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III. Kapitel
Chronologie - Vorbemerkung
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aus: RE:Delphoi
Seite: 2583–2590
von: Hans Pomtow
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C. Zur Chronologie.[1] Die Verzeichnisse der delphischen Archonten, Buleuten und anderer Beamten (Priester u. s. w.) lassen sich in ungeahnter Vollständigkeit fast für ein halbes Jahrtausend zusammenstellen. Sie gewinnen durch diese Continuität einen unberechenbaren Wert für die griechische Geschichte und Epigraphik, auch wenn ihr eigentlicher Beginn verhältnismässig spät liegt (357 v. Chr.). Ihre endgültige Gestalt können sie erst nach Vollendung der Ausgrabungen und nach Bekanntgabe [2584] des gesamten Materials erhalten; die diesbezüglichen Untersuchungen werden im Philologus als Fortsetzung der Fasti Delphici veröffentlicht werden. Bis dahin sollen die nachfolgenden Listen als Ersatz dienen. Da in ihnen zum erstenmal der gesamte Stoff, häufig aus unedierten Texten, dargeboten wird, war es in Rücksicht auf die Benutzung und Kritik durch die Fachgenossen unerlässlich, hier Nachweise und Belege in grösserem Umfang beizufügen, als bei solchen Katalogen sonst wünschenswert und üblich ist.

Dafür, dass die Listen hier in so vollständiger Gestalt erscheinen können, dass sie später nur noch unwesentliche materielle Bereicherungen erfahren werden, gebührt der Dank in erster Linie den französischen Gelehrten E. Bourguet und G. Colin, und dem, der ihre Mitarbeit gestattete, Herrn Th. Homolle. Sie haben durch Mitteilung zahlreicher Archonten- und Buleutennamen aus unedierten Urkunden, sowie durch bereitwillige Auskünfte über eine grosse Zahl zweifelhafter Punkte ein sehr wesentliches Verdienst an der Aufstellung dieser Kataloge erworben.

Die Verzeichnisse selbst sind folgende: I. Die Archontentafel (Übersicht der Archontate ohne Belegstellen). Dazu I a die bisher bekannten 14 attisch-delphischen Archontengleichungen und I b das alphabetische Verzeichnis der delphischen Archonten. II. Die Priesterzeiten (desgl.). III. Die delphischen Beamten (ausser Archonten und Priestern noch: Buleuten, Prytanen, Hieromnemonen, Naopoioi, Neokoroi, Prostatai, Hosioi). Dies ist die mit Belegstellen versehene Hauptliste. Vollständig sind die Belege bis zum J. 200 v. Chr. mitgeteilt. Von da ab sind in Rücksicht auf die grosse Zahl der Texte und das Vorhandensein anderer Tabellen (A. Mommsen, Nikitsky) nur ein oder zwei Hauptstellen angegeben, weil es sich hier nicht um ein Repertorium der delphischen Inschriften handelt, sondern um das leichte Auffinden und die Benutzbarkeit der aus ihnen gewonnenen Resultate. Zum Schluss sind als Ergänzung der Artikel des I. Bandes der Real-Encyklopädie Aitolia und Amphiktionia beigegeben worden: IV. Die aitolische Strategenliste und V. Die Hieromnemonenverzeichnisse aller bisher bekannten Amphiktionenversammlungen in chronologischer Ordnung. Auch diese zwei Listen sind fast ganz aus den delphischen Inschriften gewonnen worden. Weggelassen dagegen sind die Listen der phokischen Strategen, der thessalischen Strategen, der ausserdelphischen, nordgriechischen Localbehörden (Archonten, Buleuten, Thearen u. a.) und Agonotheten, wie sie sich aus IGS II und III ergeben werden; sie stehen mit dem Artikel D. in zu geringer Berührung. Soweit diese Namen aus delphischen Texten stammen, finden sie sich in den Tabellen von A. Mommsen, Nikitsky und zum Teil von Colin. [Zu den Verzeichnissen I und III ist an den mit *) bezeichneten Stellen der Nachtrag am Schluss des Artikels einzusehen, der mehrfache Veränderungen enthält].

