Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Grosspösna

Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Grosspösna
Untertitel:
aus: Leipziger Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band I, Seite 177–179
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Grosspösna.


Das Rittergut und Dorf liegen gen Norden ½ Stunde vom Marktflecken Liebertwolkwitz, 2½ Stunde von Leipzig an der Strasse von Leipzig nach Kolditz. In alten Schriften und in der Volkssprache wird das altschriftsässige Rittergut als das zur grossen Pösa gelegenes bezeichnet.

Hier auf diesem Gute blühte in den frühesten Zeiten das altadeliche Geschlecht derer von Pfluge, welche in der Umgegend ausserdem noch viele ansehnliche Rittersitze, Schlösser, Städte und Dörfer besassen. Unter ihrem Besitze war Grosspösna ein Pertinenzstück vom Rittergute Störmthal, welches dieselben im Jahre 1300 an[VL 1] Bernhard von Macheley erkauft hatten. Im 16. Jahrhundert wurde Grosspösna ein selbstständiges Rittergut und wir finden im Jahre 1549 die Gebrüder Thamm und Hans Pflug als Erb- Lehn- und Gerichts Herrn, von denen ersterer in der Kirche zu Liebertwolkwitz begraben liegt.

Im Jahre 1575 war Wolf Seidel mit diesem Gute beliehen, von welchem es im Jahre 1589 an Caspar von Zehmen kam. Von 1594 war der Besitzer zur grossen Pösa, der Prof. der Therapie und Decan der medicin. Facultät, Johann Christoph Braun zu Leipzig, welcher 1609 mit Tode abging.

Zu Ende des 30jährigen Krieges behauptete das Gut der Königl. Schwed. Resident in Leipzig, Johann von Hartwig.

In der Mitte des 17. Jahrhunderts besass das Rittergut die Familie von Mühlbach und namentlich finden wir im Jahre 1660 Christoph von Mühlbach, Kurfürstl. Sächs. Oberpostmeister zu Leipzig als Erbsasse zur grossen Pösa. Bis 1690 besassen dann zwei Töchter das Rittergut gemeinschaftlich: Barbara Elisabeth von Mühlbach und Johanna Maria von Mühlbach, verehelichte von Peine. Von 1690 war Fräulein Barbara Elisabeth von Mühlbach allein im Besitze des Gutes, welche im December 1739 starb und in dem an der Südseite der Kirche angebauten herrschaftlichen Erbbegräbnisse beigesetzt wurde. Im Jahre 1840 nahm man die Ausfüllung dieses Erbbegräbnisses vor. Bei dieser Gelegenheit wurden die Särge von Gliedern der herrschaftlichen Familie versenkt und der Platz planirt.

Im Jahre 1735 war Besitzer vom Rittergute Ludwig Albrecht von Peine, von welchem es an dessen Töchter, an Louise Charlotte Amalie Friederike Leopoldine, verehelicht an Friedrich von Glafey und an deren jüngere Schwester Lucia Albertine von Peine kam und von denselben einige Jahre gemeinschaftlich verwaltet wurde.

Unter von Glafeys Bewirthschaftung sank der Werth des Ritterguts sehr herab und musste letzteres sub hasta verkauft werden. Oberst von Bülow erstand es für 17,000 Thlr. Heinrich Gottlieb von Bülow, Oberst der Infanterie starb am 6. März 1784 und wurde in ein vor dem Altar ausgemauertes Grab versenkt. Nach von Bülows Tode erhielt das Rittergut seines Bruders Sohn Oberhofgerichts-Assessor und Stiftsrath zu Wurzen in Lehn, welcher es im Jahre 1805 an Carl Friedrich Benedict Bartsch verkaufte. In dessen Besitzzeit fällt die Schlacht bei Leipzig und das Rittergut erlitt bedeutende Verluste.

Nach Bartsch besassen vom Jahre 1815 an Traugott Leberecht Jost und Johann Gottlob Kratzsch das Rittergut Grosspösna. Vom Jahre 1819–1820 war Friedrich Wilhelm Scheibner, Jost’t Schwiegersohn hier Rittergutsverweser. Unter Jost wurde das frühere Griebner’sche Pferdnergut dem Rittergute einverleibt.

