Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Gutenfürst

Textdaten
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Titel: Gutenfürst
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aus: Voigtländischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 5, Seite 27–28
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: o. J. [1859]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: SLUB DresdenCommons
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Gutenfürst.


Nahe der Bairischen Grenze, an einem aus Süden kommenden Bache der hier einen bedeutenden Teich speisst und in nordöstlicher Richtung zur Chemnitz hinabrinnt, liegt das Dorf Gutenfürst. Ueber die Entstehung seines Namens lässt sich nichts Bestimmtes ermitteln, doch ist es sehr wahrscheinlich, dass derselbe eine Ansiedelung auf einer Stätte bedeuten soll, die früher mit schöner Forstung bewachsen war. Aehnliche Namen finden wir bei den Voigtländischen Ortschaften Eichicht, Birk, Schönlind, Langebug, Stöckigt und Anderen, welche gleichfalls ihre Entstehung auf Waldboden beweisen, die im 11. oder 12. Jahrhundert zu suchen ist, wo die Deutschen im Voigtlande Colonien zu gründen begannen, nachdem sie die Slavischen Ureinwohner unterjocht und dienstbar gemacht hatten. – Gutenfürst raint mit Stöckigt, Chemnitz, Krebes und Kröbau, hat eine Mühle mit zwei Gängen, ein Beigeleite von Planen und gegen 200 Einwohner.

Der Sage nach soll Gutenfürst in früheren Zeiten ein bedeutender Ort gewesen, jedoch durch den Hussitenkrieg, Seuchen und Brand zu seiner jetzigen Bedeutunglosigkeit herabgesunken sein. Zu den vielen Unfällen, welche die hiesigen Einwohner trafen, gehörte auch der Besuch eines Heuschreckenzuges, der im August des Jahres 1693 die Fluren verwüstete. Das ungeheure Heer der ekelhaften Insekten kam aus den Oriente, und liess sich zuerst in Ungarn, nahe bei den Städten Ofen und Pesth nieder, von wo es sich in zwei Züge theilte, deren einer durch Schlesien, Mähren, Böhmen und endlich mit einem Südwinde über einen Theil des Voigtlandes zog, und dann nach Thüringen ging, wo das Ungeziefer starb. Den 16., 17. und 18. August zogen die Heuschrecken über Plauen her und am 25. August kamen sie über Schleiz an. Sie flogen in unterschiedenen grossen Haufen, denen immer einige kleinere Schwärme vorangingen und machten auf ihren Zügen viele Rasttage. Wie eine dunkle Wolke kamen sie etwa eine Stunde breit gegen Plauen heran, wo sie sich zwei Stunden aufhielten, in den Strassen umherschwärmten, in die Häuser eindrangen und dabei Laub und Blüthen von den Bäumen und Sträuchern abfrassen. Bei Regenwetter und in der Mittagshitze legten sie sich in die Wälder, und zwar in so ungeheuren Massen, dass die stärksten Aeste unter ihrer Last brachen. So vernichteten sie das Tösseholz bei Plauen. Wurden des Nachts ihre Fittige vom Thau nass, so klebten sie alsdann so fest an der Erde, dass man sie nicht aufzuschichten vermochte, bevor die Sonne sie wieder flugfähig machte, worauf der Schwarm mit starkem Geräusch aufflog und kleine Vögel, ja selbst Tauben aus der Luft herabstiess. Oft mussten sogar Menschen sich mit Gewalt einen Weg durch ihren Zug bahnen, denn bisweilen flogen sie dicht über der Erde, bisweilen aber auch hoch über den Kirchthürmen hin. Wo sie sich niederliessen, lagen sie fast eine halbe Elle übereinander, so, dass die Pferde fast bis an die Knie in die Schichten eintraten. Von den Schweinen wurden die Heuschrecken mit grosser Gier verzehrt. Was noch an Gartengewächsen, Feld- und Wiesewachs stand, vernichteten die Asiatischen Gäste bis auf den Grund, und hatten sie Alles vertilgt, erhoben sie sich zu neuer Wanderung, wobei sie einen unausstehlichen Geruch zurückliessen, was auch geschah, wenn man sie durch Feuer vertrieb. Da sie die Früchte grösstentheils verzehrten und die Luft verpesteten, so waren Krankheit und Theuerung die von ihnen verursachten traurigen Folgen. – Auch im 30jährigen Kriege wurde Gutenfürst durch feindliche Soldaten, Pest und Hungersnoth vielfach heimgesucht.

