Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Friesen

Textdaten
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Autor: Otto Moser
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Titel: Friesen
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aus: Voigtländischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 5, Seite 11–12
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: [1859]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Friesen.




Nahe an der Gränze des Reussenlandes, fast eine Stunde nördlich von der Stadt Reichenbach erhebt sich mit seinem stattlichen Thurme das Schloss Friesen, durch mehrere Jahrhunderte hindurch ein Edelsitz der alten voigtländischen Familie von Metzsch, und neben dem weitläufigen Gebäu liegen in freundlicher Aue die Wohnhäuser des dazu gehörigen Dörfchens, siebzehn an der Zahl, mit 150 Bewohnern. Das Rittergut, seit frühester Zeit mit dem grossen Gute Reichenbach verbunden, besitzt Antheile von den Dörfern Oberreichenbach, Oberheinsdorf und Unterheinsdorf, und zum Dorfe gehören zwei Mühlen und ein Beigeleite von Plauen.

In den ältesten Zeiten, als noch die Sorben im Voigtlande herrschten, nannte man die Gegend in welcher Friesen liegt die Myla oder liebe Aue, ein Name den die anmuthige freundliche Umgegend der heutigen Stadt Mylau, das liebliche die mannigfaltigste Abwechslung darbietende Gölzschthal, mit Recht zu führen verdient. Dass aber nicht erst die Stadt, sondern ein grosser Distrikt in der frühesten Vorzeit mit dem Namen Myla bezeichnet wurde, geht aus vielen alten Urkunden hervor, in denen häufig der Herrschaft Myla Erwähnung geschieht, wozu ausser der Stadt Reichenbach und dem Flecken Lengefeld die Dörfer Brunn, Friesen, Cunsdorf, Lambzig, Ober- und Unterheinsdorf, Oberreichenbach, Rotschau, Schneidenbach, Schönbach, Waldkirchen, Weissensand, Wolfspfütze und Plohn gehörten. Erst als im neunten und zehnten Jahrhundert die Sorben, welche auch in hiesiger Gegend als die frühesten Bebauer des Landes zu betrachten sind, der deutschen Macht unterworfen worden waren, erhob sich zur Sicherung und Befestigung der neuen Herrschaft nächst den Schlössern Schöneck, Treuen, Voigtsberg und anderen auch die Burg Myla. Die Ritter von Milin, welche bis in das dreizehnte Jahrhundert als Besitzer der reichsunmittelbaren Herrschaft Myla auf dem gewaltigen Felsenschlosse hausten, sollen durch die schon vorhandenen Dörfer Oberreichenbach und Altegoldwäsch veranlasst worden sein, die Stadt Reichenbach zu erbauen und mit Mauern zu umgeben, sowie auch die dasige Peter-Pauls-Kirche zu fundiren.

Wie lange die Herren von Milin im Besitze der Herrschaft Myla blieben lässt sich nicht genau bestimmen, doch wird schon um die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts ein Voigt Heinrich von Gera als Herr von Myla genannt, und in einem 1317 zu Altenburg geschlossenen Vertrage kommen die Ritter Marquard und Fritz von Milin als Lehensmänner der Herren von Reuss vor. In späteren Urkunden geschieht der Herren von Mylin noch häufig Erwähnung, wie z. B. der Brüder Petzold und Conrad von Milin, welche 1330 einen Vertrag Heinrichs des Kleinen von Reuss mit dem Ordenshause zu Reichenbach unterzeichneten. Wilhelm von Milan wird unter der Zahl der Edelleute genannt, die im Jahre 1430 im Schlosse zu Plauen von den stürmenden Hussiten ermordet wurden, und in demselben Jahre kommt ein Ritter Heinz von Myla vor, der das Schloss Oberlosa bei Plauen besass. Dieser scheint der Letzte seines Geschlechts gewesen zu sein.

