Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Bosenhof

Textdaten
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Autor: Otto Moser
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Titel: Bosenhof
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aus: Erzgebirgischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 4, Seite 23–24
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: [1856]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Bosenhof.


Das auf einem Hügel des breiten Pleissengrundes erbaute Rittergut Bosenhof hiess in den frühesten Zeiten Langenhessen, und war vermuthlich ein Burglehn vom Schlosse zu Crimmitzschau. Als Burgmannen dieses Schlosses werden die Herren von Trützschler genannt, von denen Moritz von Trützschler im Jahre 1556 das ihm eigenthümlich zustehende Gut Bosenhof mit allen seinen Gebäuden, Zugehörungen, Erbgerichten und Lehen, dem Obergerichte und Wohnhause, wie auch der Schenke, die Kuhkrippe genannt, mit Aeckern, Wiesen, Teichen, Fischerei in der Pleisse, Jagden, Zinsen und Frohnen für 5125 Gülden verkaufte. Der Käufer war Thomas von Wöllnitz, zu Langenhessen wohnhaft, welcher, die ihm bereits zugehörigen Grundstücken zu Langenhessen mit denen des erkauften Gutes vereinigte, und auf diese Art das jetzige Rittergut bildete. Er war der Sohn Christophs von Wöllnitz, welcher 1530 dem Carthäuserkloster etliche Aecker auf dem Tennersberge für die Römerwiese überliess, und Hansen von Weissbach die in Kleinhessen wohnenden Bauern verkaufte, welche jetzt Unterthanen des Schlosses Schweinsburg sind. Thomas von Wöllnitz hinterliess das Gut seinen unmündigen Söhnen, die dasselbe indessen wegen bedeutender väterlicher Schulden nicht erhalten konnten, sondern auf Antrag ihrer Vormünder geschehen lassen mussten, dass es an Christoph von Bose auf Kleinsara verkauft wurde. Von diesem gelangte das Rittergut an Hans Ernst von Bose auf Netzschkau und Grosssara, welcher 1607 bei Neukirchen einen grossen Teich graben liess, der jedoch später trocken gelegt und zu Feld und Holzland gemacht wurde. Von dieser Zeit an verlor das Rittergut Langenhessen seinen bisherigen Namen und hiess der Bosenhof. Bereits im Jahre 1609 kam das Gut durch Tausch gegen das Schloss Neuschönfels an Otto von Weissbach, hatte jedoch 1610 wieder einen neuen Besitzer, Loth von Weissbach, der es an Albrecht von Schönitz auf Carthause verpachtete und 1613 in Concurs verfiel, worauf Albrecht von Schönitz Bosenhof für 11500 Gülden subhasta erstand. Bosenhof blieb nur bis 1615 Albrechts von Schönitz Eigenthum, in welchem Jahre es Hans Meusinger für 19500 Gülden, ohne die Auszüge an Vieh und Getreide, an sich brachte, aber schon 1617 an Heinrich Friedrich von Beust verkaufte. In dessen Besitze blieb Bosenhof bis zum Jahre 1638, wo Friedrich von Beust mit Tode abging und seine Söhne, Bernhard, Friedrich, Christoph, Heinrich und Joachim von Beust vom Churfürsten Johann Georg mit dem Gute belehnt wurden. In dem noch vorhandenen Lehnbriefe wird das Rittergut Bosenhof ein Ansitz und Vorwerk genannt, auch geschieht darin des Teiches bei Neukirchen und einer Waldstrecke, der Culpener genannt, sowie zehn sogenannter Siebenbauern und anderer zweiundsechzig Männer Erwähnung. Von den Gebrüdern von Beust kam endlich Bosenhof wieder an die Familie der Bose, indem es der berühmte Oberst Carl von Bose an sich kaufte. Dieser, durch seinen kolossalen Reichthum und viele Verdienste ausgezeichnete Mann, wurde im Jahre 1596 auf Langenhessen-Bosenhof, geboren, und war der Sohn Hans Ernsts von Bose auf Netzschkau, Grossensara und Bosenhof. Schon in seinem zwölften Jahre verliess Carl von Bose das väterliche Haus, um am Hofe des