Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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kadmeia, cadmia, Zinkerz
Band VII,1 (1910) S. 687689
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Galmei (καδμεία, cadmia). Unter G. versteht man heute zwei verschiedene Zinkerze, den Zinkspat (auch edeln G.), der kohlensaures Zink ist, und den Kiesel-G. (auch Kieselzinkerz), der wasserhaltiges kieselsaures Zink ist. Der heutige naturhistorische Name des Minerals, cadmia (woraus G. korrumpiert ist), ist derselbe, unter dem die Alten es gekannt haben. Das muß, nach dem schon recht frühen Vorkommen des Messings (s. Ὀρείχαλκος) zu schließen, schon in alter Zeit der Fall gewesen sein. Freilich kommt der Name [688] καδμεία vor dem 1. Jhdt. n. Chr. nicht vor; aber es unterliegt kaum einem Zweifel, daß das bei Ps.-Arist. mir. ausc. 62 p. 835 a, 9 erwähnte Mineral, das da nur schlechtweg γῆ τις genannt wird und mit Kupfer zusammengeschmolzen zur Bereitung von Messing diente (das Μοσσύναικος χαλκός, das eine Art weißlichen Messings gewesen zu sein scheint, s. Blümner Technologie IV 198), eben καδμεία war. Möglich ist auch, daß der Name bereits bei Nymphodoros und Iollas aus Bithynien, Ärzten aus dem 3.-2. Jhdt. v. Chr., vorkam, da Plin. XXXIV 104 bei Besprechung der cadmia sich auf deren Schriften beruft. Unsere Hauptquellen über Bedeutung und Vorkommen der καδμεία sind Diosc. V 84 und Plin. XXXIV 100-105, die beide zum Teil auf eine gemeinschaftliche Quelle zurückzugehen scheinen. Gehandelt hat über diese Stellen und ihre Bedeutung für die Kenntnis des G. bei den Alten vornehmlich K. B. Hofmann in der Berg- und hüttenmännischen Ztg. für 1882, 479ff.: ,Zur Geschichte des Zinkes bei den Alten‘. Daraus ergibt sich folgendes:

Die Alten kannten zwei Arten von καδμεία: natürliche (oder fossile) und künstliche. Erstere, καδμεία λίθος (Strab. III 163), lapis (Plin. a. O. 100), sind der Beschreibung nach jedenfalls die obengenannten Zinkerze, möglicherweise auch Zinkblende, die die nach Galen. XII 219 K. in den Silberbergwerken vorkommende καδμεία zu sein scheint. Solches natürliches G. kam vornehmlich auf Cypern, in Campanien, in der Gegend von Bergomum und im römischen Germanien (heut finden sich Lager am Altenberg bei Aachen und bei Wiesloch am Südrande des Odenwaldes) vor, Strab. a. a. O. Plin. XXXIV 2. Die künstliche καδμεία, die Dioskorides allein gekannt zu haben scheint, ist ein Ofenbruch, wie der technische Ausdruck lautet, d. h. sie entsteht im Schmelzofen und ist wesentlich Zinkoxyd. Man unterschied dabei verschiedene Arten, nach dem Aussehen solche von traubenartiger Oberfläche (βοτρυῖτις), solche mit Schichtungen (ὀνυχῖτις, eine Art ζωνῖτις) und solche mit erdigem Aussehen (ὀστρακῖτις). Diese künstliche Kadmia entstand beim Verschmelzen von zinkhaltigen Kupfererzen oder von Kupfererzen, die mit natürlichem G. vermengt sind, indem die Dämpfe sich an Wände und Decken des Ofen ansetzten; zum Auffangen brachte man an der Decke des Ofens eiserne Drahtnetze an (Diosc. a. a. O.). Nach Plin. 101f. galt von den auf diese Art gewonnenen Zinkoxyden die καπνῖτις, die sich direkt an der Mündung des Ofens ansetzte, wo die Flamme herausschlug, als die beste; als zweite Sorte die βοτρυῖτις, die an der innern Wölbung entstand, und als letzte die schwerste Art, die πλακῖτις, die sich an den Seitenwänden des Ofens ansetzte. Als eine andere Art künstlicher καδμεία nennt Dioskorides die aus πυρίτης entstandene (es ist ungewiß, ob das eine kieselhaltige Zinkblende oder leichter Kiesel-G. war); eine dritte ist bei ihm die in Silberschmelzen sich findende. Diese künstlichen G.-Arten wurden in den Hüttenwerken von Cypern, Makedonien, Thrakien und Spanien gewonnen.

Anwendung fand die Kadmia vornehmlich bei der Herstellung von Messing (ὀρείχαλκος, aurichalcum), Festus p. 47, 9: Cadmea terra, quae [689] in oes coicitur, ut fiat orichalocum. Isid. XVI 20, 2. 12. Plin. 100: Ut ipse lapis, ex quo fit aes, cadmea vocatur, fusuris necessarius, medicinae inutilis, sic rursus in fornacibus existit alia, quae originis suae nomen recipit (wo aes nicht Bronze, sondern Messing bedeutet, das als eine Kupfermischung auch mit aes bezeichnet wurde). Sodann bediente man sich der Kadmia zum Löten von massivem Kupfer (Plin. XXXIII 94); hierbei war das darin enthaltene, beim Schmelzen gewonnene Zink das Lötmittel, nur daß dabei noch ein Flußmittel angewandt werden mußte, das Plinius anzugeben vergessen hat (vgl. Göppert Über feruminare usw. in den Pandekten, Breslau 1869, 24). In der Medizin fand die Kadmia, vornehmlich gebrannt, zerstampft und mit Wein oder Essig vermischt, äußerliche Anwendung, Diosc. a. a. O. Plin. 103f.

Vgl. außer der angeführten Abhandlung Hofmanns noch Beckmann Beitr. z. Gesch. der Erfind. III 378. Frantz in der Berg- u. hüttenmänn. Ztg. 1881, 231 (die dort ausgesprochenen Hypothesen widerlegt Hofmann a. a. O.) und 1883, 133. Rossignol Les métaux dans l’antiqu. 251. Zipp Geschichte der Metalle 253ff. Blümner Technol. d. Gew. u. Künste IV 92ff.; ebd. 171ff. 196. 299.