Viertes Jahrhundert v.Chr. Die Grundlage der Chronologie des 4. Jhdts. bilden die von Bourguet edierten Bauurkunden des Apollontempels. In ihnen sind meist Jahr für Jahr die delphischen Behörden verzeichnet, unter denen [2585] die Baugelder von der Aufsichtsbehörde (der Bule von D. und der speciellen Baucommission der Naopoioi) gezahlt worden sind. Sie umfassen die J. 356–340, die auf Grund des in ihnen erwähnten Friedensschlusses vom Herbst 346 sicher fixiert sind, lassen dann von 340–332/1 eine Lücke, die mit Hülfe ähnlicher Texte und anderer Urkunden provisorisch gefüllt ist, und schliessen mit den Jahren von c. 331/0–320/19, bei denen die Archontenfolge zwar feststeht, es aber ungewiss bleibt, ob dieselbe eine ununterbrochene ist. Der Rest des Jahrhunderts wird durch die Eponymen von Proxeniedecreten ausgefüllt, deren Rangierung meist ganz unsicher ist und nur nach palaeographischen und genealogischen Indicien gegeben wurde.

Neben den eponymen Archonten, den Hieromnemonen und den sπωλητῆρες τᾶν δεκατᾶν lernen wir von Behörden nur die βουλά, die πρυτάνεις und die ναοποιοί kennen. Die Bule hat einen geschäftsführenden Ausschuss von 15 Mann pro Semester (zu dem der Ratsschreiber hinzutritt); von ihnen werden jedoch gewöhnlich nur die ersten 3–5 mit Namen aufgeführt, niemals mehr, ausser wo die ganzen πεντεκαίδεκα auftreten. Sie hiessen βουλεύοντες oder βουλευταί, während die Ratsherren selbst πρόβουλοι genannt wurden. Die Zahl der letzteren kennen wir nicht, in Erythrai betrug sie ein Jahrhundert früher 120 Mann (CIA I 9), in D. hatte aber die ἁλία der Labyaden schon wenigstens 180 Teilnehmer. Die πρόβουλοι mussten über 30 Jahre alt sein und waren stets wieder wählbar, die βουλεύοντες als solche jedoch nicht wieder im 2. Semester desselben Jahres. Die πρυτάνεις waren eine Commission von acht, ein Jahr lang fungierenden Mitgliedern, von deren Obliegenheiten wir bis jetzt nur die Finanzverwaltung, bezw. deren Controlle kennen. Das Genauere über Bule und πρυτάνεις im Philol. LVII 524.

Die ναοποιοί sind die von den Amphiktionen auf Lebenszeit gewählten Mitglieder der Tempelbaucommission, an Höchstzahl 36, die sich auf jeder Pylaia im Herbst und Frühjahr versammeln, den Baufortschritt prüfen, Zahlungsanweisungen erlassen und die Aufrechnungen ἀπὸ πυλαίας εἰς πυλαίαν controllieren. Einige von ihnen, die ἐπιμήνιοι, sind auch in der Zwischenzeit anwesend und besorgen zusammen mit dem delphischen ναοποιός die laufenden Geschäfte. Nach Vollendung des Rohbaues und der Consecration des Tempels hören die Versammlungen auf, und es führen allein zwei delphische ναοποιοί die Aufsicht (so im wesentlichen nach Dittenberger Syll.² 140 not. 3. 12. 81).

Litteratur der Baurechnungen: Bourguet Bull. hell. XX 197. XXI 321. 477. XXII 303. B. Keil Herm. XXXII 399. Pomtow Berl. Ph. Woch. 1897, 92f.; Jahrb. f. Philol. 1897, 740. 846. Dittenberger Syll.² 140.