Bischofs von Bamberg als Page eine adelige Erziehung zu erhalten. Später ging er in französische Kriegsdienste, wo er sich tapfer hielt und endlich in Gefangenschaft gerieth, aus der er nach der Heimath zurückkehrte. Der dreissigjährige Krieg gab seiner kriegerischen Neigung hinreichende Beschäftigung. Er diente dem Kaiser, wohnte vielen Schlachten bei und avancirte zum Obristwachtmeister und später in Sächsischen Diensten zum Obersten. Im Jahre 1632 commandirte der Oberst Bose fünf Regimenter Fussknechte und zwölfhundert Reiter. Der Churfürst Johann Georg hielt ihn sehr hoch, und selbst als er schon aus dem Kriegsdienste zurückgetreten war, zog ihn der Landesherr oft in wichtigen Angelegenheiten zu Rathe, ernannte ihn zum Hauptmann der Aemter Zwickau und Werdau, später auch des Amtes Stollberg, und zum Obristen über das Defensionswerk des Thüringischen, Erzgebirgischen und Voigtländischen Kreises, sowie der drei Stifter, und der assekurirten Aemter. Am 12. Januar 1657 starb der verdienstvolle Mann im 62. Jahre am Schlagfluss, als er eben der Todtenfeier seines Sohnes Johann Carl von Bose auf Schweinsburg beigewohnt hatte, und auf das Schloss Netzschkau, seinen Wohnsitz, zurückkehren wollte. Mit fürstlicher Pracht und hohen Ehren bestattete man den Verblichenen in seinem kostbaren Erbbegräbnisse unter der Marienkirche zu Zwickau. Der Oberst Carl von Bose war einer der reichsten Männer des Landes, denn ihm gehörten nicht weniger als zwanzig meistentheils ansehnliche Rittergüter, und ausserdem besass er noch eine Anzahl Mühlen, Häuser, Weinberge und Gärten. Er war viermal vermählt, und zwar zuerst mit Anna Maria Wambold von Eckstädt, dann mit Maria Sophie Vitzthum von Eckstädt, hierauf mit Maria Magdalene von Starschädel auf Schweinsburg und endlich mit Sophie von Stibar. Bei seinem Tode lebten von seinen Söhnen noch fünf, Friedrich Carl, Carl, Carl Haubold, Carl Christian und Carl Gottfried, von denen Bosenhof an Friedrich Carl gelangte, der Sachsen-Altenburger Kammerjunker war, und zugleich Lauterbach, Schiedel, Zechau, Fuchshain und Hirschfeld besass, auch später, nach seines Bruders Christian Carl Tode Crimmitzschau und Schweinsburg an sich brachte. Als dieser Herr im Jahre 1689 gestorben war, kam Bosenhof an dessen Sohn, Carl Gottfried von Bose, auf Crimmitzschau, Schweinsburg und Lauterbach, Hofmeister des jungen Markgrafen von Brandenburg-Culmbach und später Hausmarschall in Eisenberg, von dem 1713 die Geheimräthin Christiane Sophie von Schleinitz das Gut erkaufte; als diese aber 1719 starb, gelangte Bosenhof wiederum an die Familie Bose, und zwar an die Söhne des Hausmarschalls von Bose, Carl Gottlob, Herzoglich-Weisenfelsischen Geheimrath und Kanzler, und Hans Carl, Churfürstlich Sächsischen Kammerherrn, Oberforstmeister und Wildmeister, welche das Gut Bosenhof gemeinschaftlich besassen. Hans Carl starb 1761 unverheirathet und Bosenhof blieb gemeinschaftliches Eigenthum der fünf Söhne des schon 1745 verstorbenen Carl Gottlob von Bose bis zum Jahre 1771, wo die Brüder das Vermögen theilten und Bosenhof Christian Adolf Carl von Bose, Dessauischer Landkammerrath, erhielt. Im Jahre 1825, wo der letzte männliche Zweig der Bose vom Bosenhofe mit dem Rittmeister Carl Alexander August Friedrich von Bose abstarb, kam das Gut in Besitz von dessen Schwester, Emilie von [24] Bose, welche es bis 1851 besass, und durch letztwillige Verfügung ihrer zweiten Mutter der Frau Oberst Charlotte von Bose, geborenen Gräfin von Hülsen, überliess, deren Eigenthum Bosenhof bis zum Jahre 1852 blieb, wo selbige, ebenfalls durch Testament, es ihrer Nichte, der Gräfin von Hülsen, Gemahlin des Herrn Referendar Wenzel zu Dresden, abtrat.

