Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Gaschwitz

Textdaten
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Titel: Gaschwitz
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aus: Leipziger Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band I, Seite 61–62
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Gaschwitz.


Das Rittergut Gaschwitz liegt in der freundlichen Pleissenaue, zwei Stunden von Leipzig entfernt, dicht an der vorüberführenden Sächsisch-Bairischen Eisenbahn und nicht weit von dem Saume des weitausgedehnten Harthwaldes. Es ist von einem wohlgebauten hübschen Dorfe umgeben, in dem sich dreiundzwanzig Güter und Hausgrundstücken befinden, deren Einwohnerschaft etwa zweihundert Köpfe beträgt. Die Gaschwitzer Fluren rainen mit Debitzdeuben, Grossdeuben, Städteln und in der Aue auch mit Cröbern, weshalb Theile derselben nicht selten Ueberschwemmungen der Pleisse ausgesetzt sind. Das Rittergut, von dem linken Pleissenufer durch einige Teiche getrennt, hat eine ziemlich bedeutende und trefflich geführte Oekonomie nebst Ziegelei und ist seit Jahrhunderten mit dem hart an Grossdeuben angrenzenden Debitzdeuben vereinigt. Durch dieses Beigut steht dem Besitzer des Rittergutes Gaschwitz das Patronatsrecht über die Kirche zu Grossdeuben zu. Es ist nicht zu bezweifeln, dass einst die vier Dörfer Grossdeuben, Debitzdeuben, Kleindeuben (auch Probstdeuben genannt) und Gaschwitz zusammengehörten, bei einer Theilung oder einem Verkaufe aber der Herr auf Gaschwitz und Debitzdeuben sich die Kirchenlehn vorbehielt. Uebrigens ist die Kirche zu Grossdeuben eine Filial- oder vielmehr Schwesterkirche von Grossstädteln, und mit der Besetzung des dasigen Pfarramts wechselt der Herr auf Gaschwitz mit dem auf Grossstädteln ab.

Gaschwitz, wie fast alle in hiesiger Gegend gelegenen Ortschaften, ist Slavischen Ursprungs, folglich ein uraltes Dorf. Im dreizehnten Jahrhundert [62] werden urkundlich einigemale Edelleute des Namens „von Gaschwitz“ genannt, die höchst wahrscheinlich auf dem hiesigen Gute hausten, und um das Jahr 1390 lebte ein Reinhold von Gaschwitz zu Halle als städtischer Waffenmeister oder Soldhauptmann. Im funfzehnten Jahrhundert gehörte Gaschwitz den Pflugken, dieser alten, reichen und mächtigen Familie, welcher, ausser vielen andern Besitzungen, rings um Leipzig die meisten Rittergüter gehörten. Mit dem Ende des sechszehnten Jahrhunderts begann der Wohlstand der Pflugke zu schwinden und ihre Güter befanden sich zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts grösstentheils in anderer Hand. Gaschwitz gehörte 1616 dem Junker Jobst Brand von Lindau von dem es an seinen Sohn Hans Friedrich Brand von Lindau überging. Dieser war Fürstlich Magdeburgischer Kammerrath und Amtshauptmann der Aemter Wolmirstädt, Wanzleben und Treuleben, vermählte sich mit Elisabeth von Bodenhausen aus dem Hause Ostrau, und starb zu Halle am 28. Januar 1667. Seine Wittwe lebte auf dem Schlosse zu Gaschwitz, und wurde am 22. Juni 1694 in der Kirche zu Grossdeuben beigesetzt, wo ihr Epitaphium noch vorhanden ist.

Auf die Brande von Lindau folgte als Besitzer von Gaschwitz und Debitzdeuben Volkmar Friedrich von Zehmen, ein Sohn Georg Oswalds von Zehmen, der indessen das Gut nur sehr kurze Zeit besass, indem er 1702 es an Georg Friedrich von Hopfgarten, königlich Polnischen und churfürstlich Sächsischen Generalmajor und Kommandanten der Festung Pleissenburg zu Leipzig verkaufte. Dieser Herr liess die Kirche zu Grossdeuben 1716 neu aufführen; in demselben Jahre aber veräusserte er Gaschwitz an den Protonotarius des Oberhofgerichts zu Leipzig, Benjamin Magen aus Greussen in Thüringen, welcher am 6. September 1722 zu Leipzig starb und zwei Söhne hinterliess, von denen der ältere, Heinrich Magen, Juris utriusque Candidatus, das Gut übernahm und am 24. Juli 1737 mit Tode abging, worauf Gaschwitz im Besitz seines Bruders, Dr. Ludwig Magens, Rechtskonsulenten in Leipzig, kam. Von ihm wird gesagt, dass er durch sein holdseliges Wesen die Herzen seiner Unterthanen ungemein an sich gezogen und durch seine gute Wirthschaft das Rittergut trefflich angebracht und mit vielen Kosten das hiesige Herrenhaus splendid ausputzen, auch besonders den Garten auf das Schönste einrichten lassen. Dr. Ludwig Magen starb als Hof- und Justizrath um das Jahr 1780. Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts gehörte Gaschwitz mit Debitzdeuben dem Fräulein Emilie von Leyser und später der Familie Aster. Derzeitiger Besitzer ist Herr Domherr Dr. Friederici zu Leipzig.

