II. Kapitel
Makedonia
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aus: RE:Makedonia
Seite: 681–697
von: Otto Hoffmann
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VI. Volkstum und Sprache der Makedonen.

Die dürftigen Reste, die uns von der Sprache der Makedonen erhalten sind, bestehen teils in Namen, teils in einzelnen makedonischen Wörtern, die entweder gelegentlich in Werken über die makedonische Geschichte erwähnt oder als Glossen von den alexandrinischen Grammatikern zusammengetragen waren. Unter diesen scheint sich besonders der aus M. gebürtige Amerias in seinem Werke ‚Γλῶσσαι‘ mit der Sprache seines Heimatlandes beschäftigt zu haben. Mit Ausnahme der geographischen Namen ist dieses makedonische Sprachmaterial zuletzt von O. Hoffmann Die Makedonen, ihre Sprache u. ihr Volkstum 1906 gesammelt und kritisch bearbeitet worden. Trotz einzelner weiterführenden Gedanken kommen Hirt Die Indogermanen (1905) 149ff. 602ff. und Thumb Handb. d. griech. Dial. (1909) 8ff. nicht zu klaren Folgerungen aus den sprachlichen Tatsachen.

Die Frage nach der Sprache und dem Volkstum der Makedonen geht vielfach von der Anschauung aus, daß beides einheitlich gewesen sei, daß die Antwort also entweder ,griechisch‘ oder ,nichtgriechisch‘ lauten müsse. Nun schildern aber Herodot und Thukydides nach einer am makedonischen Königshofe lebenden Überlieferung anschaulich, wie der makedonische Staat nach seiner Gründung durch die Argeaden in langen Kämpfen mit den Völkern Illyriens und Thrakiens Schritt für Schritt seine Grenzen nach Norden und Osten vorschob. Mag sich in dieser Erzählung um den geschichtlichen Kern auch mancherlei Beiwerk gerankt haben, so steht das eine unbestritten fest, daß in dem M. des 4. Jhdts. Völker und Volksstämme verschiedener Abstammung und verschiedener Sprache zu einer politischen Einheit verbunden waren. Diese Tatsache drängt uns eine [682] Reihe von Fragen auf:• Wer waren die Makedonen selbst, der kleine Volksstamm, der, ehe er seine weltgeschichtliche Rolle zu spielen begann, auf enger Scholle an den östlichen Abhängen des Bermiongebirges wohnte? Und wie gestaltete sich später sein Zusammenleben mit den anderen Völkern, die er sich unterwarf and in einem Staate vereinigte? Haben diese etwa ihre Eigenart, ihre Sprache unverändert bewahrt, hielt sie nur die Machtstellung der makedonischen Fürsten zusammen, war also Μακεδών im 4. Jhdt. ein rein politischer Begriff? Oder gelang es den makedonischen Königen, ihre Völker innerlich einander näherzubringen und miteinander zu verschmelzen, bildete sich eine makedonische Nationalität heraus, die ihren äußeren Ausdruck in einer einheitlichen makedonischen Verkehrs- und Staatssprache fand, lange bevor die Koine zur Weltsprache des makedonischen Reiches erhoben wurde? Und wenn eine solche nationale und sprachliche Einigung gelang:• welchen Charakter trug sie? Setzte sich eine Sprache, eine Kultur, etwa die der Makedonen, durch? Oder ging aus der Verschmelzung der Völker eine Mischkultur und eine Sprache hervor, in der die verschiedenen Sprachen M.s, die eine mehr, die andere weniger, ihren Niederschlag fanden?

1. Der Volksname Μακεδόνες ist griechischen Ursprungs. Er kehrt in Thessalien wieder. Nach Herodot I 56 hatte das ἔθνος Δωρικόν ursprünglich in Thessalien gewohnt, zuerst in der Phthiotis, dann in der Hestiaeotis und endlich am Pindos unter dem Namen ‚Μακεδνόν‘. Von den Hauptstaaten des Peloponneses, die Kontingente zu der griechischen Flotte bei Artemision stellten, sagt er VIII 43:• ἐόντες οὗτοι, πλὴν Ἑρμιονέων, Δωρικόν τε καὶ Μακεδνὸν ἔθνος, ἐξ Ἐρινεοῦ τε καὶ Πίνδου καὶ τῆς Δρυοπίδος ὕστατα ὁρμηθέντες. Der Zusammenhang zwischen Μακεδνός und Μακεδόνες liegt auf der Hand:• es sind zwei in regelmäßigem Ablaut zueinander stehende Formen desselben griechischen Wortstammee, für den aus dem Adjektivum μακεδνός (φύλλα μακεδνῆς αἰγείροιο η 106) die Bedeutung ,hoch, schlank‚‘ zu erschließen ist. So gehört Μακεδόνες zu den wenigen Volksnamen, die deutlich eine Eigenschaft bezeichnen; aus dem Germanischen lassen sich vergleichen die Langobardi ,die Langbärte‘, Chauki ,die hohen‘ (zu got. hauh-s, ahd. hōh), Quādi ,die bösen, häßlichen‘ (zu mhd. kwaud ,böse, häßlich‘, ahd. quāt ,böse‘), vielleicht auch Burgundiones ,die großen‘ (zu altind. brhant- ,groß, gewaltig, stark‘), vgl. Hirt Beitr. z. Gesch. d. deutsch. Spr. u. Lit. XXI 125ff.

2. Die Namen des makedonischen Königshauses, der makedonischen Fürsten und Vornehmen sind mit wenigen Ausnahmen rein griechisch. Sie tragen ein ausgesprochen dialektisches Gepräge und klingen in ihren Lauten und Stämmen am stärksten an die griechischen Namen Thessaliens an. Die folgende Auswahl berücksichtigt besonders solche Namen, die durch ihre Laute und ihre Bildung eine sprachliche Eigenart zeigen (die in Klammer zugesetzten Zahlen verweisen auf O. Hoffmann Die Makedonen 116ff., wo das Nähere über die Persönlichkeiten und die Überlieferung der Namen zu finden ist. Die Abkürzung HPG. bezieht sich auf [[Friedrich Bechtel|Bechtel]] Die historischen [683] Personennamen des Griechischen bis zur Kaiserzeit, Halle 1917).