Bei dem Tode des Rittmeisters von Bose, war das Gut noch Mannlehn, und fiel, da die von selbigem Allerhöchsten Orts nachgesuchte Allodifikation noch nicht formell genehmigt war, an Sr. Majestät den höchstseligen König Friedrich August den Gerechten als obersten Lehnsherrn zurück. Derselbe ertheilte jedoch in Seiner anerkannten Grossherzigkeit zu der erbetenen Allodifikation noch nachträglich Seine Genehmigung und so gelangte Bosenhof in den freien Besitz von des Rittmeisters einziger Schwester.

Das Rittergut Bosenhof hat die Untergerichte und ganzen Erbgerichte, niedere Jagd und verdient die Lehn mit zwei Ritterpferden. Die meisten Unterthanen des Gutes leben in Langenhessen und einige in Kleinhessen, auch ist in neuerer Zeit ein Bauergut zu dem Rittergute geschlagen worden. Die Felder sind sehr fruchtbar und wohl angebracht. Das Gut Bosenhof hat 4100 Steuereinheiten und gegen 110 Acker unter dem Pfluge befindliches Land. Dasselbe ist an einen Herrn Schneider verpachtet, der die Bewirthschaftung des Gutes bereits seit fünfundzwanzig Jahren leitet. Brennerei und Brauerei wird in Bosenhof nicht betrieben, sondern reine Vieh- und Feldwirthschaft mit einer kleinen Schäferei von etwa dreihundert Schafen; in der Nähe befindet sich auch eine zum Gute gehörige Ziegelei. Das Herrnhaus zu Bosenhof brannte am 5. Juni 1701 sammt den Wirthschaftsgebäuden gänzlich darnieder, nachdem acht Tage vorher das Rittergut Lauterbach mit Scheune, Ställen, Schäferei und Verwalterwohnung nebst allen Getreide- und Futtervorräthen, sowie einigem Vieh durch eine Feuersbrunst vernichtet worden war. Die Wirthschaftsgebäude von Bosenhof wurden erst 1703 wieder aufgebaut, und nachdem die verwittwete Geheimräthin von Schleinitz des Rittergut gekauft hatte, erbaute sie sich zu ihrem Wittwensitze das noch jetzt stehende Wohnhaus. Auf einem Steine über der Thür liest man folgende Inschrift:

O Hüter Israel behüte dieses Haus
Vor Feuer, Krieg und Pest, ja allem Ungelücke.
Dein Segen mache reich, die gehen ein und aus,
Besonders wirf dein Heil auf deine Magd zurücke,
Die hier in diesem Haus sich deiner Hut vertraut,
So sie im Wittwenstand und Einsamkeit erbaut.

Von den 164 Feuerstätten des grossen und schönen Dorfes Langenhessen, gehören 71 unter das Rittergut Bosenhof, die übrigen unter das Amt Werdau. Die Einwohnerzahl beträgt etwa 1100 Köpfe, von denen die meisten sich mit Landwirthschaft beschäftigen, doch wird auch viel Landfuhrwerk und Fruchthandel getrieben. Zwei auf des Ortes Grund und Boden erbaute Fabriken, in welchen Schafwolle gesponnen, und Zeug von demselben Stoffe gewebt wird, geben gleichfalls vielen Einwohnern ziemlich guten Erwerb. Die Einwohnerschaft bildet zwei Gemeinden, die obere und untere genannt, jedoch nur getrennt durch Verwaltung ihres gesonderten Grundbesitzes und durch die Sorge für nothwendig gewordene Baue jeglicher Art; in ihrem Verhältniss zum Staate und zu andern benachbarten Gemeinden bilden sie nur eine einzige.

