Concussio ist das römische Vorbild unserer Erpressung; sie erscheint in der Kaiserzeit als crimen extraordinarium (s. Art. Crimen). Eine Legaldefinition existiert nicht; die Fälle, in denen die Quellen von concussio reden, sind sehr verschiedenartig, doch scheint als wesentlich betrachtet zu werden 1) dass der Thäter bei einem anderen Furcht erregt (concutere, vgl. terror est metus concutiens, Cic. Tusc. IV 19. Paul. V 25, 12) und 2) aus der so geschaffenen Lage einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zieht (extorquet illicite Ulp. Dig. III 6, 8).
Die Fälle lassen sich nach den Mitteln, durch welche die Furcht erregt wird, so gruppieren: a) Erregung der Furcht durch Drohung mit einer unbegründeten Anklage (crimen minari, ob accusationis metum dare), gleichviel ob der Drohende ein Privater ist oder nicht, Macer Dig. XLVII 13, 2. Ulp. Dig. III 6, 8. Diocl. u. Maxim. Cod. Iust. IX 9, 23. Tertull. ad Scap. 4. Mit dem crimen concussionis können in besonderen Fällen andere Rechtsmittel strafrechtlicher und civilrechtlicher Natur concurrieren, s. Macer Dig. XLVII 13, 2. Ulp. Coll. VIII 7, 2. Venul. Dig. XLVIII 11, 6, 2. Ulp. Dig. III 6, 8. b) Erregung der Furcht durch Vorspiegelung eines öffentlichen Amts oder eines obrigkeitlichen Befehls, Ulp. Dig. XLVII 13, 1. Paul. V 25, 12. Hierher gehören wohl viele der in den Quellen erwähnten concussiones von Subalternbeamten, vgl. z. B. Honor. u. Theod. Cod. Iust. XII 53, 2. Hier kann mit dem Thatbestand der concussio zugleich derjenige des falsum gegeben sein, Paul. V 25, 12, vgl. mit Mod. Dig. XLVIII 10, 27, 2. c) In einem weiteren Sinn ist concussio jede missbräuchliche Anwendung vorhandener Amtsgewalt zur Erlangung von Vermögensvorteilen, auch durch andere als das sub a) erwähnte Mittel, z. B. rechtswidrige Erhebung von Gebühren durch Officialen, depraedationes der Steuereintreiber u. s. w.. s. Ulp. Dig. I 18. 6. 3. Diocl. u. Maxim. Cod. Iust. IV 7, 3. Constant. Cod. Theod. I 16, 7 und Cod. Iust. X 19, 1. Valent. Theod. und Arcad. Cod. Iust. IX 27, 5. Arcad. und Honor. Cod. Iust. X 1, 7, 20 u. ö. Vgl. Rein Criminalrecht der Römer 343–346.