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Haupt spaltete. Hierauf verstärkte sich der junge Wipprecht dergestalt, dass er bald den Kaiser zwang, den alten Grafen aus dem Gefängniss zu entlassen und ihm die Grafschaft Groitzsch zurückzugeben. Wipprecht zog nach Leissnig, das er eroberte, und ging dann auf den Reichstag nach Worms, wo er dem Kaiser für seine Entledigung aus dem Gefängniss dankte, und gegen Erlegung von 2000 Mark Silbers mit dem Markgrafenthum Lausitz belehnt wurde.

Es war im Anfange des Jahres 1124, als der alte Graf Wipprecht in einem Dorfe, Halle genannt, das Gedinge hielt, und in der Nacht ein Feuer ausbrach, das durch umherliegendes Stroh genährt, rasch um sich griff. Das Schlafzimmer des Grafen wurde ebenfalls von den Flammen ergriffen, und als er erwachte, trat er das Feuer mit den blossen Füssen aus und legte sich wieder zur Ruhe, obgleich er sich die Füsse bedeutend verletzt hatte. Bald fühlte der alte Herr eine ernste Unpässlichkeit, so dass er sich nach seiner Burg bringen liess, vorher aber im Jacobskloster zu Pegau sein Gebet verrichtete. Die Krankheit verschlimmerte sich immer mehr, und nun berief der Graf mehrere Bischöfe und den Abt Windolf von Pegau an sein Lager und verlangte von ihnen Rath und Hülfe. Die geistlichen Herrn riethen dem Kranken in den Orden des heiligen Benedikt zu treten, und derselbe fügte sich willig, indem er ihnen sein Ritterschwert übergab und am nächsten Tage unter grossen Feierlichkeiten von dem Convente des Klosters zu St. Jacob zu Pegau als Ordensbruder aufgenommen wurde. In Stille und Gehorsam verharrte der alte Held bis zu seinem Tode, der schon am 22. Mai 1124 erfolgte. Die Kirche zu Pegau besitzt noch Graf Wipprechts aus der abgebrochenen Klosterkirche herübergebrachten Leichenstein. Sein Sohn, widmete der Seele des Vaters das Dorf Carsdorf, und fand seine Ruhestätte in der Klosterkirche neben dem Eltern (1130).

Zu welcher Zeit Peres von dem Kloster weggekommen ist, darüber fehlen alle Urkunden, doch muss es sehr zeitig geschehen sein, denn bereits im funfzehnten Jahrhundert war der Ort wieder im Besitz der Familie von Peres, von der 1477 Hans von Peres, und 1489 Sebastian von Peres urkundlich vorkommen. Hans von Peres, dem auch Medewitzsch gehörte, stiftete zur Zeit der Reformation in der dasigen Kirche eine Messe, und verordnete dem Priester daselbst ein Decem von Peres und Pulgar. Die Herren von Peres behielten ihr Stammgut bis zum Anfange des achtzehnten Jahrhunderts, wo es in Besitz eines Herrn von Hof, späterhin des Generals von Haxthausen, und von diesem an die Familie Rummel gelangte, welche es in der Person des Kaufmanns Rummel zu Leipzig, noch im Jahre 1822 besass. Später gehörte Peres dem Kaufmann Simons, der jetzige Eigenthümer aber ist Herr Albert Löber. Zu dem Rittergute gehört noch amtsässig das Dorf Pulgar und die grössere Hälfte von Piegel. Das Gut hat fast durchgängig neue Wirthschaftsgebäude mit einem Thürmchen und ein schönes grosses Herrenhaus, sowie bedeutende Oekonomie. Auf dem Schlosse befand sich in der Vorzeit eine Kapelle, welche späterhin eingangen ist, doch mussten jährlich allda in einem Saale sechs Predigten gehalten werden, welche man die Saalpredigten nannte.

Peres ist in die Kirche zu Pulgar eingepfarrt und Filial von Zwenkau, dessen Diakonus allda das Pfarramt verwaltet, doch ist auch der Pfarrer zu Medewitzsch verpflichtet, in Pulgar alljährlich neunzehn Predigten zu halten. Die hübsche obgleich einfache Kirche, wurde 1773 von Grund aus neu erbaut, nachdem das alte 1609 auf dem Grunde des uralten Gotteshauses errichtete Gebäu sehr wandelbar geworden war. Die Schule, deren Collatur dem Rittergutsbesitzer zusteht, zählt durchschnittlich funfzig Kinder.

L.      




Gaschwitz.


Das Rittergut Gaschwitz liegt in der freundlichen Pleissenaue, zwei Stunden von Leipzig entfernt, dicht an der vorüberführenden Sächsisch-Bairischen Eisenbahn und nicht weit von dem Saume des weitausgedehnten Harthwaldes. Es ist von einem wohlgebauten hübschen Dorfe umgeben, in dem sich dreiundzwanzig Güter und Hausgrundstücken befinden, deren Einwohnerschaft etwa zweihundert Köpfe beträgt. Die Gaschwitzer Fluren rainen mit Debitzdeuben, Grossdeuben, Städteln und in der Aue auch mit Cröbern, weshalb Theile derselben nicht selten Ueberschwemmungen der Pleisse ausgesetzt sind. Das Rittergut, von dem linken Pleissenufer durch einige Teiche getrennt, hat eine ziemlich bedeutende und trefflich geführte Oekonomie nebst Ziegelei und ist seit Jahrhunderten mit dem hart an Grossdeuben angrenzenden Debitzdeuben vereinigt. Durch dieses Beigut steht dem Besitzer des Rittergutes Gaschwitz das Patronatsrecht über die Kirche zu Grossdeuben zu. Es ist nicht zu bezweifeln, dass einst die vier Dörfer Grossdeuben, Debitzdeuben, Kleindeuben (auch Probstdeuben genannt) und Gaschwitz zusammengehörten, bei einer Theilung oder einem Verkaufe aber der Herr auf Gaschwitz und Debitzdeuben sich die Kirchenlehn vorbehielt. Uebrigens ist die Kirche zu Grossdeuben eine Filial- oder vielmehr Schwesterkirche von Grossstädteln, und mit der Besetzung des dasigen Pfarramts wechselt der Herr auf Gaschwitz mit dem auf Grossstädteln ab.

Gaschwitz, wie fast alle in hiesiger Gegend gelegenen Ortschaften, ist Slavischen Ursprungs, folglich ein uraltes Dorf. Im dreizehnten Jahrhundert

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/087&oldid=- (Version vom 21.5.2018)