Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Purschenstein

Textdaten
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Autor: A.
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Titel: Purschenstein
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aus: Erzgebirgischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 4, Seite 79–83
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: [1856]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Purschenstein.


Eines der ältesten Ritterschlösser Sachsens, seiner Begründung, wenn auch nicht seinem gegenwärtigen Bestande nach, ist unstreitig das Schloss Purschenstein. In älteren Urkunden wird es Borsenstein oder Pyrsenstein genannt, und selbst jetzt noch zuweilen Borssenstein oder Porschenstein.

Das Bergschloss und Rittergut Purschenstein mit den dazu gehörigen eingebauten Häusern, die indess keine eigene Gemeinde bilden, liegt in dem erzgebirgischen Kreise, in dem oberen Bezirke des Amtes Freiberg.

Den ganzen Complex der zu Purschenstein gehörigen Ortschaften nennt man gewöhnlich die Herrschaft Purschenstein, obgleich das Gut, welches altschriftsässig und nur mit zwei Ritterpferden belegt ist, vor andern gewöhnlichen Rittergütern nichts voraus hat, als eine unwesentliche Bergwerksberechtigung.

Diese sogenannte Herrschaft, welche den südlichsten Theil des freiberger Amtes bildet, gränzt östlich an das Frauensteiner Amt, an die gräflich Waldsteinische Herrschaft in Böhmen und an den Einsiedlerwald, südöstlich, südlich und südwestlich an die gräflich Rotenhan’sche Herrschaft Rothenhaus und an das Dorf Böhmisch-Einsiedel, welches der Stadt Brux gehört; westlich an den Hirschberger Wald und mit der sogenannten [80] Herrschaft Pfaffenroda; nördlich und nordwestlich mit den Rittergütern Voigtsdorf und Dorfchemnitz.

Die grösste Ausdehnung des gesammten Gebietes beträgt von Süden nach Norden 4½ Stunde und von Westen nach Osten 2½ Stunde, da aber die Umgränzungslinie sehr unregelmässig ist, beschränkt sich der ganze Flächenraum aller zu der Herrschaft gehörenden Theile auf 13/10 Quadrat-Meilen.

Zu der Herrschaft Purschenstein gehören: Das Schloss selbst mit seinen angebauten und nach ihm benannten Häusergruppen; die Stadt Sayda; der Bergflecken Seifen; 16 ganze Dörfer, und zwar: Clausnitz, Friedebach, Pillsdorf, Ullersdorf, Heidersdorf, Dittersbach‚ Neuhausen (welches Purschenstein zunächst, d. h. unmittelbar an dem Schlossberge liegt) Cämmerswalde‚ Deutschgeorgenthal, (oder Hasenbrücke) Frauenbach, Deutsch-Einsiedel, (mit Ausnahme des Zollhauses und der Oberförsterei) Heidelbach, Heidelberg, (zur grössern Hälfte Wildbach genannt) Brüderwiese, Deutsch-Neudorf und Deutsch-Katharinenberg; ferner grössere oder geringere Antheile von Niederseifenbach, (besonders der Lässigherd und die Zechhäuser,) dem Mertelgrunde; die Sauecke oder der Katzengrund; endlich[WS 1] die drei einzelnen Hainhäuser, das Haidengut bei Pillsdorf, das Bad bei Heidelberg, die Glashütte bei Heidelbach, das grosse Vorwerk oder der Zuckerhof, und das neue Vorwerk bei Sayda.

In diesen sämmtlichen Ortschaften leben gegenwärtig etwa 10,000 Menschen, während 1801 die gesammte Seelenzahl nur 7705 betrug. Es gehört demnach die Gegend von Purschenstein zu den bevölkertesten von Sachsen, denn ohne Berücksichtigung der Stadt kommen auf die Quadratmeile 6900 Menschen und dies ist um so mehr zu bewundern, da das Klima sehr rauh ist. Vielleicht aber liegt eben in dieser Rauhheit zum grossen Theile die Gesundheit der Luft, welche eine sehr rasche Zunahme der Bevölkerung zur Folge hat, denn nach angestellten Beobachtungen beträgt die Durchschittszahl gegen 100 Geburten nur 59 Sterbefälle.

