Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Geyersberg

Textdaten
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Autor: O. M.
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Titel: Geyersberg
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aus: Erzgebirgischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 4, Seite 83–86
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: [1856]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Geyersberg.
bei Geyer.


Geyer liegt in der Nähe einer nicht geringen Anzahl Städte (Thum, Ehrenfriedersdorf, Annaberg, Schlettau, Zwönitz u. s. w.) und einer an Dörfern armen, waldigen, rauhen und sehr coupirten Gebirgsgegend, an einem kleinen Bache, welcher der Geyerbach oder Mühlenbach genannt wird und westlich im Walde entspringt. Dem Bach trennt den Knochenberg, an welchen sich die obersten Häuser des Städtchens lehnen, vom Geyerschen Walde und speist dabei das, dreiachtel Stunde von hier entfernte‚ Vitriolwerk. Der Bach rinnt südöstlich durch die Stadt, bildet unter ihr einen hübschen, engen Waldgrund und mündet nach fünfviertelstündigem Laufe am oberen Ende von Tanneberg. Unter den nahen Bergen sind die bemerkenswerthesten die nördlich ansteigende Höhe des Freiwaldes mit dem Greifensteine, das Pochmännel, der Galgenberg, östlich der Schlegelsberg, der Geyersberg, südöstlich der Tanneberger Knochen‚ südlich der Siegerstein und die Fuchssteine und westlich der Petersknochen. Besonders interessant ist der Schlegelsberg[WS 1], der von mehreren Seiten sich kegelförmig erhebt, sehr hoch ist und einen mächtigen, schönbewaldeten Felsen trägt. Südlich verbindet sich mit der Stadt das Oertchen Siebenhöfe, welches sehr zerstreut liegt und wo sich die schöne, sogenannte Geyersche Spinnfabrik befindet. Der Geyersche Wald, (2250 Acker 61 □Ruthen)‚ der sich eine Viertelstunde vom Orte im Westen, am meisten aber in nordwestlicher Richtung, verbreitet, besteht nur aus Nadelholz. Fernsichten über die Umgegend hat man gegen Süden auf dem Roscherwalde und gegen Süd und Südost von einer Anhöhe am Geyersberge, die bis jetzt das sogenannte Schächerhäuslein trug, welches wahrscheinlich die Station eines ehemaligen Wallfahrtsortes bildete. Man erblickt hier ausser der Mildenauer, Annaberger und Bärensteiner Umgegend selbst einige böhmische Berggipfel. Ein herrlicher Punkt ist auch der romantisch gelegene Geyersberg mit seiner mächtigen, aus der Tiefe der Binge hervorragenden Felsengruppe.

In grauer Vorzeit, wo das Markgrafthum Meissen noch wenig Umfang hatte und die bedeutendsten Dynastieen ihr Besitzthum ziemlich willkührlich in unbebaute Distrikte hinausdehnten, vergrösserte auch die Familie Waldenburg ihr Gebiet nach dem oberen Erzgebirge hin, da die Entdeckung des Freiberger Bergsegens (1168) zu weiteren bergmännischen Nachforschungen in dieser Gegend Veranlassung gab. Unter den Ortschaften welche dadurch ihre Entstehung erlangten befand sich ohne Zweifel auch Geyer, obgleich die erste Urkunde, welche des damaligen Dorfes gedenkt, nur vom Jahre 1407 herrührt. Die Volkssage erzählt über Geyers Entstehung, ein hier horstender Geier habe auf dem Edelhofe zu Tanneberg soviel Federvieh getödtet, dass man auszog ihn zu erlegen, bei welcher Gelegenheit die Jäger zu Tage liegende Zinngraupen fanden und sich hier ansiedelten. Schon 1377 schlossen die Herren von Waldenburg zu Wolkenstein einen Vertrag mit dem Landesherrn über die Bergwerke zu Ehrenfriedersdorf und in einem ähnlichen Vertrage, dem schon genannten von 1407, behielten sie sich vor, dass eine halbe Meile von Ehrenfriedersdorf, Geyer (der gyer) und Thum kein Jahrmarkt gestattet werden solle. Im Jahre 1439 verpfändete Heinrich von Waldenburg dem Münzmeister Liborius Senfleben zu Freiberg, dessen Bruder Conraden und Stephan Glasbergern die Bergorte (Dörfer) Geyer, Thum und Ehrenfriedersdorf nebst Scharfenstein und dem Gebiete bis an die Grenzen von Schellenberg, Stollberg und Grünhain auf sechs Jahre für die Summe von 9240 Gulden, wobei der Kurfürst sich den völligen Ankauf vorbehielt, insofern die Einlösung in den nächsten fünf und einem halben Jahren nicht erfolgte, wir finden jedoch die genannten Orte schon 1443 [84] in des Kurfürsten Besitz, dem sie auch bei der Landestheilung verblieben. Bis zum Jahre 1476 stand Geyer unter dem Amtmann zu Scharfenstein, wo der Hauptmann Heinrich von Schönberg über beide Orte bestellt wurde und 1483 erscheinen Geyer, Ehrenfriedersdorf und Thum in einer Zollrechnung zu einem Amte vereinigt. Bei der 1485 erfolgten Landestheilung zwischen Kurfürst Ernst und Herzog Albrecht blieben Geyer, Wolkenstein, Ehrenfriedersdorf, Thum, Zschopau, Freiberg und andere Bergstädte in beider Fürsten gemeinschaftlichem Besitz, jedoch 1499 wurden Freiberg, Wolkenstein nebst ihren Schlössern und Städten, also auch Geyer, Heinrich dem Frommen zu Theil, der 1505 die Huldigung empfing. Seit jener Zeit ist Geyer stets im Besitz der Meissnischen Regenten geblieben.

