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Nach ihm besass das Gut ein Kauf- und Handelsherr Weber, seit 1837 aber ist es Eigenthum des Herrn Heinrich Ludwig Kabisch, Freiherrn von Lindenthal.

Gautzsch hat in den Kriegen der vorigen Jahrhunderte traurige Schicksale erlitten. So wurde es z. B. im Jahre 1632 von den Schweden geplündert und niedergebrannt, 1706 aber verwüsteten die Schweden den Ort abermals und raubten den Einwohnern alle fortzuschleppenden Habseligkeiten und das Vieh. Von der 1641 in fast allen umliegenden Ortschaften herrschenden Pest blieb Gautzsch verschont, doch wurde es 1680 von einer Krankheit heimgesucht, deren Symptome Aehnlichkeit mit denen unserer Cholera zeigten. Es wurde damals ein besonderer Pestilenzkirchhof angelegt, doch scheint die Sterblichkeit in Gautzsch nicht eben stark gewesen zu sein. Im Jahre 1682 zeigte sich eine sehr gefährliche Seuche unter dem Rindvieh, welche man den giftigen Krebs nannte. Nach dem Aberglauben der damaligen Zeit hatten zwei Hexenmeister aus der Schweiz auf den Dörfern in Leipzigs Umgegend die Krankheit angerichtet, welche in vierundzwanzig Stunden zwei Meilen in die Länge und vier Meilen in die Breite sich ausdehnte. Einer dieser Tausendkünstler, ein verlaufener Kapuzinermönch, wurde in Leipzig verhaftet und auf die Folter geworfen, wo ihn die Marter zu dem Geständniss brachte, dass das Viehsterben über ganz Deutschland sich verbreiten würde; zugleich aber gab er auch den Rath, man solle dem kranken Vieh die Giftblattern mit einer silbernen Nadel ritzen und ein gewisses Pulver einstreuen, so würde das Thier genesen. Ob das angebene Heilmittel sich bewährte, ist nicht zu ermitteln, der Zauberer aber starb am Galgen.

Die Kirche zu Gautzsch, eine der schönsten Dorfkirchen der Leipziger Inspektion, stand bis zur Reformation unter der Oberaufsicht des Bischofs von Merseburg und das Thomaskloster zu Leipzig, welches bereits 1271 die Patronatsrechte ausübte, besetzte das Pfarramt mit seinen Couventualen. Im Jahre 1518 weihte Bischof Adolf von Merseburg einen neuen Altar. Die jetzige Kirche erbaute 1717 der Kammerrath Jöcher, sie wurde am Reformationsfeste durch den Ortspfarrer Bossek eingeweiht, und ein Jahr später sammt dem Thurme völlig ausgebaut. Bei dem furchtbaren Wetter, welches am 10. Juli 1733 in der ganzen Gegend schreckliche Verwüstungen anrichtete, schlug der Blitz in die Kirche, und beschädigte Glockenstuhl und Altar. In den Jahren 1734 und 1816 wurde sie durch nächtlichen Einbruch bestohlen. Der Pfarrer besitzt ausser dem Pfarrhause zu Gautzsch auch noch eines in Zöbigker; beide Pfarrgüter enthalten 67 Acker Feld, 22¼ Acker Holz und 14 Acker Wiese. Nach Gautzsch sind eingepfarrt das Gut Raschwitz, das Dorf Oetzsch, das Gut Kospuden und das Schloss Lauer, mit zusammen ungefähr 500 Personen. Zöbigker hat eine Tochterkirche. – Im Jahre 1627 ward die Pfarrwohnung zu Gautzsch mit allen dazu gehörigen Gebäuden ein Raub der Flammen, wodurch die ältesten Kirchenbücher der Vernichtung anheim fielen.

Das alte Schloss Lauer liegt etwa eine Viertelstunde von Gautzsch am Saume des Waldes, und besteht aus einem festen mit Wall und Graben verwahrtem Viereck, über welches früher ein Thurm hervorragte, der in neuerer Zeit wegen Baufälligkeit zum Theil abgetragen werden musste. Das Schloss besassen in den ältesten Zeiten die Herren von Pflugk, welche es, nach der über dem Thore befindlichen Jahrzahl 1552 zu urtheilen, damals renoviren liessen. Zur Lauer gehören eine Anzahl Oekonomiegebäude, die ebenfalls von dem Wallgraben umschlossen sind, nebst einer Ziegelei, und ausserdem das Dorf und Beigut Knautkleeberg, welches in die Kirche zu Knauthain eingepfarrt ist. Von den Pflugken kam Lauer zu Anfang des sechszehnten Jahrhunderts an Otto von Dieskau, von diesem an Hans von Dieskau, der 1642 starb, und alsdann an Heinrich von Dieskau, welcher es seinem Sohne Otto Friedrich von Dieskau abtrat, der ein sehr frommer Mann und Priesterfreund war und das Gut seinem Schwiegersohne Johann Adolf von Ponikau überliess. Dieser fand 1721 in der Kirche zu Gautzsch seine letzte Ruhestätte und dessen Wittwe trat das Schloss Lauer 1727 an Jacob Eckhard von Wobbeser, Landeshauptmann der Oberlausitz, ihren Schwiegersohn, und Otto Friedrich von Ponikau, Major der Sächsischen Garde du Corps, ihren Sohn zu gleichen Theilen ab, welche Herren das Gut jedoch schon 1729 an die Reichsgräfin Agnes von Manteuffel verkauften. Später gelangte Lauer an die Grafen von Hohenthal auf Knauthain, denen es noch jetzt gehört. Das Gut Lauer hat nebst trefflichen Feldern auch schönes Holz, und ist jetzt blos von dem zur Oekonomie und Forstverwaltung gehörigen Personal bewohnt.

Otto Moser, Redact.     



Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/052&oldid=- (Version vom 21.5.2018)