• Ἄγερρος (138), ein als Bürge im Perdikkasvertrag des J. 423 genannter Neffe des Königs Perdikkas, zu homer. ἀγέρὤχος, einem namentlich den Troern gegebenen ehrenden Beiwort, das als Name in Milet gefunden ist (4. Jhdt.).
• Ἀδαῖος (190), ein beliebter Makedonenname, zuerst unter Philipp belegt, vereinzelt auch in Griechenland vorkommend, Kurzform auf -αιος zu dem Namen Ἀδάμας Il. XII 140. XIII 560 u. ö.
• Ἁδέα (216), der Mädchenname der Gattin des Philipp Arridaios, die sich als Königin Eurydike nannte, Enkelin des Perdikkas II. Denselben Namen in der Form Ἁδεῖα führt die Frau des Makedonen Autodikos, eines Bruders des Königs Lysimachos. Das ᾱ des Stammes ist lang, es entsprechen genau die häufigen attischen Namen Ἡδεῖα, Ἡδέα zu ἡδύς aus ἁδύς.
• Ἅδιμος (143), Bürge des Perdikkasvertrages, zu griech. Ἁδίμα, alter Frauenname aus Thera, Ἅδυμος beliebter nordgriechischer Name zu ἇδος ‚Freude‘, ἅδυμος u. a., s. Ἁδέα.
• Ἁέροπος (130), Bruder des Reichsgründers Perdikkas, gleichnamig mit dem alten König Ἠέροπος von Tegea (Herodot IX 26), vielleicht mit dem Volksnamen Ἀέροπες verwandt.
• Αἴσυμνος (222), vornehmer Makedone des 4. Jhdts., gleichnamig mit dem griechischen Heerführer Αἰσυμνός Λ 303. Als Appellativum das Stammwort des Verbums αἰσυμνάω ,Recht sprechen, herrschen‘ (Eurip. Med. 19), davon αἰσυμνήτης, αἰσυμνητήρ, Grundbedeutung also Richter, Herrscher‘, vgl. die Namen Ἁγήμων, Ἀστύνομος, Πρύτανις, mak. Κάρᾱνος u. a. m. (HPG. 514ff.).
• Ἀλέξανδρος (1331, Argeade.
• Ἀλκάνωρ (202), vornehmer Makedone aus dem Ende des 4. Jhdts.
• Ἀλκέτας (133), Argeade.
• Ἀμακτύων (224), ein Oberst der königlichen ἴλη unter Seleukos II. Das zweite Glied des Namens nur noch in Ἀμφι–κτύονες (nicht mit ἀμφικτίονες gleichzusetzen). Das erste Glied in Ἂμάκλητος, Ἀμα–κλείδας (Fick Gr. Personennamen² 55), vielleicht auch in dem äolischen Monats- und Personennamen Ἀμα-λώϊος; (HPG. 523) neben Ὁμο-λώϊος, vgl. den makedonischen Monat Λώϊος.
• Ἀμύντας (133), Argeade.
• Ἀμύντωρ (170), Vater des Hephaestion.
• Ἀντίπυτρος; (180), ein beliebter Name vornehmer Makedonen.
• Ἀργαῖος (132), Sohn des Reichsgründers Perdikkas, von ἄργη ,Glanz‘, erhalten in dor. αργᾱντ- ,glänzend‘ (Pind. Ol. XIII 69) aus ἀργᾶ-εντ-.
• Ἀργέας (121), der Ahnherr des Königsgeschlechtes der Ἀργεάδαι.
• Ἀρραβαῖος (165), Lynkestenfürst, wahrscheinlich mit der beliebten makedonischen Konsonanten-Verdoppelung aus Ἀραβαῖος zu ἄραβος ,Gerassel‘, ἀραβέω ,rasseln, klirren‘ (ἀράβησε δὲ τεύχε’ ἐπ’ αὐτῷ). Eine ähnliche Bedeutung zeigt der Name seines Sohnes Βρομερός zu βρόμος ,Getös, Lärm‘.
• Ἀργι-δαῖος (134), ein alter Name im Argeadenhause, gekürzt aus Ἀρρί-δαμος mit Ἀρρι- aus Ἀρσι-, vgl. rhod. Ἀρσί-πολις, att. Ἀρρί-λεως.[684]
• Ἀρχέλας (138), Sohn des Perdikkas, als König Ἀρχέλαος genannt.
• Ἄσανδρος (193), Sohn des Philotas und Bruder des Parmenion, vgl. böot. Ϝάσ–ανδρος, thessal. Ϝασί–δαμος u. a. m., HPG. 85.
• Ἄτταλος (157), ein häufiger Name im makedonischen Adel, entweder ,Väterchen‘ als Deminutivum zu ἄττα, wie maked. Ἄττίνας (194) und Ἀττακῖνος (149), oder aus dem Vollnamen Ἀταλόφρων gekürzt.
• Αὐτόδικος (172), Bruder des Königs Lysimachos.
• Ἀφθόνητος (179), ein Page Alexanders, in thessal. Dialektform Ἀφθόνειτος (Hoffmann GD II 519), böot. Ἀφθοννώ, ohne ἀ- in thess. Φθόνειτος
• Βάλακρος (175), ein σωματοφύλαξ Alexanders, mit β für φ nach makedonischer Aussprache, vgl. die häufigen und alten Namen Φάλακρος zu Φαλακρίων ,kahlköpfig‘, Bechtel Einstämm. Personennamen 37ff.
• Βερενίκα (217), Tochter des Makedonen Magas, Gattin des Ptolemaios Lagos. Durch sie wurde Berenika ein häufiger makedonischer Frauenname. Βερε- nach makedonischer Aussprache für Φερε-.
• Βοραῖος (148), Bürge des Perdikkasvertrages, wahrscheinlich nicht zu βορέας, sondern mit β- für φ- aus Φοραῖος als Kurzform zu den Namen auf -φορος wie Καλλί–φορος, Ὀνασί–φορος, Παρ–φορος (HPG. 445).
• Βότρης (150), Bürge des Perdikkasvertrages zu argiv. Βότρας, herakl. Βότριχος, Βότρυς, vgl. Fick Griech. Personennamen 325.
• Βοῦκ[ρος] (148. 270), Bürge des Perdikkasvertrages. In der verderbten Form Βόκρος überliefert als Name eines Sohnes des Amyntas I. Kurzform zu Βου–κράτης oder Βού–κρανος ,Ochsenkopf‘ (HPG. 98), vgl. den ätolischen Namen Βοῦκρις.
• Βρίσων (195), ein Führer der τοξόται unter Alexander, zu βρῖσαι ,wuchtig bedrängen‘ (ἔβρισαν Λυκίων ἀγοί, Il. XII 346).
• Βρομερός (165), Sohn des Lynkestenfürsten Ἀρραβαῖος (s. d.), zu βρόμος ,Getöse‘.
• Γαιτέα[ς], Bürge des Perdikkasvertrages, wahrscheinlich mit γ für χ zu den alten griechischen Namen Χαῖτος, Χαῖτις, Χαίτων (Solmsen Kuhns Ztschr. XXXIV 550). Möglich wäre auch die Verbindung mit γῄτης ,Landmann‘ (Soph. Trach. 32) aus γᾶΐτᾱς.
• Γαυάνης (129), Bruder des Reichsgründers Perdikkas, aus ἀγαυ–ᾱνης ,mit edlem Antlitz‘ (ἀγαυός und -άνης wie in dor. ποτ–ᾱνής, προσ–ᾱνής ,freundlich‘, πρ–ᾱνής, vgl Namen wie Εὔ–ωπος, Δύσ-ωπος, Γόργ–ώπας).
• Γοργάτας (205), vornehmer Makedone, der gleiche Stamm in den makedonischen Namen Γοργίας (188. 205), Γόργος (222).
• Γυγαία, die erste uns bekannte Frau des Argeadenhauses, Tochter des Amyntas I. Wahrscheinlich ein Kultname, vgl. Ἀθηνᾶ Γυγαία, Γυγᾶ· Ἀθηνᾶ ἐγχώριος Hesych. Ganz zu trennen von der λίμνη Γυγαίη] Il. II 865 u. ö. Anklingend an ὠ–γύγιος, γυγαί· πάπποι Hesych. γυγαίη νύξ· ἡ σκοτεινή.
• Δαμάσιππος (206), ein ἡγεμών im Feldzuge Philipps gegen Theben.
• Δεκάμιχος (206), Heerführer unter Archelaos; wahrscheinlich Dialektform für Δικά–μνιχος, [685] Kurzform zu Δικά–μνᾱστος, vgl. die Namen Δικα–φίλα, Δικη–κράτης und die Kurznamen Ἔρι–μνος, Πόλυ–μνις, Ἀϊ–μνώ zu den zahlreichen Vollnamen auf -μνᾶστος, –μνηστος, HPG. 321ff.
• Δρωπίδας (183), Vater eines Κλεῖτος, der Führer der königlichen ἴλη war. Der Stamm δρωπ-ist häufig in griechischen Namen, nach HPG 477 zu δρώψ· ἄνθρωπος Hesych.
• Ἐπόλλικος (195), ein Reiteroberst unter Alexander; im zweiten Gliede der gleiche Stamm wie in den Namen maked. Κίλλης, myth. Κίλλας Wagenlenker des Pelops, Κίλλος. Wenn diese nicht zu κιλλός ,grau‘ - sondern zu ὀ-κέλλω, κέλλω, -κίλλω ,treiben‘ gehören, so kann Ἐπο- eine makedonische Nebenform von Ἰππο- sein (vgl. lat. equo-, kelt. epo-).
• Ἑρμόλαος (179), Sohn des Σώπολις, ein Page Alexanders.
• Εὖκτος (225), ein ἑταῖρος des Königs Perseus, wahrscheinlich nicht zu εὐκτός ,erwünscht‘, sondern mit euböisch Εὐκταῖος, Εὐκτείδης Kurzform zu dem Namen Εὐκτήμων (HPG 267).
• Εὔλαιος (225), ein ἑταῖρος des Königs Perseus, Kurzform zu dem Makedonennamen Εὔλανδρος, s. d.
• Εὔλανδρος (142), Bürge des Perdikkasvertrages, aus Εὔλᾱο-ς, Εὔλᾱ-ς und -ανδρος zusammengesetzt, wie Εὔκλιππος aus Εὔκλος und -ιππος, Εὐξένιποος aus Εὔξενο-ς und -ιππος.
• Ζωπυρίων (196), Befehlshaber unter Alexander.
• Ἤθαρος (149), Bürge des Perdikkasvertrages, zu ἠθεῖος, ἠθαῖος, ἠθάς ,lieb, vertraut‘.
• Ἡράκων (196), Stratege unter Alexander; Kurzform zu Ἡράκλειτος.
• Θῦνος (149), Bürge des Perdikkasvertrages, zu θῦνος ,Andrang, Kampf‘, θῡνέω, θύνω ,stürmen (in der Schlacht)‘.
• Ἰόλλας (208), Sohn des Antipatros und Mundschenk Alexanders. Wahrscheinlich nicht als * Ἰολλᾱς (HPG 573) aufzufassen, sondern makedonische Dialektform für den Namen Ἰόλᾱος (207), den verschiedene vornehme Makedonen führen.
• Ἴππαλος (226), häufiger Name am Hofe der Ptolemäer.
• Κάλας und Κάλλας (196), Namen mehrerer makedonischer Heerführer des 4. Jhdts., Κάλις (208) ein Mitverschworener des Philotas; Kurzformen zu Vollnamen mit Καλλι- und Καλο-.
• Καλλίνης (186), Hipparch der Hetärenreiterei unter Alexander, Kurzform zu Καλλί-νικος.
• Κάρανος (123), in anderer Dialektform Κόραννος (125), ein König der makedonischen Heldensage, als Appellativum κάρᾱνος ein dorisches Wort mit der Bedeutung ,Häuptling, Anführer‘ (126).
• Κάσσανδρος (208), ein alter und beliebter, nicht dem Epos entlehnter makedonischer Adelsname, mit homer. Κασσ-άνδρα zu homer. κέκασμαι, dor. κέκαδμαι, Stamm καδ- ,sich auszeichnen, hervorragen‘. Κασσ- aus Κασσι- wie Φρασι- zu φράζω, φραδή, φράδ-μων.
• Κεβαλῖνος (209) verrät die von Philotas angezettelte Verschwörung dem Könige Alexander, Κέβλαος (209) Anhänger des Eumenes. Makedonische Dialektformen für Κεφαλῖνος, Κέφαλος HPG. 479.
[686]
• Κεrδίμμας (197), Vater des Satrapen Menon; Kurzform zu einem Vollnamen mit Κερδι- wie etwa Κερδι-μένης, vgl. therä. Κερδ-ώνυμος, achä. Κέρδων HPG. 285.
• Κλέανδρος (143), Bürge des Perdikkasvertrages.
• Κλεῖτος (183), Sohn des Δρωπίδας, Führer der königlichen ἴλη.