Wegen des rauhen Klimas ist auch die Tragbarkeit des Bodens nur gering, allein der Fleiss, den man den Bewohnern neben grosser Frugalität nachrühmen muss, gewährt dafür reichlichen Ersatz durch ökonomische und industrielle Thätigkeit. Besonders werden Viehzucht und Flachsbau stark betrieben, letzterer namentlich in Cämmerswalde, Clausnitz und Friedebach. Eine vorzügliche Erwerbsquelle einiger Orte ist die Holzdrechselei; Seifen verdient wegen seiner Holz- und Spielwaaren Erwähnung. Die reiche Holzmenge wird zur Anfertigung von Wagengestellen, Schlittenkufen und dergleichen Arbeiten benutzt; Bergbau, Schwammbereitung, der starke Verkehr von Freiberg nach Böhmen, die Glashütte, das Bad, die Arbeiten in den grossen königlichen und herrschaftlichen Forsten etc. bieten den Einwohnern mannigfache und gernbenutzte Gelegenheiten zum Broderwerbe, und wenn auch die meisten arm sind, so schützt doch ihr Fleiss sie vor wirklicher Noth, so lange diese nicht durch besonders ungünstige äussere Verhältnisse herbeigeführt wird. In der Regel kann man annehmen, dass Alles beschäftigt ist, was sich nur irgend zu rühren vermag und in dieser Beziehung kann die hiesige Pflege daher wahrhaft als Muster gelten. Vagabondirerei und Bettelei sind hier grosse Seltenheiten.

Die Justizverwaltung wurde bis zur neuesten Umgestaltung dieser Verhältnisse durch den in Purschenstein wohnenden Gerichtshalter besorgt, der zwei Actuarien und mehrere Schreiber zu Gehülfen hatte; für den Bergbau aber bestand in Seifen ein eigenes Bergamt mit mehreren bergmännischen Beamten, obgleich der von dem Besitzer betriebene Bergbau nur unbedeutend ist. Sein Regale erstreckt sich blos über Zinn, und es werden alljährlich nur einige Centner Zinn ausgeschmolzen, und selbst das nicht einmal an Ort und Stelle, sondern in Altenberg.

Bei Deutsch-Katharinenburg ist zwar eine Kupfergrube, allein sie gehört unter das Bergamt Marienberg.

Die finanziellen Angelegenheiten der Herrschaft, deren Reinertrag beiläufig gesagt, schon vor 30 Jahren, und unter zum Theil ziemlich ungünstigen Verhältnissen zu 20,000 Thaler, jährlich angeschlagen wurde, besorgt ein Rentbeamter, der ebenfalls in Purschenstein selbst wohnt.

Einen wesentlichen Theil der Besitzung bilden die Waldungen; diese stehen unter einem Forstschreiber, der von dem gemeinen Manne gewöhnlich Forstmeister genannt wird. Und in der That könnte er wegen der grossen unter seiner Inspection und seiner Verwaltung stehenden Wälder diesen Titel wohl beanspruchen; denn obgleich Purschenstein im Laufe der Zeiten aus verschiedenen Umständen von den früher besessenen Waldungen den Einsiedlerwald an das Lautersteiner und den Hirschberger an das Frauensteiner Amt abgetreten hat, den Oberneuschönberger an das Rittergut Pfaffroda, einen Theil des Ringelwaldes an Reichenberg, und ausserdem noch mehrere andere, kleinere Theile, so dass seine Waldungen fast zwei Drittel ihres früheren, vollständigen Umfanges verloren haben, so besitzt es deren doch immer noch ¼ □Meile.