Die Sage behauptet, dass Geyer vor Jahrhunderten bedeutend grösser gewesen sei als jetzt, indem es damals sechshundert Häuser zählte, während zur Zeit nur vierhundert mit 3800 Einwohnern vorhanden sind. Als die Hussiten in den Jahren 1428 und 1429 in der Umgegend hausten und die benachbarten Ortschaften verwüsteten, mag auch Geyer von ihnen nicht verschont geblieben sein, obgleich keine Nachricht aus jener Zeit vorhanden ist. Noch vor wenigen Jahren zeigte man in der hiesigen Hauptkirche alte Bolzen, wie sie im Hussitenkriege gebraucht wurden, welche seit jener Schreckenszeit hier aufbewahrt waren. Zum grössten Wohlstande gelangte Geyer zu Ende des funfzehnten Jahrhunderts, wo durch einen (1496) zu Schneeberg ausgebrochenen Tumult eine grosse Anzahl Bergleute sich hierher wandten, denn man hatte eben den Annaberger Silberreichthum entdeckt und die dasigen Bergleute schmolzen zu Geyer das gewonnene Silber und kauften hier ihre Lebensbedürfnisse. In diesem Jahre erbaute der Rath zu Geyer das alte, erst vor Kurzem abgebrochene Rathhaus, denn die Stadt vergrösserte sich zusehends, sodass 1510 bereits wieder 273 Häuser vorhanden waren, indem damals der sogenannte Häuerstein, der nach dem nordwestlich gelegenen Knochen führt, angebaut wurde. Bald aber betraf Geyer mannigfaches Unglück. So grassirte 1568 hier eine schreckliche Pest, in deren Folge fast hundert Häuser gänzlich leer standen, und 1599 stürzte wiederum eine Seuche Hunderte in das Grab. Entsetzlich waren auch die Gräuel und Verwüstungen, welche Geyer durch den dreissigjährigen Krieg erlitt. Am 8. August 1632 wurde der alte Zehntner Hannemann von den Kaiserlichen zu Tode gemartert und der Viertelsmeister Putzscher vor seiner Hausthür niedergeschossen; zugleich hauste eine schreckliche Pest. Am 10. April 1639 kamen die Schweden nach Geyer, wobei der hiesige Pastor Hollenhagen der Stadt ausserordentliche Dienste leistete, indem er als vormaliger Schwedischer Feldprediger seine alten Kriegskameraden zu ungewöhnlicher Milde zu stimmen wusste. Näherten sich kaiserliche Truppen, so zog der Pastor mit seiner anvertrauten Heerde in die dichte Waldung und die Frauen nahmen ihre Klöppelsäcke mit, da sie, auf Baumstämmen sitzend, fleissig fortarbeiteten.