• Κλεοπάτρα (219), altmakedonischer Frauenname, zuerst von der Gemahlin des Perdikkas II. getragen.
• Κοῖνος (123), Sohn des Κάρανος (s. d.), wieder aufgenommen als Name in makedonischen Adelsfamilien, vgl. die griechischen Namen Καλλίκοινος, Κονιεύς HPG 253.
• Κορράβων und Κορράτας (144ff.), Bürgen des Perdikkasvertrages, dazu die aus späterer Zeit belegten makedonischen Namen Κόρραβος, Κόρραγος und Κορραῖος, wahrscheinlich alle von κόρση, κόρρη ,Schläfe, Haupt‘ abgeleitet (wie ambrak. Κορράδας). Möglich bleibt auch die Anknüpfung an κοῦροι, κόροι oder an Κόρη.
• Κρατέννας (149), Bürge des Perdikkasvertrages, wahrscheinlich Kurzform zu Κρατέ-νικος.
• Κράτερος (155), der bekannte Freund Alexanders, ein Oreste. Der auch in Griechenland vorkommende Name ist Kurzform zu Κρατερο–γένης, Κρατερό-φρων u. a.
• Κρατεύας (154), Vater des σωματοφύλαξ Πείθων; der Name setzt ein Verbum κρατεύω voraus, HPG 261.
• Κύνᾱγος (226), Vater des Strategen Ζεῦξις unter Antiochos III., aus makedonischem Geschlecht. Ein Berufsname, vgl. κυνηγός ,Jäger‘.
• Λᾶγος (153), Vater des σωματοφύλαξ Πτολεμαῖος;, aus Λά–αγος ,Führer der λᾱοί‘.
• Λανίκα (220), Tochter des Dropidas (s. d.) und Schwester des Kleitos, aus Λᾱο-νίκᾱ.
• Λαοδίκα (220), ein im Seleukidenhause häufiger Frauenname, den zuerst die Mutter des Seleukos I. Nikator trägt.
• Λεόννατος (168), ein häufiger Makedonenname, der erste bekannte Träger desselben gehörte zur Königsfamilie der Argeaden und war σωματοφύλαξ. Das erste Glied ist sicher Λεο- ,ganz, vollständig‘ in Λεο-τυχίδας (spartanischer Königsname), ion. Λεό-δικος, Λεο-θάρσης, Λεόβριμος. Wenn in Λεόννατος das -νν ebenso zu beurteilen ist, wie die Konsonantenverdoppelung in maked. Ἁρραβαῖος, Περ-δίκκας, thess. Παυσαννίας, δαμμάτηρ, μναμμεῖον u. a. (Brugmann-Thumb Griech. Gramm. § 120), so bildet Λε-όννατος den Vollnamen zu den Kurznamen Ὄνᾱτος aus Kroton, Ὀνάτιχος aus Tanagra HPG 349. Als Appellativ bedeutet ὄνητος ,nützlich‘.
• Λιμναῖος (147), Bürge des Perdikkasvertrages. Entweder ein Heimatsname (,gebürtig aus Λιμναί‘) oder ein Widmungsname (vgl. Διονύσιος Λιμναῖος, Ἄρτεμνις Λιμναία).
• Λύκαιος (143), Bürge des Perdikkasvertrages. Kurzform zu dem makedonischen Adelsnamen Λυκ-αγόρας (197), vgl. griech. Λθκ-αιθος, Λυκ–όλας, Λυκο–μήδης, Λυκό-φρων u. a. HPG. 289.
• Λυσάνδρα (221), Tochter des Ptolemaios Soter.
• Μάγας (222), Vater der Berenika, der Gattin des Ptolemaios I. Nach ihm wurden wieder der Sohn und der Urenkel der Berenika Μάγας genannt. Wahrscheinlich gibt γ die makedonische [687] Aussprache des χ wieder, dann stellt sich Μάγας zu den vielen mit μάχη gebildeten Namen wie Μάχης, Μαχίδας, Μάχιος, Μάχων u. a. m.
• Μαχάτας (163), ein häufiger makedonischer Adelsname, zuerst im Perdikkasvertrage, als Appellativum im Homer (μαχητής) und bei Pindar μαχᾶτας).
• Μελαμνίδας (197), ein makedonischer Offizier Alexanders. Die lautlich einwandfreie Ableitung aus Μελαν–αμνίδας HPG 303 (zu ἀμνός ,Lamm‘) erscheint trotz Μελάν–ιππος und del. Ἄμνος sehr ansicher. Eher zu Μελε-, Μελι- ,sorgen‘.
• Μενέλαος (138), Bruder des Perdikkas.
• Μίσγων (150), Bürge des Perdikkasvertrages; vgl. att Μίσγων, styrä. Μίργων, Kurzform zu dor. Μισγό–λαος HPG 319.
• Νίκαια (221), Tochter des Antipatros, heiratet 323 den Perdikkas.
• Νίκανδρος (144), Bürge des Perdikkasvertrages.
• Νικάνωρ (176) ein beliebter Name beim makedonischen Adel.
• Νικόλαος (192. 211).
• Ὁλκίας (211), Führer von 3000 makedonischen Hopliten unter Antigonos im J. 320. Entweder Kurzform zu Namen auf -ολκος, z. B. Δάολκος (HPG 152) oder wie Ἔρπυς Hdt. IX 38 (ἐρπύζω ,einherschleichen‘). Benennung nach dem schleppenden schwerfälligen Gange.
• Ὀξυμένης (202), Vater eines Makedonen Αἴσυμνος (s. d.).
• Ὀρόντας (158), Vater des σωματοφύλαξ und späteren Reichsverwesers Perdikkas. Eine Bildung wie maked. Ἀμύν–τας, Ἀλκέ-τας, der Wortstamm mehrdeutig.
• Ὀφέλλας (199), Trierarch aus Pella, ein echter Makedone; Kurzform zu Ὀφέλ-ανδρος, Ὀφελλοκλείδας (HPG. 354).
• Παντάπονος (142), Bürge des Perdikkasvertrages, aus παντα- (z.B. Παντα-κλῆς, Παντά-ξενος, Παντά-γνωτος) und πόνος zusammengesetzt, auch als thessalischer Name bezeugt.
• Πάνταυχος (199), beliebter makedonischer Adelsname, zu αὐχή ,Stolz‘.
• Παντόρδανος (183), Oberst eines Reiterregiments, wahrscheinlich zu ὀρδέω ,lege ein Gewebe an‘, ὄρδημα· ἡ τολύπη τῶν ἐρίων, lat. ordior ,ein Gewebe anlegen, anzetteln, anfangen‘, ordo, ordin-is ,Reihe, Ordnung‘.
• Παρμενίων (182), Sohn des Philotas, Chef des Stabes.
• Παυσανίας (149. 163), Prinz des elimiotischen Fürstenhauses.
• Πεισαῖος (171), Vater des σωματοφύλαξ Ἀριστόνους, vgl. thess. Πείσσας, Kurzformen zu Πεισιγόρας, Πείσ-ανδρος u. a.
• Περδίκκας (131), Name dreier Könige aus dem Argeadenhause, wahrscheinlich nicht zu πέρδιξ ,Rebhuhn‘ (HPG. 585), sondern Kurzform zu Περι-δίκαιος (vgl. Εὐ-δίκαιος aus Amorgos IG XII 7 nr. 459) oder durch Verdoppelung des κ aus Περι-δίκας, vgl. kret. Θαρσυ-δίκας, nax. Δεινο-δίκης, att Φιλο-δίκης (HPG 135). Die Dialektform περ- für περι- z. B. in lakon. Πέρ-καλον Frau des Königs Damaratos Hdt VI 65, kret. Περ-γενίδας (HPG. 370).
• Περίλαος (212), Bruder des Königs Kassandros.
• Περοίδας (184), Oberst eines Reiterregiments, wahrscheinlich mit kephall. Ἐξ-οίδας, thess. [688] Πιτ-οίδας, Οἴδας (HPG. 344) zu οἰδάνομαι, οἰδέω in der übertragenen Bedeutung ,geschwollen, zornig, erregt sein‘, οἰδάνεται κραδίη χόλῳ Il. IX 646.
• Πευκόλαος (178), Truppenführer Alexanders, entweder zu homer. ἐν φρεσὶ πευκαλίμῃσι oder zu hom. πτόλεμος πευκεδανός Il. X 8, βέλος3 ἐχεπευκές Il. I 51. Vielleicht gehört auch der Name Πευκέστας (177), der mehrfach im Heere Alexanders vorkommt, hierher; doch kann er auch mit dem Volksnamen Χάων Πευκεστός in Epirus zusammenhängen.
• Πολυπέρχων (156), Führer der Τυμφαῖοι in Alexanders Heer, dialektische Form für Πολυσπέρχων-onigX&v, vgl. die Kurznamen Σπέρχις, Σπερχύλος, Σπέρχων (HPG 404), zu σπέρχω ,drängen‘, σπέρχομαι ,eilen‘.
• Πρεπέλαος (214), ein mit verschiedenen Missionen betrauter vornehmer Makedone unter Kassandros. In griechischen Namen ist Πρεπε- selten (HPG 384), häufiger sind Namen auf -πρέπης (vgl. Λεο-ορέοης) und -πρέπων.
• Πρωτέας (200), wiederholt Name vornehmer Ma-kedonen; ein Reitergeneral Alexanders heißt Πρωτόμαχος (200).
• Πτολεμαῖος (120, 173), einer der beliebtesten makedonischen Namen, in Griechenland besonders auf āolischem Boden (böot. Πτολεμαῖος König Thebens, Paus. IX 5, 6, thess. Τολεμαῖος aus Πτολεμαῖος), Kurzform zu den häufigen Namen auf -πτόλεμος.
• Πώταλος (229), ein vornehmer Makedone. Der Stamm Πωταλ- ist in Namen besonders in Thessalien und Boiotien belegt.
• Σάθων (186), Vater des Reiterobersten Sokrates unter Alexander. Die namentlich in dorischen Dialekten auftretenden Namen Σάθων, Σαθῖνος gehören zu σάθη penis (HPG. 482).
• Σᾶμος (229), Sohn des Trappenführers Chrysogonos unter Philipp im J. 218, wahrscheinlich ein Vollblutmakedone.
• Σέλευκος (174), Vater des σωματοφύλαξ Ptolemaios und wahrscheinlich Onkel des Σέλευκος Νικάτωρ, des Gründers des Seleukidenhauses. Der Name entspricht genau dem altlokrischen Namen Ζά - λευκος: wie Ζα- auf δια- zurückgeht (ζα–φλεγής, ζα–πυρος), so Σε- auf die nur für Thessalien bezeugte dialektische Nebenform διε: Ursprünglich ,sehr leuchtend, sehr hell‘.
• Σιμμίας (156), Vater des Polyperchon, mit μμ für μ wie in thess. Σίμμος, Σίμμιχος, Σιμμίους, böot. Σιμμίας (HGP. 491).
• Σταδμέας (144), ein Bürge des Perdikkasvertrages, nach makedonischer Aussprache für Σταθμέας, vgl. arkad. Σταθμίας (HPG 405), zu στάθμη in der Bedeutung ,Ordnung, Satzung, Regel‘, wie Θεσμο–γένης, Θεσμό-κλητος zu θεσμός.
• Στασάνωρ (201), ein ἑταῖρος Alexanders.
• Στρατονίκα (221), ein beliebter Frauenname im makedonischen Adel.
• Σωκράτης (186), Reiteroberst unter Alexander.
• Σώπολις (179), Vater des Pagen Hermolaos.
• Σῶσις (203), Vater eines Makedonen Ἀντίπατρος. Kurzform zu Namen mit Σωσι-.
• Σώστρατος (179), Sohn eines Amyntas, Page Alexanders.
• Τεύταμος (215), ein makedonischer Heerführer unter [689] Antigonos. In der thessalischea Heldensage treten die Namen Τευταμίδης, τευταμίας auf.
• Φίλιππος (121), zuerst im Stammbaum der Argeaden.
• Φιλώτας (180, 182 u. ö.), ein besonders beliebter Makedonenname, gebildet wie thess. Κλεούτας (aus Κλεώτας), vgl. HPG. 242.
• Φιλωτέρα (221), Schwester des Ptolemaios Philadelphos.
• Χάρος (215), ein junger vornehmer Makedone unter Alexander, Kurzform zu Χαρο-κλῆς, Χαρότιμος u. a.