Drittes Jahrhundert. Dieser ,dunkelste Zeitraum der griechischen Geschichte‘ enthält zwar die eponymen Archonten leidlich vollständig, aber ihre Zuweisung an bestimmte Jahre unserer Zeitrechnung bleibt hier ganz besonders problematisch. Nicht ein einziges Jahr konnte bisher mit völliger Sicherheit fixiert werden. Es fehlen die Reihen von Archontaten gänzlich, wie sie die Baurechnungen im 4. und die Proxenenliste [2586] im 2. Jhdt. zeigen. Die einzige Hülfe bieten die Gruppen der Amphiktionentexte, welche sich nach den Zahlen der von dem aitolischen Bunde geführten Stimmen zusammensetzen lassen; denn da diese Zahlen mit der Ausdehnung oder Reduction des Bundesgebietes steigen oder fallen, so kann man die Archontate mit gleichviel aitolischen Hieromnemonen nicht nur in gleiche Zeit verweisen, sondern auch letztere ganz ungefähr historisch umgrenzen. Durch örtliche Indicien wie Stellung/Schrift u. a. ist dann die Rangierung innerhalb der Gruppen ermöglicht worden. Die übrigen Archontate, fast sämtlich Proxeniedecreten angehörend, sind nach Wahrscheinlichkeitsgründen (Stellung, Schrift, genealogischen Erwägungen, politischen Beziehungen der Vaterstädte der Proxenoi u. dgl.) vor, zwischen und nach diesen Gruppen eingereiht worden. Man wolle diese Verteilung aber lediglich als Vorschläge für die ungefähre Zeit der betreffenden Archonten ansehen.

Die Zusammensetzung der Bulevertretung und die Art, sie anzuführen (2–5 Buleuten), bleibt dieselbe wie im vorigen Jahrhundert, die des amphiktionischen Synedrions ist aber fortwährenden Schwankungen unterworfen. Das Genauere ergiebt sich aus der in Abschnitt V enthaltenen Sammlung der Hieromnemonenlisten.

Litteratur der Amphiktionendecrete (Gruppe A–F): Pomtow Fasti Delphici II 1 u. 2, Jahrb. f. Philol. 1894, 497 (Tabelle S. 826). 1897, 737. 785 (Tabelle S. 847). Die früheren Schriften sind ebd. 1894, 499, 4 verzeichnet.

Zweites Jahrhundert. Spätestens mit dem J. 201 beginnen die delphischen Manumissionen und in ihnen die Anführung der Priesterpaare des pythischen Apollo. [Über die Vererbung der Priesterwürde, im Gegensatz zu der früher angenommenen Wählbarkeit der Priester (oben S. 2533) s. u. S. 2588]. Dadurch, dass nach dem Tode des einen Priesters der überlebende mit einem neuen Collegen die nächste Epoche bildet, entsteht eine ununterbrochene Abfolge von Priesterzeiten, in welche sich die gleichfalls in den Manumissionen verzeichneten Archonten mühelos gruppieren lassen. Fast gleichzeitig hat man das Verzeichnis der delphischen Proxenoi (W.-F. 18) angelegt und ein Menschenalter lang in ihm Jahr für Jahr die Behörden und Proxenen eingetragen. Es beginnt mit dem Anfang des iulianischen J. 196 (ἄ. Ἐμμενίδα, II. Sem.). [Wahrscheinlich mit dem Anfangsjahr eines neuen 19jährigen kallippischen Schaltcyclus, s. Nachtrag]. Durch Combination dieser Jahresbehörden mit den aus den Manumissionen und den Historikern überlieferten aitolischen Strategen hat A. Mommsens Scharfsinn die Archontate der J. 198–169 sicher fixiert, die meisten Priesterzeiten des 2. Jhdts. ermittelt und deren historische Verwertbarkeit nachgewiesen. Seine lange Zeit ganz unbeachtet gebliebene Abhandlung bildet für immer die Grundlage aller delphischen chronologischen Untersuchungen. Als Fortsetzung und Ergänzung können die Fasti Delphici I dienen, welche die Priesterzeiten bis Plutarch fortführen und die Veränderungen in dem Bule-Ausschuss nachweisen. Mit dem Beginn unseres Jahrhunderts werden nämlich nicht mehr fünf oder vier, sondern regelmässig nur drei Buleuten [2587] an der Seite des Archon verzeichnet, von denen einer (meist der letzte) der jetzt gleichfalls semestral wechselnde Ratsschreiber ist.