Die Voigte von Plauen, denen wie schon erwähnt seit dem dreizehnten Jahrhunderte die Herrschaft Myla angehörte, hatten dieselbe bald als Reichslehn, bald als böhmisches Lehn inne, und es scheinen über die Oberlehnsherrlichkeit, welche schon Kaiser Friedrich II. dem König von Böhmen überliess, häufige Streitigkeiten stattgefunden zu haben. So erlangte im Jahre 1323 Heinrich der Kleine von Reuss die Belehnung über die Herrschaft Myla vom Kaiser Ludwig dem Baier, nachdem sie ihm bereits von Böhmen ertheilt worden war. Als aber die Voigte von Plauen in Folge ihrer unglücklichen Fehde mit den sächsischen Fürsten, welche Letztere wohl nicht ganz begründete Ansprüche an die immer mächtiger werdenden Reussen erhoben, durch Kaiser Carl IV. in die Reichsacht erklärt wurden, mussten die Reusse beider Linien (Plauen und Elsterberg) nach einem höchst nachtheiligen Friedensschlusse sämmtliche ihnen gebliebene Besitzungen theils als meissnische, theils als böhmische Reichsafterlehen empfangen. Heinrich der Aeltere zu Greiz verkaufte im Jahre 1367 Schloss und Herrschaft Myla mit Reichenbach an Kaiser Carl IV., [12a] der die Burg als Lust- und Jagdschloss benutzte. Die Kaufsumme bestand aus 1010 Schock Prager Groschen oder nach unserem Gelde in ungefähr 8000 Thalern.

Nachdem schwer bedrängt durch den Hussitenkrieg im Jahre 1422 Kaiser Sigismund ausser anderen böhmischen Besitzungen im Voigtlande auch die Herrschaft Myla, und zwar um 90000 Gulden an den Markgrafen von Meissen und nachmaligen Churfürsten Friedrich den Streitbaren verpfändet hatte, kam dieselbe 1459 durch einen zu Eger geschlossenen Vertrag, jedoch als böhmisches Lehn, gänzlich unter sächsiche Botmässigkeit, und theilte von nun an alle Schicksale des sächsichen Voigtlandes. Während der böhmischen Herrschaft stand Myla unter der Obhut landesherrlicher Voigte, von denen die Ritter von Weissbach und Schönau, sowie 1415 Petzold von Metzsch genannt werden. Auf Letzteren folgte Hans von Metzsch, der im Jahre 1460 vom Churfürsten die Herrschaft für 3000 Rheinische Gulden erwarb, nachdem er bereits 1445 von Hans von Techwitz Schloss und Dorf Friesen und von Hans von Schönau Cunsdorf erkauft hatte. Friesen und Cunersdorf waren siebzehn Jahre von der Herrschaft Myla getrennt gewesen. Am 25. November 1460 empfing Hans von Metzsch vom Churfürsten die Belehnung.

Hans von Metzsch starb im Jahre 1464 und die Herrschaft Myla fiel an seinen Sohn, Kurt, der von dem Churfürsten Ernst und dessen Bruder dem Herzog Albrecht die Bestätigung der Freiheiten und Privilegien seiner erblichen Stadt Reichenbach erhielt. Dergleichen Bestätigungen erlangten die Herren von Metzsch in den Jahren 1551, 1570 und 1587. So blieb die Herrschaft Mylau über anderthalb Jahrhunderte im ungetheilten Besitz der Familie von Metzsch, bis 1571 der in Sachsens Reformationsgeschichte oft erwähnte Joseph Levin von Metzsch mit Tode abging und dessen fünf Söhne Abraham, Hans, Kunz, Petzold und Peter dieselbe unter sich theilten. Abraham der älteste Bruder bekam Mylau mit Reichenbach und Friesen, verkaufte aber Ersteres 1576 an Nicol von Schönberg. Die Nachkommen Abrahams von Metzsch blieben im Besitze von Reichenbach und Friesen bis auf den heutigen Tag; der jetzige Besitzer ist Herr Kammerherr Carl von Metzsch.

Friesen ist mit den Dörfern Obermylau, Rotschau, Lambzig und Foschenroda in die Kirche der Stadt Mylau eingepfarrt, doch hatte es vormals eine eigene, dem heiligen Georg gewidmete Capelle, in welcher für die drei Ortschaften Cunsdorf, Kahmer und Friesen ein zu Reinsdorf wohnender Caplan den Gottesdienst besorgte. Im Jahre 1545 wurde diese Capelle auf churfürstlichen Befehl durch die dazu bestellten Commissarien Joseph Levin von Metzsch, Magister Leonhard Beyer, Superintendent zu Zwickau und Wolf Böhm, Schösser daselbst, aufgehoben und die Verordnung erlassen, dass Friesen nach Mylau, Cunsdorf nach Reichenbach und Kahmer nach Reinsdorf eingepfarrt werden sollten.

Otto Moser.