Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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der Theurg, Magier im 2. Jh. n. Chr.
Band X,1 (1918) S. 1517
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9) Der Theurg, Sohn des vorigen. Suid. s. v. setzt ihn unter Marc Aurel, und Proklos meint ihn mit οἱ ἐπὶ Μάρκου γενόμενοι θεουργοί (in Crat. 72, 10 Pasq.; in remp. II 123, 12). Diese Datierung beruht vielleicht auf dem Wunder, das I. im Markomannenkriege im J. 174 vollbracht haben sollte (Suid. s. v. und s. Ἄρνουφις); Cass. Dio LXXI 8 (III 259 Boiss.) nennt allerdings nicht I., sondern den ägyptischen Magier Arnuphis als den Urheber des von den Legionen ersehnten Regens. Jedenfalls beweist das Auftreten von I.s Namen in dieser Tradition, daß er seinen Zeitgenossen als Wundermann bekannt war. Dafür spricht auch die von Allatius De templis Graecorum S. 177 zitierte Psellosstelle, wo als ἄνδρε σοφὼ τὰς ἀπορρήτους δυνάμεις ἐξησκημένοι Ἰ. ὁ Χαλδαῖος und Apuleius genannt werden: dieser sei ὑλικώτερος, jener νοερώτερος gewesen und habe ἐπῳδῶν ἄτερ καὶ περιαμμάτων das Ungeziefer auf dem Felde völlig vertilgt. Ebenso Sozom. I 18 λίθον βίᾳ λόγου τῇ χειρὶ διελεῖν, ὃ πρός τινων ἐπὶ Ἰουλιανῷ τῷ καλουμένῳ Χαλδαίῳ κεκομπολογῆσθαι ἀκήκοα. – Als Schriften nennt Suid. θεουργικά, τελεστικά, λόγια δι’ ἐπῶν καὶ ὅσα ἄλλα τῆς τοιαύτης ἐπιστήμης κρύφια τυγχάνουσιν. Das lautet nicht eben sehr bestimmt, und keine dieser Schriften wird jemals angeführt, die Orakel in Versen sind sogar verdächtig, weil sie auf einer Verwechslung mit den chaldäischen Orakeln beruhen könnten (s. o. Bd. III S. 2045). Ohne Belang ist das Schol. Lucian. Philops. 12 (IV 224 Jac.), wo zum Worte ἱερατικά bemerkt wird: οἱα εἰκὸς τὰ τελεστικά φησι Ἰουλιανοῦ, ἃ Πρόκλος ὑπομνηματίζει, οἷς ὁ Προκόπιος ἀντιφθέγγεται πάνυ δεξιῶς καὶ γενναίως; es stammt aus dem Cod. Graevii und fehlt in den von Rabe für seine Ausgabe der Scholien benutzten Handschriften. Daß der in den syrischen Geoponika genannte I. mit diesem oder dem Vater identisch sei, ist eine bloße, freilich durch die Psellosstelle gestützte Vermutung (Baumstark Neue Jahrb. Suppl. XXI 392). Die einzigen einen Buchtitel enthaltenden Zitate gibt Prokl. in Tim. III 124, 32 ὁ θεουργὸς ἐν τοῖς Ὑφηγητικοῖς (vgl. Damask. II 203, 29) und III 27, 10 ὅθεν … οἱ τῶν θεουργῶν ἀκρότατοι θεὸν καὶ τοῦτον (sc. χρόνον) ὕμνησαν, ὡς Ἰ. ἐν ἐβδόμῳ τῶν Ζωνῶν (wo freilich ἑβδόμῃ kaum eine Änderung wäre; das würde bedeuten, daß I. den Chronos in die siebente der von um gepriesenen Planetenzonen versetzte): ist das richtig, so haben wir ein nach den Planetenzonen [16] angeordnetes Werk anzunehmen, in dem jedes Buch eine Zone behandelte; die Anführungen bei den Neuplatonikern könnten sich alle auf dieses Buch beziehen. Die