Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Marcellus, M. Sohn v. Nr. 220
Band III,2 (1899) S. 27552757
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222) M. Claudius Marcellus, Sohn von Nr. 220 (vgl. die Nachrichten über seine Jugendgeschichte. Fast. Cap. 558. 565. Plut. Flamin. 18, 1). Als Knabe wurde er von C. Scantinius Capitolinus mit unsittlichen Anträgen verfolgt. Dieser war damals plebeischer Aedil (nicht Tribun, wie Val. Max. VI 1, 7 angiebt, vgl. Mommsen St.-R. I 706, 6. II 472, 2) und als solcher Amtsgenosse des curulischen Aedilen Marcellus, der als Vater des Knaben den Scantinius wegen Stuprum vor Gericht zog. Ungeachtet der Unverletzlichkeit seines Amtes wurde die Einleitung eines Processes gegen Scantinius genehmigt, und der Process endigte mit seiner Verurteilung, obgleich der Knabe aus Scham kein Zeugnis abgab (Plut. Marc. 2, 5–8. Val. Max. a. O.). An dem letzten Feldzuge seines Vaters 546 = 208 nahm der junge Marcellus als Kriegstribun teil; er geriet mit ihm in den Hinterhalt, wo jener den Tod fand, und entkam selbst nur mühsam und verwundet aus den Händen der Feinde (Polyb. X 32, 6. Liv. XXVII 26, 12. 27, 7. Sil. Ital. XV 354–376. Plut. Marc. 29, 10. 15); Hannibal, der dem Leichnam des Vaters ein ehrenvolles Begräbnis gewährte, sandte seine Asche dem Sohne zu (Plut. Marc. 30, 1. 4. App. Hann. 50), und dieser hielt dem Helden später die Leichenrede, die noch in gracchischer Zeit gelesen wurde [2756] (Liv. XVII 27, 13 vgl. S. 2754). 549 = 205 vollzog er dann die Weihung des von dem Vater gelobten und begonnenen Tempels von Honos und Virtus (Liv. XXIX 11, 13). 550 = 204 war er Volkstribun und begleitete mit seinem Collegen M. Cincius Alimentus die Senatscommission, die in Locri und auf Sicilien die Berechtigung der gegen P. Scipio erhobenen Beschwerden zu untersuchen hatte (Liv. XXIX 20, 11). Als curulischer Aedil mit Sex. Aelius Paetus 554 = 200 machte er sich durch Fürsorge für die Herabsetzung der Getreidepreise und durch glänzende Ausstattung der Spiele beim Volke beliebt (Liv. XXXI 50, 1f.), als Praetor verwaltete er 556 = 198 Sicilien (Liv. XXXII 7, 13. 8, 5. 7. 27, 3). Zum Consul für 558 = 196 mit L. Furius Purpurio gewählt (Fast. Cap. Chronogr. Idat. Chron. Pasch. Liv. XXXIII 24, 1. 25, 4. Cassiod. Nep. Hann. 7, 6), wünschte er den Krieg in Makedonien zu erhalten, aber es fiel ihm Italien als Provinz zu (Polyb. XVIII 42, 1–3. Liv. XXXIII 25, 5–10). Annalistische Berichte, die im einzelnen wenig zuverlässig sind, erzählen seinen Feldzug in Oberitalien; er soll erst von den Boiern geschlagen worden sein, dann die Insubrer bei Comum besiegt haben und schliesslich vereinigt mit seinem Collegen Furius auch die Boier unterworfen haben (Liv. XXXIII 36, 4–37, 8). Ein Triumph des Furius wird nicht verzeichnet, sondern nur ein solcher des Marcellus, nach Liv. XXXIII 37, 10 de Insubribus Comensibusque, nach den Acta triumph. de Gal[leis Ins]ubrib(us); demnach sind mindestens die Erfolge gegen die Boier, die Oros. IV 20, 11 allein darstellt, in den Berichten stark übertrieben worden, denn der Krieg gegen dieses Volk dauerte noch mehrere Jahre fort. Die Beziehung eines Inschriftfragments aus Karthago auf diese Ereignisse ist ganz unsicher (Eph. epigr. VII 178 mit Anm. = CIL VIII Suppl. 12538). Marcellus wurde während seines Consulats Pontifex und leitete die Wahlen für das folgende Jahr (Liv. XXXIII 42, 5. 7). Ob er der M. Claudius Marcellus ist, der damals mit zwei anderen Gesandten nach Karthago ging, um gegen Hannibal wegen des Bündnisses mit Antiochos Klage zu erheben, ist ungewiss; fällt diese Gesandtschaft noch unter sein Consulat, wie Nep. Hann. 7, 6 ausdrücklich angiebt, und wofür anderes spricht, so ist die Identität jenes Gesandten mit dem Consul ausgeschlossen (vgl. Nissen Krit. Unters. 152). An sich ist die Erzählung des Livius (XXXIII 47, 7) ohne Anstoss, weil nach ihr die Gesandtschaft erst in das nächste Jahr gehört, wo Marcellus wohl daran teilnehmen konnte. Im J. 561 = 193 war er wieder in Oberitalien thätig, und zwar als Legat und zeitweise Stellvertreter des Consuls L. Cornelius Merula; die Erinnerung an seine eigenen geringen Erfolge gegen die Boier mochte ihn verleiten, die weit entscheidenderen des Oberfeldherrn missgünstig zu beurteilen (Liv. XXXV 5, 1. 6, 8. 8, 1). Bei der Bewerbung um die Censur für 565 = 189 trug er den Sieg über die anderen plebeischen Bewerber, M.’ Acilius Glabrio und M. Porcius Cato, davon und wurde mit T. Quinctius Flamininus gewählt (Fast. Cap. Liv. XXXVII 57, 10. 58. 2. XXXVIII 28, 1. 36, 10. XLI 9, 9. 13, 4. Plut. Flamin. 18, 1). Als Censorier steht er im SC de Bacchanalibus von 568 = 186 [2757] unter den Urkundszeugen an erster Stelle (CIL I 196 = X 104: M. Claudi(us) M. f.). Er starb 577 = 177 (Liv. XLI 13, 4).