Gaschwitz mit Debitzdeuben, Grossdeuben und Kleindeuben sind in die Kirche zu Grossdeuben eingepfarrt. Der General und Festungskommandant Georg Friedrich von Hopfgarten liess 1716 das uralte baufällige Kirchlein abbrechen und an dessen Stelle das noch jetzt stehende geräumige und freundliche Gotteshaus errichten. Dasselbe empfängt sein Licht durch neun Bogenfenster und ist mit einem geschmackvollen Thurme verziert. Mit der neuen Kirche entstand auch zu gleicher Zeit zu Grossdeuben eine besondere Pfarrwohnung nebst Scheune und Stallgebäuden; da jedoch der Pfarrherr seinen Wohnsitz in Grossstädleln hat, so wurde die Pfarre mit den dazugehörigen Grundstücken verpachtet. Bis zum Jahre 1715 musste der Glöckner zu Grossdeuben, der später unter dem Namen eines Schulmeisters im Consistorium confirmirt ward, die jüngeren Kinder im Katechismus und Schreiben unterrichten, während die grösseren die Schule in Städteln besuchten. Durch einen von den Kirchenpatronen – dem General von Hopfgarten auf Gaschwitz und dem Obersten von Lüttichau auf Grossstädteln – getroffenen und vom Consistorium bestätigten Vergleich, geschah die Absonderung des Schuldienstes von der Schullehrerstelle zu Grossstädteln am 27. März 1715, und dem bisherigen Glöckner und nunmehrigen Schulmeister lag zugleich auch die Pflicht ob, in der Kirche zu Grossdeuben die Betstunden abzuhalten. – Bei einem am 28. Januar 1715 im Pfarrhause zu Grossstädteln ausgebrochenen Brande sind alle älteren kirchlichen Nachrichten verloren gegangen.

Zu den merkwürdigen Begebenheiten, welche Gaschwitz betroffen, gehört die unmenschliche Behandlung, welche die Einwohnerschaft 1631 von den Schwedischen und 1632, 1634 und 1642 von den Kaiserlichen Kriegsvölkern erdulden musste, welche plündernd und verheerend, sämmtliche Dörfer der Umgegend heimsuchten. Verschiedene Male herrschten in Gaschwitz pestartige Krankheiten, und eine Chronik erzählt, das 1681 am 7. October ein Weib aus Eisleben in der hiesigen Schenke einsprach, und daselbst einiges Reisegeräth, Wäsche und Kleidungsstücke verkaufte, wodurch die Pest in das Dorf gebracht wurde. Von einer Seuche, die 1741 in der Nachbarschaft herumschlich, blieb Gaschwitz befreit. Ein Zeitgenosse sagt darüber, „es sei im Februar dieses Jahres ein giftiger übelriechender Nebel gefallen, der so dick und stark gewesen, dass man eine Person kaum auf zehn Schritt erkennen mögen.“ Bald stellte sich auch eine Krankheit ein, deren Symptome viele Aehnlichkeit mit denen unserer Cholera zeigten, und nur dann einen günstigen Verlauf des Uebels erwarten liessen, wenn Friesel oder Transpiration eintraten. Am meisten gefährdet waren blühende kräftige Personen.

Noch ist hier eines Donnerwetters zu gedenken, das 1716, Freitags vor Pfingsten, über hiesige Fluren zog. Nachmittags um vier Uhr, sagt obenerwähnter Zeitgenosse, „zeigten sich am Himmel gegen Abend viele schwarzrothe und gelbe Streifen in den Wolken, welche immer tiefer zur Erde niedersanken und eine vollständige Finsterniss verursachten, so dass man Licht anzünden musste. Unter entsetzlichem Sturmgebrüll und unaufhörlichem Blitz und Donner, fiel plötzlich ein Hagelschauer nieder, der unendlichen Schaden anrichtete, denn die Hagelstücken waren wie die grössten Hühnereier, ja manche sogar wie massige Gänseeier gross. Sie fielen mit solcher Gewalt auf die Erde, dass Menschen und Thiere, die sich auf freier Strasse befanden, zu Krüppeln geschlagen, auch wohl getödtet, namentlich aber ganze Schäfereien ruinirt wurden. Das Geräusch des fallenden Hagels übertönte die heftigsten Donnerschläge. In dem nahen Grossstädteln traf ein Wetterstrahl den Herrenhof und verbrannte einen Schafstall, worüber die Gemahlin des Rittergutsbesitzers, Obersten von Lüttichau, sich dergestalt entsetzte, dass sie erkrankte und bald darauf starb.

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