12) Diphilos von Sinope (Strab. XII 546), Dichter der neuen Komoedie. Seine Zeit wird, ebenso wie die des Apollodoros Poseidippos Philemon (bei Suidas), nach Menander bestimmt, Anon. de com. III κατὰ τὸν αὐτὸν χρόνον ἐδίδαξε Μενάνδρῳ, da Menander der ‚Stern der neuen Komoedie‘ ist, um den sich alle anderen gruppieren. Dass D. den berühmten Rivalen, der schon 291 starb, überlebte, lässt sich sicher beweisen, da Philemon im Φάσμα (Plaut. Mostell. 1145) den D. als lebend erwähnt, dies Stück aber nach dem Tode des Agathokles (289) geschrieben sein muss, vgl. Leo Herm. XVIII 561. Hueffner De Plauti com. exemplis Atticis, Göttinger Diss. 1894, 68. Nach dem Anon. de com. III, unsrer einzigen Quelle, starb D. in Smyrna. Sein Verhältnis zur Gnathaina bezeugt Machon bei Athen. XIII 579 e. f. Die Zahl seiner Dramen giebt der Anon. auf 100 an (runde Zahl); dafür scheinen die drei dionysischen Siege, die für D. bezeugt sind, CIA II 977, recht wenig, aber Philemon hat ebensoviele, die anderen Zeitgenossen ausser Menander haben weniger Siege aufzuweisen. Wäre das Verzeichnis der lenaeischen Siege erhalten, würden wir höhere Zahlen lesen. Von D. lassen sich noch etwa 60 Titel nachweisen, bei weitem die meisten mit mehr oder minder unbedeutenden Fragmenten bei Athenaios citiert. Das inschriftliche Verzeichnis CIA II 992 fügt ein paar neue Stücke den früher bekannten hinzu, den Σφαττόμενος und die Τήθη. Nur eine Komoedie war strittig, soviel wir wissen: Athen. IX 401 a citiert Δίφιλος ἢ Καλλιάδης ἐν Ἀγνοίᾳ. Kalliades ist als Zeitgenosse des D. sonst nur aus CIA II 977 bekannt, er hat einmal und zwar später als D. in den Dionysien gesiegt. Den Αἱρησιτείχης hat D. selbst zum zweitenmal unter dem Titel Εὐνοῦχος ἢ Στρατιώτης bearbeitet (Athen. XI 497 a). Die Komoedientitel sind sehr verschiedener Art, viele hat er mit älteren Dichtern gemein, wie Ἀλείπτρια (Antiphanes, Alexis), Ἀνασῳζόμενοι (Antiphanes), Ἀποβάτης (Alexis), Βαλανεῖον (Timokles), Βοιωτίς, Γάμος (Antiphanes), Ἑκάτη (Nikostratos), Ἔμπορος (Epikrates, Philemon), Ἐπιδικαζόμενοι (Philemon), Ἐπίκληρος (Antiphanes, Alexis, Diodoros), Ζωγράφος (Antiphanes), Ἡρακλῆς (Philyllios, Anaxandrides), Θησαυρός, Θησεύς (Anaxandrides u. a.), Κιθαρῳδός (Antiphanes, Alexis u. a.), Λευκαδία (Alexis, Amphis), Μαινόμενος (Diodoros), [1154] Μνημάτιον (Epigenes), Παιδερασταί (Antiphanes), Παλλακίς (Alexis), Παράσιτος (Antiphanes, Alexis), Πολυπράγμων (Timokles, Heniochos), Πύρρα (Πύρρος, Philemon), Σαπφώ (Ameipsias, Antiphanes, Timokles u. a.), Σικελικός (Philemon), Συναποθνῄσκοντες (Alexis, Philemon), Σύντροφοι (Alexis), Φιλάδελφοι (Amphis). Sogar zwei aristophanische Titel, auf mythologische Travestie weisend, Δαναίδες und Λήμνιαι, finden sich bei D. wieder. Ob sie wirklich Travestien waren, wissen wir nicht, und ob auch der Ἡρακλῆς und der Θησεύς ähnlicher Art waren, kann man bezweifeln. Im Ἡρακλῆς prahlte ein grosser Fresser mit seinen Leistungen, aber Athen. X 421 e scheint anzudeuten, dass es nicht Herakles selbst war. Vielleicht spielte sich der Held der Komoedie nur als Heros auf und war ein Ψευδηρακλῆς, wie etwa in der ganz bürgerlichen Komoedie Menanders. Aus dem Θησεύς