Wie bei den Griechen, waren auch bei den Makedonen Namen aus der griechischen Heldensage beliebt: Ἕκτωρ (207), Μελέαγρος (146), Μενέλαος (138), Μενεσθεύς (184), Νεοπτόλεμος (202), Νέστωρ (211), Ὀρέστης (133), Πάτροκλος (228), Τληπόλεμος (201). Natürlich können das zum Teil auch bodenständige echtmakedonische Namen gewesen sein, was unbedingt für Ἀλέξανδρος (119) und Κάσσανδρος (208) zutrifft.

Verschwindend gering ist die Zahl der makedonischen Namen, für die mit Sicherheit nichtgriechischer Ursprung angenommen werden muß. Ob Δέρδας (159) wirklich mit Δάρδανος zusammenhängt (HPG 116), bleibt mehr als zweifelhaft; auch Δάδων (146), Μόλυκος (211) und Μόλων (228) lassen sich aus dem Griechischen ableiten. Ἀρύββας (176) heißt auch ein Molosserkönig, der Name war in Epirus heimisch und geht auf die Stadt Ἀρύββα zurück. Βυργῖνος Κράστωνος (141) ist ein Bürge des Perdikkasvertrages, vielleicht Prinz aus einem thrakischen Fürstengeschlechte. Auch ein zweiter Bürge, Διρβέ[ας], trägt einen Namen, für den man im Griechischen keine Aufklärung findet. Die Gattin Philipps, Αὐδάτα, war eine Illyrierin und deshalb wird auch der Name ihrer Tochter Κυννάνα oder Κύννα (219) illyrisch gewesen sein. Σίρρας (160ff.) war kein makedonischer König aus der Elimeia, sondern ein illyrischer Fürst, dessen Tochter den Amyntas heiratete. So bleibt außer den auch in Griechenland üblichen Namen Σειληνός (199), Μαρσύας (210), Σιβύρτιος (200) noch Σαβατταρᾶς (164) übrig.