Der dreissigjährige Krieg hatte Geyer ungemein heruntergebracht, aber noch weitere Unglücksfälle harrten des Städtchens. Die Pest tödtete 1680 über dreihundert Menschen, und 1761 war die hiesige Gegend mit Soldaten überschwemmt, welche auch Geyer besetzten und 3000 Thaler Brandschatzung erpressten. Entsetzlich für das ganze sächsische Erzgebirge war das Jahr 1772 mit seiner unerhörten Theuerung, die Tausenden das Leben raubte. In Geyer starben 423 Menschen theils am Typhus theils aus Hunger. Die Nahrung der Armen bestand aus Heu und Krautstrünken. Ein Hagelschlag vernichtete 1822 die hiesigen Fluren, 1823 verzehrte der Blitz zwei Häuser, 1830 herrschte ein Nervenfieber und 1840 verbrannten abermals zwei Häuser. Auch in der neuesten Zeit grassirte in Geyer ein furchtbarer Typhus.

Die Hauptgewerbe der hiesigen Einwohnerschaft sind Fabrikarbeit, Spitzenklöppeln und Bergbau, doch ist letzterer nicht mehr so bedeutend als bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts. In den ältesten Zeiten baute man hier auf Silber und Kupfer, worüber aus den Jahren 1405 bis 1580 noch viele urkundliche Nachweise da sind; auch sprechen dafür die noch vor Kurzem massenhaft vorhandenen Halden, welche grösstentheils eingeebnet oder zum Strassenbau verwendet wurden. Das in und bei dem Birkberge gefundene Silber und Kupfer machte man 1442 in Geyer zu Gute und verlehnte auch hier die dortigen Gruben; nach 1471 schmelzte man auch das Silber der Bärensteiner Gruben in Geyer. Eine Silberzehntenrechnung von 1487 spricht über den Bezirk Geyer, Rückerswalde und Schreckenberg. Dies Alles giebt eine Vorstellung von dem ausgedehnten Gebiete des früheren hiesigen Bergamts. Im Jahre 1466 finden sich in Geyer Kupfer- und Silberbergbau-Gewerken aus Chemnitz, Zwickau und Nürnberg; das damals sich erhebende Schneeberg aber entzog dem hiesigen Bergbau viele Arbeiter, ebenso die Entstehung Annabergs und der Gruben zu Joachimsthal, und Buchholz. Zu Annaberg legten Leute aus Geyer die ersten Häuser an und der erste Rath daselbst bestand fast aus lauter Eingewanderten. Geyer erlitt durch Annabergs Erbauung unersetzliche Verluste. Zu neuer Blüthe gelangte es 1496 durch die eingewanderten Schneeberger, und 1501 legte der reiche Bergherr und Besitzer von Wiesa, Johann Friedrich, das benachbarte Wiesenbad an und errichtete daselbst ein Badehaus. Das hiesige Zinnbergwerk erscheint 1521‚ wiewohl die ungeheuren Weitungen im Innern des Geyersberges auf ein weit höheres Alter des Zinnbaues deuten. Den Bau betrieben die sogenannten Zinnherren zu Geyer, Ehrenfriedersdorf und Thum; das Zinn aber war besser und theurer wie das zu Altenberg. – Herzog Georg erlaubte 1539 das Zinn allhier zu schmelzen und ein Schmelzhaus zu bauen‚ während man bisher in Ehrenfriedersdorf hatte schmelzen müssen, 1556 bestanden hier zwei Brauhäuser, die ihre sämmtlichen Gebräude in der Stadt verwertheten; 1563 bis 1567 erbaute man den hiesigen hohen Wachthurm, hauptsächlich zum Stundenschlag für die Bergarbeiter; 1564 entstand das hiesige Arsenikwerk, indem damals Kurfürst August dem Besitzer des Geyerschen Giftbrennofens, Hieronymus Zürich, ein Privilegium ertheilte. Da die Fabrikation ein Geheimniss blieb war die hiesige Arsenikhütte bis 1770 die einzige Europas. Im Jahre 1630 wurde das hiesige Schwefelwerk errichtet, wozu man Nicolaus Kuhn ans Ellnbogen herbeirief; 1697 stritt das Arsenikwerk mit den Zinnbaugewerken wegen des Giftmehls; 1704 stürzte das Zinnstockwerk des Geyersberges [85] zusammen, was sich mehrmals wiederholte, wodurch der immer tiefer ausgeweitete Berg die ungeheure Binge erhielt, welche nur noch in Altenberg ihres Gleichen hat; 1743 stand der hiesige Bergbau in grosser Blüthe und der damalige Zehntner. Am Ende gab den reinen Ueberschuss der Geyerschen Zinnstockgrube auf 2000 Thaler an; 1803 erfolgte ein neuer Einsturz am Geyersberg der zwei Bergleuten das Leben raubte. – So viel vom hiesigen Bergbau!