Während die Archonten des zweiten Drittels des Jahrhunderts (IV.–VIII. Priesterzeit) meist nur ihrer Abfolge nach feststehen und sich um mehrere Jahre hinauf oder hinunterschieben lassen, erhalten wir soeben für das letzte Drittel durch Colins Bearbeitung der neuen Funde drei neue attisch-delphische Archontengleichungen, die für die Fixierung der IX. Priesterzeit äusserst wichtig sind (vgl. die J. 134, 130, 128 v. Chr.). Einige Jahre früher hatte Nikitsky den Versuch unternommen, die Tabellen der Behörden von c. 200 an aufzustellen, und nach seinen auf sorgfältiger Arbeit beruhenden Vorschlägen ist die Rangierung der Archonten der zweiten Hälfte der IV., sowie die der VI. Priesterzeit gegeben worden. Wenn er aber, gestützt auf das Coincidieren einiger delphischer Schaltjahre mit solchen des metonischen Cyclus (nach Scaliger und A. Mommsen), glaubt, dass wir die Archontate der IV.–VIII. Priesterzeit von 168–140 v. Chr. völlig lückenlos besitzen, so kann ich mich dem ebenso wenig anschliessen, wie es Dittenberger (Syll.¹ nr. 467 not. 5) und Colin (brieflich) thun. Obwohl auch die neuen Ausgrabungen bisher keinen Zuwachs an Archontaten in IV–VIII ergeben haben (Colin), wird man doch bis zur Klärung der Schaltjahrfragen dem Zufall mehr Spielraum lassen wollen, als es Nikitsky thut, und darum nach wie vor glauben, dass Priesterzeit VI etwa bis 140, VII und VIII etwa bis 137 v. Chr. gereicht haben.

Litteratur der Priesterzeiten und Archontate: A. Mommsen Philol. XXIV 1ff. Pomtow Fasti Delph. I, Jahrb. f. Philol. 1889, 513ff. Nikitsky Delphische epigraph. Studien (russisch). Odessa 1895, 214ff. Colin Bull. XXII 1ff. Zu den attisch-delphischen Archontengleichungen vgl. Ferguson The athenian archons of the third and second centuries before Christ, 1899.

Erstes Jahrhundert v. Chr. Dieser Zeitraum bietet nur drei leidlich sicher fixierte Jahre (vgl. unten J. 97, 92, 48 v. Chr.) trotz der Fülle der überlieferten Archonten und trotz zahlreicher Veränderungen in der Ämterbesetzung, die eine Classificierung nach Gruppen gestatten und zugleich wenigstens die zeitliche Abfolge derselben erkennen lassen. Auch die zahlreichen Gleichungen mit attischen Archonten helfen für die delphische Chronologie nicht, da letztere selbst meist unfixiert sind. Die erste Neuerung betrifft die Buleuten. Bald nach 92 v. Chr., etwa in der Mitte der XII. Priesterzeit, wird die Semesterteilung des delphischen Jahres (nach πρώτη und δευτέρα ἑξάμηνος) abgeschafft, und man adscribiert statt der 2 ✕ 3 Semesterbuleuten nur noch vier Jahresbuleuten. Gleichzeitig verschwindet der γραμματεὺς τᾶς βουλὰς aus den Urkunden völlig. Eine fernere Reduction von vier auf drei Jahresbuleuten findet dann um 60 v. Chr., am Ende der XVI. oder am Anfang der XVII. Priesterzeit statt, endlich die letzte bald nach 40 v. Chr. beim Übergang von XIX zu XX, von wo ab nur noch zwei Jahresbuleuten erscheinen. Die Erklärung für diese successive Verringerung liegt in der stetig abnehmenden Kopfzahl der delphischen Bürger (Jahrb. 1889, 545).