Da es völlig ausgeschlossen ist, daß die Makedonen ihre ganze Namengebung im 6. und 5. Jhdt. den Griechen entlehnten, kann aus dem rein griechischen Charakter der makedonischen Namen nur der eine Schluß gezogen werden, daß die führende Oberschicht im makedonischen Staate Griechen waren. Und da die Lautfonn und die Bildung der makedonischen Namen ebenso wie der Volksname Μακεδόνες nach Thessalien hinüberweisen, so bestätigen sie das, was die makedonische Heldensage (Hoffmann Makedonen 123ff. 258) und die Überlieferung des Argeadenhauses uns erzählen und was mit dem geschichtlich klar erkennbaren Vordringen der Makedonen von Westen nach Osten (Ἔδεσσα: Αἰγαί, Βούνομος: Πέλλα) übereinstimmt: daß die Makedonen ein ursprünglich im nördlichen Thessalien wohnhafter, griechischer Volksstamm waren, der zusammen mit anderen Griechenstämmen (den Tymphaeern, Oresten, Elimioten) sich aus der engen Verbindung mit der Heimat löste und zwischen Bermion und Olymp hindurch in die Ebene zwischen Aigai und Pella hinaustrat, wo es ihm gelang, die illyrischen Stämme zu unterwerfen [690] und mit ihnen den makedonischen Staat zu gründen.

3. Von den Kultnamen der Makedonen lassen die Monatsnamen keinen Zweifel an ihrem griechischen Ursprung (O. Hoffmann Die Makedonen 101ff.). Vier von ihnen kehren genau in der gleichen Form in Griechenland wieder:

Ἀπελλαῖος,   Ἀρτεμίσιος,
Δῖος, Πάναμος.

Zwei sind verkürzt aus volleren Formen, die auf griechischem Boden weit verbreitet waren:

Δαίσιος   aus  Θεο–δαίσιος,
Δώϊος  aus  Ὁμο–λώϊος.

Bei den nächsten vier führen Stamm und Bildung auf naheliegende Deutungen aus dem Griechischen:

Λύστρος, wahrscheinlich für Θύστρος, gleichen Stammes mit dem Namen des griechischen Dionysosfestes Θυῖα und den griechischen Monatsnamen Θύῖος, Διόσ-θυος. Der Bildung nach steht θύσ–θλα, der Name einer bacchantischen Dionysosfeier, am nächsten (Stamm θυσ- ,rasen, verzückt sein‘, davon auch θυσ–τάς ,Bacchantin‘).

Ξανδικός für Ξανθικός, benannt nach dem Fest Ξανθικά, einer Lustrationsfeier des makedonischen Heeres, die auch für Boiotien mit dem gleichen Ritus bezeugt ist. Die Ableitung von ξανθός ist kaum zweifelhaft, wenn auch die Beziehung zwischen dem Namen der Feier und der Bedeutung des Adjektivs unerklärt bleibt.

Περίτιος, nach dem Feste Περίτια benannt, das ,Umzug, Prozession‘ bedeutete, zu περι–ιέναι.

Ὑπερβερεταῖος, benannt nach einem Fest des Ζεὺς ὑπερβερέτᾱς, dessen Name (von ὑπερφέρω ,überragen‘) gleichbedeutend mit den Zeus-Beinamen ὕπατος, ὑπέρτατος, ὑπερμενής und wie νεφελ-ηγερέτα, ὑψι–βρεμέτης u. a. gebildet ist.

So bleiben nur zwei übrig, die sich nicht mit bekannten griechischen Wortstämmen verknüpfen lassen; doch spricht auch bei ihnen nichts gegen griechische Abstammung.

Αὐδναῖος.
Γορπιαῖος, schwerlich mit Δορπία oder καρ–πός verwandt.

Unter den Gottheiten der Makedonen (Otto Hoffmann Die Makedonen 62ff.) nimmt Ζεύς die erste Stelle ein. Nach seinem Feste Δῖα (vgl. att. Διάσια, Πάν–δια) ist der makedonische Monat Δῖος benannt, in Aigai wurden Ὀλύμπια gefeiert. Zwei seiner makedonischen Beinamen sind uns erhalten, beide mit echt makedonischem Charakter: Ὑπερβερέτας für ὑπερφερέτας, aus dem makedonischen Monatsnamen Ὑπερβερεταῖος zu erschließen, und Ἑταιρεῖος als Schirmherr des makedonischen Adels, der ἑταῖροι, dazu das Fest Ἑταιρίδια.

Der Ares Θαῦλος (94) klingt an das dorische Fest Θαυλία und das attische Geschlecht der Θαυλωνίδαι an.

Der Name des Dionysos Ψευδάνωρ (94) führt, wenn er richtig überliefert ist, auf irgend einen Mythos oder Kultbrauch zurück.

Von den Sondergöttern und Dämonen ist der Erinyenname Ἀραντίδες (95ff.) nicht zu trennen von ἀρά ,Fluch‘, das von griechischen Dichtern personifiziert und als gleichbedeutend mit Ἐρινύς gebraucht wird.

Für Δάρρων (95), eine Gottheit, von der der [691] Kranke Genesung erflehte, liegt die Ableitung von θάρσος, θαρσέω ,Mut fassen‘ nahe.

Endlich lassen sich die Θούριδες· νύμφαι, μοῦσαι (97) mit den als Dienerinnen des Dionysos und Apollo bezeugten griechischen Θεωρίδες in Verbindung bringen (ου aus ω auch in anderen makedonischen Wörtern).

Diesen griechischen Götter- und Dämonennamen der Makedonen stehen einige gegenüber, die ihren Ursprung im thrakisch-phrygischen Kult haben.

Daß in Makedonien der thrakisch-phrygische Vegetationsgott Σαυάζιος, Σαβάδιος verehrt wurde, folgt aus dem makedonischen Silenennamen Σαυᾶδαι (6). Zu seinem Gefolge gehörten auch die weiblichen Κλώδωνες und Μιμαλλόνες (98), deren Namen ungriechisch sind.

Βέδυ (wohl als Wedu zu sprechen) wurde von den makedonischen Priestern in ihren Gebeten angerufen (98), als ἀήρ gedeutet. Vielleicht von dem indogermanischen Stamme - ,wehen‘.

Die Aphrodite Ζειρήνη (93) hängt mit dem thrakischen Ort Ζειρηνία zusammen, wie der makedonische Ἡρακλῆς Ἐδεσσαῖος mit der Stadt Ἔδεσσα, die makedonische Ἄρτεμις Γαζωρία mit der makedonischen Stadt Γάζωρος.

