Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Wurfscheibe der Griechen
Band V,1 (1903) S. 11881189
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2) Die Wurfscheibe der Griechen, die bei der Diskobolia (s. d.) um die Wette geschleudert wurde. Im Epos kommt einmal ein Stein-D. (Od. VIII 186ff., vgl. Pind. Ol. X 72; Isthm. I 23), ein andermal (Il. XXIII 826ff.) ein σόλος αὐτοχόωνος vor, den man sich als rohen Eisenklumpen vorzustellen hat. In historischer Zeit scheint ausnahmslos Bronze in Verwendung gestanden zu sein. Eine genaue Vorstellung ermöglichen die erhaltenen Originale, nämlich die Funde von Olympia (Furtwängler Bronzen v. Ol. IV 179f.), ein Stück in Berlin (Ann. d. Inst. 1832 tav. d’agg. B. Pinder Fünfkampf), zwei in London (Gaz. arch. 1875 pl. 35. Newton Guide p. 18), eines in der Sammlung Tyszkiewicz (Fröhner pl. 27. Rev. arch. 1891 II 45f.) und eines im Wiener Hofmuseum (v. Schneider Österr. Jahresh. II 201ff. Taf. I). Danach und nach den zahlreichen Vasenbildern und Statuen war der D. eine kreisrunde, dünngehämmerte, aber etwas linsenförmig gekrümmte, massige Scheibe (Luk. Anach. 27) von etwa 17–30 cm. Durchmesser und einer mittleren Dicke bis zu 14 mm., während das Gewicht zwischen 1,35–4,76 kg. schwankt. Offenbar hat man das Gerät bei den Übungen dem Alter und der Körperkraft des Individuums angepasst, während man beim Wettkampf allerdings gleich grosse Scheiben benützt haben wird (Paus. VI 19, 4). Was eine Reihe von Homerscholien, z. B. Ven. B Il. XXIII [1189] 826. Schol. BHQT Od. VIII 190 und Tryphon bei Ammon. 40 über eine Bohrung des D. und Befestigung einer Schnur als Handhabe berichten, muss, weil im Widerspruch mit aller sonstigen Überlieferung, auf einem Irrtum beruhen. Die von Schliemann (Ilios 652) gefundenen runden Steinscheiben mit Öffnung in der Mitte sind nicht Disken, sondern offenbar vorhomerische Hausgeräte (Abh. d. Wien, arch.-epigr. Sem. XII 20ff.). Auch Verzierungen brachte man an. Von den Originalen zeigt das Berliner und ein Londoner je einerseits einen Akontisten, anderseits einen Springer eingraviert, das Wiener einen Delphin, ein gegossener D. von Olympia beiderseits concentrische Kreise und eine Inschrift. Doch dürften diese kaum im Gebrauche gewesen sein. Dagegen begegnen auf Vasenbildern Verzierungen bestehend aus einem Punkt, einem oder mehreren Kreisen, einem Kreuz oder complicierterer Zeichnung, gelegentlich auch einer Eule, was der Wirklichkeit entsprechen mag. Zur Versorgung des D. diente eine mit oben geknoteten Zugbändern versehene Tasche, aus der er zum Teil heraussah und die an der Palaestrawand aufgehängt und im Bedarfsfalle handlich getragen werden konnte (Gerhard A. V. IV 281). Krause Gymn. und Agon. 1442ff. Kietz Agonist. Stud. I Diskoswurf 15ff. Furtwängler Bronzen von Olymp. IV 179f. Jüthner Abh. d. Wien, arch.-epigr. Sem. XII 18ff.