Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Grosszschocher

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Titel: Grosszschocher
Untertitel:
aus: Leipziger Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band I, Seite 7–8
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Grosszschocher.




An einem Arme der Elster, der Mühlgraben genannt, 1½ Stunde von Leipzig, umgeben von schönen Feldern, fetten Wiesen und herrlichen Eichenwaldungen, liegt das Dorf Grosszschocher mit einem der schönsten Rittergüter des Landes. Seinen Ursprung verdankt es ohnstreitig den Wenden, welche sich hier ansiedelten, und soll der Name nach der Meinung älterer Sprachforscher „hinter dem Berge“ bedeuten, eine Ansicht, welche freilich durch die Lage nicht unterstützt wird. In alten Urkunden wird es Tzochern, Grossen-Tzschuchern oder Tzschochern geschrieben. Als die ersten Besitzer des Rittergutes werden die von Krolewitz genannt, welche es im 12. und 13. Jahrhundert besassen. Zu derselben Zeit gehörte das dabei liegende und jetzt mit Grosszschocher vereinigte Windorf mit Lausen, als besonderes Rittergut der Familie von Karasse. Im 14. Jahrhundert kamen beide an die Herren von Pflugk, anfangs an verschiedene Besitzer, doch schon 1394 besass sie Nicol. Pflugk der ältere zusammen, und sind sie seitdem, nur mit kurzen Unterbrechungen, stets vereinigt geblieben. Zu Ende des 16. Jahrhunderts kamen diese Güter an die Familie von Dieskau, und hundert Jahre später an die Familie von Pönikau, von welcher sie der Herr Commissionsrath und Kreisamtmann Blümner zu Leipzig, der Grossvater der gegenwärtigen Besitzerinnen, der Gemahlin des Herrn Staatsminister Johann Paul von Falkenstein und der Frau Geheimräthin von Gruner, erkaufte.

Das Herrenhaus in Windorf brannte 1683 nieder und ist nicht wieder aufgebaut.

Das alterthümliche schön eingerichtete Schloss, welches unsere Ansicht zeigt, hat in der langen Reihe von Jahren, während welcher es besteht, (es soll schon von den Pflugk’s erbaut sein) mancherlei Umwandlungen und in Kriegen, welche unsere [8] Gegend heimsuchten, viel Verwüstungen erfahren, allein in seinen Haupttheilen hat es der Zeit und den Verwüstungen getrotzt, so dass es den gegenwärtigen Besitzern möglich war, ihm durch einen erst neuerlich beendigten Umbau das stattliche Ansehn zu geben, in welchem es sich gegenwärtig zeigt.

Die schon 500 Jahre alte Pfarrkirche des Dorfes, eine der grössten in der Gegend, ist mit ihrem runden starken Thurme ein schönes, besonders in ihren alten Theilen, festes Bauwerk, deren Ausschmückung sich die verschiedenen Besitzer, bis auf die gegenwärtigen, stets angelegen sein liessen, und prangen in ihr die schön erhaltenen Wappen der verschiedenen Familien, welche sich im Besitz des Rittergutes folgten. Das Patronatrecht über dieselbe erlangten die Besitzer des Rittergutes erst 1697.

Ueber die Kriegsdrangsale, welche die Dörfer und mit ihnen das Rittergut in den verschiedenen Jahrhunderten zu erleiden hatten, findet man im Pfarrarchive viel und schätzbare Nachrichten, welche grösstentheils vom gegenwärtigen Hrn. Pastor emerit. Schlosser gesammelt und so weit er sie selbst erlebte, in einer besondern Schrift „Erlebnisse eines sächs. Landpredigers,“ niedergelegt sind. Nach diesen wurde um nur eins zu erwähnen, der deutsche Sänger Theodor Körner, nach seiner am 17. Juni 1813 erfolgten schweren Verwundung in der Wohnung des Hofgärtners Heyser gepflegt und verbunden und so lange verborgen, bis er auf der Elster nach Leipzig geschafft werden konnte.

Zu dem Rittergute Grosszschocher mit Windorf und Lausen, einschliesslich der bis in die neuere Zeit dazu gekauften bäuerlichen Grundstücke, gehören 700 Acker Feld, 200 Acker Wiesen, 250 Acker Waldungen. Die Bodenclasse ist durchschnittlich 3 + 4. Durch eine seit vielen Jahren im grossartigen Maassstabe betriebene Kartoffelbrennerei ist der Boden in hohe Cultur gesetzt Der Viehbestand ist gegenwärtig 150 Stück Rindvieh, 1500 Schaafe, 36 Stück Zugvieh.