So stimmen die Kultnamen mit den Personennamen darin überein, daß sie im ganzen griechische Züge tragen. Ein leichter Einschlag des thrakisch-phrygischen Kultes, der ja auch in Griechenland selbst deutlich spürbar ist, nimmt nicht wunder.

4. In dem als makedonisch überlieferten Wortschatz lassen sich drei Elemente unterscheiden. Das erste sind deutlich griechische oder aus dem Griechischen leicht abzuleitende Wörter, die zum Teil eine ausgesprochene Dialektform zeigen. Das zweite sind ebenfalls alte echtgriechische Wörter, deren Lautgestalt und Form aber den bekannten Gesetzen der griechischen Sprache widerspricht. Das dritte endlich sind Wörter, die sich ihrem Stamm und ihrer Form nach aus dem Griechischen nicht erklären lassen. Die folgende Auswahl aus allen drei Klassen beschränkt sich auf das unbedingt beweiskräftige Material (die in Klammern beigefügten Zahlen beziehen sich auf O. Hoffmann Die Maked.).

a) Griechische Wörter, zum Teil in einer aus dem Griechischen verständlichen Dialektform.

• ἄγημα (85), die Garde des Königs, nur aus ἑταῖροι bestehend. Eigentlich die ,führende‘ Spitze des Heeres mit dem Könige. In dieser ursprünglichen Bedeutung gebrauchten die Lakonen das Wort.
• ἀγκαλίς ,Sichel‘ (66) zu ἀγκύλος ,gekrümmt, gebogen‘, ἀγκάλη) (auch ἀγκαλίς) ,Ellenbogen, Arm‘.
• ἄγχαρμον ,die senkrechte Haltung der Lanze‘ (88) ist aus dem militärischen Kommando ἄνα χάρμᾱν ,hoch die Lanzenspitze!‘ hervorgegangen. Das Substantivum χάρμᾱ ,Lanzenspitze‘ ist aus der dorischen Chorlyrik bekannt, bei Pindar in χαλκοχάρμας, σιδαροχάρμας. Das steile Aufrichten der Lanze war bei den Makedonen ein ,Griff beim Exerzieren und zugleich ein Signal in der Schlacht.
• ἀγκουνοί ,Grenzsteine‘ (74), wahrscheinlich die ,Spitzen‘, zu ἀκρός, Suffix -ωνο-.
• ἀμαλός ,zart, jung‘ (52), sonst nur in der episch-dichterischen Sprache fortlebend.
• ἀορτή ,Mantelsack, Rucksack für Kleider‘ (90), vielleicht ein Nominativ ohne -ρ (s. ἀδῆ unter b), dann genau dem homerischen ἀορτήρ , Wehrgehänge‘ (eigentlich ,der Aufhänger‘ zu ἀείρω) entsprechend.
• ἀργίπους ,Adler‘ (45), volksetymologisch (mit Anlehnung an πούς) für ἄργιπος = altind. rjipyas Beiwort des ,Falken‘, altiran. erezifya ,Falke‘. Das Wort kann echtgriechisch sein; denn sein erster Teil steckt auch in dem homerischen ἀργί–ποδες κύνες ,streckfüßige Hunde‘, κύνες πόδας ἀργοί Il. XVII 578, zu ὀρέγω ,recken, ausstrecken‘.
• ἄσπιλος ,Gießbach, Bergstrom‘ (39), nach griechischem Lautgesetz aus ἄπ-σπιλος und dieses aus ἀπό-σπιλος ,vom Bergfelsen kommend‘, vgl. ῥεῖθρον ἀπὸ σπιλάδων Ps.-Theokr. XVII 5, ferner ἀπό–γειος ,vom Lande her wehend‘, ἀπο-γεία ,Landwind (ἀπὸ γῆς). Für σπιλάς ist eine Nebenform σπίλος bezeugt.
• γυάλας ,Pokal‘ (71) zu γύαλος ,gewölbt‘.
• δαίτᾱς, erklärt durch μεγιστής (80), kann entweder der ,Schiedsrichter‘ oder der ,Vorschneider‘ der Hoftafel gewesen sein. Im Griechischen ist das Wort in beiden Bedeutungen aus zwei Zusammensetzungen bekannt: Ἰσο–δαίτης als Name verschiedener Gottheiten (Διόνυσος, Πλούτων) kann nur ,gleich, gerecht verteilend‘ bedeutet haben, wie δατητής, dagegen geht das lakonische κρέω-δαίτας auf das Zerlegen des Fleisches beim Mahle.
[692]
• διμάχαι (83), eine schwere Reiterei, die in der Schlacht auch absitzen und als Fußtruppe verwendet werden konnte, angeblich von Alexander geschaffen. Gebildet wie att. ὁπλο–μάχης, μονο-μάχης.
• ἐπιδειπνίδες ,Nachtisch‘ (70) zu δεῖπνον ,Mahlzeit‘.
• ἑταῖροι ,Ritter‘ (115), der berittene makedonische Adel. Eine Entlehnung des Wortes aus dem Epos ist ausgeschlossen, Homer kennt gar keine Reiterei. Der Name πεζ–έταιροι ist erst zu ἑταῖροι neu gebildet, um die vollbürtigen Makedonen griechischen Blutes in der φάλαγξ von den übrigen Fußtruppen zu unterscheiden.
• ζέρεθρον (88) für homer. βέρεθρον, att. βάραθρον (beides aus gvere-) wird von Eustathius als makedonische, von Strabon als arkadische Form (vgl. arkad. ζέλλω für βάλλω) angeführt.
• ἰνδέα ,Mittag‘ (64), zu ἔν-διος ,mittäglich‘, ἔν-διον (ἦμαρ) und ἐν-δία (ἡμέρα) ,Mittag‘. Die Dialektform ἰν für ἐν ist aus Arkadien, Kypros und Kreta belegt.
• καρπαία, ein makedonischer Tanz (90ff.), besser eine Pantomime, die auch Änianen und Magneten aufführten und deren Inhalt eine βοηλασία (Λ 672) war. Nicht zu καρπός, sondern zu καρπάλιμος.
• κομμάραι ,Krebse‘ (48), makedonische Dialektform für das dorische κάμμαροι.
• κόραννος ,Fürst, Herrscher‘, aus dem mythischen makedonischen Königsname: Κόραννος (125) als dialektische Nebenform des ebenfalls makedonischen Κάρᾱνος (Grundform karasnos) zu erschließen.
• κοριναῖος ,uneheliches Kind, Jungfernsohn‘ (63), von κορίνα ,Jungfrau‘, einer Erweiterung von κόρα. Vielleicht ist das auch als makedonisch [693] überlieferte κύρνος ,uneheliches Kind‘ eine zur Gruppe b gehörende Nebenform.
• νικάτωρ ,Sieger‘ (86), ein Ehrentitel im makedonischen Heere, att. νικητήρ. Zum Andenken an seinen Sieg bei Gaugamela nannte Alexander ein benachbartes Gebirge νικᾱτόριον ὄρος. Nomina agentis auf -τωρ waren gerade bei den Makedonen beliebt.
• πελιός ,Greis‘ (152), eigentlich ,der Graue‘, für Makedonen, Thesproter und Molosser bezeugt.
• ῥάματα ,Trauben‘ (40) aus ῥάγ–ματα zu ῥάξ, ῥᾱγ-ός ,Beere, Weintraube (αἱ τῶν βοτρύων ῥᾶγες)‘.
• σαυτορία ,Rettung‘ (11), aus σαωτορία, von σαώτωρ, σαώτορ-ος, makedonische Form auf -τωρ (s. o. νικάτωρ) für att. σωτήρ aus σαωτήρ.
• σκοῖδος ,der mit der Führung der Bagage und des Proviants betraute Offizier‘ (83), gleichbedeutend mit σκευωρός und σκευοφύλαξ. Als erstes Glied einer Zusammensetzung kann σκο- aus σκεο- (vgl. νοσσός aus νεοσσός, ὁρτή aus ἑορτή) und dieses aus σκευο- (vgl. griech. σκεοθήκη), σκεοφύλαξ, σκεάζω, vom 3. Jhdt. v. Chr. an belegt) entstanden sein. Für den zweiten Wortteil sind mehrere Deutungen möglich.
• ταγοναγά· Μακεδονική τις ἀρχή (77). In dieser wahrscheinlich verderbten Hesychglosse steckt das homerische Wort τᾱγός ,Anführer‘, das in Thessalien Amtsname wurde. Im 5. Jhdt. heißt der thessalische Bundeshauptmann ταγὸς τῶν Θετταλῶν, und ταγοί sind die ersten Beamten der thessalischen Städte, nach denen die städtischen Urkunden datiert werden. Vielleicht ταγῶν ἀγά (zu ἄγω, wie ἀρχά zu ἄρχω) ,die Regierung der ταγοί‘, vgl. πολιτείαν ἄγειν, πόλιν ἄγειν.
• τελεσιάς, ein makedonischer Waffentanz (91), zu τελεσι- ,vollendend‘, vielleicht Abschluß einer Feder.
• χάρων ,Löwe‘ (43), bei Lykophron 455 Beiwort des Löwen, wahrscheinlich gekürzt aus χαροπός, dem homerischen Beiwort des Löwen.