Der grösste Wald darunter ist der Purschensteiner oder Deutschneuhofer, der grösstentheils mit Schwarzholz bestanden ist, aber auch viele schöne Buchen hat. Auch von dem Einsiedlerwalde gehört ein schön mit Buchen bestandener Antheil zu Purschenstein. Ferner gehören demselben starke Hölzer an der Flöhe, besonders am linken Ufer derselben; der Zechenwald; der Nadelholzwald am Mortelgrunde; das Mühlholz am neuen Vorwerk; das Pfaffenholz zwischen Purschenstein und Cämmerswalde; und endlich viele kleinere Waldstücken ohne besondere Namen.

[81]
Purschenstein.
(Fortsetzung.)


Mehrere Jäger, welche die Aufsicht in diesen Waldungen führen, stehen unter dem Forstschreiber und dem Rentbeamten.

Die Jagd, die sehr bedeutend ist, wurde Purschenstein erst im Jahre 1814 verliehen.

Ein ferneres Zubehör des Gutes sind eine grössere Menge kleinerer Teiche, sowie die grosse untere Mühle in Neuhausen.

Die Zahl der Mühlen ist überhaupt auf der Herrschaft sehr gross, denn schon vor dreissig Jahren gab es auf dem ganzen Gebiete 28 Mahlmühlen.

Die Oekonomie, die in neuerer Zeit sehr bedeutend verbessert und daher auch im Ertrage erhöht worden ist, wird von 5 verschiedenen Orten, theils pachtweise, theils in eigenem Betriebe, versehen; diese Orte sind: 1) das Schloss, d. h. die bei demselben liegenden Wirthschaftsgebäude; 2) das grosse Vorwerk oder der Zuckerhof, ½ Stunde nördlich von dem Schlosse gelegen; 3) das neue Vorwerk, ¼ Stunde von Sayda; 4) das Vorwerk oder der Hof in Heydersdorf, der von Purschenstein beinahe eine Stunde entfernt liegt; 5) das Bad bei Heidelberg (oder Einsiedel), welches jedoch nur geringe Oekonomie hat, die gewöhnlich zusammen mit der von Heydersdorf verpachtet wird.

Als integrirende Theile der Oekonomie müssen die Brauerei und die Brennerei erwähnt werden, sowie zwei Kalköfen, die eine Viertelstunde nördlich von dem Gute liegen und deren Erzeugniss grösstentheils zur Verbesserung des Bodens bestimmt ist.

Das Schloss Purschenstein ist 1¼ Stunde von der böhmischen Grenze entfernt, und liegt 2 Stunden ostnordöstlich von Katharinenberg, 7 Stunden südlich von Freiberg, 1⅛ Stunde südlich von Sayda, 2 Stunden ostnordöstlich von Olbernhau, unter 50° 40⅔’ der Breite und 31° 75’ der Länge, gegen 1700 Fuss über der Meeresfläche. Es ist, wie bereits oben erwähnt, eines der ältesten in ganz Sachsen, obgleich man ihm dies in seiner jetzigen Beschaffenheit nicht mehr ansieht, denn mehrmals eingeäschert, niedergebrannt, wieder aufgebaut und wieder zerstört, ist es gegenwärtig ein neueres Gebäude, dessen älteste Theile nicht über das 16. Jahrhundert zurückgehen.

Es hat ein grosses Hauptgebäude mit zwei Seitenflügeln und drei kleinere Nebengebäude. Das Hauptgebäude, der älteste Theil, ist drei Etagen hoch und 12 Fenster breit. Es mangelt demselben zwar an Symetrie, indess mag es immerhin seiner Zeit als Prachtbau betrachtet worden sein. Die Seitenflügel, jeder 35 Ellen lang, aber von sehr geringer Tiefe, sind erst im vorigen Jahrhundert angebaut worden; der nördliche enthält sehr schön möblirte Zimmer, der südliche die Schlosskapelle, die zugleich als Archiv dient. Sie ist ganz als kleine Kirche eingerichtet, mit Logen und zwei Emporkirchen und sehr freundlich decorirt. Sie hat 9 Fenster, welche durch zwei Etagen gehen.