[2588] Auch in den Priesterschaften gehen Veränderungen vor sich. Von der strengen Succession der Priesterpaare, wie sie das vorige Jahrhundert aufwies, ist nur selten etwas zu erkennen. Häufig erscheinen drei Priester neben einander, von denen einer dann eine Zeit lang verschwindet, um später wieder aufzutreten u. dgl. mehr. Colin hat in seiner mit Sachkenntnis und Sorgfalt geschriebenen Abhandlung, der wir die Kenntnis einer Anzahl neuer Priesterzeiten verdanken, unter möglichster Anlehnung an die Priesterschaftszählung der Fasti Delphici alle überlieferten Priesternamen als die von wirklich fungierenden Apollonpriestern aufgefasst und demgemäss auch die ambulanten, wieder verschwindenden Paare als vollgültige Priesterzeiten gezählt. Obwohl auf Grund des von ihm bisher mitgeteilten Materials sich die Erklärung der Dreizahl noch nicht erschöpfend geben lässt, können wir doch an einer charakteristischen, von ihm nicht genug ausgenutzten Stelle (s. u. die Anmerkung zum Jahr des ἄ. Ἐπίνικος in XXI c. a. 20/19 v. Chr.) die Entstehung der Dreizahl in der Vertretung eines oder beider fungierenden Priester durch Gehülfen oder Stellvertreter erkennen. [Wenn auch diese als ἱερεῖς bezeichnet werden, so erklärt sich das vielleicht daraus, dass sie ebenfalls den wenigen delphischen Familien angehören, in denen die Priesterwürde des pythischen Apollon erblich war, und dass auch der eine oder andere von ihnen bald darauf, nach dem Tode des von ihm Vertretenen, wirklich fungierender Priester geworden ist (z. B. Polemarchos in XXII, der in XX und XXI Vertreter war). Wer die Priesterschaftsliste genauer prüft, kann an der Vererbung dieser Würde innerhalb eines, bezw. zweier grösserer Geschlechter nicht zweifeln, da mehrfach dieselben Namen und Patronymika wiederkehren. Genaueres hierüber findet derjenige, der russisch versteht, vermutlich bei Nikitsky a. a. O. S. 155, nach Berl. Phil. Wochenschr. 1896, 305]. Haben wir aber häufiger, wenn nicht immer, in der Dreizahl der Priester lediglich Stellvertretungen vor uns, so musste eine andere Zählung der Priesterzeiten als die Colin’sche durchgeführt werden. Ob sie überall gelungen ist, muss dahingestellt bleiben, so lange nicht die Ursache so vieler ‚Stellvertretungen‘ gerade im ersten vor- und nachchristlichen Jahrhundert – im Gegensatz zum 2. Jhdt. v. Chr. – genauer erkannt werden kann, als es das bisher bekannt gegebene Material gestattet. Gegen die Priesterschaftszählung der Fasti Delphici verschiebt sich für das letzte Jahrhundert v. Chr. die unten gegebene nur um die neu hinzugekommene Epoche XIII Πυρρίας–Ξενοκράτης, so dass die früher mit XIII–XX bezeichneten Priesterzeiten jetzt XIV-XXI sind, wobei XXI Καλλίστρατος–Φίλων lautet, statt des früheren Καλλίστρατος–Διόδωρος. Die Priesterzeit XXII bleibt dieselbe wie bisher, nur mit Inversion der beiden Namen; Priesterzeit XXIII lautet wie die frühere XXI.

Endlich tritt auch in der Bekleidung des Archontats gegen Ende des 1. Jhdts. insofern eine Änderung ein, als es von da ab gestattet wird, dass jemand diese Würde zum zweiten- und drittenmal erhält. Der erste für uns erkennbare derartige Fall ist das zweite Archontat des Ἀντιγένης Ἀρχία gegen den Beginn unserer Zeitrechnung [2589] (s. J. 5 v. Chr.). Auch hier liegt der Grund zweifelsohne in der Abnahme der Vollbürgerzahl. Über das interessante Auftreten der fünf lebenslänglichen Hosioi in den letzten Priesterzeiten v. Chr. s. die Anmerkung zum J. 10 v. Chr.

Vgl. Pomtow Fasti Delph. I, Jahrb. 1889, 520ff.; Philol. LIV 356f. 587f. Colin Notes de Chronologie delphique, Bull. XXII 149ff.