uns bei den späteren Neuplatonikern begegnenden Anführungen stammen schwerlich aus direkter Benutzung, sondern aus den Kommentaren des Porphyrios und Iamblichos. Von jenem führt Suid. eine Schrift an εἰς τὰ Ἰ. τοῦ Χαλδαίου (N. 50 in dem Katalog von Bidez Vie de Porphyre, Gent 1913 S. 70); doch bezieht sich Lyd. mens. IV 53 ὁ Πορφύριος ἐν τῷ ὑπομνήματι τῶν λογίων schwerlich auf diese Schrift, obwohl dort eine Lehre des I. erwähnt wird, sondern auf seine Erläuterung der chaldäischen Orakel. Die Schrift des Iamblichos nennt Kaiser I. in dem. Briefe an Priskos (Papadopulos Rh. Mus. XLII 25, 3 = ep. 15 S. 28, 10 Bidez, vgl. diesen Bull. Acad. Belg. 1904, 499) τὰ Ἰαμβλίχου πάντα μοι τὰ εἰς τὸν ὁμώνυμον (d. h. Iulian) ζήτει· δύνασαι δὲ μόνος· ἔχει γὰρ ὁ τῆς σῆς ἀδελφῆς γαμβρὸς εὐδιόρθωτα, vgl. ebd. Z. 20 περὶ μὲν Ἰάμβλιχον ἐν φιλοσοφίᾳ, περὶ δὲ τὸν ὁμώνυμον ἐν θεοσοφίᾳ μενοινῶ, καὶ νομίζω τοὺς ἄλλους … μηθὲν εἶναι πρὸς τούτους. Von Proklos sagt Marin. Vit. 26 ἐντυγχάνων … τοῖς Πορφυρίου καὶ Ἰαμβλίχου μυρίοις ὅσοις εἰς τὰ λόγια καὶ τὰ σύστοιχα τῶν Χαλδαίων συγγράμματα. Unklar bleibt vorläufig der von Sathas Bull. hell. I 319 unvollständig zitierte Psellostext τούτοις ἐντυχόντες καὶ οἱ καθ’ ἡμᾶς Ἕλληνες οὕτω δὴ ἐσεβάσθησαν καὶ ἠγάπησαν, ὡς ἀφεμένους εὐθὺς τῶν Ἑλληνικῶν πρὸς ταῦτα δραμεῖν, καὶ μάλιστα Ἰάμβλιχος, καὶ ὁ θεῖος τῷ ὄντι Πρόκλος ἀνήρ, wo τούτοις nach Sathas ,les oracles chaldéens mis en vers par Julien‘ bedeutet.

Über die Lehren des I. erfahren wir nicht viel, und dieses wenige müssen wir aus dem neuplatonischen System herausschälen, in dem es mit der Lehre der chaldäischen Orakel fast unentwirrbar verquickt ist. I. pries einen ἑπτάκτις θεός, Iulian. or. V 172d εἰ δὲ καὶ τῆς ἀρρήτου μυσταγωγίας ἁψαίμην, ἣν ὁ Χαλδαῖος περὶ τὸν ἑπτάκτινα θεὸν ἐβάκχευσεν ἀνάγων δι’ αὐτοῦ τὰς ψυχάς, ἄγνωστα ἐρῶ … τῷ συρφετῷ, θεουργοῖς δὲ τοῖς μακαρίοις γνώριμα. Kroll De orac. Chald. 17. Damit kann nur der Sonnengott gemeint sein, dem auch sonst sieben Strahlen zugeschrieben werden, vgl. Bouché-Leclercq L’astrologie grecque 81 und das bei Roscher Myth. Lex. I 2003 abgebildete pompeianische Gemälde. Daß er beim Aufstieg der Seele eine Rolle spielte, ist angesichts der ähnlichen Vorstellungen in der Mithrasreligion und allen Mysterien der damaligen Zeit nicht wunderbar (J. Kroll Die Lehren des Hermes Trismeg. 296), zumal in einer Zeit, in der die Sonnenreligion mächtig vordringt. Daneben erscheinen ein Ἅπαξ ἐπέκεινα und ein Δὶς ἐπέκεινα: ich habe das früher (De orac. Chald. 