Der Berg, auf dem das Schloss steht, ist ein aus grauem Granit bestehendes Vorgebirge. Er steigt von der rechten Seite des Flöhethales sanft an, senkt sich aber auf den drei andern Seiten schroff ab, und seinen höchsten Gipfel krönt das Schloss.

Der Pastor von Neuhausen muss auf Verlangen der Herrschaft in dieser Kirche den Gottesdienst halten, ist dazu jedoch nur an Wochentagen verpflichtet. Uebrigens wird er ausser am Johannistage, nur in grossen Zwischenräumen an diese Pflicht gemahnt, für deren Erfüllung er eine regelmässige Zulage erhält und überdies den Titel als Schlossprediger führt. Erbauer dieser Kapelle war 1789 der damalige Besitzer von Purschenstein, Geheimerath, General-Postmeister und Johanniterritter Adam Rudolph von Schönberg. Eine aus älterer Zeit stammende, und seitdem zu anderen Zwecken verwendete Schlosskapelle war baufällig geworden. Von eben diesem Erbauer wurde auch im Schlossgarten eine Familiengruft errichtet.

Unter der Kapelle befindet sich das Wasserhaus, in welches das Wasser durch ein Kunstwerk gehoben wird, und der Thurm hat eine Schlaguhr. Ausser dem Kapellenthurme hat das Schloss auch einen neuen Thurm, sowie einen dritten, dessen unterer Theil uralt und wahrscheinlich das einzige Ueberbleibsel von der ursprünglichen Begründung des Schlosses ist. Er wurde in seinem obern Theile renovirt, und hat eine Höhe von 70 Ellen. Alle drei Thürme geben dem Schlosse aus der Ferne ein stattliches und imposantes Ansehen; in der Nähe wird dies freilich dadurch vermindert, dass das Schloss mit Schindeln gedeckt ist.

Am 30. August 1800 wurde das Schloss von einem Blitzstrahle getroffen, der, ohne zu zünden, eine gewaltige Zerstörung in einer Menge von Zimmern anrichtete und mehrere Personen betäubte, von denen die eine in Folge dessen taub blieb. Um vor grösserem Unglück durch solch einen himmlischen Boten für die Zukunft bewahrt zu sein, liess der damalige Besitzer das Schloss 1801 mit einem Blitzableiter versehen, der den Feuerzungen, die etwa Lust hätten, auf das Schloss zu stürzen, zur Abwehr sechs Fangspitzen entgegenstreckt.

Das Schloss wird durch einen tiefen Graben von dem Schlossgarten getrennt, der sehr gefällig angelegt ist, und durch ein grosses Treibhaus [82] geschmückt wird, welches in einem obern Stockwerke mehrere Zimmer und einen grossen altmodisch decorirten Saal hat.

Das Schloss, welches schon im 13. Jahrhundert mehrfach genannt wird, soll der Sage nach von einem böhmischen Ritter, Namens Borso von Riesenburg (Rysinborg), erbaut worden sein. Einige leiten davon den Namen Purschenstein ab, während Andere aus dem Namen Pyrsenstein (Jagdschloss) den Purschenstein in älterer Zeit ebenfalls führte, einen andern Ursprung herleiten wollen. Indess verdient die Annahme, dass Borso von Rysinborg der Erbauer, oder wenigstens einer der ersten Besitzer von Purschenstein gewesen sei, allerdings viel Glauben; denn die Kaufurkunde eines Grundstückes in Dittersdorf legt dem Käufer die Verpflichtung auf, an das Kloster Osseg bei Riesenburg (Dux) in Böhmen eine Wachskerze zu entrichten; ferner heisst ein Weg, der durch den Wald gegen die Grenze führt, noch jetzt der Riesenburger Weg, es lässt sich daher kaum bezweifeln, dass Purschenstein in irgend einer näheren Verbindung mit der Riesenburg stand, deren in der Nähe von Osseg, in dem Saatzer Kreise Böhmens, 2 Stunden von Purschenstein gelegene Ruine noch jetzt von ihrer ehemaligen Grösse zeugt. Auch ist es erwiesen, dass die Familie Rysinborg oder Riesenburg längere Zeit hindurch, und schon im 13. Jahrhunderte, im Besitz von Purschenstein war.