Erstes nachchristliches Jahrhundert. Die letzten zehn Priesterzeiten (XXIV–XX XIII) sind mit Ausnahme weniger, aus Plutarch bekannter Namen uns erst durch die verdienstvolle Abhandlung Colins übermittelt worden. Auch in ihnen sind nur wenige Jahre sicher fixiert (Nikanders Priesterzeit während Neros Besuch, Herbst 67 n. Chr.; das Archontat des Kaisers Titus im J. 79; Plutarchs Tod nach 125 n. Chr.). Eine der Priesterepochen (die XXX.) musste ergänzt werden. Den Beschluss bilden von c. 95–126 n. Chr. die Priesterzeiten Plutarchs (wenigstens zwei, wahrscheinlich mehr). Schon vor ihrem Beginn hatte die Sitte der delphischen Manumissionen im Hieron des Apollon ihr Ende erreicht, etwa um das J. 90 n. Chr., und mit diesen monotonen, oft verachteten Urkunden versiegt auch die Quelle der delphischen Chronologie. Für die wenigen späteren Archontate fehlt es, mangels der Kenntnis der Priesterzeiten, an jedem Anhalt zur Rangierung oder Datierung.

[2590] Die Zweizahl der Jahresbuleuten bleibt bestehen, nur vorübergehend zeigen vier Jahre der XXIV. Priesterzeit drei Buleuten. Da deren erster jedesmal derselbe und zwar anscheinend der Priester Diodoros (Φιλονίκου) ist, so habe ich das mit der Annahme seiner lebenslänglichen, honoris causa erfolgten Creïrung zum Buleuten zu erklären versucht; denn in D. wurde der Titel βουλευτής als Ehrenbezeugung z. B. an Ausländer verliehen (Bull. XVIII 183). Ob die vier Jahresbuleuten der letzten Manumission um 89 v. Chr. (ἄ. Τ. Φλ. Πωλλιανοῦ) nur eine Ausnahme sind, oder ob man in jener letzten Blütezeit D.s unter Traian und Hadrian die alte Vierzahl dauernd wieder herstellte, wissen wir nicht.

Auch ein von dem früheren Ratsschreiber durchaus verschiedener γραμματεὺς τῆς πόλεως wird von Ende XXIV ab als Vorsteher des Stadtarchivs (δημόσιον τεῦχος) häufiger genannt. Anfangs scheint er längere Zeit hindurch im Amt gewesen zu sein, etwa 5-10 Jahre lang (wahrscheinlich 10). Später erscheinen in den wenigen überlieferten Archontaten stets wechselnde Stadtschreiber, doch kann das in der Lückenhaftigkeit unserer Überlieferung seinen Grund haben.

Vgl. Pomtow Jahrb. 1889, 549 (der Priester Plutarch und seine Collegen) und Colin Bull. XXII 1ff.

  1. Auf Wunsch des Freiherrn Hiller v. Gaertringen werden die delphische Archontentafel und die übrigen Beamtenverzeichnisse seinem Artikel über D. beigegeben. Es ist das nicht ohne schwere Bedenken geschehen, denn der derzeitige Stand unserer Kenntnis war für solche Zusammenfassung noch nicht reif. Die Rücksicht auf die Erscheinungsweise der Real-Encyklopädie und die Erwägung, dass solche Tabellen grade hier erwartet werden und der Benutzung am zugänglichsten sind, hat schliesslich jene Bedenken überwunden, und so wurden die seit mehr als einem Decennium zusammengestellten Listen in erweiterter Form zum Abdruck gebracht. Angesichts des täglich zuströmenden Stoffes, der häufiger Verschiebungen und veränderte zeitliche Ansätze zur Folge haben wird, muss aber dem Wunsche Ausdruck gegeben werden, dass man diese Tabellen nicht blos zum Zwecke der Polemik citieren möge, sondern sie als das betrachte, was sie sind: das provisorische Ergebnis des bis Frühjahr 1899 vorliegenden, häufig selbst nur in provisorischer Gestalt bekanntgegebenen Materials.