Textdaten
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Titel: Rafael’s Geliebte
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aus: Die Gartenlaube, Heft 16, S. 255
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1869
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[245] 

Rafael und die Fornarina.

[255] Rafael’s Geliebte. (S. S. 245.) In der jedem Kunstfreunde wohlbekannten Galerie des Palastes Barberini in Rom ist es vorzüglich ein Bild, welches die Augen der fremden Besucher auf sich zieht. Es ist das Portrait eines in üppigster Jugendfülle prangenden Weibes mit schwellenden Formen und echt römischer Farben- und Sinnengluth, welches die Meisterhand Rafael Santi’s von Urbino, des Lieblings der Musen und Grazien, mit unnachahmlicher Kunst auf die Leinwand gezaubert hat. Auf der goldenen Armspange der reizenden Frau hat Rafael selbst seinen Namen eingeschrieben, so daß an der Echtheit des Gemäldes kein Zweifel bleibt, die Geschichte aber kennt das schöne Original des Bildes als Rafael’s Geliebte, die sogenannte Fornarina (die Bäckerin), zu welcher der große Künstler bald nach seiner Ankunft in Rom in solcher Leidenschaft entbrannt sein soll, daß seine Neigung erst mit seinem Leben selbst erlosch. Diese Fornarina, die, wie behauptet wird, der Maria auf seiner unvergleichlichen sixtinischen Madonna, der Perle des Dresdener Museums, zum Modell gedient, hat sich nun der Zeichner unserer heutigen Illustration, welcher in Rom selbst das Portrait mehrfach nachgebildet, zum Vorwurf genommen und den Moment gewählt, wo das verführerische Weib den schon kränkelnden Meister, jedenfalls nach längerer Sitzung vor der Staffelei, mit erfrischender Spende aus dem eigenen Garten zu erquicken sucht.