Gegen die Annahme, dass jener Borsse oder Borso der Erbauer gewesen sei, streiten aber die Angaben Kreysigs, dass schon vor den Rysinborgs ein anderes böhmisches Rittergeschlecht, die von Schlanke, im Besitz von Purschenstein gewesen sein soll.

Die erste vollkommen zuverlässige Nachricht über Purschenstein findet sich bei Gelegenheit der Streitigkeiten Heinrichs des Erlauchten über die böhmische Erbfolge. Heinrich wird hier nehmlich dafür, dass er seine Ansprüche auf die Allodialerbschaft des Herzogs von Oesterreich aufgab, von Ottokar von Böhmen durch Purschenstein und Sayda, welche damals der Krone Böhmen gehörten, entschädigt. Dies war im Jahre 1250; indess muss bald wieder eine Aenderung eingetreten sein, von der die Geschichte nichts erwähnt, denn 1289 wurden Purschenstein und Sayda, letzteres damals wichtige böhmische Grenzfestung und wichtige Handelsstadt, als Besitz der Familie von Rysinborg, abermals an den Markgrafen von Meissen abgetreten.

Im 14. Jahrhundert kam die Familie Schönberg in den Besitz der Herrschaft Purschenstein und der Stadt Sayda, verkaufte die Herrschaft aber bald wieder, und es wechselten darauf im Besitz mehrmals die Geschlechter; denn 1324 wird ein Herr von Berga oder Bergau als Besitzer genannt, dann wieder ein Rysenburg; darauf seit 1351 der Meissener Burggraf Meinherr mit seinen Vettern, bis endlich 1429 Seyfried von Schönberg mit Purschenstein und Sayda belehnt wurde, worauf die Herrschaft ununterbrochen in dem Besitze seines Geschlechtes blieb.

Die Schönberge, von denen ein Hauptast der Purschensteinsche ist, von welchem mehrere Seitenzweige entsprossten, besassen ausser Purschenstein zu verschiedenen Zeiten auch noch die wichtigen Herrschaften Stollberg, Frauenstein, Sachsenburg, Kriebenstein u. a. und obgleich das Geschlecht noch jetzt hochangesehen und reich begütert ist, so stand es dennoch im 16. Jahrhundert in seiner höchsten Blüthe.

Purschenstein war noch 1463 mit Pfaffroda combinirt, und im Besitz der Brüder Bernhardt und Caspar von Schönberg; Ersterer war Statthalter (Gouverneur) in Dresden, und Letzterer Landvoigt und Marschall des Herzogs Albrecht, mit dem er in das gelobte Land zog, wobei er auf der Rückreise auf der Insel Rhodus starb.

Nach der Behauptung eines übrigens nicht sehr zuverlässigen Schriftstellers (Albinus) soll es einst, (aber wann?) auch Burggrafen von Purschenstein und Sayda gegeben haben, und Purschenstein schon 1299 unter den Orten genannt worden sein, welche Markgraf Friederich dem Könige Wenzel von Böhmen zum Kauf oder Tausch anbot. Eben diese Quelle nennt auch als nächstfolgende Besitzer die Herren von Bergaw, während Andere sie Staremberg nennen.

Auch diese Angabe ist übrigens nicht ganz ohne Grund, denn im Altenburger Archiv befindet sich ein Dokument, durch welches Otto von Berga ein früheres bestätigt, wonach Otto und Otto von Berga Purschenstein und Sayda an den Markgrafen von Meissen versetzten, und sich breit erklärten, es auf Verlangen an die von Schönberg übergeben zu wollen.