Das Rittergut Gutenfürst gehörte in den frühesten Zeiten der Familie von Feilitzsch, von der es im 16. Jahrhundert an die Herren von Etzdorf kam. Melchior von Etzdorf wird 1570 als Besitzer des Gutes genannt, doch war es schon 1588 wieder Eigenthum Hans Dietrichs von Feilitzsch, der dasselbe 1605 an Walther von Nischwitz verkaufte, von welchem es an Joachim von Reibold auf Reinsdorf, Neudorf, Strassberg, Netzschkau, Sachsgrün, Ebenath, Haselbrunn, Lössnitz, Polentz, Kloschwitz und Tannhof gelangte.

Von diesem kam Gutenfürst an das alte Geschlecht der Herren von der Heydte, welches im Voigtlaude bereits seit Jahrhunderten begütert war. Schon 1398 wird ein Ritter Hans von der Heydte genannt, welcher als Voigt des Reussen von Plauen auf dem Schlosse zu Mühldorf sass. Ein anderer Hans von der Heydte hatte einen Nürnberger Kaufmann, der zur Messe nach Leipzig ziehen wollte, gefangen genommen und so lange festgehalten. bis er sich mit 1100 Gulden löste. Die von Plauen zogen deshalb auf des Kaufmanns Anklage vor des Ritters Burg, nahmen ihn mit seiner ganzen Familie gefangen und brachten ihn nach Zwickau, wo er zum Tode verurtheilt und sammt seiner Gattin im Januar des Jahres 1530 enthauptet wurde. 1542 erschoss Philipp von der Heydte auf Misslareuth daselbst vor der Kirche Asmus von Zedwitz auf Tepen, weil dieser zuvor seiner Frauen Bruder, Simon Magnus von Zedtwitz auf Isar ebenfalls erschossen hatte.

Georg Peter von der Heydte, ein Sohn Kaspar Joachims von der Heydte, erkaufte Gutenfürst um das Jahr 1655, auch gehörten ihm zu gleicher Zeit die Güter Grobau, Misslareuth und Kemnitz. 1731 besass die Güter der Oberaufseher der Elsterflüsse Carl Ferdinand von der Heydte. Bei dieser Familie blieb Gutenfürst bis auf den heutigen Tag, wo das Gut Eigenthum des Kammerjunkers [28] Herrn Friedrich Wilhelm von der Heydte ist. – Zum Rittergute Gutenfürst gehören ein Vorwerk in Grabau und 5 Häuser daselbst, nebst Antheilen von Krebes, Stöckicht und Kemnitz.

Gutenfürst und Reinhardswalde sind in die Kirche zu Kemnitz, ein Filial von Krebes, eingepfarrt, wo aller 14 Tage Gottesdienst abgehalten wird. Das Kirchlein zu Kemnitz war früher eine Kapelle der Pfarrei zu Misslareuth, welche der Kaplan zu Krebes versorgte, bis Krebes zu einer eigenen Pfarrei erhoben und die Kapelle in eine Tochterkirche der Parochie umgewandelt wurde. Das jetzt vorhandene Gotteshaus zu Kemnitz wurde in den Jahren 1731–1734 neu erbaut und die darin befindliche Orgel von dem Flossverwalter Johann Adam Schmidt auf eigene Kosten angeschafft. Den Bau der Kirche leitete namentlich der Oberaufseher der Elsterflösse, Rittergutsbesitzer Carl Ferdinand von der Heydte, welcher auch den grössten Theil der Baukosten aus eigenen Mitteln hergab.

In einem alten Landbuche von Hof aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts wird gesagt, dass die Pfarrei Krebes eine öde Herberge zu Kemnitz besitze, auch einen öden halben Hof und 2 Wiesen bei dem Dorfe an dreien Flecken, dazu ein Holz mit daranstossendem Felde in Reinhardswalde. Die Wiesennutzung steht dem Pfarrer noch jetzt zu, aber über die öde Herberge und den öden halben Hof sagen schon die Visitationsacten von 1546, dass sie Heintze von Feilitzsch, der damalige Herr auf Kemnitz an sich gebracht habe. Das Holz zu Reinhardswalde entzog die Landesregierung der Pfarre und verabfolgt derselben zur Zeit bloss noch 6 Klaftern sechs Viertel langes Scheitholz ohne Abraum, während früher der Pfarrer das Holz selbst schlagen liess; doch war die Waldung schon 1617 an das Churfürstliche Rentamt in Plauen übergegangen. Uebrigens müssen in alten Zeiten viele Grundstücke zu Kemnitz dem Nonnenkloster zu Krebes gehört haben, und es ist sehr wahrscheinlich, dass das Rittergut zu Kemnitz dieselben an sich zog, oder wohl gar aus ihnen entstanden ist.

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