Von 1821 war Erb-, Lehn- und Gerichtsherr auf Grosspösna der Staats- und Geheime-Rath, Komthur, des Königl. Sächs. Civil-Verdienst Ordens, Carl Heinrich Constantin von Ende.

Unter diesem Besitzer erfolgte die Zusammenlegung der Ortsflur, die Ablösung der Frohnen, sowie 1836 die Abtretung der Gerichte an den Staat.

Durch Kauf kam das Rittergut 1844 an Richard Carl Georg d’Orville von Löwenklau Preuss. Lieutenant a. D.

Im Jahre 1847 acquirirte von Löwenklau das Rittergut Christian Friedrich Beuchel, Advocat zu Meissen und von diesem kaufte es im Jahre 1851 der Fabrikant Philipp Theodor Zürcher, welcher als tapfrer Militair an vielen Schlachten des Freiheitskampfes, und namentlich an den heftigsten Gefechten der Schlacht bei Leipzig thätigen Antheil genommen hat. [178] Seit December 1854 ist Besitzer des Rittergutes Herr Johann Gottfried Dietze auf Pomsen, der es als Vorwerk von seinem Gute Pomsen bewirthschaftet.

Das jetzige Herrenhaus ist seit dem Jahre 1851 von dem früheren Besitzer Th. Zürcher erneuert und von den Wirthschaftsgebäuden wurde im Jahre 1854 von demselben Besitzer ein neuer sehr zweckmässiger Kuhstall erbaut. Eine neue Schäferei war schon im Jahre 1849 unter von Bärenklau entstanden. Unter dem Besitzer des Rittergutsbesitzers J. L. Jost war mit der Oeconomie eine starke Brauerei verbunden, und es wurde hier vortreffliches Bier gebraut, bekannt unter „Auerswalder Weissbier.“

Das früher im Garten befindlich gewesene umfängliche Gewächshaus ist unter von Bärenklau abgetragen worden.

Zum Areal des Ritterguts gehörten früher circa 60 Acker Holz, angrenzend an das Oberholz, welches seit 1830 ausgerodet und das Land in Feld verwandelt worden ist. Seit 3 Jahren sind Huthfelder des Rittergutes bis auf 1 Kleefeld nach dem neuesten System drainirt worden.

Das Gut enthält 306 Acker Ackerland und 30 Acker Wiesenland, meist fruchtbaren Lehmbodens.

Zugleich mit dem Dorfe hat auch das Rittergut in früherer Zeit durch Kriegsnoth viel gelitten, wie besonders im Hussittenkrieg und im 30jährigen Kriege. Der Sage nach ist in diesen Zeiten ein zwischen Grosspösna und Fuchshain gelegenes Dorf „die Komorei“ zerstört worden.

Ebenso litten Grosspösna und das benachbarte Liebertwolkwitz bei der schwedischen Invasion. In Liebertwolkwitz war es, wo bei der letzteren der kaiserliche Minister von Wratislaw am 1. September 1707 die mit Carl XII. zu Altranstädt im Jahre 1706 abgeschlossenen Tractaten unterzeichnete, nach welchen der Kaiser Joseph I. den Protestanten in Schlesien freie Religionsübung gestatten musste, weshalb ihre dortigen Kirchen noch jetzt Gnadenkirchen genannt werden. Die Unterzeichnung geschah im Gute Nr. 32.

Von den Schicksalen in Liebertwolkwitz und Grospösna während des 7jährigen Krieges ist so viel bekannt, dass in beiden Orten viel Kriegstruppen sich aufgehalten und die Einwohner schwere Kriegsdrangsale ausgestanden haben. Im Jahre 1762 starben in Liebertwolkwitz 64 Personen, in Grosspösna 28 Personen, eine bei der damaligen geringen Bevölkerung beider Orte sehr grosse Zahl.

