Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Thossfell

Textdaten
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Autor: Otto Moser
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Titel: Thossfell
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aus: Voigtländischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 5, Seite 9–10
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: [1859]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Thossfell.




In einer der anmuthigsten und fruchtbarsten Gegenden des Voigtlandes, zwei Stunden von Plauen und drei Stunden von Reichenbach entfernt, liegt unmittelbar an der diese beiden Städte verbindenden Chaussee das Rittergut Thosfell, dessen imposante, höchst geschmackvolle Gebäude einen ungemein vortheilhaften Anblick gewähren. Das Dorf, welches mit seinen freundlichen Häusern, umgeben von üppigen Wiesen und fruchtbaren Feldern, zu den angenehmsten Ortschaften des Kreises gehört, hat nach allen Seiten die erwünschtesten Verkehrsmittel durch treffliche Chauseen und Nebenwege, auch führt nach dem eine Stunde von Thossfell entlegenen Bahnhofe Herlasgrün eine vorzügliche Kunststrasse.

Was den Ursprung Thossfells anbetrifft, so wurde dasselbe ohne Zweifel von den Sorben gegründet, welche bis zum zehnten Jahrhundert den ganzen heutigen obersächsischen Kreis, Böhmen, Mähren, die Lausitz und Schlesien bewohnten, theils als tributäre, theils als von den Deutschen noch unabhängige Völkerschaften. Erst Heinrich der Vogelsteller, welcher als erster Kaiser sächsischen Stammes über Deutschland herrschte, vermochte die Sorben gänzlich zu unterjochen, nachdem zwei ihrer Hauptfestungen im Osterlande – Gruna und Geithain – von ihm zerstört worden waren. Dreihundert Jahre hatte der Kampf zwischen den Sorben und Deutschen gewährt, ehe das kühne Slavenvolk den stolzen Nacken unter das Joch der Christen beugte, und dass es jeden Fuss des heimathlichen Landes mit verzweifelter Hartnäckigkeit vertheidigte, beweist nicht nur die Jahrhunderte lange Dauer des Widerstandes, sondern es sprechen dafür auch noch heut zu Tage die von dem slavischen Worte „Dossany“ welches soviel als „Sieg“ bedeutet, sich herleitenden Benennungen voigtländischer Orte, wie die Dörfer Tossen, Tossfell, das Tösselholz bei Plauen und der Tossenwald bei Kauschwitz. Um das Jahr 930 sollen die Sorben zwischen den Städten Reichenbach und Lengefeld eine furchtbare Niederlage erlitten haben, und eine grosse Menge in dieser Gegend ausgegrabene uralte Waffen und Rüstungsstücken sprechen allerdings für die Wahrheit dieser Sage.

Durch die Unterdrückung der Sorben begann für das Voigtland in politischer wie religiöser Hinsicht eine ganz neue Epoche. Der Name der Sorben und des Sorbenlandes verschwand, und dagegen kam die Benennung des Voigtlandes auf. Man zwang die Unterjochten, ihre Religion und Sprache abzulegen und beide mit der ihrer Sieger zu vertauschen. Um möglichen Empörungen des kriegerischen Volkes vorzubeugen, entstanden eine grosse Anzahl fester Burgen, die man mit starken Garnisonen besetzte. Der deutsche Adel, durch dessen Hülfe Kaiser Heinrich die Sorben bezwungen hatte, empfing nunmehr von dem dankbaren Herrscher ziemliche Strecken des eroberten Landes in Lehn, und die unglücklichen Sorben mussten als Hörige oder Leibeigene den neuen Herren dienen und bei dem kärglichsten Unterhalte ihr Leben unter Demüthigungen und rauher Behandlung verbringen. Um jedoch die ihnen zugetheilten Hörigen im Zaume zu halten, erbauten die Edelleute neben den elenden Hütten ihrer Unterthanen feste mit Wall und Graben umschlossene Wohnsitze nach denen sie sich später nannten.

Unter diesen ältesten voigtländischen Adelsgeschlechtern befanden sich auch die Herren von Tosse, die höchst wahrscheinlich die erste Burg Thossfell erbauten. Im Jahre 1082 belehnte Heinrich der Fromme von Gliesberg dem Ritter Tosso mit Ronneburg; Eltel von Tosso erkaufte 1245 das Gut Schönberg von den Kindern des verstorbenen Ritters Alb von Schönberg für 300 Pfund Heller (1950 Gulden), und Arndt Tosse kommt 1302 in einer Schenkungsurkunde als Zeuge vor. Ritter Conrad Tosse [10a] unterzeichnete 1317 einen Vertrag der Gebrüder Heinrichs des Langen und Heinrichs des Kleinen von Reuss wegen einer um das Bergwerk Hohenforst entstandenen Fehde. Von allen diesen Genannten kommt indessen keiner urkundlich als Besitzer von Thossfell vor, erst 1327 wird bei einer Lehnsunterwerfung der Grafen Hermann von Eberstein und Heinrich von Plauen unter die Krone Böhmen der Ritter Dietrich von Tosse auf Thossfell als Zeuge angeführt. Im Jahre 1506 befand sich Thossfell nicht mehr im Besitz der Ritter von Tosse, es gehörte damals dem churfürstlichen Hauptmanne zu Plauen, Kunz von Hermsgrün. Gegen Ende des sechszehnten Jahrhunderts wurde Thossfell Eigenthum der Herren von Schönfels, von denen es Joachim von Schönfels um 1715 an einen Freiherrn von Beust verkaufte, bei dessen Familie es bis zum Jahre 1849 verblieb. Der jetzige Besitzer ist der im Jahre 1846 aus dem vaterländischen Heere geschiedene Herr Major Freiherr von Hausen. Die stattlichen durchaus massiven Gebäude des Rittersitzes errichtete gegen Ende des vorigen Jahrhunderts nach einem höchst zweckmässigen Plane, aber auch mit grossem Kostenaufwande der Freiherr Gustav von Beust.

Die Schicksale welche beim Einbruche der Hussiten in das Voigtland sowie im dreissigjährigen Kriege die ganze Gegend betrafen, theilte auch Thossfell, doch blieb es im Jahre 1626, wo eine schreckliche Pest fast alle benachbarten Ortschaften heimsuchte, nebst Zobes und Neuensalz von der Seuche verschont. Da die Bewohner Thossfells keine Pestleiche aus dem Dorfe Gospersgrün durch ihren Ort nach dem Gottesacker zu Altensalz passiren liessen, so mussten die Verstorbenen in einem Garten beerdigt werden. Das Rittergut nebst dem Dorfe Thossfell sind in die Kirche von Altensalz eingepfarrt. Seit 1837 besitzen die Gemeinden Thossfell und Gospersgrün nach vorhergegangener Trennung des Schulverbandes mit Altensalz eine eigene Schule, deren Lehrerstelle der Besitzer des Rittergutes Thossfell vergiebt.

Zu dem Rittergute Thossfell gehören 318 Acker Felder, 88 Acker Wiesen und Gärten, sowie 203 Acker Waldung; das Uebrige sind Hutungen. Das lebende Inventar zählt 11 Pferde, 90 Stück Rindvieh und gegen 600 Schafe. Die erste umfangreiche Drainirung im Voigtlande hat auf den hiesigen Rittergutsfeldern stattgefunden. Wie allenthalben so auch hier erscheint die Drainirung – bis jetzt – von segensreichem Erfolg.

Otto Moser.