Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Gautzsch

Textdaten
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Autor: Otto Moser
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Titel: Gautzsch
Untertitel:
aus: Leipziger Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band I, Seite 37–38
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
Kurzbeschreibung:
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Gautzsch.


Das uralte von den Sorben erbaute Dorf Gautzsch mit seinem stattlichen Rittergute liegt zwischen Leipzig und Zwenkau, nicht weit von der Mündung des Flossgrabens am östlichen Rande der wald- und wiesenreichen Elsteraue, und wird wegen seiner angenehmen Lage und eines trefflichen Gasthofes von den Leipzigern häufig besucht. Ausser dem Rittergute besteht der Ort aus vierundzwanzig Gütern und etwa funfzig Häusern mit circa 450 Einwohnern, die zum Theile in dem nahen Leipzig Beschäftigung finden oder bei der Landwirthschaft thätig sind.

Das Rittergut ist durch verschiedene hinzugekaufte Güter ziemlich stark geworden und besitzt vortreffliche Waldungen, eine Ziegelscheune, Jagd und Gerichtsbarkeit, sowie die in früheren Zeiten vielgeltende Fasaneriegerechtsame. Die Gebäude des Gutes befinden sich in sehr gutem Zustande und haben einen bedeutenden Umfang, auch ist hier ein grosser hübscher Garten.

Wie schon erwähnt, ist Gautzsch ein sehr alter von den einst in hiesiger Gegend hausenden Slaven angelegter Ort, doch ist es ein Irrthum, wenn verschiedene Geschichtsschreiber ihn für das Cothug, Cotowe oder Cothuh halten, welches Kaiser Otto II. im Jahre 973 dem Merseburger Bisthum schenkte. Wäre Gautzsch dieser Ort gewesen, so musste es bei der Theilung des Bisthums, 981, an das Bisthum Zeitz kommen, während Cothug unter den Ortschaften aufgeführt wird, die an das Bisthum Magdeburg fielen. Dieses Cothug war vermuthlich das Dorf Gotha bei Eilenburg. In den frühesten Zeiten wurde Gautzsch Kussatz und Kutzschatz geschrieben und noch im siebzehnten Jahrhundert kommt es urkundlich unter dem Namen Kautzschitz vor, auch war die Schreibart Gautschitz gewöhnlich, wie eine Handschrift des Pastor Stollberg vom Jahre 1630 beweist. Vor dem funfzehnten Jahrhundert scheint Gautzsch Eigenthum des Thomasklosters in Leipzig gewesen zu sein, wenigstens übte dasselbe hier bedeutende Gerechtsame aus. Von den adeligen Besitzern war der erste, historisch nachzuweisende, Ritter Nickel Pflugk, Dam Pflugks auf Grosszschocher ältester Sohn, der wegen seiner Tapferkeit nur der eiserne Pflugk genannt wurde. Er stand bei dem Churfürsten Friedrich dem Sanftmüthigen in hohen Gnaden und leistete ihm viele und wichtige Dienste. Während der Belagerung Gera’s durch den Herzog Wilhelm von Thüringen schickte der Churfürst Friedrich die beiden Ritter, Nickel Pflugk und Kunz von Kaufungen, mit einem Geschwader gepanzerten Reiter der bedrängten Stadt zu Hülfe, dieses konnte jedoch dem furchtbaren Angriffe des Böhmischen Fussvolks, welches Herzog Wilhelm in seine Dienste genommen hatte, nicht widerstehen, sondern wurde über den Haufen geworfen und in die Flucht geschlagen, Pflugk und Kaufungen aber mussten sich nach tapferer Gegenwehr den Böhmen gefangen geben, und Jeder 4000 Gülden Lösegeld zahlen. Da Nickel Pflugk als des Churfürsten Lehnsmann, Kunz von Kaufungen aber als Söldner die Anführung der Panzerreiter übernommen hatten, erstattete der Churfürst nur Ersterem das gezahlte Lösegeld zurück, worüber Kaufungen so entrüstet wurde, dass er dem Churfürst Rache schwur und nach bald darauf erfolgter Entziehung seiner ihn auf Zeit überlassenen Güter Kriebstein und Schweikershain dieselbe durch den bekannten Prinzenraub zu vollführen suchte. – Nickel Pflugk war im Jahre 1450 Amtshauptmann zu Leipzig, Borna und Groitzsch; und seine Gemahlin, Anna von Schleinitz, gebar ihm drei Söhne, von denen Andreas das Rittergut Gautzsch bis in die Mitte des sechszehnten Jahrhunderts besass. Er starb 1543 und wurde in die Kirche zu Knauthain begraben, wo sein Leichenstein noch in neuerer Zeit zu sehen war.