b) Griechische Wörter mit fremdartiger Lautgestalt und Form. Hierher gehören zunächst diejenigen makedonischen Wörter, in denen – wie auch in mehreren makedonischen Personennamen – die übliche griechische Aspirata durch eine Media (θ durch δ, φ durch β) vertreten ist. Als griechischer Lautwandel ist diese Veränderung der Aspiratä, die ja von den Griechen als aspirierte Tenues gesprochen wurden (θ als th, φ als ph), schwer zu verstehen. Dagegen können Illyrier und Thraker, deren Sprache überhaupt keine Aspiratä besaß, in griechischen Wörtern die Aspirata durch eine Media ersetzt haben.

• ἀδῆ ,Himmel‘, ἀδραία ,heiterer Himmel‘(37). Aus αἰθήρ, αἰθραία (abgeleitet von αἴθρα, wie αἴθριος, αἰθρία von αἰθήρ). Auch die im Griechischen unbekannte Nominativform ohne -ρ, die dem Altindischen (pitá: πατήρ) und den baltisch–slawischen Sprachen (lit. mōtē, altslaw. mᾱtī: μήτηρ) eigen ist, weist darauf hin, daß αἰθήρ von der nichtgriechischen Bevölkerung Makedoniens ganz in ihre Sprache umgegossen wurde (252). Vielleicht sind auch ἀορτή (s. o. unter a) ,Mantelsack‘ und ἀλίη (s. u. unter c) ,Eber‘ Nominative ohne -ρ.
• δάνος ,Tod‘, δανέω ,töten‘ (75ff.), für θάνος, θανέω, zu θάν–ατος, θαν-εῖν.
[694]
• ἐδέατρος ,Vorsteher des Hofdienstes, besonders bei der königlichen Tafel, Hofmarschall, Truchseß‘ (78). Wahrscheinlich aus ἐπι-θέα-τρος ,Aufseher‘ von ἐπι–θεάομαι ,überschauen, besichtigen, beaufsichtigen‘, vgl. ἐφ-οράω, ἔφ-ορος, ἐπί–ουρος, ἐπί-σκοπος und das Simplex θεάομαι in der Bedeutung ,mustern‘. Die Verkürzung der Präposition ἐπί zu ἐπ ist aus dem thessalischen Dialekte bekannt: ἐτ τᾶ = ἐπὶ τᾶι (Otto Hoffmann Gr. Dial. II 388). Danach ἐ-δέατρος für ἐδ-δέατρος aus ἐπ-δέατρος.
• δώραξ· σπλήν (75). Da das erklärende σπλήν in der Sprache der Ärzte einen festen Verband bei Wunden und Brüchen bezeichnete, so kann δώραξ die makedonische Form für θώραξ sein. So benannten die griechischen Ärzte eine um Brust und Rücken laufende Binde (ἐπίδεσμον), vgl. θώραξ· ἐρεᾶ στέμματα Hesych.
• Κεβαλά ,Kopf‘ (50) aus κεφαλά, dazu die Makedonennamen Κέβαλος, Κεβαλῖνος.
• ἀβροῦτες ,die Augenbrauen‘ (51) für ὀφρύες. Das ⏉ verderbt aus F, also abrūves. Da dem Wort nur im Griechischen ein Vokal vorgeschlagen ist (altind. bhrū ,Braue‘, lit. bruvis, altslaw. brǔvǐ), so kann abrū- nur die makedonische Aussprache für ὀφρῦ- gewesen sein.

Verschiedene ohne Ethnikon überlieferte Glossen des Hesych mit β, δ für φ, θ dürfen mit Wahrscheinlichkeit den Makedonen zugewiesen werden, so νίβα· χιόνα (37) für νίφα Hesiod Erga 535, ῥουβοτός· ῥόφημα zu ῥυφέω, ἀδαλός· ἄσβολος für αἴθαλος (s. o. ἀδῆ = αἰθήρ).

Von einzelnen Wörtern seien noch genannt:

• ἀκραία ,Mädchen, Jungfrau‘ (62). Vielleicht mit dem echt makedonischen Suffix -αία abgeleitet von κόρα ,Mädchen‘, also für ἀ–κοραία, vgl. θύγατρες . . . τέσσαρες, ὥστε θεαί, κουρήϊον ἄνθος ἔχουσαι Demeterhymnus 108.
• ἀκρόν ,Muße‘ (64), wahrscheinlich für ἀγρόν aus ἀ-εργόν.
• κυνουπεύς ,Bär‘ (43), aus κνωπεύς zu κνώψ ,wildes Tier‘, Κνῶπος alter Name.
• κύρνος ,unehelicher Sohn‘ (63), vielleicht gleichen Stammes mit dem ebenfalls als makedonisch bezeugten gleichbedeutenden κοριναῖος (s. o. unter a).

c) Nichtgriechische Wörter, d. h. solche, für die vorläufig eine überzeugende Ableitung aus dem Griechischen nicht gegeben werden kann.

• ἄβαγνα ,Rosen‘ (41).
• ἄβαρυ ,Majoran‘ (40).
• ἀβλόν ,spende‘ (99).
• ἄδδα ,Deichsel‘ (66).
• ἄδισκος ,Mischtrank‘ (72).
• ἄλιζα ,Silberpappel‘ (42).
• ἀλίη ,Eber‘ (48). Vielleicht ein Nominativ ohne -ρ, s. o. ἀδῆ unter b).
• ἄξος ,Wald‘ (38).
• ἄργελλα ,Badestube‘ (59ff.).
• βαβρήν ,Bodensatz des Öls (73).
• βατάρα ,Waizenbrot‘ (72).
• βέδυ ,Luft‘ s. o. Kultnamen.
• βίρροξ· δασύ ,dichtbehaart‘ (52), daneben ohne Ethnikon bei Hesych βερρόν· δασύ. Das auffallende Suffix -οξ auch in dem nichtgriechischen Worte βέβροξ ,gut‘ (Hesych) neben βέβρος Hipponax 64.
• γάρκαν Akk. ,Zweig‘ (67).
[695]
• γόδα ,Gedärme‘ (49), zu altind. gudám ,Darm‘, mhd. kutel ,Eingeweide‘.
• γοτάν Akk. ,Schwein‘ (44).
• γώπας Akk. Pl. ,Dohlen‘ (47), vielleicht Dialektform für σκῶπας von σκώψ ,Eule, Kauz, Dohle‘.
• δάρυλλος ,Eiche‘ (41), mit δρῦς verwandt, aber schwerlich als griechische Bildung anzusehen.
• δράμις ,Brot‘ (72), von den Athamanen δράμιξ genannt, kann mit thess. δάρατος ,Brot‘ verwandt sein.
• ἐστερικαί ,Tischhunde, τραπεζῆες‘ (45).
• ἰζέλα· ἀγαθῇ τύχῃ (65) enthält wahrscheinlich die durch maked. ἰνδέα = ἐνδία verbürgte Präposition ἰν- für ἐν-.
• κάραβος ,Tür‘ (58).
• καυσία ,Hut‘ (55).
• κοῖος ,Zahl‘ (74).
• λακεδάμα ,Salzbrühe‘ (73), als Wort der Bauernsprache bezeugt. -άμα könnte durch Dissimilation aus -άλμα entstanden sein, vgl. att. σκοροδ–άλμη.
• ματτύη ,Appetitbissen‘ (70).
• παραός ,Adler‘ (47).
• σάρīσα ,Lanze‘ (87).
• σίγυννος, σιγύνη ,Jagdspeer‘ (68), als makedonisches und kyprisches Wort bezeugt, bei den Illyriern σιβύνη, schwerlich griechischen Ursprungs.