Die Kirche zu Langenhessen ist sehr alt und fällt mit ihrem hohen spitzen Thurme und den zackigen Giebeln nicht unangenehm in die Augen. An der Rückseite des Altars gewahrt man die Jahrzahl 1208, welche sich höchst wahrscheinlich auf die Erbauung des Gotteshauses bezieht. Die neuere Zeit hat im Inneren der Kirche manche Veränderung nothwendig gemacht, doch ist ihr der alterthümliche Charakter geblieben. In einem der Seitenstühle, nahe am östlichen Eingange befindet sich noch ein Wappen der Familie Bose, welche als Gerichtsherrschaft eines Theils der Gemeinde von Langenhessen, ehedem hier zwei Kirchensitze hatte. Ein höchst interessanter uralter Schmuck des Gotteshauses ist der Altar, auf dem eine geschnitzte Grablegung Christi zu sehen ist, deren Personen nach Portraits damals lebender Personen dargestellt in sein scheinen. Ausserdem befinden sich an dem Altar fünf grosse mit Gold und Schnitzwerk reich verzierte Heiligenbilder, und drei kleinere, von denen eines die päpstliche Tiara trägt, das andere ein Weib mit zwei Kindern, und das dritte den Ritter Georg mit dem Lindwurme darstellt. Die andere Seite der Flügel enthält gleichfalls aus sehr früher Zeit herrührende Abbildungen aus dem Leben heiliger Personen und der biblischen Geschichte. Die Sage, dass vor der Reformation Wallfahrten nach der Kirche zu Langenhessen stattgefunden haben sollen, und der kleine Werdauische Markt und Ablass hier unter den Linden abgehalten worden sei, lässt sich keinesweges urkundlich beweisen. Vor vielen Jahrhunderten wurde der Gottesdienst zu Langenhessen von den Chorherren des Klosters zu Crimmitzschau verwaltet, von denen 1397 Heinrich Roith und bald darauf Paul Mainart als Prediger zu Langenhessen fungirten.

Das Rittergut Bosenhof ist übrigens nicht in die Kirche zu Langenhessen, sondern in die zu Neukirchen eingepfarrt. Diese Kirche entstand 1488 unter dem Namen der neuen Martinskirche, zum Unterschiede von der alten Martinskirche, welche schon im Jahre 1222 auf dem Orte stand, wo später das Kloster Carthause sich erhob und jetzt das Rittergut gleichen Namens erbaut ist. Die verwittwete Churfürstin Margarethe von Sachsen und der Pfandinhaber des Amtes Crimmitzschau, Federangel, hatten den Augustinern das Kloster abgekauft, um auf dessen Stelle ein Carthäuserkloster zu stiften; da nun aber die Carthäuser eigentlich keine Predigermönche waren und deren strenge Ordensregeln beim Gottesdienste die Gegenwart von Frauen untersagten, so verordneten die Stifter, dass eine neue Kirche erbaut, und ein besonderer Pfarrer dabei angestellt werden sollte. Kaiser Friedrich III. hatte die Fundation der Kirche bestätigt, aber ehe Hans Federangel sein Gelübde völlig ausführen konnte, überraschte ihn der Tod, und sein Erbe, Kilian Schicker liess sich in dieser frommen Angelegenheit so säumig finden, dass der Churfürst selbst sich der Sache annehmen und Schicker befehlen musste, die Punkte des Testaments zu erfüllen. Der Erbe musste dem Kloster für gewisse Ansprüche 1000 rheinische Gülden verschreiben, eine neue Pfarrkirche und Pfarrwohnung bauen und die Pfarre dotiren. Der Bau ging indessen so langsam von Statten, dass 1496 Beschwerden über den säumigen Kilian Schicker beim Churfürsten einliefen, worauf endlich durch Vermittelung des Bischofs zu Naumburg ein neuer Vergleich entstand, der alle Partheien zufrieden stellte. Das Weitere über diese Kirche haben wir bereits im 2ten Erzgebirgischen Hefte unseres Albums bei der Schilderung des Schlosses Schweinsburg unseren Lesern mitgetheilt.

Otto Moser, Red.