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Grosspösna.


Das Rittergut und Dorf liegen gen Norden ½ Stunde vom Marktflecken Liebertwolkwitz, 2½ Stunde von Leipzig an der Strasse von Leipzig nach Kolditz. In alten Schriften und in der Volkssprache wird das altschriftsässige Rittergut als das zur grossen Pösa gelegenes bezeichnet.

Hier auf diesem Gute blühte in den frühesten Zeiten das altadeliche Geschlecht derer von Pfluge, welche in der Umgegend ausserdem noch viele ansehnliche Rittersitze, Schlösser, Städte und Dörfer besassen. Unter ihrem Besitze war Grosspösna ein Pertinenzstück vom Rittergute Störmthal, welches dieselben im Jahre 1300 an[VL 1] Bernhard von Macheley erkauft hatten. Im 16. Jahrhundert wurde Grosspösna ein selbstständiges Rittergut und wir finden im Jahre 1549 die Gebrüder Thamm und Hans Pflug als Erb- Lehn- und Gerichts Herrn, von denen ersterer in der Kirche zu Liebertwolkwitz begraben liegt.

Im Jahre 1575 war Wolf Seidel mit diesem Gute beliehen, von welchem es im Jahre 1589 an Caspar von Zehmen kam. Von 1594 war der Besitzer zur grossen Pösa, der Prof. der Therapie und Decan der medicin. Facultät, Johann Christoph Braun zu Leipzig, welcher 1609 mit Tode abging.

Zu Ende des 30jährigen Krieges behauptete das Gut der Königl. Schwed. Resident in Leipzig, Johann von Hartwig.

In der Mitte des 17. Jahrhunderts besass das Rittergut die Familie von Mühlbach und namentlich finden wir im Jahre 1660 Christoph von Mühlbach, Kurfürstl. Sächs. Oberpostmeister zu Leipzig als Erbsasse zur grossen Pösa. Bis 1690 besassen dann zwei Töchter das Rittergut gemeinschaftlich: Barbara Elisabeth von Mühlbach und Johanna Maria von Mühlbach, verehelichte von Peine. Von 1690 war Fräulein Barbara Elisabeth von Mühlbach allein im Besitze des Gutes, welche im December 1739 starb und in dem an der Südseite der Kirche angebauten herrschaftlichen Erbbegräbnisse beigesetzt wurde. Im Jahre 1840 nahm man die Ausfüllung dieses Erbbegräbnisses vor. Bei dieser Gelegenheit wurden die Särge von Gliedern der herrschaftlichen Familie versenkt und der Platz planirt.

Im Jahre 1735 war Besitzer vom Rittergute Ludwig Albrecht von Peine, von welchem es an dessen Töchter, an Louise Charlotte Amalie Friederike Leopoldine, verehelicht an Friedrich von Glafey und an deren jüngere Schwester Lucia Albertine von Peine kam und von denselben einige Jahre gemeinschaftlich verwaltet wurde.

Unter von Glafeys Bewirthschaftung sank der Werth des Ritterguts sehr herab und musste letzteres sub hasta verkauft werden. Oberst von Bülow erstand es für 17,000 Thlr. Heinrich Gottlieb von Bülow, Oberst der Infanterie starb am 6. März 1784 und wurde in ein vor dem Altar ausgemauertes Grab versenkt. Nach von Bülows Tode erhielt das Rittergut seines Bruders Sohn Oberhofgerichts-Assessor und Stiftsrath zu Wurzen in Lehn, welcher es im Jahre 1805 an Carl Friedrich Benedict Bartsch verkaufte. In dessen Besitzzeit fällt die Schlacht bei Leipzig und das Rittergut erlitt bedeutende Verluste.

Nach Bartsch besassen vom Jahre 1815 an Traugott Leberecht Jost und Johann Gottlob Kratzsch das Rittergut Grosspösna. Vom Jahre 1819–1820 war Friedrich Wilhelm Scheibner, Jost’t Schwiegersohn hier Rittergutsverweser. Unter Jost wurde das frühere Griebner’sche Pferdnergut dem Rittergute einverleibt.

Von 1821 war Erb-, Lehn- und Gerichtsherr auf Grosspösna der Staats- und Geheime-Rath, Komthur, des Königl. Sächs. Civil-Verdienst Ordens, Carl Heinrich Constantin von Ende.

Unter diesem Besitzer erfolgte die Zusammenlegung der Ortsflur, die Ablösung der Frohnen, sowie 1836 die Abtretung der Gerichte an den Staat.

Durch Kauf kam das Rittergut 1844 an Richard Carl Georg d’Orville von Löwenklau Preuss. Lieutenant a. D.

Im Jahre 1847 acquirirte von Löwenklau das Rittergut Christian Friedrich Beuchel, Advocat zu Meissen und von diesem kaufte es im Jahre 1851 der Fabrikant Philipp Theodor Zürcher, welcher als tapfrer Militair an vielen Schlachten des Freiheitskampfes, und namentlich an den heftigsten Gefechten der Schlacht bei Leipzig thätigen Antheil genommen hat.

     Leipziger Kreis, 23tes Heft oder 102tes der ganzen Folge.

Anmerkungen der Vorlage

  1. handschriftliche Korrektur: von
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/273&oldid=- (Version vom 7.1.2019)