benno Diaconus, 1040 Priester, 1045 Abt. Im Jahre 1051 berief Kaiser Heinrich III. Benno zum Probst in Goslar, 1066 wurde er Bischof von Meissen.

Im Jahre 1068 war der Kaiser mit zahlreichem Gefolge deutscher Fürsten und Grafen, Erzbischöfen und Bischöfen bei Benno in Meissen.

Später wurde Benno der Gefangene des Kaisers und 1076 kehrte er wieder nach Meissen zurück, nachdem der Herzog Vradislaus die Mark Meissen schon in Besitz genommen hatte.

Im Jahre 1081 wurde Benno wieder vom Kaiser gefangen genommen.

Erst im Jahre 1088 söhnte sich Benno mit dem Kaiser aus und hat die letzten 19 Jahre seines Lebens in der Einsamkeit verlebt. Er [214] wurde 96 Jahre alt und starb am 16. Juni 1107. Die Mutter von Bischof Benno soll eine Burg oder ein Schloss zu Gödau gehabt haben, wo sie gräflich eingerichtet war.

Die Kirche zu Göda oder Gödau ist dem heiligen Peter und Paul geweiht.

Zu erwähnen ist hier zugleich noch der Gödauer Rundwall, 2 Stunden westlich von Bautzen, 5 Minuten südlich von Gödau, über dem Gödauer Bach.

Der Aufwurf ist von Südost bis Nordwest gegen 250 Schritte im Umfang. Im Kessel zeigt sich ein auf ein früheres Gebäude deutender Platz, 26 Schritte lang, 14 Schritte breit mit Schuttaufwurf.

Bei Nachgrabungen hat man Mauersteine mit Kalkputz, Nägel, hartgebrannten Gefässscherben, von einer früheren Kapelle wohl herrührend, gefunden. Dann 2 bis 3 Ellen tiefer, Kohlen von hartem Holze und Asche und darunter menschliche Gerippe auf einem Winkel liegend, zusammengedrängt und in einer auf einen gewaltsamen Tod deutenden Lage, wohl durch das einstürzende Gebäude verursacht, worinnen sich vielleicht ein tapferer Ritter mit den Seinigen bis zum letzten Augenblicke vertheidigt hatte.

Auch fand man ein zusammengesetztes Gerippe von 78–80 Zoll, von 60 bis 70 Jahren, mit einem Schädel von kleiner Stirn, stark gekrümmten Kiefern bei weit hervorragenden Jochtbeinen und stark entwickeltem Gebisse, mit sehr abgekauten Zahnkronen, nach eines Anatomen Auskunft auf mongolische Bildung deutend (also Hunnen, Avaren).

Auch auf Gebeine von Kindern und Zugthieren stiess man, und nebenbei fand man angeschmolzene Lanzenspitzen und andere Eisenfragmente. Ganz unten im Boden war festgeschlagener Lehm.

Ein sehr ernstes Gefühl bemächtigt sich wohl jedes Besuchers solcher Zeichen der Vorzeit und wer sie auch nur aus treuer Abbildung und Beschreibung kennen lernt, wird sie wie jene, ihrer uns völlig fernstehenden Eigenthümlichkeit wegen, ohne Weiteres in das Heidenthum und bei einer regen Einbildungskraft sich selbst in jene Zeiten versetzen, in welchen oft mit geringen Mitteln so Grosses unternommen und geschaffen wurde und so mancher Gefahr vorgebeugt werden musste, wie es die Jetzzeit nicht kennt.

Klein-Förstchen war sonst mit 19½ Rauchen belegt. Die Rauchsteuer betrug 113/2 Gr. Eine Art von Zuschlag zur Rauchsteuer war die sogenannte extraordinaire Anlage, welche im 17ten Jahrhundert von den Ständen zur Deckung der Landesschulden ausgeschrieben wurde.

Die früher existirende Mundgutsteuer betrug die Hälfte von einer Rauchsteuer.

Jetzt hat Klein-Förstchen mit Presko und Siebiz 53 Häuser mit 286 Einwohnern, die dem Gerichtsamte Bautzen einverleibt und auch den übrigen höheren Behörden von Budissin natürlich zugewiesen sind.

(M. G.)