In Geyer befinden sich ein Rittergut, Geyersberg genannt, und zwei Freihöfe, der Schützenhof und Preusserhof, auch war vormals hier noch ein dritter Freihof, der Fuchshof.

Das Rittergut Geyersberg liegt auf einem niedrigen Vorsprunge des Geyersberges, nahe bei der Hauptkirche, hat ein hübsches Herrenhaus und treffliche Wirthschaftsgebäude. Bis zur Mitte des sechszehnten Jahrhunderts war das Gut nur ein gewöhnliches Stadtgut, das 1510 Caspar Tylen gehörte und 1535 von Christoph Schnee auf Tanneberg gegen sein, hier am Markte gelegenes Wohnhaus eingetauscht und zu einem Freihofe erhoben wurde, der bereits 1564 ein Rittergut genannt wird. Um das Jahr 1565 erbte Geyersberg Schnees Schwiegersohn, Heinrich von Etzdorf, Amtmann zu Coburg, von dem es Hieronymus Lotter kaufte, der schon früher den Preusserhof an sich gebracht hatte. Dieser Hieronymus Lotter war Bürgermeister zu Leipzig und ein berühmter Baumeister, von dessen Tüchtigkeit noch seine Werke, die Schlösser Augustusburg und Pleissenburg, sowie die Rathhäuser zu Leipzig und Pegau zeugen. Lotter kaufte drei an das Rittergut stossende Häuser, brach sie nebst dem alten Wohngebäude ab und führte an deren Stelle das noch jezt stehende ansehnliche Herrenhaus auf. Er starb hierselbst 1580, nachdem er das Jahr vorher sein Geyersbergisches Bergwerk hatte verpfänden müssen, in einem Alter von 83 Jahren und hinterliess zwei Söhne, Hieronymus und Albrecht, welche, tief verschuldet, das Gut 1599 an den böhmischen Edelmann von Stammbach auf Tanneberg verkauften, doch muss dieser es sogleich wieder veräussert haben, da noch in demselben Jahre Anna Bucherin als Besitzerin erscheint. Felix von Brizen besass Geyersberg 1678 und Ruschke von Brizen 1698, Georg Erasmus von Hartitzsch 1705 und der Oberstlieutnant Gottlob Sigismund von Hass bis 1740. Dieser Herr scheint bei seinen Zeitgenossen für einen unmenschlichen Christen gegolten zu haben, denn noch zeigt man im Herrenhause zu Geyersberg ein Zimmer, wo der Oberstlieutnant aus reinem Glaubenshass einem lebenden Türken die Haut abgezogen haben soll. Des Herrn von Hass Schwiegersohn, der Hauptmann Joseph Heinrich von Reitzenstein, erbte Geyersberg 1741 und nach ihm erhielt das Gut (1768) der Amtshauptmann Julius Heinrich von Schütz, nach dessen 1765 erfolgtem Tode es an den Kreiskriegskommissar von Petrikowsky gelangte, der 1781 starb, worauf Geyersberg sub hasta an Georg Thierfelder kam. Dessen Tochter, Eva Dorothea, erbte das Gut 1815 und vermählte sich mit einem Herrn Schulze, dessen Sohn, Herr Friedrich August Schulze, Geyersberg seit 1836 besitzt.