Nach Andreas Pflugks Tode kam Gautzsch an dessen Sohn, Dam Pflugk, einen sehr gelehrten Mann, den der Kaiser Ferdinand I. an seinen Hof zog, ihn zum kaiserlichen Rathe ernannte und mit Ehren und Gnadenbezeigungen überhäufte. Da der Kaiser ihm mehrere Güter in Böhmen geschenkt hatte, so liess sich Dam Pflugk daselbst nieder und trat seine Sächsischen Güter an Valentin Pflugk, seinen jüngsten Bruder, ab, welcher mit einem Fräulein von Schönberg vermählt war, die ihm zwei Söhne schenkte. Diese beiden Söhne starben noch vor dem Vater und die Güter fielen nach Valentins Tode an Otto von Dieskau, der sich im Jahre 1593 mit Elisabeth Pflugk, aus dem Hause Frauenhain, vermählte. Ihm folgte im Besitze des Rittergutes Gautzsch Geissler von Dieskau, von dem es an Otto von Dieskau Churfürstlich Sächsischen Kammerherrn und Viceoberhofrichter sowie Obersteuereinnehmer in Leipzig überging, der 1683 in der Kirche zu Gautzsch begraben wurde. Nach ihm gehörte Gautzsch dem Churfürstlichen Kammerrath und Baumeister Wolfgang Jöcher, welcher viel für Gautzsch gethan hat. Er erbaute die noch jetzt stehende Kirche, die Mühle, den grossen Gasthof und die Wirthschaftsgebäude des Edelhofs, legte neue Fröhnerhäuser an, unternahm eine bedeutende Reparatur des Herrenhauses, und schuf einen prachtvollen Garten. Von Jöcher gelangte Gautzsch 1728 durch Kauf an den Rathsherrn und Kaufmann Theodor Oertel in Leipzig, welcher im Jahre 1734 in hohem Alter mit Tode abging, und das Gut seinem einzigen Sohne, dem Hof- und Justizrath, Oberhofgerichtsassessor und Rathsherrn Dr. Friedrich Benedikt Oertel, hinterliess, der 1748 starb. Seine Söhne veräusserten 1795 Gautzsch an den Kaufmann Johann Christoph Richter auf Rüben, von dem es jedoch schon 1799 durch Kauf an den Bergrath Herrn Johann Zacharias Schmidt gelangte. [38] Nach ihm besass das Gut ein Kauf- und Handelsherr Weber, seit 1837 aber ist es Eigenthum des Herrn Heinrich Ludwig Kabisch, Freiherrn von Lindenthal.

Gautzsch hat in den Kriegen der vorigen Jahrhunderte traurige Schicksale erlitten. So wurde es z. B. im Jahre 1632 von den Schweden geplündert und niedergebrannt, 1706 aber verwüsteten die Schweden den Ort abermals und raubten den Einwohnern alle fortzuschleppenden Habseligkeiten und das Vieh. Von der 1641 in fast allen umliegenden Ortschaften herrschenden Pest blieb Gautzsch verschont, doch wurde es 1680 von einer Krankheit heimgesucht, deren Symptome Aehnlichkeit mit denen unserer Cholera zeigten. Es wurde damals ein besonderer Pestilenzkirchhof angelegt, doch scheint die Sterblichkeit in Gautzsch nicht eben stark gewesen zu sein. Im Jahre 1682 zeigte sich eine sehr gefährliche Seuche unter dem Rindvieh, welche man den giftigen Krebs nannte. Nach dem Aberglauben der damaligen Zeit hatten zwei Hexenmeister aus der Schweiz auf den Dörfern in Leipzigs Umgegend die Krankheit angerichtet, welche in vierundzwanzig Stunden zwei Meilen in die Länge und vier Meilen in die Breite sich ausdehnte. Einer dieser Tausendkünstler, ein verlaufener Kapuzinermönch, wurde in Leipzig verhaftet und auf die Folter geworfen, wo ihn die Marter zu dem Geständniss brachte, dass das Viehsterben über ganz Deutschland sich verbreiten würde; zugleich aber gab er auch den Rath, man solle dem kranken Vieh die Giftblattern mit einer silbernen Nadel ritzen und ein gewisses Pulver einstreuen, so würde das Thier genesen. Ob das angebene Heilmittel sich bewährte, ist nicht zu ermitteln, der Zauberer aber starb am Galgen.

