Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Gränitz

Textdaten
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Autor: O. M.
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Titel: Gränitz
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aus: Erzgebirgischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 4, Seite 102–103
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: [1856]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Gränitz.


Gränitz liegt 3 Stunden südwestlich von Freiberg an der Annaberger Strasse, und gehört ohne Zweifel zu den zerstreutest gebauten Dörfern des Erzgebirges. Der Ort zählt etwa zweihundert Bewohner in vierzig Häusern, und wird von dem sogenannten Gränitzbach berührt, welcher unterhalb des Dorfes sich mit dem Grosswaltersdorfer Bache vereinigt und dann den Namen der Lössnitz führt. An dem Gränitzbache liegt eine zum Dorfe gehörige Mühle. Die Fluren desselben rainen mit denen von Langenau, Gross- und Kleinhartmannsdorf und Waltersdorf. Nordwestlich von Gränitz befindet sich der so trefflich bestandene herrschaftliche Tannbusch, auch Tännicht genannt, in nördlicher Richtung erhebt sich etwas entfernter die ansehnliche Langenauer Höhe, und südöstlich die zu Grosshartmannsdorf gehörige Butterhöhe. Bedeutend ist hier der Lein- und Kleebau. Es giebt hier auch ein Erbgericht mit Schankgerechtigkeit. Die Ortsbewohner bestehen aus Erbgärtnern, Bergleuten und Leinwebern.

Gränitz ist slavischen Ursprungs. Es lag vor Jahrhunderten hart an der böhmischen Grenze, die noch um das Jahr 1292 sich bis hierher erstreckte, und daher kommt auch sein Name, denn das slavische granitza bedeutet Grenze. Gränitz war früher ein bedeutenderer Ort als jetzt. Ein altes Register von 1590 spricht von Häusern die in langer [103] Reihe sich über die Kirche hinauszogen und die Wohnung des Pfarrers am unteren Dorfe beweist ebenfalls, dass der Ort früher nach dieser Seite eine längere Ausdehnung hatte. Ohne Zweifel wurde Gränitz im dreissigjährigen Kriege verwüstet, denn eine grosse Anzahl seiner Bewohner siedelte sich in nahen Dörfern, namentlich in Langenau und Hartmannsdorf an.

Das Rittergut Gränitz ist zwar nicht sehr ansehnlich, hat aber verhältnissmässig guten Boden, eine Schäferei und treffliche Gebäude. Das erstemal wird Gränitz 1459 erwähnt und zwar bei Gelegenheit einer Streitigkeit zwischen Hans Rylke uff Gränitz und Jochen von Schönbergk, weicher letztere der hiesigen Kirche ein Gefälle entziehen und dem Pfarrer zu Hartmannsdorf überlassen wollte. Leider sind viele wichtige Urkunden bei dem am 19. November 1807 stattgefundenen Rittergutsbrande verloren gegangen, so dass wir nur mit grosser Mühe die hier und da einzeln verstreuten Nachrichten über Gränitz zusammen bringen konnten.

Im 16. Jahrhundert und zwar um das Jahr 1524 gehörte Gränitz Hans von Rylke, der es an einen von Güntherode, wie es scheint seinen Schwiegersohn überliess. Von diesem kaufte das Gut Christoph Heydenreich, ein sehr frommer und kirchenfreundlicher Herr, der sich um Gränitz Verdienste erwarb, doch muss der Ort damals auch eine kurze Zeit im Besitze des Churfürsten August gewesen sein, denn es wurde für diesen hier ein Jagdschloss erbaut, zu dem ein Baumeister aus Dresden den Plan entwarf.

Christoph Heydenreich liess 1614 die alte Kirche abtragen und 1618 eine neue erbauen, welche von dem Sächsischen Hofprediger zu Dresden, Daniel Hänichen eingeweiht wurde. Er starb am 24. Januar 1626 und wurde im Erbbegräbniss unter dem Altare beigesetzt, worauf der damalige Pfarrer Johann Schütze die betreffende lateinische Inschrift fertigte. Zu Ende des siebzehnten Jahrhunderts finden wir als Herrn auf Gränitz den churfürstlich Sächsischen R. V. K. Z. M. Jacob Wilhelm Griebe, einen Sohn Heinrich Griebes, Doctors der Rechte. Im Jahre 1752 besass Gränitz Dr. Heinrich Gottfried Griebe, von dem das Gut an die Familie Rechenberg gelangte, welche es bis zum Tode des am 20. April 1807 verstorbenen Christian Samuel Rechenberg besass, worauf es Emanuel Ehregott Neubert, ein sehr erfahrungsreicher Oekonom erwarb, der das Gut bedeutend verbessert hat. Herrn Neubert traf das eben so seltsame als traurige Schicksal, dass am Tage nach seiner Vermählung und seinem Einzuge von Zöblitz in hiesiges Gut, das vormalige churfürstliche Jagdschloss allhier mit aller seiner Pracht und Ausschmückung in Flammen aufging, wobei leider auch das Rittergutsarchiv verbrannte.

Vor der Reformation befand sich zu Gränitz eine berühmte Wallfahrtskapelle der heiligen Maria, die 1519 vom Bischof Johannes von Meissen eingeweiht und zu drei wöchentlichen Messen bestimmt wurde, welche der Pleban von Grosshartmannsdorf zu celebriren hatte. Daraus entstand ein Jahrmarkt, der jedesmal am 2. Juli, dem Feste Mariä Heimsuchung, in der Nähe des Gotteshauses stattfindet, wozu 1737 Dr. Griebe der Gemeinde einen grösseren Platz schenkte.

Die alte Wallfahrtskirche stand, wie schon erwähnt, bis 1614, wo der Rittergutsbesitzer Heydenreich den Entschluss fasste, eine neue Pfarrei zu stiften. Die alte Kirche wurde abgebrochen und neu erbaut, ein durch die Pest von seinen Bewohnern geleertes Bauernhaus zur Wohnung des Pastors bestimmt und die neugegründete Pfarrstelle mit neunzehn Scheffeln Feldes dotirt, wobei das Rittergut zwei Frohntage mit zwei Geschirren für sich und einen Frohntag für jedes Haus hinzufügte. Vor seinem Tode verordnete Heydenreich der Kirche und ihren Dienern ein Legat von neunhundert Thalern. Beim Bau der Kirche schenkten die Pfarrer zu Galenz und Langenau und Georg Freitag daselbst drei Kirchenfenster, der Churfürst Johann Georg eine kleine Glocke und hundert Gülden. Der Altar von 1614 ist eine Arbeit Bernhard Dittrichs, Bildhauers zu Freiberg und stellt künstlich und biblisch mit Jesu Leben und Thaten die Familie Heydenreichs dar. Gränitz ist die kleinste Parochie der Inspection Freiberg und hat sogar vor Zeiten einmal als Pönitenzpfarre gedient.

O. M.