Die erste Gruppe der makedonischen Wörter läßt keinen Zweifel daran, daß die griechische Oberschicht im makedonischen Staate an ihrem griechischen Heimatdialekt festhielt. Noch im 2. Jhdt. waren nach Polyb. XXVIII 8, 9 vornehme Makedonen der illyrischen Sprache gar nicht mächtig.

Die zweite Gruppe zeigt, wie einzelne griechische Wörter im Munde der illyrisch-thrakischen Volksschicht Makedoniens durch Anpassung an deren Sprache verändert worden sind. Ob sie nun in dieser Form nur von dem illyrisch-thrakischen Volksteile gebraucht wurden oder auch in die Sprache der makedonischen Oberschicht übergingen, bleibt natürlich eine offene Frage. Aus Makedonennamen wie Βάλακρος, Βερενίκα, Βοραῖος, Κέβαλος, Κεβαλῖνος (neben Φίλιππος, Φιλώτας, Φιλωτέρα, Ἀφθόνητος) darf man schließen, daß in dem einen oder anderen Falle die illyrische oder thrakische Aussprache eines griechischen Wortes oder Namens auch im Munde der griechischen Makedonen üblich wurde – eine Erscheinung, die man auch sonst schon für das Griechische, wo es sich über fremdes Volkstum lagerte, angenommen hat (z. B. ion. μήτηρ für μάτηρ mit karischer Aussprache des ᾱ als ä, Kretschmer Glotta I 31ff.).

Die dritte Gruppe endlich bestätigt das, was von vornherein zu erwarten war: vieles illyrische und thrakische Sprachgut, namentlich Wörter für bodenständige Dinge (z. B. Pflanzen, Tiere), behaupteten sich nicht nur in der Sprache der älteren eingesessenen Volksschicht, sondern wurden auch von den einwandernden Makedonen übernommen.

5. Der makedonische Namen- und Wortschatz gibt uns natürlich kein abgerundetes Bild des thessalischen Heimatdialektes der griechischen Μακεδόνες. Doch treten einzelne seiner Züge scharf hervor.

[696] Im Vokalismus. Das gemeingriechische ᾱ haben die Makedonen wie alle griechischen Stämme, außer den Ionern erhalten: ἄγημα, νικάτωρ, τᾱγός, Ἄδιμος, Ἀρχέλαος, Λᾶγος, Νικάνωρ usw.

Drei Erscheinungen führen nach Thessalien herüber. Für die Präposition διά ist bisher nur aus Thessalien die Form διέ (Hoffmann Gr. Dial. II 321) belegt. Diese enthält auch der makedonische Name Σέ–λευκος, der dem lokri-schen Ζά–λευκος entspricht: wie διά über δία- zu ζα-, so διέ über δίε- zu σε- (weiches s-).

Der thessalische Wandel von ω in ου (Hoffmann Gr. Dial. II 368) war auch makedonisch: ἀκρουνοί aus ἀκρωνοί (74), σαυτορία (saūtoria) aus σαωτορία (11), κυνουπεύς aus κνωπεύς (43), Θούριδες für Θεωρίδες (97).

Die auch aus anderen griechischen Dialekten bekannte Verkürzung der zweisilbigen Präpositionen ist besonders stark gerade bei Thessalern (Hoffmann Gr. Dial. II 521) und Makedonen entwickelt:

• ἀνά zu ἀν- in ἄγχαρμον (88).
• ἀπό zu ἀπ- in ἄ–σπιλος aus ἀπ(ό-)σπιλος (39), vgl. thess. ἀπ-πεῖσαι = ἀπο-τεῖσαι, ἀτ τᾶς aus ἀπὸ τᾶς.
• ἐπί zu ἐπ- in ἐ-δέατος für ἐπι-θέατρος (77), vgl. thess. ἐτ τᾶ aus ἐπὶ τᾶι.
• παρά zu παρ- in Παρ-μένιον.
• περί zu περ- in Περ–δίκκας, vgl. thess. περ γᾶς = περὶ γῆς.

An den äolischen Dialekt klingen κομμάραι für καμμάραι (48), κόραννος neben κάρανος (125) an. Den äolischen Übergang von -ριο- in -ερρο-(äol. μέτερρος aus μέτριος, Ἀγερράνιος aus Ἀγριάνιος Hoffmann Gr. Dial. II 320) könnte man auch in dem makedonischen Namen Ἄγερρος (138) suchen und ihn dann nicht mit ἀγέρ-ωχος verbinden, sondern dem ätolischen Namen Ἄγριος (schon homerisch) gleichsetzen.

Mit dem Arkadisch-Kyprischen teilt das Makedonische die Form ἰν für ἐν: ἰνδέα aus ἐνδία (64).

Im Konsonantismus. Die Gemination einfacher Konsonanten, namentlich der Nasale und Liquida, griff gerade im Thessalischen und Äolischen weit über die Kurznamen hinaus. Unter den von Hoffmann G. D. II 479 aufgeführten thessalisch-äolischen Belegen für -μμ-, -νν–, -λλ-, –ρρ- befinden sich viele, in denen diese Geminatā nicht durch Assimilation, sondern lediglich durch Verlängerung des einfachen Lautes (d. h. seine Verteilung über zwei Silben) entstanden sind. Der gleichen Erscheinung begegnen wir im Makedonischen:

Κερδίμμας, Σιμμίας, - Κρατέννας, Λεόννατος, -Ἰόλλας, Κάλλας, Ὀφέλλας, - Ἀγέρρος (wenn zu ἂγέρ–ωνος), Ἀρραβαῖος, - Περδίκκας.

Die Angleichung des -ρς- zu -ρρ- (Ἀρριδαῖος aus Ἀρσιδαῖος, Κορρα- aus Κορσα-, S. 249) vollziehen verschiedene Dialekte.

In der Flexion. Der Stadtname Φίλιπποι (250) war der Genitiv Sing. auf -οι von Φίλιππος, also Φιλίπποι πόλις, wie Πριάμοιο πόλις. Die gleiche Fortlassung von πόλις zeigen die durch Stephanus von Byzanz und Ptolemaios bezeugten ägyptischen Stadtnamen Χαιρέου, Μενελάου, Νικίου, Ἀργέου. Der Genitiv auf -οι, entstanden aus der volleren epischen Form auf -οιο, [697] ist nur dem thessalischen Dialekte eigen. Daneben steht auf den makedonischen Münzen des 5. Jhdts. der Genitiv auf -ō: Ἀλεξάνδρō, Ἀρχελάō.

Von den Stämmen auf -ᾱ überliefern Münzen und Historiker zahlreiche Genitive auf -ᾱ: Ἀμύντᾱ, Περδίκκᾱ, Κρατεύᾱ, Μαχάτᾱ u. a. m.

In der Stammbildung. Die Stelle des Genitivs des Vaternamens vertrat im thessalischen wie im lesbischen und böotischen Dialekte gern das patronymische Adjektiv auf -ιος (Hoffmann Gr. Dial. II 588), z. B. Θεόδοτος Εὐδάμειος, Αὐτόβουλος Παυσανίαιος. Dieselbe Sitte muß bei den Makedonen bestanden haben. Denn aus ihr erklären sich die Namen der makedonischen Stadtgründungen Ἀλεξάνδρεια, Ἀντιόχεια, ΛΑοδίκεια, Σελεύκεια usw.

Beliebt waren im Makedonischen die Nomina agentis auf -τωρ (νικάτωρ, σαύτωρ) und die Kurznamen auf -αῖος und -έας.