Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Christgrün

Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Christgrün
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aus: Voigtländischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 5, Seite 145–146
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: o. J. [1859]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: SLUB DresdenCommons
Kurzbeschreibung:
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Christgrün


liegt 21/2 Stunde nordöstlich von Plauen, 1 Stunde südöstlich von Elsterberg unfern des Ruppersgrüner Baches, unterm Hartmannspöhl.

Der Ort ist deutschen Ursprungs, obschon dessen Erbauung nicht mit Bestimmtheit angegeben werden kann. Eben so sind die ersten Besitzer des Gutes nicht mit Sicherheit zu ermitteln: Nur so viel steht fest, dass es in den frühesten Zeiten zur Herrschaft Elsterberg gehörte, und seit den Zeiten der Familie von Bünau zum selbstständigen Rittergute erhoben worden ist. Die Familie von Bünau besass Christgrün noch im 16. Jahrhundert. Erst zu Ende des gedachten Jahrhunderts und im Anfang des 17. Saeculo kam es an die von Trützschler, von welchen es das Geschlecht derer von Milkau erwarb. Dieser altadlichen Familie folgten im Besitze die von Bose, von welchen es die Marschalle in Lehn erhielten und im zweiten Decennio des 18. Jahrhunderts ging es an die von Hühnefeld über. Bei dieser Familie verblieb es bis den 3. Jan. 1827, an welchem Tage Ehrenfried Wilhelm Heinrich Freiherr von Hühnefeld aus dieser Welt ging und in seinem Testamente dieses Rittergut zu einem Stiftsgute machte. Diese Familienstiftung wird von der Amtshauptmannschaft Plauen und einem beigesetzten Familienrath sachkundiger Edelleute administrirt. Die Einkünfte werden zur Begründung und Erhaltung einer zweiten Elementarschule zu Limbach, so wie zur Unterstützung der nachgelassenen Verwandten verwendet. Die Descendenten des verstorbenen Major von Hühnefeld in Reichenbach sind die nächsten Verwandten des Stifters, welcher ebenfalls auch dahin Bestimmung getroffen hat, dass von den überständigen Capitalien neue Besitzungen angekauft und blos die Revenüen und Zinsen bis zu einer gewissen Höhe verwendet werden möchten. Daher wurde zunächst Elsterberg für die Stiftung erworben und in den letzten Jahren ist auch Ruppertsgrün dazu erkauft worden.

Der erste Verwalter dieser Stiftung war Herr Amtshauptmann von Beust auf Neuensalz, wogegen die jetzt abgetretenen Stiftungsgerichte von Dr. Steinhäuser in Plauen verwaltet wurden. Noch vor Beust’s Tode succedirte Herr Amtshauptmann von Schütz in Plauen, dem Herr Regierungsrath Körner im Amte folgte, und als Amtshauptmann zugleich die Administration der Hühnefeldschen Stiftung überkam. Der jetzige Verwalter dieser Stiftung ist der derzeitige Amtshauptmann von Plauen, der Geheimerath Dr. Braun, in engern und weitern Kreisen bekannt als früherer Minister-Präsident und vieljähriges Mitglied der 2ten Kammer der Sächsischen Ständeversammlung.

Mit grosser Umsicht und Menschenfreundlichkeit wird von diesem ausgezeichneten Manne diese ihm anvertraute Stiftung zur Zufriedenheit der Familienglieder geleitet und verwaltet, so dass das grosse Vermögen von Jahr zu Jahr zunehmen und den einzelnen Betheiligten zu gute kommen muss. Der jedesmalige Lehnträger der von Hühnefeldschen Christgrüner Familienstiftung ist ein Herr von Schlieben.

Das Schloss in Christgrün ist gross und geräumig und noch im älteren Style erbaut. Die Wirthschaftsgebäude sind im guten Zustande, und mit denselben ist eine bedeutende Brauerei verbunden. Vorzüglich stark ist die zum Gute gehörige Schäferei. Die Felder gehören nicht der besten Bodenlage an, doch sind sie auch nicht der schlechten zuzuzählen. Die Wiesen kann man zu den guten rechnen. Das Gut hatte sich, seitdem es als Stiftungsgut verwaltet wird, immer auch sehr [146] guter Pachter zu erfreuen, so dass die Oeconomie mehr und mehr in die Höhe gebracht worden ist.

An die Rittergutsgebäude ist eine Capelle angebaut, in welcher am Todestag des Stifters eine Gedächtnissfeier alljährlich zum Andenken an den Begründer dieser Anstalt abgehalten wird. Dagegen ist Christgrün mit Brockau, Feldwiese, Wipplas, Rückisch, Pfannenstiel, Görschnitz, Kleingera, Reuth, Lohsa, Nosswitz, Sachswitz, Reimersgrün, Scholas, Thürnhof und Coschütz nach Elsterberg eingepfarrt.