17) mit der Unterscheidung gleichnamiger Personen durch δίς, τρίς usw. zusammengebracht, es soll aber vielleicht nur die verschiedene Transcendenz zweier göttlicher Wesen ausdrücken, die sich wie der θεός Philons und der Hermetiker zum Logos oder Demiurgos verhalten mögen. Falls den Angaben, nach denen ein dritter πατήρ der Weltschöpfer ist (s. u.), zu trauen ist, so wären zwei göttliche Wesen über dem Demiurgen anzunehmen; doch ist das wenig wahrscheinlich. Daß es sieben [17] Δὶς ἐπέκεινα δημιουργοί gegeben habe, behauptet Damask. I 240, 22; vgl. 237, 11 ὡς ὁ ἑπταχῆ προϊὼν ὅλος δημιουργὸς παρὰ τοῖς Χαλδαίοις· Δὶς γὰρ ἕκαστος ἐπέκεινα ἀνυμνεῖται. Das ist zwar nicht unmöglich, kann aber auch willkürliche Deutung der Neuplatoniker sein, die kein Mittel unversucht ließen, um die Vielheit ihrer Dämonen in älteren religiösen Urkunden nachzuweisen. Jedoch nannte auch I. solche Dämonen; dafür beweist weniger die allgemeine Äußerung des Prokl. in remp. II 239, 2 (vgl. Damask. II 232, 15) καὶ τῶν θεολόγων πολλαχοῦ τὰς οὐρανίας ζώνας διπλασιαζόντων ἐν τοῖς ὑπὸ σελήνην als die Stellen, an denen von μαγικοί oder ἐπὶ μαγειῶν πατέρες die Rede ist, deren dritter freilich nach Damask. II 203, 29 mit dem Weltschöpfer identisch sein soll; aus Prokl. in Tim. II 317, 22 ergibt sich für sie scheinbar der Name ἀρχικοὶ πατέρες, der aber freilich auch von den Neuplatonikern (De orac. Chald. 38) bezw. aus den chaldäischen Orakeln herstammen kann. Ferner waren θεοὶ ζωναῖοι und ἄζωνοι unterschieden, also wohl die Planetengötter, deren jeder seinen Sitz in einer bestimmten ζώνη hat, von den übrigen (weiter entwickelt scheint die Lehre bei Serv. Aen. XII 118). Zu ihnen gehörte Chronos, für dessen Anrufung I. eine Formel mit zahlreichen Epikleseis mitgeteilt zu haben scheint, vgl. Simplik. in phys. 795, 7 ὡς καὶ εἰς αὐθοψίαν ὑπό τῶν θεουργῶν κληθῆναι. Prokl. in Tim. III 20, 22 οἱ θεουργοὶ … οἵ γε καὶ θεὸν αὐτὸν εἶναί φασι καὶ ἀγωγὴν αὐτοῦ παρέδοσαν ἡμῖν, δι’ ἧς εἰς αὐτοφάνειαν κινεῖν αὐτὸν δυνατόν, vgl. 26, 3. 27, 9. 40, 21. 80, 13 (De orac. Chald. 46). Das einzige über einzelne Worte hinausgehende wörtliche Zitat findet sich bei Prokl. in remp. II 220, 11; in Tim. I 63, 23. 132, 32 und bezieht sich auf die Stellung der Sonne in der Mitte der übrigen Planeten, die beim Vertreter einer Sonnenreligion selbstverständlich ist (Cumont La théologie solaire. Paris 1909. Boll o. Bd. VII S. 2567).

Ist uns also I. auch nicht sehr kenntlich, so können wir immerhin sagen, daß er keine isolierte Erscheinung gewesen ist. Der Einfluß des Platonischen Timaios und der Astrologie sowie die Neigung zu theurgischer Praxis stellen ihn in eine Reihe mit den Verfassern der chaldäischen Orakel und der Hermetischen Schriften. Zum Verfasser der chaldäischen Orakel hat ihn, wie es scheint, schon Suid. gemacht, und Neuere wie Lobeck Aglaophamus 102 (s. auch Kroll De orac. Chald. 71) sind ihm darin gefolgt, schwerlich mit Recht. Fabricius-Harles Bibl. gr. I 313. Thilo De coelo empyreo (Halle 1889) II 13.

[Kroll. ]