RE:Theodosios 7
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Patriarch von Alexandrien | |||
Band V A,2 (1934) S. 1935–1937 | |||
GND: 100962467 | |||
Theodosios von Alexandria in Wikidata | |||
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7) Patriarch von Alexandrien von 535–536. Als der monophysitische Patriarch Timotheos von Alexandrien am 9. Februar 535 (nicht 538 wie Hergenröther-Kirsch Handbuch d. Kirch.-Gesch. I 641 angibt, s. u.) starb, wählten die Vornehmen und der Klerus von Alexandrien, durch den von der Kaiserin Theodora dahin beauftragten Statthalter beeinflußt, T., der der monophysitischen Fraktion der Severianer, nach T. auch Theodosianoi genannt, angehörte, zu dessen Nachfolger (am 9. Febr. d. J. Brev. Liberati c. 20. Theoph. 222, 13. 241, 6ff.). Der Pöbel wählte gegen ihn den Archidiakon Gaianos, einen Anhänger der monophysitischen Iulianoi (Gaianitai) (Vict. Tun. 538. 540. Isid. Chron. min. II 475. 397, 6). Diese zwei Sekten sind identisch mit den Aphthartodoketen und Phthartolatren jenes Teiles der Monophysiten, die das Henotikon Kaiser Zenos angenommen hatten (Hergenröther-Kirsch 664). Das Jahr ist bestimmt durch den Bericht des gleichzeitigen Zacharias Rhetor (edd. Schrenz-Krüger 9, 19), durch T.’ Annahme der Kirchengemeinschaft mit dem schon im Frühjahr 536 abgesetzten [1936] Anthimos von Konstantinopel (Briefe des Anthimos an die monophysitischen Führer Zach. Rhet. IX 21-26), ferner konnte Severos von Antiochien T.’ im Juni abgeschickte Inthronisationsanzeige (Synodika) zugleich mit seiner eigenen 112. Homilie, die im Juli 535 gehalten wurde, am Kirchweihfeste in Antiochien verlesen (W. Wright Cat. of Brit. Mus. Add. 14, 602; vgl. A. Jülicher Z. Gesch. d. monoph. Kirche in Ztschr. f. d. neutest. Wiss. XXIV 31; Liste d. alex. Patr. in Festschr. f. Karl Müller, Tübingen 1922, 7ff.).
T. mußte dem Gegenkandidaten weichen. Gaianos hielt sich dreieinhalb Monate lang, bis der auf Betreiben der Kaiserin Theodora zur Schlichtung des Streites entsandte Narses sich für T. als den zuerst Gewählten und Geweihten entschied. Tagelange Kämpfe folgten, in denen Narses mit viel Blutvergießen, sogar Brandlegung schließlich T. mit Gewalt installierte und Gaianos verbannte. Es gelang ihm aber nicht, die Bevölkerung für T. zu gewinnen. Als T. seine Kirchen auftat, blieben sie leer. Erst jetzt konnte aber T. die übliche Synodika aussenden, daher ihre Datierung am 22. Juli d. J. und die von der Antisynodika des Severus am 26. Juli dess. J. Schon im nächsten Jahr setzte ihn Iustinian im Zusammenhang mit dem Besuch des Papstes Agapetus in Konstantinopel ab und ließ ihn nach Konstantinopel bringen (Theoph. 222, 15). Hier stellte man ihn vor die Wahl, die Beschlüsse der 4. Synode von Chalkedon anzunehmen, was die Kaiserin, ohne ihn zu fragen, von ihm in Aussicht gestellt hatte, oder seine Würde aufzugeben. Er wählte das letztere und wurde in das Kastell Derkos in Thrakien verbannt, wo andere monophysitische Führer bereits festgehalten waren (Ioh. Ephes. Comm. XIV 114ff. Vict. Tun. 540). Etwa ein Jahr später ging er unter dem Schutze der Kaiserin in das von ihr erbaute Kloster Sykai. Vict. Tun. 540 T. Sycas relegatus totum paene palatium et maximam regiae urbis partem sua perfidia maculatur. Er stand diesem bis zu seinem Tode vor, ein strenges asketisches Leben führend. Hier verfaßte er eine Schrift gegen einen Zweig der Severianer, die sich Agnoeten oder nach dem alexandrinischen Diakon Themistios Themistianer nannten. Die Severianer, die diese Schrift nicht annahmen, bannte T. Sie bildeten in Konstantinopel die Sekte der Kondobauditen oder Severiten. Aus diesen Spaltungen, die auch zum Übertritt vieler Monophysiten teils zur römischen Kirche, teils zu den Akephalern führten, ergaben sich in Alexandrien die Streitigkeiten über die Legitimität der Patriarchen. Es wurde weder für T. noch für Gaianos vorderhand ein Nachfolger bestellt (Jülicher L. d. Patr. 15f.). In Sykai trug T. viel zur Verbreitung des Monophysitismus im Orient bei, indem er die Bischöfe ordinierte, die, besonders durch Verwendung Theodoras in die Länder des Ostens und Südens geschickt wurden, so Iulianos für Nubien (543, Ioh. Ephes. hist. eccl. 250, übersetzt bei Bury II 328), und Jakob Baradai für Edessa (543, s. Art. Theodora. G. Kleyn Jakob Baradaeus, Akad. Proefschr., Leiden 1882). Unter T.’ Einflußnahme wurde wahrscheinlich 553 Paulos von Jakob Baradai als Patriarch für Antiochien ordiniert [1937] (Jülicher Z. Gesch. 36; nach Wright nr. 19. Kleyn a. O. 4 Anh. 164–194). Im J. 566 sandte der bereits sieche T., die Hoffnung noch einmal nach Alexandrien zurückzukehren aufgebend, ein Rundschreiben an Klerus, Mönche und Laien Alexandriens, mit der Ermächtigung für Paulos an seiner Stelle die ägyptische Kirche mit Priestern zu versehen (a. O. nr. 22). Kurz vor seinem Tode noch bestimmte T. den Longinos als Nachfolger des Iulianos und ließ ihn von Paulos zum Bischof der Nubier weihen (a. O. nr. 18. Für das J. 566 Jülicher Gesch.).
Theodora suchte vergeblich Vigilius nach seiner Ordination zum Papste zu bewegen, daß er T. und die anderen von Agapetus abgesetzten monophysitischen Führer wieder in seine Kirchengemeinschaft aufnehme (Vict. Ton. 542. Euagr. IV 9, 11). T. starb im ersten Consulate Iustins II. im J. 566. Nach seinem Tode weihte Paulos heimlich Petros III. als Nachfolger T.’. Holmes Age of Iust. a. Theodora 688. Duchesne L. Protégés de Théodora in Mél. d’arch. et d’hist. XXXV (1915) 66–74.