Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Göttin der Cloaca Maxima
Band IV,1 (1900) S. 6061
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Cloacina, die Göttin der römischen cloaca maxima (s. d.). Diese Bedeutung ergiebt sich mit voller Sicherheit aus dem Namen, der durchweg Cloacina lautet (CLOACIN auch auf der Münze des L. Mussidius Longus, Babelon Monn. consul. II 241); nur Plin. n. h. XV 119 schreibt Cluacina der Etymologie zu Liebe (cluere enim antiqui purgare dicebant, woraus Serv. Aen. I 720 macht: Cloacina quia veteres cloare purgare dixerunt; vgl. F. Solmsen Stud. z. latein. Lautgesch. 142), und bei August. c. d. IV 8 p. 172, 3 Hoffm. spricht die bessere Überlieferung für Cluacina, während an drei anderen Stellen derselben Schrift (IV 23 p. 191, 19. 192, 5. VI 10 p. 295, 1) die Form mit o gesichert ist. Der Bedeutung der Göttin entspricht die Lage ihres Heiligtums (Cloacinae sacrum Plaut. Curc. 471; prope Cloacinae Liv. III 48, 5; vgl. Plin. n. h. XV 119 in eo loco, qui nunc signa Veneris Cluacinae habet), an der Nordseite des Forums nahe dem Comitium an der Stelle, wo die Cloaca maxima ins Forum eintrat (vgl. H. Jordan Herm. XV 116ff.; Topogr. I 2, 398. Hülsen Röm. Mitt. VIII 1893, 283f.); auf eine Reinigung der Cloaca bezieht Jordan Topogr. a. a. O. mit Recht das oben angeführte Münzbild aus der Zeit des zweiten Triumvirats, das zwei Personen auf einem Kahne zeigt. Die Anlage der Cloaca giebt mithin einen Terminus ante quem für die Einführung des Cultes, und [61] die Nachricht, dass Titus Tatius sein Begründer gewesen sei, weil er das Bild der Göttin in der Cloaca maxima gefunden habe (Lact. inst. I 20, 11 Cloacinae simulacrum in cloaca maxima repertum Tatius consecravit et quia cuius effigies esset ignorabat, ex loco illi nomen imposuit; vgl. Minuc. Fel. 25, 8 = Cypr. quod idola dii non sint 4. August. c. d. IV 23. VI 10), richtet sich selbst. Wenn Plinius a. a. O. (daraus Serv. a. a. O.) den Namen C. als eine ἐπίκλησις der Venus auffasst, so ist das ebenso willkürlich, wie das gleiche Verfahren bei Murcia und Libitina (s. Wissowa in Roschers Mythol. Lexik. II 2035. 3232f.), und die Topographen (vgl. Gilbert Topogr. I 338, wo an die vermeintliche Venus Cloacina allerlei wilde Combinationen geknüpft werden) hätten sich dadurch nicht dazu verleiten lassen sollen, die Worte des Obsequ. 8 [62] incendio circa forum cum plurima essent deusta, aedes Veneris sine ullo vestigio cremata auf das sacellum der C. zu beziehen. Der christliche Glaubenseifer hat sich über diese Cloakengöttin (Tertull. de pall. 4 nennt die Cloake geradezu adyta Cloacinarum) arg scandalisiert und führt C. häufig zusammen mit Stercutius, Pavor und Pallor, Febris u. a. unter den lächerlichsten und verwerflichsten Missbildungen heidnischer Religionsanschauung an (Prud. apoth. 197. Aug. c. d. IV 8. 23; epist. 17, 2 = Migne lat. 33, 84. Acta SS. Iul. V 145).