Ebenfalls in dem Altenburger Archive befindet sich auch ein anderes Dokument eines Asche (Ascanius) von Schönberg auf Purschenstein. 1369 war erwiesener Besitzer von Purschenstein Caspar von Schönberg und es wird dadurch die Glaubwürdigkeit jenes Dokumentes von 1351 sehr in Zweifel gestellt.

Abgesehen von der Geschichte der Herrschaft Purschenstein ist auch die des Schlosses nicht ohne mannigfache Ereignisse und Schicksale.

Am 6. August 1638 wurde Purschenstein (und Neuhausen) von einem beutesüchtigen Haufen Kroaten, dem sich mehrere junge Bürger aus Brix in Böhmen angeschlossen hatten, überfallen und ausgeplündert. Nachdem die wilde Horde viel Schandthaten verübt hatte, zog sie mit reicher Beute und das gestohlene Vieh vor sich hertreibend, wieder ab. Doch im Walde bei Einsiedel griff der Förster Georg Kaden, der mehrere beherzte Leute um sich gesammelt hatte, sie unerwartet an, um ihnen die Beute wieder abzujagen. Aber der Tapfere fiel, von mehreren Kugeln getroffen, und seine Gefährten ergriffen die Flucht.

In den Jahren 1640 und 1641 erhielt Purschenstein ebenfalls Besuche feindlicher Truppen und litt durch dieselben grössern oder geringeren Schaden.

Im Jahre 1643 wurde es abermals überfallen, diesmal durch die schwedischen Truppen unter General Wittenberger, die einen grossen Theil der Wirthschaftsgebäude niederbrannten und eine Besatzung von 40 Mann in das Schloss legten. Diese geringe Besatzung hatte im Januar eine förmliche Belagerung der Kaiserlichen unter dem Rittmeister Spohr auszuhalten, aber sie wehrte sich so tapfer, dass die Angreifer wieder abziehen mussten, wobei sie aus Rache die noch stehen gebliebenen Wirthschaftsgebäude und die Schösserei niederbrannten.

Im Januar 1646 diente das Schloss Purschenstein als Zufluchtsstätte [83] für viele Unglückliche, die vor den Schweden unter Wrangel geflüchtet waren. Für den ersten Augenblick entging es zwar einem Angriffe, allein auf der Rückkehr statteten die Schweden am 17. Januar einen Besuch ab, und steckten das obere Gebäude des Schlosses in Brand.

Während des siebenjährigen Krieges standen im Januar des Jahres 1760 die kaiserlichen Vorposten in Purschenstein und dessen nächster Umgegend, und spielten der bedrängten Besitzung arg mit; seitdem aber blieb Purschenstein von dergleichen ungebetenen und[WS 2] unwillkommenen Gästen verschont. Das Feuer jedoch suchte Purschenstein am 6. Januar 1841 heim; es brannten die Wirthschaftsgebäude nieder, die darauf durch schönere neue ersetzt wurden.

Der Besitzer von Purschenstein ist Collator der sämmtlichen Pfarr- und Schulstellen der Herrschaft, und zwar über beide Pfarrämter, das Rectorat und das Cantorat zu Sayda, über die Pfarrstellen zu Neuhausen, Cämmerswalde, Clausnitz und Deutschneudorf, über das neuere Diakonat zu Neuhausen und endlich über 9 Landschullehrerstellen. Sämmtliche Paroechien gehören zur Frauensteiner Adjunctur der Inspection Freiberg.

Der Ort Purschenstein besteht aus mehreren Häusergruppen‚ die an der Freibergisch-Böhmischen Strasse liegen und an einem kleinen Bache, dessen Thal ziemlich tief und in der untern Hälfte, d. h. gegen das Schloss zu, recht angenehm ist. Der Ort, dessen Bewohner keinen Hufenbesitz haben, ist gut gebaut und hat meistens grosse und nette Häuser. Seine Bewohner, die keine eigene Gemeinde bilden, halten sich zu der von Neuhausen, wohin sie auch zur Kirche gehen.

A.     



Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: endlieh
  2. Vorlage: ud