Sehr verderblich für die Orte waren die Octobertage 1813. Am 13. October stellten sich die von Belgershain her sich nähernder Oesterreicher auf den Mühlenberge bei Grosspösna auf, der mit Kanonen besetzt wurde. Bis gegen Abend dauerte hier ein lebhaftes Feuern an, wobei mehre Kugeln ins Dorf flogen.

Gegen Anbruch der Nacht zogen sich die Oesterreicher zurück und circa 2000 Franzosen rückten ins Dorf ein, machten Bivouac und plünderten. Am 14. früh 3 Uhr verliessen die Franzosen das Dorf, zogen sich nach Liebertwolkwitz und die Oesterreicher rückten von Thräna aus wieder vor. Am 16. October nahmen die Franzosen die österr. Batterie auf dem Kolmberge, viele Kugeln kamen ins Dorf und die Franzosen rückten bis ins Niederholz vor. Die Oesterreicher und Preussen behaupteten aber ihre Stellung in und um Grosspösna. Das Schiessen war an diesem Tage am heftigsten, Gottesacker und Dorf stand mit Geschütz besetzt. Der Ort hatte dabei sehr viel zu leiden, die Plünderung war allgemein, alles brennbare Material, Hausgeräthe aller Art kam zur Feuerung in die Bivouacs. Die Ortsbewohner hatten die Tage vorher Mehreres in der Kirche und auf dem Rittergute verborgen; Alles ging verloren. Was in den Tagen der Schlacht an Eigenthum noch übrig geblieben war, wurde von den nachziehenden Trupps geraubt.

Weniges Vieh war am 14. October nach Belgershain getrieben und gerettet worden, an Zugvieh fehlte es ganz. Von Dienstag an hatten bereits die meisten Bewohner den Ort verlassen. Vor Brand blieb jedoch Grosspösna verschont.

Grosspösna hat jetzt 26 Güter und 15 Brandkataster-Nummern. Die Flur enthält 787 Acker 151 □R. worin wie oben schon erwähnt, 334 Acker auf das Rittergut kommen. Auf Grosspösnaer Feldern wird weisser Sand gegraben. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts lebten hier viele Thonpfeifenmacher. Hauptnahrungszweig ist jetzt der Ackerbau. Jedoch wurden ausser der Landwirthschaft auch mehre Professionen hier betrieben.

Im Jahre 1839 ist die Landgemeinde-Ordnung eingeführt worden.

Der Besitzer von Grosspösna ist Collator über die hiesige Schule, während das Besetzungsrecht des geistlichen Amtes in der Filialkirche von Grosspösna dem Gerichtsherrn von Liebertwolkwitz zusteht.

[179] Bereits im Jahre 1574 kommt Grosspösna als Filialkirche von Liebertwolkwitz vor. Die Kirche ist sehr alt, weshalb in den Jahren 1676, 1804 und 1847 Hauptreparaturen vorgenommen werden mussten. Zu der ersten Hauptreparatur trug Herr Christian von Mühlbach eine grosse Summe bei, aus Dankbarkeit gegen Gott durch dessen Schutz ihm auf einem andern Gute Endorf im Mannsfeldischen 1674 ein grosser Getreidevorrath von der kaiserlichen Armee unerwartet gerettet worden war. Der innere Ausbau rührte ganz von ihm her, bis 1804 noch manches Andere hinzu kam.

Vermögen besitzt die Kirche jetzt ausser einem Legate, welches der Bürger und Hausbesitzer zu Leipzig und Gutsbesitzer zu Grosspöna, Herr Christoph Griebner den 25. Juni 1793 stiftete, 1459 Thlr.

Eingepfarrt nach Grosspösna ist das Universitäts-Forsthaus Oberholz. Das Forsthaus früher: „Finzhaus“ genannt, ist seit 1832 neu erbaut, wogegen das Schulhaus in Grosspösna schon seit dem Jahre 1803 erweitert und neu erbaut ist.

Grosspösna mit dem Forshause gehört zum Gerichtsamte Leipzig I. und zählt 75 bewohnte Gebäude 109 Familienhaushaltungen und 434 Einwohner.

M. G.     



Anmerkungen der Vorlage

  1. handschriftliche Korrektur: von