Der Schützenhof wurde bereits 1466 einer hiesigen Silberbaugewerkschaft bestätigt, und 1484 erhielt die Lehn darüber der Chemnitzer Bürger Ulrich Schütz, dessen Sohne, Gregor Schütz, Kurfürst Friedrich 1510 zur Beförderung des Bergwerks und des Zehnten die Lehn erneute. Wolf Schütz, des vorigen Sohn, erbte den Freihof 1559 und wird 1573 als Zehntner genannt. Dessen Wittwe Ursula überliess die Besitzung Hans Unwirth, und 1580 Montags nach Dreikönigstag erhielt es Gregor Unwirth, Kammermeister, von des Vorigen Erben in Lehn. Ihm folgte 1601 Georg von Hartitzsch und 1602 dessen Wittwe Florentine. Am 11. Juni 1612 wurde Hans Unwirth auf Förstel damit belehnt, der zugleich Herr auf Wiesa und Gregor Unwirths Sohn war. Anna von Milkau auf Wiesa besass den Schützenhof 1648 und ihr folgte am 14. März 1649 ihre Tochter Anna Margarethe von Vitzthum, bereits 1657 gehörte jedoch die Besitzung wieder Hans Unwirth. Die ferneren Eigenthümer des Schützenhofes waren Christian Kronberg, Dr. Taubner, Gottfried Taubner, Hans Caspar Taubner, dann dessen Wittwe und Geschwister, Gottlieb König, Christoph Hempel, Christian Tölkner, Gotthelf Bauer, Frau von Elterlein und endlich Herr Schaarschmidt.

Der Preusserhof gehört der Gewerkschaft des hiesigen Vitriolwerks, deren Faktor hier wohnt. Im Jahre 1510 besass den Preusserhof Friedrich Lintacher und nach ihm sein Sohn Friedrich, zu dessen Vermögen 1530 Concurs ausbrach, bei welcher Gelegenheit der Herr des Schützenhofes, Gregor Schütz, den Preusserhof für seinen Sohn Wolf erkaufte. Christoph Bauer, Gregors Oheim, Zehntner zu Annaberg kaufte den Hof 1538 und überliess ihn 1560 dem schon erwähnten Baumeister Hieronymus Lotter, von dessen Söhnen ihn 1563 Hans Friedrich erwarb, der 1570 auch Wiesa besass. Wolf Blasebalgk, der folgende Besitzer, verfiel 1570 in Concurs und der Hof kam an den Hauptmann Hans Preusser, dann an Conrad Heinrich Preusser, seinen Sohn und endlich an Hans Preusser. Von dieser Familie hat der Hof seinen Namen. Magister Balthasar Büttner erhielt die Besitzung 1613 und 1681 gehörte selbige dem Oberförster Pfeifer, worauf ihn die Gewerkschaft an sich brachte.

Der dritte Freihof, Fuchshof genannt, ist jetzt ein gewöhnliches Bürgerhaus, welches 1510 Lorenz Kostell, dann Lorenz Röling gehörte, der 1543 in Geyer Stadtrichter war und 1551 starb. Sein Sohn Georg Röling erkaufte 1555 vom Rathe den sogenannten Mörderteich und viele Feldstücken am Geyersberge. Er war 1553 und 1558 ebenfalls Stadtrichter und starb 1586, wo ihm Hans Fuchs, Bürger in Leipzig folgte, der dem Hofe den Namen gab, 1617 aber in Concurs verfiel, worauf die Besitzung an der Barbara Harrer Erben in Dresden kam, welche dieselbe an Siegismund Thrainer verkauften. Fernere Besitzer des Fuchshofes, der aber schon zu Thrainers Zeit nur als ein gewöhnliches Bürgerhaus betrachtet wurde, waren Maria Weigerin bis 1648, Sigismund Siegel bis 1681, Abraham Siegel bis 1728, Sophie Dorothea Siegel bis 1730, Sophie Eberhardt bis 1755, Inspector Hempel bis 1775, Friedrich Beyer bis 1787, Esaias Ficker aus Kühnhaide bis 1830, dessen Sohn bis 1834, des Letzteren Wittwe bis 1843 und endlich Herr Friedrich Feig.