Die Kirche zu Gautzsch, eine der schönsten Dorfkirchen der Leipziger Inspektion, stand bis zur Reformation unter der Oberaufsicht des Bischofs von Merseburg und das Thomaskloster zu Leipzig, welches bereits 1271 die Patronatsrechte ausübte, besetzte das Pfarramt mit seinen Couventualen. Im Jahre 1518 weihte Bischof Adolf von Merseburg einen neuen Altar. Die jetzige Kirche erbaute 1717 der Kammerrath Jöcher, sie wurde am Reformationsfeste durch den Ortspfarrer Bossek eingeweiht, und ein Jahr später sammt dem Thurme völlig ausgebaut. Bei dem furchtbaren Wetter, welches am 10. Juli 1733 in der ganzen Gegend schreckliche Verwüstungen anrichtete, schlug der Blitz in die Kirche, und beschädigte Glockenstuhl und Altar. In den Jahren 1734 und 1816 wurde sie durch nächtlichen Einbruch bestohlen. Der Pfarrer besitzt ausser dem Pfarrhause zu Gautzsch auch noch eines in Zöbigker; beide Pfarrgüter enthalten 67 Acker Feld, 22¼ Acker Holz und 14 Acker Wiese. Nach Gautzsch sind eingepfarrt das Gut Raschwitz, das Dorf Oetzsch, das Gut Kospuden und das Schloss Lauer, mit zusammen ungefähr 500 Personen. Zöbigker hat eine Tochterkirche. – Im Jahre 1627 ward die Pfarrwohnung zu Gautzsch mit allen dazu gehörigen Gebäuden ein Raub der Flammen, wodurch die ältesten Kirchenbücher der Vernichtung anheim fielen.

Das alte Schloss Lauer liegt etwa eine Viertelstunde von Gautzsch am Saume des Waldes, und besteht aus einem festen mit Wall und Graben verwahrtem Viereck, über welches früher ein Thurm hervorragte, der in neuerer Zeit wegen Baufälligkeit zum Theil abgetragen werden musste. Das Schloss besassen in den ältesten Zeiten die Herren von Pflugk, welche es, nach der über dem Thore befindlichen Jahrzahl 1552 zu urtheilen, damals renoviren liessen. Zur Lauer gehören eine Anzahl Oekonomiegebäude, die ebenfalls von dem Wallgraben umschlossen sind, nebst einer Ziegelei, und ausserdem das Dorf und Beigut Knautkleeberg, welches in die Kirche zu Knauthain eingepfarrt ist. Von den Pflugken kam Lauer zu Anfang des sechszehnten Jahrhunderts an Otto von Dieskau, von diesem an Hans von Dieskau, der 1642 starb, und alsdann an Heinrich von Dieskau, welcher es seinem Sohne Otto Friedrich von Dieskau abtrat, der ein sehr frommer Mann und Priesterfreund war und das Gut seinem Schwiegersohne Johann Adolf von Ponikau überliess. Dieser fand 1721 in der Kirche zu Gautzsch seine letzte Ruhestätte und dessen Wittwe trat das Schloss Lauer 1727 an Jacob Eckhard von Wobbeser, Landeshauptmann der Oberlausitz, ihren Schwiegersohn, und Otto Friedrich von Ponikau, Major der Sächsischen Garde du Corps, ihren Sohn zu gleichen Theilen ab, welche Herren das Gut jedoch schon 1729 an die Reichsgräfin Agnes von Manteuffel verkauften. Später gelangte Lauer an die Grafen von Hohenthal auf Knauthain, denen es noch jetzt gehört. Das Gut Lauer hat nebst trefflichen Feldern auch schönes Holz, und ist jetzt blos von dem zur Oekonomie und Forstverwaltung gehörigen Personal bewohnt.

Otto Moser, Redact.