Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Longus, Verfasser eines etymologischen Werkes
Band IV,1 (1900) S. 16301631
GND: 102385750
Cornificius Longus in Wikidata
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11) Cornificius Longus wird citiert vom Interp. Serv. Aen. III 332 invenitur tamen apud Cornificium Longum, Iapydem et Icadium profectos a Creta in diversas regiones venisse, Iapydem in Italiam, Icadium vero duce delphino ad montem Parnasum et a duce Delphos cognominasse, et in memoriam gentis, ex qua profectus erat, subiacentes campos Crisaeos vel Cretaeos appellasse et aras constituisse. Da es sich hier um die Etymologie der Namen Delphi und Crisa handelt, darf man diesen Cornificius Longus unbedenklich gleichsetzen mit dem von Macrobius (Sat. I 9, 11 Cornificius Etymorum libro tertio. I 17, 62 Cornificius in Etymis retulit; blos Cornificius I 17, 9. 33. 23, 2) und Priscian (inst. gramm. VI 73, G. L. II 257. 6 K. Cornificius in I de etymis deorum) als Verfasser eines mindestens drei Bücher umfassenden etymologischen Werkes genannten C. Bei Macrobius stehen die Bruchstücke aus diesem C. ausschliesslich in einer Partie, in der ein Autor compiliert wird, unter dessen lateinischen Quellen Cornelius Labeo (s. d.) obenan stand; da derselbe Cornelius Labeo auch Gewährsmann des Arnobius ist, so hat er offenbar diesem das III 38 stehende C.-Citat (Deutung der Novensiles als novitatum praesides, quod curantibus his omnia novitate integrentur et constent) vermittelt, und wenn in demselben C. in Gemeinschaft mit Piso, Granius, Aelius (Stilo), Varro, Manilius, Cincius erscheint, so kann dieser C. nicht verschieden sein von demjenigen, der bei Fest. p. 170 b 24 für die Etymologie von nuptiae zusammen mit Santra, Curiatius, Aelius und Cincius angeführt wird; es sind also auch die übrigen Stellen des Festus, die einen C. nennen (im ganzen 8), auf denselben Autor zurückzuführen. Seine Zeit bestimmt sich dadurch, dass er einerseits die Anfang 710 = 44 veröffentlichten Bücher Ciceros de nat. deor. citierte (Macrob. I 9, 11 Cornificius Etymorum libro tertio: Cicero, inquit, non Ianum, sed Eanum nominat ab eundo = de nat. deor. II 67), andererseits von Verrius Flaccus benützt wurde (s. darüber namentlich H. Willers De Verrio Flacco glossarum interprete, Diss. Halis Sax. 1898, 26ff.). Von den 16 erhaltenen Bruchstücken lassen drei (Prisc. a. a. O. ipsis vero ad Cereris memoriae novandae gratiam lectus sternuntur. Fest. p. 182 a 15. 217 b 18, wo der blosse Name des Autors erhalten ist) die nähere Beziehung nicht mehr erkennen, von den übrigen 13 beziehen sich 9 auf Namen oder Beinamen von Göttern (θεός Macrob. I 23, 2f.; Ianus ebd. I 9, 11; Apollo ebd. I 17, 9; Phoebus I 17, 33; Pythius I 17, 61f.; Minerva Fest. ep, p. 123; Novensiles Arnob. III 38; Rediculus Fest. p. 282 a 23; Talassus Fest, p. 359 b 10) entsprechend dem von Priscian a. a. O. gebotenen Titel in I de etymis deorum, der nicht ein Sondertitel des ersten Buches gewesen [1631] sein kann, da das Citat aus Buch III (Macrob. I 9, 11) sich auf Ianus bezieht. Man wird daher anzunehmen haben, dass die nicht unter dieses Thema fallenden Etymologien von Delphi und Crisa (Serv. a. a. O.), nare (Fest. p. 166 b 26), nuptiae (Fest. p. 170 b 24) und oscillare (Fest. p. 194 b 10), die ja grösstenteils mit dem Culte eng zusammenhängende Dinge betreffen, hülfsweise herangezogen waren. Die Ableitungen selbst zeigen die aus anderen Beispielen der gleichen Zeit bekannte Willkür und Gewaltsamkeit (Minerva minitans armis Fest. ep. p. 123; nuptiae quod nova petantur coniugia Fest. p. 170 b 24; oscillare quod os celare sint soliti Fest. p. 194 b 10), bei griechischen Gottheiten greifen sie aufs Griechische zurück (Apollon ἀπὸ τοῦ ἀναπολεῖν Macrob. I 17, 9; Φοῖβος ἀπὸ τοῦ φοιτᾶν βίᾳ ebd. I 17, 33); beachtenswert ist der Anschluss an die stoische Philosophie (er citiert Posidonius und Cleanthes, Macrob. I 23, 2; vgl. auch ebd. die allegorische Interpretation der Homerstelle Il. I 423–425 und die Erklärung der Ableitung von Πύθιος ὡς πύματον θέων, Macrob. I 17, 61f.), die dem jüngeren Zeitgenossen des Varro wohl ansteht. Alle diese Züge weisen auf eine litterarische Persönlichkeit, die mit Q. Cornificius, dem Dichter aus dem Kreise der νεώτεροι (oben Nr. 8) nichts gemeinsam hat; zudem verbietet sich die von Bergk (Kl. philol. Schrift I 545ff.; etwas wirre Epikritik von J. Becker Ztschr. f. Altert.-Wiss. 1847, 1060ff.) verfochtene Identification schon aus dem chronologischen Grunde, dass Q. Cornificius in den J. 710–712 = 44–42, in welche wir die Schrift wegen des Citates von Cic. de nat. deor. setzen müssten, ganz gewiss keine Musse zur Abfassung eines so umfangreichen und gelehrten Werkes gehabt hätte.