52) Von Karystos, griechischer Declamator aus der Zeit des Augustus, von dem Rhetor Seneca, dem wir alles, was wir über ihn wissen, verdanken, ziemlich hoch geschätzt; wenigstens sagt er contr. I 8, 16 von einer Sentenz des D., dass sie auch in solidiore aliquo scripti genere hätte gefallen können, und VII 1, 26 nennt er einen sensus elegans, beidemal mit Recht. Ein abschliessendes Urteil über des D. Stilrichtung lässt sich aus den wenigen Proben seiner Declamationen (s. die Indices in den Seneca-Ausg. von Kiessling 538 und Müller 600) nicht gewinnen. War er Asianer, so gehörte er jedenfalls der gemässigten Richtung an. Ganz in der Weise der in überraschenden Pointen sich überbietenden Asianer sucht er gelegentlich längere Sentenzen in eine knappe, prägnante Form zu
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fassen (leider ist die aus nur zwei Worten bestehende Sentenz contr. I 1, 25 ausgefallen); aber diese Prägnanz war bei ihm gewiss nicht die Regel, vielmehr weisen contr. I 3, 12. II 3, 23. VII 1. 26 darauf hin, dass er sich einer gewissen Makrologie befleissigte. Mit den Asianern gemein ist ihm eine mit Figuren überreich geschmückte Ausdrucksweise, aber die Vorliebe für den Figurenschmuck verführt ihn nicht zu den Albernheiten und Verkehrtheiten der Asianer. Vortrefflich ist das Isokolon mit Anaphora, Antithesen und Paronomasie contr. I 8, 15, sehr wirksam die mit Klimax verbundene anaphorische Frageform contr. II 3, 23, elegans schon nach dem Urteile Senecas die congeries contr. VII 1, 26. In contr. X 5, 26 ahmt er, wenn auch nicht wörtlich und nur teilweise, eine Sentenz des Porcius Latro nach. Über D. vgl. Buschmann Charakt. d. griech. Rhet. b. Rhet. Sen., Parchim Progr. 1878, 8ff. Unserm D. weist das Sepulcralgedicht eines Diokles Karystios Anth. Pal. VII 393 Kiessling Sen.-Ausg. praef. XIV zu; andere gehen weiter und identificieren mit dem Rhetor alle in der Anth. Pal. erwähnten Dichter gleichen Namens. S. oben Nr. 45.