kennen wir eine merkwürdige Scene (Athen. X 451 b), wo drei samische Hetaeren sich mit der Lösung einer Rätselfrage τί πάντων ἰσχυρότατον beschäftigen. Vielleicht war es aber nur Erzählung einer dorisch redenden Person. Natürlich beweisen die gleichen Titel bei älteren und jüngeren Dichtern nicht viel für den gleichen Stoff oder für die gleiche Behandlungsweise des Stoffes, aber man soll bei D. wie bei den übrigen Vertretern der νέα den Zusammenhang beherzigen, der sie mit der μέση verbindet, und wissen, dass nicht jeder der menandreischen Zeitgenossen ein Menander war. Es ist möglich, dass ihm D. näher gestanden hat als andere, aber gewiss nicht von Anfang an; dass er z. B. die Kunst der feinen psychologischen Charakterzeichnung besessen habe, die wir an Menander selbst noch bei Terenz bewundern, ist schwer glaublich, Plautus müsste sie wenigstens stark verwischt haben. Dagegen lässt uns Plautus noch oft genug erkennen, mit welchem Geschick D. contrastierende Scenen neben einander zu stellen, mit welcher Lebhaftigkeit, mit wie guter Laune und mit welcher Schärfe er den Dialog zu führen wusste. Der Casina liegen die Κληρούμενοι des D. (sonst nirgends citiert) zu Grunde (Prol. 30), aber Plautus hat erheblich gekürzt (vgl. 1012); die ganze ἀναγνώρισις und damit die Person der Casina wie ihres künftigen Gatten Euthynikos ist fortgefallen, weil das Stück sonst zu lang geworden wäre (1006). Es ward aber eben dadurch lang, dass Plautus mancherlei, sei es aus eigenen Mitteln, sei es nach anderen Vorlagen hinzufügte. Sicher ist dem griechischen Original entnommen die vortrefflich gelungene Streitscene der beiden Alten und ebenso die Paratragodie 621ff. (vgl. besonders 659). S. auch Leo Plaut. Forsch. 120. 151. Von D. stammt auch die Vorlage des Rudens (Prol. 32), wenn auch der griechische Titel des Stücks nicht mehr erhalten scheint (dass es die Πλινθοφόροι waren, ist eine haltlose Vermutung Bergks). Das handlungs- und personenreiche Drama scheint unter der römischen Hand nicht allzu viel von seinen Vorzügen eingebüsst zu haben. Ganz vortrefflich ist z. B. gleich zu Anfang der vom Lande aus geschilderte Schiffbruch und die Rettung der beiden Mädchen; der Dialog ist an vielen Stellen von hinreissender Kraft und Lebendigkeit, Übertreibungen selbst bei der Abfertigung des Hurenwirts sind vermieden. Über den von D. wahrscheinlich [1155] aus Philemon entlehnten Traum (593) vgl. Leo Plaut. Forsch. 144. Die Vidularia hatte nach Studemunds Lesung (Prol. 6 ed. Leo) den griechischen Titel Σχεδία, und da ein Stück dieses Namens nur von D. citiert wird, so ist wahrscheinlich dies Stück die Vorlage. Die ernste und schöne Dialogpartie zwischen Nicodemus und Dinia (V. 22ff.) gehört jedesfalls einem sehr guten Dichter. Endlich hatte Plautus die Συναποθνῄσκοντες des D. in einem verlorenen Stück, den Commorientes, bearbeitet, aber nicht vollständig, wie Terenz bezeugt Adelph. Prol. 6: in graeca adulescens est qui lenoni eripit meretricem in prima fabula. eum Plautus locum reliquit integrum. Die von Plautus verschmähte Scene hat Terenz (Act II 1) benützt. Vgl. Meineke I 446. Die Fragmente bei Meineke IV 375. Kock II 541.