Früher gehörte auch Limbach, worüber der Stiftung zu Christgrün das Collaturrecht zusteht, zu Elsterberg und die hiesigen Geistlichen waren Diaconen von dorther, deren Collator der Pastor war. Später erst kam das Patronat durch die von Bünau an Christgrün, welche die Herrschaft Elsterberg und Christgrün gemeinschaftlich besassen.

Dieses Limbach liegt unmittelbar an der alten Poststrasse von Plauen nach Reichenbach und muss dieser Ort vor dem Hussitenkriege ein kleiner Marktflecken gewesen sein: Denn bei Nachgrabungen hat man Steinpflaster gefunden, welches förmlichen Strassen ähnelt.

Die eigentlichen speciellen Nachrichten sind durch einen Brand der Pfarre vom Jahre 1772 mit zu Grunde gegangen. Die Kirche war schon vor der Reformation vorhanden, wie dies aus einer Schenkung von 3 adelichen Fräulein von Helmansgrün (jetzt Helmsgrün) sich ergiebt, worinnen es heisst: dass der Pater und sein Nachfolger nach ihrem Tode jeden Sonnabend eine Seelenmesse für sie lesen solle.

Die in Limbach vorhandenen 2 milden Stiftungen rühren von früheren Besitzern des Rittergutes Christgrün her:

Die eine besteht

a) in einem Hospital für 6 alte hilfsbedürftige Männer und 6 alte Frauen, welche in demselben gut verpfleget werden. Der Stifter dieses Hospitals ist Eichelberg Friedrich von Trützschler auf Christgrün, Schneckengrün, Stenn u. s. w. auch Oberster in Zwickau. Das Testament ist von 1612, ins Leben ist aber die Stiftung erst 1704 getreten; Ansprüche an diese Wohlthat haben die Gerichtsbefohlenen von Christgrün und Schneckengrün, jenes hat 8, dieses 4 Stellen zu besetzen. Die Oberaufsicht führt das hohe Cultusministerium und in dessen Auftrag der frühere Amtmann in Plauen, jetzt der dasige Gerichtsamtmann die Specialaufsicht.

Die andere dieser Stiftungen umfasst die oben schon erwähnte

b) Stiftungsschule, fundirt vom 27. Novbr. 1826 von Ehrenfried Wilhelm Heinrich, Freiherrn von Hühnefeld auf Christgrün. Der Lehrer bekommt jährlich 150 Thlr. Conventionsmünze Fixum und freie Wohnung und Holzgeld. Die Schule ist 1829 ins Leben getreten.

Limbach und Herlasgrün und Antheile von Neudörfel gehörten noch bis zur Errichtung der neuen Königlichen Gerichtsämter unter die Stiftungsgerichte zu Christgrün.

Herlasgrün liegt unmittelbar an der Sächs. baierischen Eisenbahn und bildet einen Stationsort zwischen der Elsterthal-Ueberbrückung und Netzschkau. Von Herlasgrün bis Christgrün nach Plauen zu ist dagegen eine Entfernung von 1/2 Stunde, von Pöhl 3/4 Stunde, von Neudörfel 1/4 Stunde, welches unmittelbar an der früheren alten Poststrasse von Reichenbach nach Plauen oder an der sogenannten Militairstrasse gelegen ist, dessen Wirthshaus heute noch das sogenannte Posthäuschen genannt wird.

Christgrün hat seine eigne Schule (wozu sich Reimersgrün nur theilweise hält), zählt 23 bewohnte Gebäude mit 24 Familienhaushaltungen und 147 Einwohnern.

Die Stiftungsgerichte, welche früher durch Herrn Doctor Steinhäuser in Plauen verwaltet wurden, haben mit Einführung der neuen Gerichtsorganisation ihre Endschaft erreicht und Christgrün ist dem Gerichtsamte Elsterberg zugetheilt, welches unter dem Bezirksgericht Plauen steht und dem Regierungsbezirke Zwickau einverleibt ist, so dass man sagen kann, Elsterberg hat diejenigen Orte hinsichtlich seiner Justiz, seiner Verwaltung und in kirchlicher Hinsicht behalten und resp. acquirirt, die in den frühesten Zeiten zu dieser alten berühmten Herrschaft gezählt wurden.

Die Geschichte dieser Herrschaft ist schon bei andern Orten, namentlich bei der Beschreibung von Thürnhof näher und specieller erzählt worden, so dass sie füglich hier übergangen werden kann. Die vielen widersprechenden Nachrichten über Elsterberg werden aber noch bei der speciellen Historie einzelner anderer in dieses Album aufzunehmender Rittergüter und Schlösser ihre gebührende Berichtigung erlangen.

M. G.