Auf dem Thurme der Hauptkirche St. Nicolai in Geyer, welche in der Mitte des funfzehnten Jahrhunderts, wahrscheinlich an der Stelle eines früheren von den Hussiten zerstörten Gotteshauses erbaut wurde, hängt die bekannte Glocke, welche 1455 bei dem Sturmlauten wegen [86] des Altenburger Prinzenraubes zersprang und später mit einer Abbildung der Befreiung des Prinzen Albrecht, auf Kosten des Kurfürsten, hergestellt wurde, 1535 aber wiederum zersprang und 1539 umgegossen worden ist. Es befinden sich auf ihr die Brustbilder Herzog Heinrichs des Frommen und sechs anderer Personen. An der Nikolaikirche lehrte von 1639 bis 1650 der originelle Pfarrer Hollenhagen, von dem schon erwähnt wurde, dass er Schwedischer Feldprediger gewesen war und dadurch der Stadt manchen guten Dienst leistete. Durch Kriegsunruhen und Seuchen waren des Pfarrers Einkünfte dergestalt zurückgeblieben, dass er eine Forderung von 3285 Gulden an die Gemeinde stellte, wobei auch baare Darlehen sich befanden. Da man ihm keine Zahlung leistete, glaubte sich Hollenhagen berechtigt, das Malz- und Brauhaus zu verschliessen und die Rathsgefälle selbst einzunehmen. So kam es zu einem langwierigen Processe, der zu Gunsten des Pfarrers ausfiel und der Gemeinde 100 Thaler Kosten verursachte, die ihm auch Wald und Brauhaus verpfänden musste. Der übermässige Holzschlag, welchen der Pastor wegen der niedrigen Holzpreise zu seiner Bezahlung vornehmen liess, führte eine Beschränkung desselben auf ein gewisses Quantum herbei. Jetzt schimpfte Hollenhagen auf Consistorium, Ephorus und Stadtrath so rücksichtslos, dass man ihn removirte, worauf er die Kirchenkelche an sich nahm und die Kanzel mit Gewalt erzwingen wollte, so dass man ihn in der Nacht zu verhaften suchte, welcher Gefahr der Pfarrer durch die Flucht nach Leipzig entging; hier aber legte man ihn in Ketten und brachte ihn nach Dresden, wo er jedoch bald aus dem Kerker entkam. Er starb 1663 zu Berlin.

Hollenhagens Geschichte ist hauptsächlich deshalb von Interesse, weil darin ganz eigenthümliche Anschuldigungen vorkommen. So soll er einen goldenen mit Edelsteinen besetzten Kelch den Juden für 172 Thaler verkauft haben und der alte Küster behauptete, dass von einem mit Perlen gestickten Messgewande hundert Perlen fehlten, welche sich in des Pfarrers Besitze befänden. Ferner wird erzählt, Hollenhagen habe sämmtliche Privilegien und Urkunden der Stadt und der Kirche auf dem Marktplatze zusammengetragen, sie angezündet und sei dann mit einer Trommel lärmend um das Feuer herumgesprungen. Diese Beschuldigungen sind offenbar übertrieben. Neuerdings aufgefundene Nachrichten enthalten ein Zeugniss von 1644, worin zwei Rathsherren, vier Stadtälteste, fünfundachtzig Bürger und der Zehntner mit ihres Pfarrherrn Amt und Wandel volle Zufriedenheit aussprechen, und es dankbar rühmen, dass er die Stadt oft vor den Soldaten beschützt mit eigener Lebensgefahr. Ebenso rühmt der Bergmeister Blumenhöfer in einem Attestat von 1646 seine freigebige Beförderung des Bergbaus und dass er 572 Thlr. 17 Gr. 69½ Pf. Recess auf seinen Zechen habe. Ohne Zweifel hatte Hollenhagen viele Feinde, die wahrscheinlich durch die Aufbringung der oben erwähnten hundert Thaler noch mehr gereizt ihn unbillig schmähten. Auf jeden Fall besass der Pfarrer einige Soldatenmanieren, die ihn rasch und wohl auch etwas rücksichtslos handeln liessen, als er, bis zum Aeussersten getrieben, sich in Besitz des Seinigen bringen wollte.

Eingepfarrt nach Geyer sind das Rittergut Geyersberg, der Schützenhof, die Häuser des Pochwaldes, das Roschersche Vorwerk, das Vitriolwerk, das Chausseehaus an der Zwönitzer Strasse und das Haus an der Mühlleite. In Geier befindet sich auch noch eine Hospitalkirche.

O. M.     



Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Schlegelsbefg