16) Zu unterscheiden von ihm ist der Lehrer des Erasistratos. Dass dieser Schüler eines Knidiers Ch. gewesen, steht unumstösslich fest durch das übereinstimmende Zeugnis des Plinius (XXVIII 5), Galen (XI 171. 151) und des Diogenes Laertios (VII 186). Der Versuch von Wilamowitz (a. a. O.) und R. Helm (a. a. O.), ihn mit dem Begleiter und Schüler des Eudoxos zu identificieren, scheitert abgesehen von chronologischen Schwierigkeiten an dem unanfechtbaren Zeugnis des Diogenes Laertios, der als Sohn des Begleiters des Eudoxos den Aristagoras, als Sohn des Lehrers des Erasistratos den Chrysipp nennt (Diog. Laert. VII 186). Demnach haben wir anzunehmen, dass der Lehrer des Erasistratos der von Diogenes Laertios (VIII 89) genannte Enkel des ersteren war, der Schüler des Aethlios, der etwa 300 blühte und mit seinen neuen Lehren (Plin. XXVIII 5) einen grossen Einfluss auf seinen Schüler ausübte (Gal. XI 197). Es ist mir sehr wahrscheinlich, dass er in Alexandreia gewirkt hat; dafür spricht der Umstand, dass er als Anatom gerühmt wird (Gal. XV 136), sowie die Thatsache, dass sein Sohn (s. Nr. 17) Beziehungen zum Hofe des Ptolemaios II. hatte. Wir erfahren von ihm, dass er im Gegensatz zu den meisten Ärzten der Vor- und Nachzeit den Aderlass verwarf (Gal. XI 230; vgl. 148. 151. 175. 245. 252; ebenso Erasistratos, Gal. a. a. O. und X 377) und beim Blutsturz die Venen der Brust zu unterbinden empfahl (Gal. XI 230; vgl. Cael. Aur. M. Chr. II 13, 304. Aret. cur. ac. m. II 2, 249; ebenso Erasistratos, Herophilos und Xenophon des Praxagoras Schüler; vgl. Cael. Aur. a. a. O.). Ferner hatte er die Entstehung des Fiebers ebenso wie Erasistratos aus der Bewegung der Arterien oder vielmehr des Blutes in den Arterien erklärt (Gal. XVII A 873. V. Rose Anecdota II 226; vgl. Gal. XIX 342). Diese beiden kurzen Notizen (Galen wusste von ihm so wenig, weil seine Schriften nicht mehr aufzutreiben waren, XI 221) lassen vermuten, dass Erasistratos die praxagoraeische Theorie von dem Unterschiede der Venen und
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Arterien sowie der Anastomose zwischen beiden ihm verdankt. Auf diese Neuerungen des Ch. beziehe ich die Worte des Plin. XXVIII 5 Horum (näml. Hippoeratis et Prodici) placita Chrysippus ingenti garrulitate mutavit plurimumque et ex Chrysippo discipulus eius Erasistratus Aristotelis filia genitus (Irrtum). In der Wassersucht hielt er den Schwitzkasten für das beste Mittel (IV 495), bei Gallenruhr (χολέρα) gab er wie Erasistratos Wein mit kaltem Wasser gemischt, auch wenn der Kranke dem Tode nahe war (vgl. Cels. IV 11. Aret.). Scharfe Purgantien vermied er wie sein Schüler (Gal. XI 245).